BFH I. Senat
AO § 42, EStG § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst d, EStG § 50a Abs 4 S 1 Nr 1, EStG § 50a Abs 5 S 2, EStG § 50a Abs 5 S 3
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 11. May 2010, Az: 12 K 3078/05 B
Leitsätze
NV: Von einer mit einer künstlerischen Leistung zusammenhängenden Leistung kann nur gesprochen werden, wenn ein sachlicher und personeller Zusammenhang mit der künstlerischen Hauptleistung besteht. Hieran mangelt es, wenn Nebenleistungen nicht durch den Künstler, sondern einen anderen Vertragspartner aufgrund eines eigenständigen Vertrags mit dem inländischen Veranstalter erbracht werden. Abreden der Vertragspartner des inländischen Veranstalters untereinander, die bei Vertragsschluss nicht offen gelegt werden, rechtfertigen nicht die Annahme eines personellen Zusammenhangs.
Tatbestand
I. Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der für die Annahme zusammenhängender Leistungen i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr 1998 geltenden Fassung (EStG 1997) ‑‑i.V.m. § 2 Nr. 1, § 8 Abs. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG 1991)‑‑ erforderliche persönliche Zusammenhang sich auch aus einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ergeben kann und deshalb die von der Klägerin und Revisionsbeklagten (Klägerin) an eine US-amerikanische Gesellschaft gezahlte Vergütung dem Steuerabzug gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1997 i.V.m. § 49 Abs. 1 KStG 1991 unterliegt.
Die Klägerin ist eine in Deutschland ansässige und als Konzertveranstalter tätige GmbH. Zwischen Mai und August 1998 veranstaltete sie in verschiedenen deutschen Städten insgesamt acht Konzerte der Rockmusikgruppe … (B-Band). Die Konzerte waren Teil der weltweiten B-Band Tour".
Zur Durchführung der Welttournee hatten die Künstlergesellschaft der B-Band, die in den USA ansässige X und die ebenfalls in den USA ansässige Y sowie eine aus mehreren Gesellschaften bestehende Gruppe, nachstehend zusammenfassend als "Z" bezeichnet, am 20. Mai 1997 ein sog. "Joint Services Operating Agreement" (JSOA) geschlossen. Die Klägerin war an dem JSOA nicht beteiligt und die Vereinbarungen waren ihr nicht bekannt.
Das JSOA enthielt umfangreiche Vereinbarungen über die koordinierte Erbringung von Leistungen im Rahmen der Tournee, deren Vermarktung, die Verteilung der Verwertungsrechte sowie die Behandlung der bei der Tournee anfallenden Einnahmen und Ausgaben. Die Zusammenarbeit von X und Y beruhte darauf, dass Y bereits in der Vergangenheit Konzertveranstaltungen technisch durchgeführt hatte und ihre Mitarbeiter (z.B. Product Manager, Sound Engineer, Stage Manager, Lighting Directors) über entsprechende Erfahrung und Fachwissen verfügten. Y war gesellschaftsrechtlich nicht mit der X oder den Mitgliedern der B-Band verbunden. Der geschäftsführende Gesellschafter der Y, …, Mitinhaber der US-amerikanischen Rechtsanwaltskanzlei …, und weitere Anwälte dieser Kanzlei, hatten in der Vergangenheit verschiedene Mitglieder der B-Band sowie Gesellschaften aus deren Umfeld steuerrechtlich beraten.
Das JSOA sah vor, dass grundsätzlich Z als Veranstalter der Tourneekonzerte fungierte (§ 6 JSOA). X lieferte neben den künstlerischen Leistungen der B-Band auch ein Aufführungskonzept für die Bühne, das auf die jeweiligen Musiktitel abgestimmt war. Y führte die Konzerte technisch durch, wobei sie ihre Leistungen entweder selbst oder durch Subunternehmer zu erbringen hatte. Um welche technischen Leistungen der Y es sich dabei im Einzelnen handelte, bestimmte sich insbesondere nach dem von X vorgelegten Aufführungskonzept und war in einem Vertragsanhang, dem "Technical Rider", festgelegt.
Nach den Regelungen im JSOA verpflichtete sich Y, während der Dauer der Welttournee sowie eine gewisse Zeit nach deren Beendigung exklusiv für diese Tournee tätig zu werden. Während dieser Zeit durfte sie nicht für Veranstaltungsleistungen Dritter zur Verfügung stehen (§ 5 Buchst. g JSOA). Die Termine der einzelnen Konzertveranstaltungen konnten einseitig, insbesondere ohne Zustimmungsvorbehalt der Y, durch X verändert werden. Gleiches galt für eine Verlängerung der Gesamtdauer der Tournee.
