BFH VIII. Senat
EStG § 4 Abs 3, EStG § 7g Abs 3ff, FGO § 118 Abs 2, EStG § 7g Abs 6, EStG § 7g Abs 3, FGO § 128 Abs 4 S 1
vorgehend FG München, 10. March 2009, Az: 1 K 3814/07
Leitsätze
1. NV: Das Wahlrecht zur Bildung der Ansparrücklage bzw. zur Inanspruchnahme der Ansparabschreibung kann auch noch im Einspruchsverfahren ausgeübt werden, sofern der gesetzliche Investitionszeitraum noch andauert und keine Gründe für einen Ausschluss des Finanzierungszusammenhangs mit der beabsichtigten Investition bestehen.
2. NV: Aus der Ausübung des Wahlrechts erst im Einspruchsverfahren folgen keine gesteigerten Darlegungspflichten des Steuerpflichtigen.
Tatbestand
I. Im Streit ist die steuerliche Berücksichtigung einer Ansparabschreibung gemäß § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für das Streitjahr (2005) geltenden Fassung (EStG a.F.).
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Rechtsanwalt, der seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermittelt.
In seiner beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) am 31. Mai 2006 eingegangenen Einkommensteuererklärung für das Streitjahr erklärte er einen Gewinn aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 13.805 €, ohne zunächst eine Ansparabschreibung geltend zu machen.
Der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr vom 31. Juli 2006 wich aus nicht streiterheblichen Gründen von der Steuererklärung ab. Mit seinem hiergegen gerichteten Einspruch vom 21. August 2006 begehrte der Kläger unter anderem erstmals die Berücksichtigung einer Ansparabschreibung gemäß § 7g EStG in Höhe von 8.000 € und verwies zur Begründung darauf, dass er sich im Jahre 2007 ein neues, betrieblich genutztes Auto zu einem Kaufpreis von 20.000 € kaufen werde. Sein derzeitiges Fahrzeug sei bereits acht Jahre alt und weise eine Laufleistung von über 140.000 km auf. Mit einem Schreiben vom 6. November 2006 reichte der Kläger beim FA eine entsprechend geänderte Einnahmenüberschussrechnung für das Streitjahr nach sowie mit einem weiteren Schreiben vom 5. Februar 2007 eine ebenfalls entsprechend geänderte Anlage GSE.
Im Rahmen der Einspruchsentscheidung versagte das FA die Ansparabschreibung. Mit der dagegen erhobenen Klage machte der Kläger geltend, er habe die Ansparrücklage lediglich aus Versehen nicht bereits in der Steuererklärung berücksichtigt. Bei nachträglicher Bildung einer Ansparrücklage seien entgegen der Ansicht des FA keine erhöhten Anforderungen an die notwendige Konkretisierung der Investitionsabsicht zu stellen.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 1006 veröffentlichten Urteil statt.
Mit seiner Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Unter Berufung auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 25. Februar 2004 (BStBl I 2004, 337) ist es der Auffassung, dass im Fall einer nachträglich gebildeten Rücklage erhöhte Anforderungen an die erforderliche Konkretisierung der Investitionsabsicht zu stellen seien. Insbesondere sei glaubhaft darzulegen, aus welchen Gründen die Rücklage trotz voraussichtlicher Investitionsabsicht nicht bereits in der ursprünglichen Gewinnermittlung gebildet worden sei. Die Behauptung, die Passivierung der Rücklage sei versehentlich unterblieben, reiche nicht aus.
Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.
Angesichts der tatsächlichen Laufleistung des überwiegend betrieblich genutzten alten PKW sei die übliche Lebensdauer eines Fahrzeugs von acht bis zehn Jahren das stärkste Indiz für eine zum Ende des Streitjahrs bereits latente Investitionsabsicht; dazu bedürfe es keiner weiteren Glaubhaftmachung. Tatsächlich habe er, der Kläger, ‑‑allerdings erst 2008‑‑ ein (gebrauchtes) Kfz für sein Betriebsvermögen angeschafft.
