BFH III. Senat
FGO § 142, ZPO § 115 Abs 3 S 1, ZPO § 115 Abs 3 S 2, ZPO § 118 Abs 2 S 4, SGB 12 § 90 Abs 2
Leitsätze
1. NV: Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe darf nicht vom Einsatz sog. Schonvermögens abhängig gemacht werden. Hierzu gehören auch Gegenstände, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind .
2. NV: Landwirtschaftliche Betriebsgrundstücke sind unentbehrlich, wenn ohne sie die Erwerbstätigkeit unmöglich ist. Dabei ist zu prüfen, ob nicht einzelne Gegenstände (auch Teilgrundstücke) ohne nachhaltige und fortdauernde Beeinträchtigung der Gesamttätigkeit verwertet werden können .
3. NV: Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach § 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO abzulehnen, wenn der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist bestimmte Fragen zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen nicht oder ungenügend beantwortet hat
Tatbestand
I. Der Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Kläger) beantragt die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die von ihm eingelegte Revision. In seiner Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse findet sich im Vordruckabschnitt Grundvermögen die Eintragung "16,25 Hektar-Landwirtschaft" und "90 m²-Familienhaus". Mit Schreiben des Senats vom 2. Februar 2011 wurde der Kläger unter Fristsetzung gebeten, genaue Angaben zu diesem Grundvermögen, seiner Bedeutung für den Betrieb und der Möglichkeit, es zum Zwecke der Aufbringung der Prozesskosten (ggf. im Wege der Beleihung) zu verwerten, mitzuteilen sowie die Angaben durch geeignete Unterlagen zu belegen. Im Antwortschreiben des Prozessbevollmächtigten des Klägers wurde angegeben, dass dieser angeschrieben worden sei, eine Rückäußerung jedoch nicht vorliege. Maßgeblicher Grund hierfür dürfte sein, dass das vom Kläger bewohnte Einfamilienhaus sich auf dem Grundeigentum befinde und eine Beleihung innerhalb der kleinen Ortschaft mangels Nachfrage nach solchen Grundstücken nicht möglich sei.
Entscheidungsgründe
II. Der Antrag auf PKH hat keinen Erfolg.
1. Nach § 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 114 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Nach § 142 Abs. 1 FGO i.V.m. § 115 Abs. 3 Satz 1 ZPO hat ein Beteiligter sein Vermögen für die Prozessführung einzusetzen, soweit es zumutbar ist. Gemäß § 90 Abs. 1 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (SGB XII), der nach § 142 Abs. 1 FGO und § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO im PKH-Verfahren entsprechend gilt, ist grundsätzlich das gesamte verwertbare Vermögen einzusetzen. Nach § 142 Abs. 1 FGO, § 115 Abs. 3 Satz 2 ZPO und § 90 Abs. 2 SGB XII darf die Bewilligung von PKH aber nicht vom Einsatz oder von der Verwertung des in dieser Vorschrift näher bezeichneten sog. Schonvermögens abhängig gemacht werden. Hierzu gehören unter anderem Gegenstände, die zur Aufnahme oder Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind (§ 90 Abs. 2 Nr. 5 SGB XII). Unter diesen Befreiungstatbestand fallen auch landwirtschaftliche Betriebsgrundstücke. Sie sind dann unentbehrlich, wenn ohne sie die Erwerbstätigkeit unmöglich ist. Dabei ist zu prüfen, ob nicht einzelne Gegenstände (auch Teilgrundstücke) ohne nachhaltige und fortdauernde Beeinträchtigung der Gesamttätigkeit verwertet werden können (Mergler/Zink, Handbuch der Grundsicherung und Sozialhilfe, SGB XII § 90 Rz 46).
Nach § 142 FGO i.V.m. § 118 Abs. 2 Satz 4 ZPO ist die Bewilligung von PKH insoweit abzulehnen, als der Antragsteller innerhalb einer vom Gericht gesetzten Frist Angaben über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht glaubhaft gemacht oder bestimmte Fragen nicht oder ungenügend beantwortet hat.
2. Nach diesen Maßstäben kann dem Kläger keine PKH bewilligt werden, weil er die Anfrage des Gerichts zu seinem landwirtschaftlichen Grundvermögen ungenügend beantwortet hat. Der Senat ist auf der Grundlage seines Antwortschreibens nicht in der Lage zu prüfen, ob er über einzusetzendes Vermögen verfügt. Offen bleibt insbesondere die Frage, ob es sich angesichts voraussichtlicher Kosten der Prozessführung von lediglich 880 € bei dem Grundvermögen in vollem Umfang um einen zur Fortsetzung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit unentbehrlichen Gegenstand handelt und wenn nein, ob dann nicht zumindest eine Beleihung (hierzu Beschluss des Bundesfinanzhofs vom 20. Januar 2000 III B 68/99, BFH/NV 2000, 862) in Betracht kommt. Der Prozessbevollmächtigte hat lediglich eigene Vermutungen zu den Möglichkeiten einer Beleihung angestellt. Informationen von Seiten des Klägers fehlen. Ferner weichen dessen Angaben im Vordruck von der Erklärung im erstinstanzlichen PKH-Verfahren ab. Dort waren die Wohnfläche des Hauses noch mit 100 m² und die Landwirtschaftsfläche mit 15,75 ha angegeben worden.
3. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen. Gerichtsgebühren sind nicht entstanden, weil das Kostenverzeichnis hierfür keinen Gebührentatbestand vorsieht.