Allerdings behielt sich X im JSOA das Recht vor, für die Auftritte in bestimmten Ländern anstelle von Z einen anderen, im jeweiligen Gastland ansässigen Konzertveranstalter ("lokaler Veranstalter") zu bestimmen, der diese Konzerte veranstaltete und vermarktete (sog. "Sell Off"-Verfahren, § 1 Buchst. bs JSOA). Hintergrund des Vorbehalts war, dass X sich nicht sicher war, ob Z über genügend Erfahrung und Know-how verfügte, um in sämtlichen Ländern als Veranstalter auftreten zu können. Soweit X von diesem Vorbehalt Gebrauch machte, waren die Tourneebeteiligten, darunter Y, verpflichtet, ihre jeweiligen Leistungen inhaltsgleich gegenüber dem betreffenden lokalen Veranstalter zu erbringen und mit diesem eigenständige Verträge abzuschließen. Z war dann für die betreffenden Konzerte weder Gläubiger von Leistungen der übrigen Beteiligten noch Schuldner einer Vergütung.
Für die in Deutschland stattfindenden Konzerte übte X ihr Bestimmungsrecht dahingehend aus, dass anstelle der Z die Klägerin als lokaler Veranstalter eingeschaltet wurde. Daraufhin schloss die Klägerin für die Auftritte der B-Band in Deutschland einen Vertrag mit der X ab. Des Weiteren schloss sie mit der Y einen "Vertrag über die Bereitstellung von technischen Materialien und Dienstleistungen" ab. Die Y verpflichtete sich, die für die Durchführung der Konzerte erforderlichen technischen Leistungen bereitzustellen. Dies umfasste insbesondere den Bühnenaufbau, das Beleuchtungssystem, das Mikrophon- und Lautsprechersystem sowie zahlreiche musikbegleitende Lichteffekte und ein Feuerwerk. Die Beteiligten streiten über den Steuerabzug der auf der Grundlage dieses Vertrags zwischen der Klägerin und der Y gezahlten Vergütungen.
Die Abrechnung und Ergebnisverteilung regelte das JSOA einheitlich für die Gesamttournee in der Weise, dass X und Y jeweils bestimmte Festbeträge sowie eine Beteiligung am Gesamtüberschuss der Tournee zustehen sollten. Y sollte einen Festbetrag erhalten, der sämtliche ihr mit der Bereitstellung der im JSOA definierten technischen Materialien und Leistungen tatsächlich entstandenen Kosten um 250.000 US-Dollar überstieg (§ 8 Buchst. a JSOA).
Von dem Gesamtüberschuss der Tournee (definiert als Überschuss sämtlicher Bruttoeinnahmen über sämtliche direkten Kosten) sollten X und Y gemeinsam 90 % abzüglich der vorgenannten Mindestbeträge als "bedingte Vergütung" erhalten (§ 7 Buchst. c JSOA). Die Aufteilung der "bedingten Vergütung" zwischen X und Y war im JSOA nicht ausdrücklich festgelegt.
Zum Zweck der Abrechnung der Gesamttournee waren die Tourneebeteiligten verpflichtet, sämtliche Zahlungsvorgänge über Treuhandkonten abzuwickeln, über die bis zur Gesamtabrechnung der Tournee allein der von ihnen gemeinsam eingesetzte Treuhänder, die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft …, verfügen konnte.
Hinsichtlich der im Wege des "Sell Off" vermarkteten Konzerte sah das JSOA vor, dass Y die ihr von dem lokalen Veranstalter überwiesene Leistungsvergütung behalten und im Gegenzug keinen Anspruch auf Erstattung ihrer bei diesen Konzerten entstandenen Kosten haben sollte. Nach dem Abrechnungsmechanismus des JSOA minderte die vom lokalen Veranstalter erhaltene Leistungsvergütung in entsprechend hohem Umfang den Anspruch von Y auf Kostenerstattung.