Das dem Verfahren beigetretene BMF folgert aus dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 19. September 2002 X R 51/00 (BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184), dass die "voraussichtliche" Investition nach § 7g Abs. 3 Satz 2 EStG a.F. hinreichend konkretisiert sein müsse, weil es andernfalls möglich wäre, die Ansparabschreibung "ins Blaue hinein" in Anspruch zu nehmen etwa mit der Wirkung, dass diese zur Erhöhung eines tarifbegünstigten Veräußerungs- oder Aufgabegewinns führen würde. In dem BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 337 (dort Rdnr. 9) sei dies in der Weise konkretisiert worden, dass in den Fällen des versehentlich unterbliebenen Ansatzes der Rücklage in der Einkommensteuererklärung der Steuerpflichtige anhand geeigneter Unterlagen oder Erläuterungen glaubhaft darzulegen habe, aus welchen Gründen die Rücklage trotz voraussichtlicher Investitionsabsicht nicht bereits in der ursprünglichen Gewinnermittlung gebildet worden sei.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und nach § 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zurückzuweisen.
Zu Recht hat das FG die vom Kläger geltend gemachte Ansparabschreibung bei der Ermittlung des im Streitjahr erzielten Gewinns des Klägers aus selbständiger Arbeit als Rechtsanwalt berücksichtigt.
1. Verfahrensrechtlich wie auch materiell-rechtlich ist eine Ansparabschreibung an mehrere Voraussetzungen geknüpft.
a) Die Bildung einer Rücklage nach § 7g Abs. 3 ff. EStG a.F. und die Inanspruchnahme des Betriebsausgabenabzugs nach Abs. 6 der Vorschrift gehören zu den zeitlich unbefristeten Wahlrechten, die formell grundsätzlich bis zum Eintritt der Bestandskraft derjenigen Steuerfestsetzung ausgeübt werden können, auf welche sie sich auswirken sollen (BFH-Urteile vom 21. September 2005 X R 32/03, BFHE 211, 221, BStBl II 2006, 66; vom 17. Juni 2010 III R 43/06, BFHE 230, 517, m.w.N.). Dabei muss eine Rücklage nicht bereits bei erstmaliger Einreichung der Steuererklärung erklärt werden, sondern kann auch später im Rahmen einer Bescheidänderung gebildet werden (BFH-Urteile in BFHE 230, 517; vom 29. November 2007 IV R 82/05, BFHE 220, 98, BStBl II 2008, 471; Wendt, Finanz-Rundschau 2009, 87, 88; zweifelnd BFH-Urteil vom 8. November 2006 I R 89/05, BFH/NV 2007, 671). Allerdings können materiell-rechtliche Gründe die (nachträgliche) Wahlrechtsausübung hindern (s. dazu unten unter II.1.b dd).
Eine andere Beurteilung folgt entgegen der Auffassung des FA nicht aus dem Beschluss des Senats vom 26. Februar 2008 VIII B 107/07 (NV). Dieser Beschluss ist nur in dem Sinne zu verstehen, dass die erforderliche Dokumentation der Rücklage mit ihrer Geltendmachung einhergehen muss. Eine weiter gehende Folgerung ist daraus nicht zu ziehen.
b) Die materiell-rechtlichen Voraussetzungen bestimmen sich nach der gesetzlichen Regelung in § 7g Abs. 3 bis 5 EStG a.F. Danach können Steuerpflichtige für die künftige Anschaffung oder Herstellung eines neuen beweglichen Wirtschaftsguts des Anlagevermögens eine den Gewinn mindernde Rücklage bilden. Die Rücklage darf 40 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten des begünstigten Wirtschaftsguts nicht überschreiten, das der Steuerpflichtige "voraussichtlich bis zum Ende des zweiten auf die Bildung der Rücklage folgenden Wirtschaftsjahres anschaffen oder herstellen wird" (§ 7g Abs. 3 Satz 2 EStG a.F.). Ermittelt der Steuerpflichtige ‑‑wie im Streitfall‑‑ den Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so sind gemäß § 7g Abs. 6 EStG a.F. die Abs. 3 bis 5 mit Ausnahme von Abs. 3 Nr. 1 mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass die Bildung der Rücklage als Betriebsausgabe (Abzug) und ihre spätere Auflösung als Betriebseinnahme (Zuschlag) zu behandeln ist.
