BFH III. Senat
EStG § 6 Abs 1 Nr 2, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2
vorgehend FG Münster, 15. December 2010, Az: 11 K 398/06 E
Leitsätze
1. NV: Die Frage, ob ein unbebautes Grundstück, das subjektiv zum unmittelbaren Einsatz für eigenbetriebliche Zwecke bestimmt war, auch dann zum notwendigen Betriebsvermögen gehört, wenn sich nach Erwerb herausstellt, dass es erst nach Änderung des Flächennutzungsplanes betrieblich genutzt werden kann, stellt sich nicht, wenn das FG bindend festgestellt hat, dass die erworbenen Flächen aufgrund des entgegenstehenden Flächennutzungsplanes nicht betrieblich genutzt werden konnten und nichts dafür spricht, dass der Kläger sich beim Erwerb über die Nutzbarkeit geirrt hatte.
2. NV: Mit der Frage, ob die Wegnahme der Expansionsmöglichkeit eines im Außengebiet etablierten Unternehmens durch Ankauf der angrenzenden Fläche und die spekulative Chance, den an der Expansion gehinderten Betrieb als weitere eigengewerbliche Fläche zu übernehmen, das erworbene Grundstück als zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb objektiv geeignet erscheinen lässt, wird kein Revisionszulassungsgrund dargelegt.
3. NV: Die Frage, ob ein betrieblich veranlasstes Risikogeschäft in Form des Ankaufs eines unbebauten Grundstücks als Betriebserweiterungsfläche dem Betriebsvermögen zuzuordnen ist, könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, wenn das FG die betriebliche Veranlassung des Grundstückskaufs verneint hat, weil es an der gewerblichen Nutzungsmöglichkeit fehlte und vom Kläger ein überhöhter Kaufpreis gezahlt wurde.
4. NV: Das BFH-Urteil vom 8. August 2001 I R 106/99 (BFHE 196, 173, BStBl II 2003, 487) befasst sich mit der Frage, ob Risikogeschäfte einer GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung begründen und nicht damit, ob ein Wirtschaftsgut zum Betriebs- oder zum Privatvermögen gehört.
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) erzielt gewerbliche Einkünfte aus dem Einzelhandel mit Kraftfahrzeugteilen und Zubehör. Für die Streitjahre 1999 und 2000 wurde er zunächst unter Nachprüfungsvorbehalt erklärungsgemäß veranlagt.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung wurde festgestellt, dass der Kläger von einem Landwirtsehepaar mit Vertrag vom 21. Dezember 1998 zwei Grundstücke mit einer Größe von 5 384 qm und 4 500 qm zu einem Preis von 280.000 DM erworben hatte; die Anschaffungskosten beliefen sich auf insgesamt 300.562,50 DM. Die Flächen liegen im Landschaftsschutzgebiet und werden vom Kläger seither gegen Entgelt zur landwirtschaftlichen Nutzung überlassen. Zum Zeitpunkt des Erwerbs befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft ein Metall verwertendes Unternehmen. Der vom Kläger gezahlte Preis von ca. 28 DM/qm lag über dem üblichen Wert für begünstigtes Ackerland (ca. 18 DM/qm). Zum 31. Dezember 1999 nahm der Kläger eine Teilwertabschreibung in Höhe von 116.028 DM vor.
Die Betriebsprüfung vertrat u.a. die Ansicht, der hohe Preis sei gezahlt worden, um dem angrenzenden Betrieb die Erweiterungsmöglichkeit zu nehmen. Der gezahlte Überpreis berechtige nicht zu einer Teilwertabschreibung. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) änderte die Einkommensteuerbescheide der Streitjahre entsprechend und wies den Einspruch insoweit zurück.
