BFH VII. Senat
StBerG § 37, StBDV § 28 Abs 1
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 29. March 2011, Az: 2 K 1554/09
Leitsätze
1. NV: Das Ergebnis der Steuerberaterprüfung kann nicht mit der Begründung, die Prüfungsakten seinen nicht paginiert, angefochten werden, wenn keine Anhaltspunkte für eine Manipulation der Akten bestehen.
2. NV: Wird die Anfechtung mit angeblich unangemessenem Verhalten eines Prüfers während der mündlichen Prüfung begründet, muss dieses geeignet gewesen sein, sich verunsichernd und leistungsmindernd auf den Prüfling auszuwirken.
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) nahm an der Steuerberaterprüfung 2005 teil, wurde jedoch wegen nicht ausreichender schriftlicher Prüfungsleistungen (Gesamtnote 4,66) nicht zur mündlichen Prüfung zugelassen. Nach hiergegen beim Finanzgericht (FG) erhobener Klage (2 K 284/05) änderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzministerium) die Bewertung einer schriftlichen Prüfungsarbeit, was zur verbesserten Gesamtnote 4,5 und zur Zulassung des Klägers zur mündlichen Prüfung führte. Der Rechtsstreit wurde daraufhin in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Die im März 2009 abgelegte mündliche Prüfung des Klägers wurde vom Prüfungsausschuss mit der Gesamtnote 4,14 bewertet. Aus den Gesamtnoten für die schriftliche und die mündliche Prüfung ergab sich die Prüfungsnote 4,32 und damit das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung.
Die hiergegen erhobene Klage wies das FG nach Vernehmung der Mitglieder des Prüfungsausschusses, der Protokollführerin sowie der Mitprüflinge als Zeugen zum Verlauf der mündlichen Prüfung ab. Gegenstand der Klage sei allein die Bewertung der Leistungen des Klägers in der mündlichen Prüfung. Diese sei rechtlich nicht zu beanstanden, da weder Verfahrens- noch Bewertungsfehler vorlägen.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie des Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) stützt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe schon nicht schlüssig dargelegt sind, wie es § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO verlangt, jedenfalls aber nicht vorliegen.
1. Weshalb der Rechtssache "wegen der unvollständigen Paginierung der Prüfungs- und Zulassungsakten des Klägers" grundsätzliche Bedeutung zukommen soll, erschließt sich nicht und wird von der Beschwerde auch nicht ansatzweise erläutert. Zu dieser Nachlässigkeit bei der Aktenführung hat das FG das Erforderliche ausgeführt. Die durchgängige Paginierung von Akten ist zwar geeignet, deren nachträgliche Manipulation durch Herausnehmen von Aktenteilen zu erschweren. Im Streitfall hat das FG jedoch einen Verdacht auf etwaige Manipulationen nicht erkennen können und auch der Kläger hat weder im Klage- noch im vorliegenden Beschwerdeverfahren angeblich fehlende Aktenteile bezeichnet.
Nicht erkennbar ist auch, welche grundsätzlich klärungsbedürftige Rechtsfrage sich aus dem Beschwerdevorbringen ergeben soll, "wesentliche Teile der Zulassungs- und Prüfungsakten" hätten beim Beweisaufnahmetermin nicht vorgelegen. Eine fehlerhaft unterbliebene Berücksichtigung bestimmter Unterlagen durch das FG könnte allenfalls im Rahmen einer Verfahrensrüge geltend gemacht werden. Hierfür fehlt es aber bereits an der konkreten Bezeichnung der Unterlagen, welche das FG bei seiner Entscheidungsfindung angeblich unberücksichtigt gelassen hat, und der für den Kläger günstigen Tatsachen, die sich aus diesen ergeben hätten.
2. Soweit die Beschwerde fehlende Zweifel des FG an der Glaubwürdigkeit vernommener Zeugen rügt, obwohl diese vor ihrer Vernehmung Einsicht in Zulassungs- und Prüfungsakten sowie in ein schriftliches Vortragskonzept des Klägers gehabt hätten, wird kein Verfahrensmangel dargelegt, weil die Grundsätze der Beweiswürdigung dem materiellen Recht zuzuordnen sind.
Ebenso wenig stellt es einen Verfahrensmangel dar, dass das FG die den Ablauf der mündlichen Prüfung betreffenden "verfahrensrechtlichen Rügen" des Klägers (betreffend einen auf den Kläger bezogenen "Scherz" eines der Prüfer) als verspätet erhoben angesehen hat. Im Übrigen hat das FG seine Entscheidung auch nicht allein auf die angebliche Verspätung dieser Rügen gestützt, sondern hat die Ansicht vertreten, es sei nicht ersichtlich, dass das Verhalten des Prüfers zu einer leistungsvermindernden Einschüchterung oder Verunsicherung des Klägers geführt habe.
3. Die Ausführungen der Beschwerde zu einem vom Vorsitzenden des Prüfungsausschusses bekannt gegebenen "1. mündlichen Prüfungsbescheid", der anschließend durch einen "2. mündlichen Prüfungsbescheid" widerrufen worden sei, sind unverständlich und lassen zudem keinen Bezug zu einem der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe für die Zulassung der Revision erkennen. Wie die Prüfungsnote ermittelt wird und wie das sich aus dieser Note folgende Prüfungsergebnis den Bewerbern mitgeteilt wird, ergibt sich ohne weiteres aus § 28 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der Vorschriften über Steuerberater, Steuerbevollmächtigte und Steuerberatungsgesellschaften.
4. Das mit "Gebotene Neutralität" überschriebene Beschwerdevorbringen, die anschließenden Ausführungen zu dem früheren Klageverfahren 2 K 284/05, das ‑‑anders als die Beschwerde zu meinen scheint‑‑ nicht Gegenstand des vorliegenden Nichtzulassungsbeschwerdeverfahrens ist, sowie zu angeblichen Bewertungsfehlern der mündlichen Prüfungsleistungen haben ebenfalls keinen Bezug zu den Revisionszulassungsgründen des § 115 Abs. 2 FGO, sondern versuchen lediglich zu begründen, dass die Prüfungsleistungen des Klägers besser hätten bewertet werden müssen. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab (§ 116 Abs. 5 Satz 2 FGO).