aa) Während bei bilanzierenden Steuerpflichtigen Bildung und Auflösung der Rücklage gemäß § 7g Abs. 3 Satz 3 Nr. 3 EStG a.F. aus der Buchführung ersichtlich sein müssen, folgt aus der entsprechenden Anwendung dieser Norm bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG das Erfordernis, dass die Bildung der Ansparrücklage mit den investitionsbezogenen Angaben und die Auflösung der Rücklage wie in einer Buchführung verfolgt werden kann (BFH-Urteil vom 13. Dezember 2005 XI R 52/04, BFHE 212, 208, BStBl II 2006, 462; vgl. auch BFH-Urteil vom 6. März 2003 IV R 23/01, BFHE 202, 250, BStBl II 2004, 187), auch wenn § 7g Abs. 6 EStG nicht die Aufnahme erst noch anzuschaffender oder herzustellender Wirtschaftsgüter in laufend zu führende Verzeichnisse voraussetzt (BFH-Urteil in BFHE 212, 208, BStBl II 2006, 462, m.w.N.).
Das Wahlrecht wird nicht schon durch den entsprechenden Ausweis in der Buchführung oder in den sonstigen Unterlagen des Steuerpflichtigen ausgeübt, sondern erst durch den Ausweis eines entsprechenden Passivpostens in der Bilanz oder ‑‑bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG‑‑ durch den Ansatz einer entsprechenden Betriebsausgabe in der Einnahmenüberschussrechnung und deren Einreichung beim Finanzamt (vgl. BFH-Urteile vom 29. März 2011 VIII R 28/08, BFHE 233, 434, BFH/NV 2011, 1572; vom 17. November 2004 X R 41/03, BFH/NV 2005, 848, 849). Diesen Voraussetzungen hat der Kläger im Laufe des Einspruchsverfahrens genügt.
bb) Das Gesetz enthält keine ausdrückliche Regelung darüber, ob und wie gegebenenfalls die voraussichtliche Investition i.S. von § 7g Abs. 3 EStG a.F. nachzuweisen ist. Die Rechtsprechung hat daraus gefolgert, dass der Steuerpflichtige nicht gehalten ist, die Absicht einer Investition nachzuweisen (BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 848) oder glaubhaft zu machen (vgl. BFH-Urteil vom 12. Dezember 2001 XI R 13/00, BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385; BFH-Beschluss vom 26. November 2009 VIII B 190/09, BFHE 226, 541, BFH/NV 2010, 331). Jedoch setzt die Ansparabschreibung eine hinreichende Konkretisierung der geplanten Investition voraus (vgl. BFH-Urteile in BFHE 233, 434, BFH/NV 2011, 1572; in BFH/NV 2005, 848; in BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385; vom 19. September 2002 X R 51/00, BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184; vom 15. September 2010 X R 21/08, BFH/NV 2011, 235), sodass im Investitionsjahr festgestellt werden kann, ob eine vorgenommene Investition derjenigen entspricht, für deren Finanzierung die Rücklage gebildet wird (BFH-Urteil in BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385). Die betreffende Investition muss zudem schlüssig und plausibel sein (vgl. BFH-Urteile in BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184; vom 29. April 2008 VIII R 62/06, BFHE 221, 211, BStBl II 2008, 747; BFH-Beschlüsse in BFHE 226, 541, 546, BFH/NV 2010, 331, 333; vom 25. September 2002 IV B 55/02, BFH/NV 2003, 159).