Auf der Grundlage des mit Y bestehenden Vertrags über die Bereitstellung von technischen Materialien und Dienstleistungen zahlte die Klägerin dieser für das zweite Quartal 1998 eine Vergütung in Höhe von 3.643.731,67 DM. Da Y der Klägerin keine Freistellungsbescheinigung des damaligen Bundesamts für Finanzen (seit dem 1. Januar 2006: Bundeszentralamt für Steuern) vorlegen konnte, behielt die Klägerin bei Zahlung der Vergütung an Y Beträge von 1.522.351,09 DM als Körperschaftsteuer und 83.441,46 DM als Solidaritätszuschlag ein und führte diese Beträge gemäß §§ 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 1997 an den Beklagten und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) ab. Zugleich mit der beim FA für das zweite Quartal 1998 eingereichten Anmeldung dieses Steuerabzugs legte die Klägerin dagegen Einspruch ein.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gegen die Steueranmeldung für das zweite Quartal 1998 erhob die Klägerin Klage beim seinerzeit zuständigen Finanzgericht (FG) Berlin, die abgewiesen wurde. Der erkennende Senat hat das FG-Urteil aufgehoben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen (vgl. Senatsurteil vom 17. November 2004 I R 20/04, BFH/NV 2005, 892).
Im zweiten Rechtsgang hat das zwischenzeitlich zuständige FG Berlin-Brandenburg der Klage überwiegend stattgegeben (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12. Mai 2010 12 K 3078/05 B, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2010, 1608) und das FA verpflichtet, die angemeldete und abgeführte Körperschaftsteuer in Höhe von 1.522.351,09 DM an die Klägerin zu erstatten.
Mit seiner dagegen eingelegten Revision rügt das FA die Verletzung formellen und materiellen Rechts und beantragt, das FG-Urteil, soweit der Klage stattgegeben wurde, aufzuheben und die Klage abzuweisen. Das FA meint, aufgrund der Regelungen im JSOA liege eine zusammenhängende Leistung i.S. des § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d i.V.m. § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1997 vor.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Klägerin aus der an die Y zu zahlenden Vergütung keine Abzugsteuer einzubehalten und abzuführen hatte.
1. Nach § 50a Abs. 4 Satz 1 EStG 1997 wird bei beschränkt Steuerpflichtigen die Einkommen- oder Körperschaftsteuer in bestimmten Fällen im Wege des Steuerabzugs erhoben. Der Vergütungsschuldner muss den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubigers vornehmen und die einbehaltene Steuer an das zuständige Finanzamt abführen (§ 50a Abs. 5 Sätze 2 und 3 EStG 1997).
Von dem Steuerabzug werden Einkünfte i.S. des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 EStG 1997 erfasst. Dazu gehören auch Einkünfte, die durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen, unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen (§ 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 1997, § 8 Abs. 1 KStG 1991).
2. Zwischen den Beteiligten ist im Einklang mit den Feststellungen des FG unstreitig, dass Y als Vergütungsgläubigerin keine künstlerischen oder ähnlichen Darbietungen erbracht hat, so dass insoweit der Tatbestand des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1997 i.V.m. § 49 Abs. 1 KStG 1991 nicht erfüllt ist. Dies bedarf, anders als noch im ersten Rechtsgang, keiner weiteren Erörterung.
a) Bei den von Y erbrachten Leistungen handelte es sich entgegen der Auffassung des FA auch nicht um mit den künstlerischen Leistungen "zusammenhängende Leistungen" i.S. des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1997, so dass die Y keine Einkünfte erzielt hat, die der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 1997 i.V.m. § 2 Nr. 1 KStG 1991 unterliegen. Deshalb war die Klägerin nicht zum Steuerabzug (§ 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG 1997) verpflichtet.
aa) Von einer mit einer (u.a.) künstlerischen Leistung zusammenhängenden Leistung kann nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats nur gesprochen werden, wenn ein sachlicher und ein personeller Zusammenhang mit der künstlerischen Hauptleistung besteht. Mit Blick auf den im Streitfall allein streitigen personellen Zusammenhang muss sowohl die künstlerische Hauptleistung als auch die in den Tatbestand ausdrücklich einbezogene Nebenleistung von demselben Anbieter ‑‑und damit "aus einer Hand"‑‑ erbracht werden. Es muss eine durch eine Gesamtvergütung entgoltene "Gesamtleistung" des Künstlers (Darbietenden) vorliegen, die es rechtfertigt, Vergütungen für (z.B. technische) Nebenleistungen ebenfalls als steuerabzugspflichtig zu erfassen. Werden Nebenleistungen dagegen auf der Grundlage besonderer Verträge, die der inländische Veranstalter mit einem Dritten abgeschlossen hat, von einem anderen als dem Darbietenden erbracht, fehlt der erforderliche tatsächliche, konkrete und untrennbare Zusammenhang mit der Darbietung. Der Senat verweist dazu auf seine ständige Spruchpraxis, an der festzuhalten ist (vgl. Urteile vom 16. Mai 2001 I R 64/99, BFHE 196, 210, BStBl II 2003, 641; in BFH/NV 2005, 892, und vom 28. Juli 2010 I R 93/09, BFH/NV 2010, 2263, m.w.N.).