Die Klage blieb hinsichtlich der Teilwertabschreibung ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) entschied, die Grundstücke seien nicht dem notwendigen Betriebsvermögen zuzurechnen. Sie seien weder unmittelbar für eigenbetriebliche Zwecke genutzt worden noch objektiv erkennbar für den Einsatz im Betrieb bestimmt gewesen, weil sie aufgrund der Regelungen im Bebauungs- und Flächennutzungsplan nicht betrieblich genutzt werden durften und konkrete Anhaltspunkte für eine Planänderung fehlten. Der vom Kläger beauftragte Gutachter habe dazu ausgeführt, dass eine Umwidmung der Mitwirkung von vierzehn Behörden sowie der Zustimmung der Eigentümer in einer angrenzenden Wohnsiedlung bedürfe und daher nicht durchführbar sei. Die Grundstücke hätten auch nicht zum gewillkürten Betriebsvermögen gehört, da der Kläger sie zu einem erhöhten Preis erworben habe und wegen fehlender Anhaltspunkte für eine Planänderung keine Aussicht auf Stärkung der Wirtschaftskraft seines Unternehmens bestanden habe.
Der Kläger trägt vor, die Rechtssache sei grundsätzlich bedeutsam und erfordere eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts sowie zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet und durch Beschluss zurückzuweisen (§ 116 Abs. 5 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Sofern Zulassungsgründe in einer den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Form dargelegt wurden, liegen sie jedenfalls nicht vor.
1. Die vom Kläger für grundsätzlich bedeutsam erachtete Rechtsfrage (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO), ob die betrieblich veranlasste Anschaffung eines unbebauten Grundstücks, das subjektiv zum unmittelbaren Einsatz für eigenbetriebliche Zwecke bestimmt sei, auch dann zum notwendigen Betriebsvermögen gehöre, wenn sich nach Erwerb herausstelle, dass das Grundstück erst nach Änderung des Flächennutzungsplanes betrieblich genutzt werden könne, stellt sich im Streitfall nicht und könnte daher in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden. Denn das FG hat ‑‑für den BFH bindend (§ 118 Abs. 2 FGO)‑‑ festgestellt, dass die erworbenen Flächen im Außenbereich und Landschaftsschutzgebiet lagen sowie aufgrund des eindeutig entgegenstehenden Flächennutzungsplanes nicht betrieblich genutzt werden konnten. Hinweise darauf, dass der Kläger sich beim Erwerb über die Nutzbarkeit geirrt hatte, enthält das FG-Urteil nicht.
2. Soweit der Kläger die Frage geklärt haben will, ob aus betrieblicher Veranlassung getätigte Grundstücksrisikokäufe nicht zu notwendigem Betriebsvermögen führen, während bei erfolgreicher Genehmigung spätere Wertzuwächse im Rahmen des Betriebsvermögens versteuert würden, genügt sein Vortrag nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Das FG ist im Übrigen gerade nicht von einer betrieblichen Veranlassung der Grundstückskäufe ausgegangen.
3. Mit der Frage, ob die Wegnahme der Expansionsmöglichkeit eines im Außengebiet etablierten Unternehmens durch Ankauf der angrenzenden Fläche und die spekulative Chance, den an der Expansion gehinderten Betrieb als weitere eigengewerbliche Fläche zu übernehmen, das erworbene Grundstück als zum unmittelbaren Einsatz im Betrieb objektiv geeignet erscheinen lässt, wird ebenfalls kein Revisionszulassungsgrund dargelegt. Der Kläger rügt insoweit vielmehr eine unzutreffende Tatsachenwürdigung oder fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG und wendet sich im Kern gegen die inhaltliche Richtigkeit des Urteils. Hierdurch lässt sich jedoch die Zulassung der Revision grundsätzlich nicht erreichen (Senatsbeschluss vom 24. Februar 2010 III B 13/09, BFH/NV 2010, 931). Im Übrigen ist bereits nicht ersichtlich, dass eine konkrete Möglichkeit zur Übernahme des Metall verarbeitenden Betriebs bestanden und den Kläger zum Erwerb der Grundstücke veranlasst hat.