cc) Die Prognose einer voraussichtlichen Investition des Steuerpflichtigen ist aus der Sicht des Bilanzstichtages zu treffen, zu dem die Ansparrücklage in die Bilanz eingestellt wird bzw. bei Einnahmenüberschussrechnung aus der Sicht zum Ende des Gewinnermittlungszeitraums, für den die Ansparabschreibung in Anspruch genommen werden soll (BFH-Urteile in BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184; in BFHE 202, 250, BStBl II 2004, 187; in BFHE 197, 448, BStBl II 2002, 385). Nach dem Sinn und Zweck der Ansparrücklage, Investitionen für kleine und mittlere Betriebe mithilfe eines Steuerstundungseffekts zu erleichtern, ist zu prüfen, ob der Ansparrücklage eine (noch) durchführbare, objektiv mögliche Investition zugrunde liegt (vgl. im Einzelnen dazu BFH-Urteile in BFH/NV 2005, 848, m.w.N.; in BFHE 221, 211, BStBl II 2008, 747). Das ist zum einen ausgeschlossen, wenn ‑‑im Hinblick auf die Betriebsbezogenheit der Rücklage (BFH-Urteil vom 23. Mai 2007 X R 35/06, BFH/NV 2007, 1862)‑‑ zum maßgeblichen Zeitpunkt der betreffende Betrieb bereits aufgegeben oder veräußert ist (s. dazu BFH-Urteil in BFH/NV 2005, 848; vgl. in BFH/NV 2007, 1862, 1864) oder der Entschluss zur (kurzfristigen) Veräußerung bereits gefasst ist (vgl. BFH-Urteil in BFHE 233, 434, BFH/NV 2011, 1572), zum anderen aber auch, wenn aus anderen Gründen im Zeitpunkt der Rücklagenbildung bereits feststeht, dass die Investition nicht mehr vorgenommen wird (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 2007, 1862, 1864) oder wenn es an der gebotenen Plausibilität der Investition fehlt, etwa wenn eine künftige Investition behauptet wird, die der gegenwärtigen Betriebsstruktur entgegensteht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184; in BFH/NV 2005, 848).
dd) Schließlich ist nach ständiger Rechtsprechung zu § 7g EStG a.F. erforderlich, dass zwischen der Bildung der Rücklage und der Investition ein "Finanzierungszusammenhang" besteht (vgl. BFH-Urteile in BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184; in BFHE 220, 98, BStBl II 2008, 471, m.w.N.; in BFHE 221, 211, BStBl II 2008, 747), d.h., dass die konkrete Rücklagenbildung die Finanzierung der beabsichtigten Investition erleichtert (BFH-Urteil in BFHE 221, 211, BStBl II 2008, 747; vgl. BTDrucks 12/4487, S. 33).
Die an den Finanzierungszusammenhang zu stellenden Anforderungen hat der BFH nicht im Einzelnen ‑‑positiv‑‑ konkretisiert (vgl. dazu BFH-Urteil in BFHE 230, 517, BFH/NV 2011, 104, m.w.N.), jedoch Fallgruppen herausgebildet, in denen der erforderliche Zusammenhang zu verneinen ist. Das ist der Fall, wenn im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rücklage schon ersichtlich ist, dass ‑‑ungeachtet der auf das Ende des Gewinnermittlungszeitraums rückbezogenen Prognose‑‑ die in Aussicht genommene Investition nicht (mehr) durchgeführt wird. So verhält es sich etwa, wenn die Rücklagenbildung erst nach Ablauf des zweijährigen Investitionszeitraums geltend gemacht wird, ohne dass die Investition tatsächlich durchgeführt worden ist (BFH-Urteile in BFHE 230, 517, BFH/NV 2011, 104; in BFHE 211, 221, BStBl II 2006, 66), oder wenn wegen der bei Bildung der Rücklage nur mehr geringen Dauer des restlichen Investitionszeitraums mit der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts nicht mehr gerechnet werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFHE 220, 98, BStBl II 2008, 471). Der BFH hat den Finanzierungszusammenhang ferner in den Fällen verneint, in denen eine Rücklage erstmals später als zwei Jahre nach der Anschaffung oder Herstellung eines Wirtschaftsguts gebildet wird (vgl. BFH-Urteile vom 14. August 2001 XI R 18/01, BFHE 198, 415, BStBl II 2004, 181; in BFHE 230, 517, BFH/NV 2011, 104). Schließlich liegt der erforderliche Finanzierungszusammenhang auch dann nicht vor, wenn die Entscheidung für die Bildung der Rücklage erst nach der Anschaffung getroffen wird und dafür nach dem Anschaffungszeitpunkt entstandene und nicht investitionsbezogene Gründe maßgeblich sind (BFH-Urteil in BFHE 221, 211, BStBl II 2008, 747, m.w.N.).