Soweit es nach dem Gesetzeswortlaut unbeachtlich ist, wem die Einnahmen zufließen, geht es darum, die Möglichkeit einzuschränken, die beschränkte Steuerpflicht (zu einem Teil) durch ein Vertragsgeflecht und eine Aufteilung der verschiedenen zusammenhängenden Leistungen auf jeweils gesonderte Verträge zu vermeiden. Insoweit kann es in Betracht kommen, nach den Umständen des Einzelfalls die vertraglich "abgesonderten" Nebenleistungen auf der Grundlage einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise der Sphäre des hauptleistenden Künstlers zuzuweisen. Dies gilt allerdings dann nicht, wenn die Nebenleistungen durch von den darbietenden Künstlern unabhängige Dritte erbracht werden. Auch das hat der Senat bereits entschieden (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 2010, 2263, m.w.N.), und auch daran ist festzuhalten.
bb) Ungeachtet des im Streitfall von den Beteiligten nicht in Frage gestellten sachlichen Zusammenhangs zwischen den Leistungen der Y und der X gegenüber der Klägerin lässt sich ein personeller Zusammenhang nicht begründen. Denn die streitgegenständlichen Leistungen wurden auf der Grundlage besonderer Vereinbarungen von einem gegenüber der X und der von ihr vertretenen B-Band unabhängigen Dritten, der Y, erbracht.
Nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) schloss die Klägerin einen Vertrag mit der US-amerikanischen Künstlergesellschaft X über den Auftritt der B-Band im Inland ab. Daneben schloss sie mit der ebenfalls US-amerikanischen Gesellschaft Y einen gesonderten "Vertrag über die Bereitstellung von technischen Materialien und Dienstleistungen" ab, der die Y verpflichtete, die für die Durchführung der Konzerte im Inland erforderlichen technischen Leistungen (insbesondere Bühnenaufbau, Beleuchtungssystem, Mikrophon- und Lautsprechersystem sowie musikbegleitende Lichteffekte und ein Feuerwerk) bereitzustellen. Y ist insofern als eigenständiger Vertragspartner und nicht etwa zusammen mit X als Anbieter oder als deren Treuhänder oder Subunternehmer aufgetreten; sie fungierte auch nicht als Betriebsstätte der Klägerin.
cc) Zu Unrecht wendet das FA dagegen ein, die Leistungen seien aufgrund der Regelungen des JSOA als zusammenhängende Leistungen zu qualifizieren. Abreden der Vertragspartner der Klägerin untereinander mögen geeignet sein, eine Innengesellschaft zwischen diesen zu begründen. Wurden sie bei Vertragsschluss mit der Klägerin oder bei Auszahlung der Vergütung jedoch nicht aufgedeckt und waren sie nicht offenkundig, rechtfertigen sie nicht die Annahme eines personellen Zusammenhangs i.S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 1997. Dies stünde dem objektsteuerartigen Charakter der beschränkten Steuerpflicht entgegen, wonach sich die Zuordnung bestimmter Einkünfte zu einer der in § 49 EStG 1997 genannten Einkunftsarten nach dem objektiven Erscheinungsbild der jeweiligen (im Inland verwirklichten und aus dem Inland bezogenen) Einkünfte richtet (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 2011 I R 32/10, BFHE 234, 292 und vom 28. Januar 2004 I R 73/02, BFHE 205, 174, BStBl II 2005, 550).
Diese enge Auslegung des Tatbestands der zusammenhängenden Leistung wird auch den sich aus dem Abzugsverfahren nach § 50a EStG 1997 ergebenden Bedürfnissen gerecht. Der Vergütungsschuldner nimmt den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Vergütungsgläubigers vor und sichert damit die Erfüllung einer fremden Steuerschuld. Er muss erkennen können, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen der Vorschrift erfüllt sind und er Steuern einzubehalten und an das Finanzamt abzuführen hat. Dies wäre nicht der Fall, wenn ihm eine Verpflichtung zur Aufdeckung interner Vereinbarungen zwischen Dritten auferlegt würde, für deren Verletzung er ‑‑im Grundsatz verschuldensunabhängig‑‑ haften würde. Dies gilt umso mehr, als der Vergütungsschuldner regelmäßig weder eine tatsächliche noch eine rechtliche Möglichkeit hat, derartige Umstände, die auch Schlüsse auf die internen Kalkulationen seiner Vertragspartner zulassen könnten, in Erfahrung zu bringen. Daher kommt es nur darauf an, wer zivilrechtlich Vertragspartner des Abzugsverpflichteten geworden ist. Dessen juristische Selbständigkeit reicht aus, trotz eines sachlichen Zusammenhangs die Annahme zusammenhängender Leistungen i.S. des § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG 1997 abzulehnen (vgl. Gosch in Kirchhof, EStG, 10. Aufl., § 49 Rz 30; Hidien, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 49 Rz E 411 ff.; Maßbaum in Herrmann/Heuer/Raupach, § 49 EStG Rz 548). Die der Klägerin unstreitig im Zeitpunkt der Vornahme des Steuerabzugs unbekannten Vereinbarungen im JSOA sind demzufolge nicht entscheidungserheblich.
