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Beschluss vom 06. Februar 2012, IX S 29/11

AdV-Zugangsvoraussetzungen

BFH IX. Senat

FGO § 69 Abs 4 S 1

Leitsätze

1. NV: Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO ist ein AdV-Antrag an das Gericht nur zulässig, wenn das FA zuvor einen bei ihm gestellten Aussetzungsantrag abgelehnt hat.

2. NV: Bei dieser sog. Zugangsvoraussetzung ist auch eine nachträgliche Heilung ‑‑wie sie in der Erwiderung des FA auf den AdV-Antrag im gerichtlichen Verfahren gesehen werden könnte‑‑ nicht möglich.

3. NV: Insbesondere ist der bloße Ablauf der (bis einen Monat nach Bekanntgabe des FG-Urteils befristeten) Vollziehungsaussetzung noch keine Ablehnung eines Aussetzungsantrags durch das FA, der die unmittelbare Anrufung des Gerichts ermöglicht.

Tatbestand

  1. I. Im Anschluss an eine Außenprüfung stellte der Antragsgegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) für die Jahre 1996 bis 1999 fest, dass an den von den Feststellungsbeteiligten angeschafften Eigentumswohnungen keine begünstigten Maßnahmen i.S. des § 3 Satz 2 Nr. 3 des Fördergebietsgesetzes (FördG) durchgeführt worden seien, vielmehr handele es sich um nach § 3 Satz 2 Nr. 1 FördG begünstigte Anschaffungen ‑‑auch der Antragsteller‑‑ von durch Teilung und Umbau eines Gebäudes hergestellte andere Wirtschaftsgüter (Eigentumswohnungen), für die eine Sonderabschreibung nach § 4 Abs. 2 Satz 2 FördG nur in Höhe von 25 % gewährt werden könne.

  2. Nach erfolglosem Einspruch wies das Finanzgericht (FG) die Klage der Antragstellerin mangels Vorverfahrens als unzulässig und die des Antragstellers als unbegründet ab. Zu Beginn des Klageverfahrens hatte das FA ‑‑unter Hinweis auf die Unzulässigkeit des beim FG gestellten Antrags‑‑ die Vollziehung der Feststellungsbescheide ausgesetzt bis einen Monat nach Bekanntgabe des FG-Urteils. Darauf hat das FA mit Schreiben vom 15. November 2011 hingewiesen und den Antragstellern für den Fall der Einlegung eines Rechtsmittels freigestellt, "erneut Aussetzung der Vollziehung zu beantragen". Das FA teilte danach auf Anfrage des Prozessbevollmächtigten der Antragsteller mit, dass eine automatische Verlängerung der Aussetzung nicht möglich sei und ein entsprechender Antrag erneut gestellt werden müsse.

  3. Gegen das FG-Urteil haben die Antragsteller beim Bundesfinanz-hof (BFH) Nichtzulassungsbeschwerde erhoben und unter Verweis darauf am 30. November 2011 Antrag auf Aussetzung der Vollziehung (AdV) nach § 69 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beim BFH (Eingang 2. Dezember 2011) gestellt.

Entscheidungsgründe

  1. II. Der Antrag auf AdV wird abgelehnt. Er ist unzulässig, weil die Zugangsvoraussetzungen des § 69 Abs. 4 FGO ‑‑entgegen der Ansicht der Antragsteller‑‑ nicht gegeben sind.

  2. 1. Nach § 69 Abs. 4 Satz 1 FGO ist ein Antrag auf AdV an das Gericht nur zulässig, wenn die Finanzbehörde zuvor einen bei ihr gestellten Aussetzungsantrag abgelehnt hat. Bei dieser sog. Zugangsvoraussetzung ist auch eine nachträgliche Heilung ‑‑wie sie in der Antragserwiderung des FA vom 30. Dezember 2011 gesehen werden könnte‑‑ nicht möglich (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschluss vom 16. Dezember 2003 IX B 203/02, BFH/NV 2004, 650, m.w.N.; s.a. Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 69 Rz 70).

  3. Unstreitig wurde ‑‑trotz Hinweises des FA‑‑ ein entsprechender Antrag (zunächst) beim FA nicht gestellt. Insbesondere ist der bloße Ablauf der (bis einen Monat nach Bekanntgabe des FG-Ur-teils befristeten) Vollziehungsaussetzung noch keine Ablehnung eines Aussetzungsantrags, der die unmittelbare Anrufung des Gerichts ermöglicht (vgl. BFH-Beschlüsse vom 6. Mai 2004 IX S 2/04, BFH/NV 2004, 1413; vom 5. Februar 2009 VIII S 33/08, Zeitschrift für Steuern und Recht 2009, R739).

  4. Auch ein Fall des § 69 Abs. 4 Satz 2 FGO liegt nicht vor; gegenteilige Gesichtspunkte ‑‑wie etwa eine drohende Vollstreckung‑‑ sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

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