2. Nach diesen ‑‑unter II.1.b dieses Urteils aufgeführten‑‑ Maßstäben genügt das Vorbringen des Klägers im Streitfall den an die Bildung der Rücklage und die Ansparabschreibung zu stellenden Anforderungen.
a) Der Kläger hat die künftige Anschaffung eines PKW hinreichend konkretisiert. Als Betriebsinhaber hat er eine Einschätzungsprärogative, was sein künftiges Investitionsverhalten angeht. Ob seine Investitionsabsicht zum Ende des Wirtschaftsjahrs der Inanspruchnahme der Ansparabschreibung als maßgebendem Zeitpunkt tatsächlich bestanden hat, lässt sich nur in Gestalt einer Prognose der Investitionstätigkeit auf der Grundlage objektivierter wirtschaftlicher Gegebenheiten überprüfen (vgl. BFH-Urteil vom 8. Juni 2011 I R 90/10, BFHE 234, 130, BFH/NV 2011, 1594, m.w.N.). Auf der Grundlage der von ihm getroffenen Feststellungen hat das FG danach in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine dem Vorbringen des Klägers entsprechende Prognose seines künftigen Investitionsverhaltens vorgenommen. Die voraussichtliche Anschaffung eines PKW war aus der Perspektive am Ende des Streitjahrs schlüssig und plausibel.
Zum Zeitpunkt der Geltendmachung der Ansparabschreibung im Einspruchsverfahren und der Einreichung einer berichtigten Einnahmenüberschussrechnung mit korrigierter AfA-Liste beim FA dauerte der zweijährige Investitionszeitraum (§ 7 Abs. 3 Satz 2 EStG a.F.) noch geraume Zeit an. Gründe, aus denen zu diesem Zeitpunkt die Durchführung der Investition innerhalb des Investitionszeitraums praktisch ausgeschlossen gewesen wäre oder nach der Rechtsprechung der Finanzierungszusammenhang zwischen der Ansparabschreibung und der prognostizierten Anschaffung eines PKW zu verneinen wäre, sind nicht ersichtlich.