4. Die vom Kläger als grundsätzlich bedeutsam bezeichnete Frage, ob im Gegensatz zu betriebsfremden Risikogeschäften ein betrieblich veranlasstes Risikogeschäft in Form des Ankaufs eines unbebauten Grundstücks als Betriebserweiterungsfläche dem Betriebsvermögen zuzuordnen sei, betrifft ebenfalls die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Diese Frage könnte in einem Revisionsverfahren nicht geklärt werden, da das FG die betriebliche Veranlassung des Grundstückskaufs verneint hat, weil es an der gewerblichen Nutzungsmöglichkeit fehlte und vom Kläger ein überhöhter Kaufpreis gezahlt wurde.
5. Zur Revisionszulassung führt auch nicht der Vortrag, der BFH habe mit Urteil vom 8. August 2001 I R 106/99 (BFHE 196, 173, BStBl II 2003, 487) entschieden, dass es nicht darauf ankomme, ob Risikogeschäfte nach Art und Umfang der Gesellschaft unüblich seien; bei Risikogeschäften, die für das Unternehmen unentbehrlich seien, verbiete die betriebliche Veranlassung eine Zuordnung zum Privatvermögen, wenn eine private Veranlassung ausgeschlossen sei.
Der Hinweis auf das vom Kläger zitierte BFH-Urteil geht fehl. Denn dieses befasst sich ‑‑wie der Kläger zugesteht‑‑ mit der Frage, ob Risikogeschäfte einer GmbH eine verdeckte Gewinnausschüttung begründen und nicht damit, ob ein Wirtschaftsgut zum Betriebs- oder zum Privatvermögen gehört. Diese Frage war in dem zitierten Urteil schon deshalb nicht zu beantworten, weil es sich bei der Klägerin um eine Kapitalgesellschaft handelte und Kapitalgesellschaften keine Privatsphäre haben. Insoweit fehlt es auch an einer Divergenz zu dem FG-Urteil (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO).
Das FG hat im Übrigen weder festgestellt, dass die Anschaffung der Grundstücke für das Unternehmen des Klägers unentbehrlich gewesen sei, noch dass eine private Veranlassung des Erwerbs ausgeschlossen werden könne. Der vom Kläger gerügte Verstoß gegen den vermeintlichen Grundsatz der rechtsformneutralen Besteuerung, dass Einzelkaufleute bei betrieblich veranlassten Risikogeschäften im Misserfolgsfall gegenüber Kapitalgesellschaften benachteiligt seien, ist daher im Streitfall nicht entscheidungserheblich. Eine Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts kommt daher nicht in Betracht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO).
6. Die Revision ist auch nicht zur Fortbildung des Rechts im Zusammenhang mit dem BFH-Urteil vom 6. März 1991 X R 57/88 (BFHE 164, 246, BStBl II 1991, 829) zuzulassen; der Klägervortrag genügt insoweit nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
7. Das FG-Urteil weicht nicht vom BFH-Urteil vom 31. Januar 1985 IV R 130/82 (BFHE 143, 335, BStBl II 1985, 395) ab. Dieses Urteil führt aus, dass der Wille zu einer bestimmten außerbetrieblichen Nutzung eines Wirtschaftsguts entscheidendes Element des Entnahmetatbestands sei. Im Streitfall kam es dagegen darauf an, ob die Grundstücke für das Betriebsvermögen angeschafft wurden.
8. Nach dem BFH-Urteil vom 6. Dezember 1977 VIII R 29/75 (BFHE 124, 424, BStBl II 1978, 330) ist ein von einem Kaufmann erkennbar zu betrieblichen Zwecken erworbenes Grundstück auch dann (weiter) als Betriebsvermögen zu behandeln, wenn der Erwerber seine Absicht ‑‑äußerlich nicht erkennbar‑‑ geändert haben sollte. Dem widerspricht das FG-Urteil ebenfalls nicht, da es bereits den Erwerb aus betrieblicher Veranlassung ablehnt.
9. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.