BFH I. Senat
FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2, FGO § 116 Abs 3 S 3
vorgehend FG Köln, 29. February 2012, Az: 10 K 2285/09
Leitsätze
NV: Mit dem Vortrag, dass im konkreten Fall von einer der BFH-Rechtsprechung entsprechenden "eindeutigen Einlagehandlung" auszugehen sei, legt der Beschwerdeführer nur einen (vermeintlichen) Rechtsanwendungsfehler des FG dar, nicht aber eine Divergenz .
Tatbestand
I. Streitig ist der ‑‑für den Ansatz eines Veräußerungsgewinns relevante‑‑ Zeitpunkt, an dem private Konten und Depots in das Betriebsvermögen eines Einzelunternehmens eingelegt wurden.
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist alleiniger Gesellschafter der X GmbH (GmbH). Die Gesellschafterversammlung beschloss im August 2004 eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft von 25.600 € auf 26.000 €. Die erhöhte Stammeinlage (400 €) sollte durch den Kläger durch Sacheinlage (Einbringung des Einzelunternehmens A) in die GmbH auf der Basis des Jahresabschlusses vom 31. Dezember 2003 erbracht werden. Ein negatives Kapitalkonto des Einzelunternehmens vor der Einbringung wurde durch Einbuchung umfangreicher Privateinlagen (verschiedene Konten/Depots des Klägers in einem Wert von … €) zum 31. Dezember 2003 ausgeglichen.
Nach Feststellungen des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt ‑‑FA‑‑) sind die tatsächlichen Buchungen der Einlagen erst im Jahr 2004 erfolgt. Eine Einlagehandlung im Jahr 2003 sei nicht hinreichend nachgewiesen worden. Daher sei die Bilanz zum 31. Dezember 2003 um die bisher gebuchten Einlagen zu berichtigen. Die der Einbringung in die GmbH zu Grunde liegende Bilanz weise dann ein negatives Betriebsvermögen von … € aus. Die aufnehmende GmbH habe die Buchwerte des Betriebsvermögens daher um die enthaltenen stillen Reserven aufzustocken, bis das übernommene Kapital ausgeglichen sei. Dies könne maximal bis zur Höhe der Teilwerte geschehen (§ 20 Abs. 2 Satz 4 des Umwandlungssteuergesetzes ‑‑UmwStG 2002‑‑). Die in 2004 vorgenommene Einlage erhöhe die Anschaffungskosten der einbringungsgeborenen Anteile; die Aufstockung der Buchwerte führe zu einem Veräußerungsgewinn i.S. des § 20 Abs. 4 UmwStG 2002 (… €). Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos (Finanzgericht ‑‑FG‑‑ Köln, Urteil vom 1. März 2012 10 K 2285/09, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 1509).
Der Kläger beantragt unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 und 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist nicht begründet und daher zurückzuweisen. Die vom Kläger geltend gemachten Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. Der Kläger hat vorgetragen, das FG habe im angefochtenen Urteil die (vom FG als relevant erkannte) "Rechtsprechung des BFH verdreht", indem es darauf abgestellt habe, dass "Dokumente, welche zeitlich nach diesem" (einen Einlagewillen beweisenden) "Protokoll bis zum Ende des Jahres 2003 erstellt worden sind", nicht vorgelegt worden waren. Damit ist aber eine Divergenz zu der vom FG angeführten Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ (Urteile vom 6. März 1991 X R 57/88, BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829; vom 22. September 1993 X R 37/91, BFHE 172, 354, BStBl II 1994, 172) i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO nicht dargelegt. Vielmehr hat das FG das Erfordernis der eindeutigen Einlagehandlung, das im BFH-Urteil in BFHE 172, 354, BStBl II 1994, 172 in den Fällen einer Aufnahme in das betriebliche Bestandsverzeichnis oder einer Erfassung in der laufenden Buchführung oder der ausdrücklichen Erklärung gegenüber dem FA bejaht wurde, im konkreten Streitfall mit Blick auf das Besprechungsprotokoll vom 18./20. November 2003 nur dann als erfüllt angesehen, wenn eine entsprechende Dokumentation "bis zum Ende des Jahres 2003" erstellt worden wäre. Damit hat das FG die Relevanz einer Dokumentation (Einlagehandlung) im Folgejahr für einen zum Ende des Vorjahres geäußerten Einlagewillen nicht abstrakt ausgeschlossen. Der Kläger rügt damit im Ergebnis nur einen (vermeintlichen) Rechtsanwendungsfehler im konkreten Streitfall, was nicht zur Zulassung einer Revision ausreicht.
2. Ein allgemeines Rechtsfortbildungsinteresse i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO hat der Kläger nicht dargelegt. Indem er ausführt, es müsse mit Einschränkungen auch erlaubt sein, dass die Aktivitäten des Plan(ungs)jahres auch bei einer zeitnahen Umsetzung im Folgejahr als tatbestandserfüllend angesehen werden und dass ‑‑wenn keine Änderungen gegenüber der Planung vorlägen und auch nachvollziehbare Umstände für die Umsetzung sprächen‑‑ der Nachweis als gegeben unterstellt werden müsse, macht er nur geltend, dass der konkrete Rechtsstreit auf der Grundlage seiner Rechtsmeinung zu entscheiden sei. Ein abstrakter Rechtssatz lässt sich zu der einer Würdigung der Sachumstände des Einzelfalls unterliegenden Konstellation nicht bilden.
3. Ein Verfahrensfehler der unzureichenden Sachaufklärung (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 76 FGO) liegt nicht vor. Es ist dazu vom Kläger auch nicht vorgetragen worden, welche Sachumstände vom FG hätten noch ermittelt werden können. Das FG hat dem Rechtsstreit auch nicht dadurch eine "überraschende Wendung" gegeben, dass es im angefochtenen Urteil die in der mündlichen Verhandlung erörterte Sachfrage nach dem Vorhandensein eines Eigenbelegs in einer Weise beantwortet hat, die der Rechtsmeinung des Klägers nicht entspricht. Insoweit war das FG auch nicht gehalten, das Ergebnis seiner abschließenden Würdigung, ob eine ordnungsgemäße Dokumentation einer Einlagehandlung (bis zum 31. Dezember 2003) im Streitfall erkennbar ist, mit dem Kläger zu erörtern.
4. Soweit der Kläger vorträgt, der (in das Betriebsvermögen des Einzelunternehmens eingelegte) Wertpapierbestand sei mit Blick auf § 8b Abs. 7 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes 2002 als "betriebsähnliches Konstrukt" anzusehen, was ermögliche, § 20 UmwStG 2002 auch insoweit anzuwenden, wird damit kein Revisionsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO dargelegt. Das angefochtene Urteil befasst sich mit dieser Rechtsthese nicht. Es ist auch nicht ersichtlich, dass diese Rechtsthese mit Blick auf die formalisierten Sacheinlagevoraussetzungen des § 20 UmwStG 2002 (und die Abgrenzung der Rechtsbegriffe des Betriebs bzw. des Teilbetriebs) im Streitfall erheblich sein könnte.