b) Die verfahrensrechtlich mögliche Inanspruchnahme der Ansparabschreibung erst im Einspruchsverfahren (s. dazu in diesem Urteil unter II.1.a) war im Streitfall auch nicht deshalb gehindert, weil der Kläger die Gründe für die verzögerte Geltendmachung nicht ausreichend dargelegt hätte. Für eine gesteigerte Pflicht zur Darlegung (etwa durch Vorlage angeforderter Prospekte oder Erteilung von Informationen), wie sie das BMF in seiner Stellungnahme unter Bezugnahme auf das BMF-Schreiben in BStBl I 2004, 337 (Rdnr. 9) postuliert, findet sich keine gesetzliche Grundlage. Die Sorge der Verwaltung, es könne zu einer steuergestaltenden Inanspruchnahme der Ansparrücklage oder Ansparabschreibung "ins Blaue hinein" kommen, gebietet keine andere Beurteilung. Das steuerliche Lenkungsinstrument der Ansparabschreibung nach den Regeln des § 7g Abs. 3 ff. EStG a.F. bot in vielfältiger Hinsicht erhebliches Potenzial zur Steuergestaltung (vgl. BFH-Urteil vom 10. August 2011 I R 45/10, BFHE 234, 412, BFH/NV 2012, 90, m.w.N.). Das Ziel der Verhinderung oder Eindämmung solcher Gestaltungen rechtfertigt aber weder eine einschränkende Auslegung der Norm gegen den Wortlaut (vgl. BFH-Urteil in BFHE 234, 412, BFH/NV 2012, 90) noch die Hinzufügung ungeschriebener Tatbestandsmerkmale. Vielmehr spricht der Gesetzeszweck, durch die Vorverlagerung von Abschreibungspotential die wirtschaftsgutbezogene Investitionstätigkeit kleiner und mittlerer Unternehmen zu fördern (vgl. Lambrecht, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 7g Rz A 1), gegen das restriktive Gesetzesverständnis der Verwaltung.
Ein besonderes Darlegungserfordernis folgt entgegen der Auffassung des FA und des BMF auch nicht aus dem Urteil in BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184, in dem vielmehr maßgeblich auf objektive wirtschaftliche Gegebenheiten abgestellt wird, an die die Prognose anknüpfen kann (vgl. die dortigen Entscheidungsgründe unter II.4.a, b und c).
Demzufolge ist der BFH an die tatsächliche Feststellung des FG gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), wonach es keine Hinweise darauf gibt, dass die späte Geltendmachung der streitigen Ansparabschreibung nicht lediglich auf einem Versehen des Klägers beruhte. In Bezug auf diese Feststellung sind keine zulässigen und begründeten Revisionsgründe vorgebracht (§ 118 Abs. 2, 2. Halbsatz FGO). Die Schlussfolgerung des FG leidet auch nicht an einer Unvereinbarkeit mit Denkgesetzen oder allgemeinen Erfahrungssätzen, so dass sie das Revisionsgericht bindet, und zwar auch dann, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 118 Rz 54, m.w.N.).
Darauf, ob überhaupt die Angabe eines Grundes für eine verzögerte Ausübung des Wahlrechts auf Inanspruchnahme der Ansparabschreibung zu fordern ist (vgl. etwa das BFH-Urteil in BFHE 230, 517, BFH/NV 2011, 104, zur erstmaligen Inanspruchnahme der Ansparrücklage im Wege der eine vorausgegangene Bilanzberichtigung kompensierenden Bilanzänderung; BFH-Urteile in BFHE 230, 517, BFH/NV 2011, 104; in BFHE 220, 98, BStBl II 2008, 471), kommt es deshalb im Streitfall nicht an.
c) Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger den an die Dokumentation des Investitionsvorhabens ‑‑wie in einer Buchführung (s. unter II.1.B dieses Urteils)‑‑ zu stellenden Anforderungen nicht genügt hätte, sind vom FG nicht festgestellt.
d) Soweit die Rechtsprechung in Fällen der Betriebseröffnung oder der wesentlichen Betriebserweiterung gesteigerte Anforderungen an den Nachweis der Investitionsabsicht stellt (vgl. BFH-Urteil in BFHE 200, 343, BStBl II 2004, 184), und zwar regelmäßig in Gestalt verbindlicher Bestellungen (vgl. statt aller BFH-Urteil in BFHE 233, 434, BFH/NV 2011, 1572, m.w.N.), ist sie nicht auf den Streitfall übertragbar.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO. Der Senat ist nicht befugt, im Revisionsverfahren über die nicht beschwerdefähige Entscheidung des FG zu befinden, mit der dem Kläger die Erstattung der Kosten des Vorverfahrens versagt worden ist (§ 128 Abs. 4 Satz 1 FGO).