Es kann nach den Verhältnissen im Streitfall auch keine Rede davon sein, dass sich die Klägerin auf eine ungewöhnliche Gestaltung oder Abwicklung eingelassen hätte, die im Einzelfall höhere Anforderungen rechtfertigen könnte (vgl. dazu allgemein Senatsurteil vom 19. Januar 1994 I R 40/92, BFH/NV 1995, 181; Senatsbeschluss vom 9. Juli 1986 I B 36/86, BFHE 149, 375, BStBl II 1987, 487).
b) Eine von der zivilrechtlichen Vertragslage abweichende Beurteilung zur Begründung der Steuerabzugspflicht nach § 42 der Abgabenordnung (AO), der auch für beschränkt Steuerpflichtige gilt (vgl. Senatsurteile vom 29. Januar 2008 I R 26/06, BFHE 220, 392, BStBl II 2008, 978, und vom 29. Oktober 1997 I R 35/96, BFHE 184, 476, BStBl II 1998, 235), ist im Streitfall nicht geboten.
Das FG hat in seine den erkennenden Senat bindende Würdigung (§ 118 Abs. 2 FGO) einbezogen, dass die Y, nicht aber die X, über das zur Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen erforderliche qualifizierte Personal und "Know-how" verfügte. Auch wählte die Y, soweit erforderlich, Subunternehmer aus und kaufte bei diesen Leistungen ein. Weiterhin hat das FG berücksichtigt, dass aufgrund des zwischen der Klägerin und Y geschlossenen Vertrags hinsichtlich der Leistungsinhalte sowie des Einstehenmüssens für Leistungsmängel und Schäden eine von X nicht beeinflussbare Rechtsgrundlage geschaffen wurde, die die vertraglichen Gefahren rechtlich und wirtschaftlich auf Y verlagerte. Aus Sicht der X, die selbst die technischen Dienstleistungen nicht erbringen konnte, sei es, so das FG, schon aus Gründen der Gewährleistung wirtschaftlich vernünftiger und damit angemessener gewesen, auf getrennten Verträgen zu bestehen.
In Anbetracht dieser Umstände kann die Vereinbarung der Leistungen in einem gesonderten Vertrag nicht als eine künstliche und wirtschaftlich nicht zu erklärende, unangemessene Gestaltung i.S. einer missbräuchlichen Rechtsanwendung oder missbräuchlichen Auslagerung von Betriebsausgaben nach § 42 AO qualifiziert werden, auch wenn dadurch eine Minderung der Entrichtungsschuld der Klägerin eintritt. Ebenso wenig kann angesichts dieser Feststellungen ein Handeln der Y ausschließlich auf Rechnung und Gefahr der X begründet werden. Dass die Klägerin im Streitfall vorsorglich den Steuerabzug vorgenommen hat, ist ohne Bedeutung.
3. Da für die Entscheidung über die Verpflichtung zum Steuerabzug die Regelungen des JSOA unerheblich sind, kann es schließlich offenbleiben, ob die vom FA erhobene Verfahrensrüge zur unterlassenen Feststellung von weiteren Einzelheiten zu dessen Inhalt berechtigt ist.
4. Soweit das FG das FA verpflichtet hat, die streitige Steueranmeldung zu ändern und den Betrag von 1.522.351,09 DM an die Klägerin zu erstatten, ist das Urteil abzuändern. Eine Verurteilung des FA, den streitigen Betrag auszuzahlen, kommt nicht in Betracht. Die Klägerin hat ein Rechtsschutzbedürfnis für einen auf Auszahlung gerichteten Leistungsantrag i.S. des § 100 Abs. 1 Satz 2 FGO nicht dargelegt (vgl. zu diesem Grundsatz Senatsurteil vom 23. Februar 2011 I R 20/10, BFHE 233, 114, BStBl II 2011, 822). Der erstinstanzliche (Verpflichtungs-)Antrag ist dementsprechend als Anfechtungsbegehren auszulegen und der Tenor des angefochtenen Urteils zu ändern.