Zum Hauptinhalt springen Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen
auf der Richterbank liegen Barett und Arbeitsmappe, dahinter ein Richterstuhl, auf dem eine Robe hängt

Decisions
of the Federal Fiscal Court

Decisions online

Zur Hauptnavigation springen Zum Footer springen

Urteil vom 09. August 2011, VII R 46/10

Wiederbestellung eines Steuerberaters keine Ermessensentscheidung - Verpflichtung einer Behörde zum Erlass eines Verwaltungsakts durch das Gericht - § 100 Abs. 3 FGO ist auf Verpflichtungsklagen nicht anwendbar

BFH VII. Senat

StBerG § 40, StBerG § 45 Abs 1 Nr 2, StBerG § 48, AO § 5, FGO § 100 Abs 3

vorgehend Hessisches Finanzgericht , 30. November 2009, Az: 13 K 820/05

Leitsätze

Über die Wiederbestellung eines Steuerberaters ist auch dann eine Rechts- und keine Ermessensentscheidung zu treffen, wenn der Steuerberater auf seine Bestellung nach Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens verzichtet hatte.

Tatbestand

I.

  1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer. Er möchte auch als Steuerberater zugelassen werden. Auf seine frühere Bestellung als Steuerberater hat er im Jahr 2000 verzichtet, so dass diese erloschen ist. Ein zu dieser Zeit gegen ihn anhängiges berufsrechtliches Verfahren, in dem das Hauptverfahren eröffnet worden und ihm zur Last gelegt worden war, gegen seine Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung verstoßen zu haben, hatte das Landgericht aufgrund des Erlöschens der Bestellung eingestellt.

  2. Im Juli 2004 hat der Kläger seine Wiederbestellung als Steuerberater bei der Beklagten und Revisionsbeklagten (der Steuerberaterkammer) beantragt. Die Kammer hat den Antrag mit Bescheid ... abgelehnt, weil eine Wiederbestellung des Klägers nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) vor Ablauf von acht Jahren seit dem Verzicht nicht möglich sei; denn in dem berufsrechtlichen Verfahren sei die Ausschließung des Klägers aus dem Beruf zu erwarten gewesen.

  3. Die daraufhin erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) abgewiesen. Es urteilte, die Kammer sei in ermessensrechtlich nicht zu beanstandender Weise vom Vorliegen einer achtjährigen Sperrfrist ausgegangen und habe dabei zutreffend den Ausnahmetatbestand, dass der Ausschluss aus dem Beruf in jenem Verfahren nicht zu erwarten war, verneint. Es handele sich um eine Ermessensentscheidung. Zwar bestehe grundsätzlich ein Rechtsanspruch auf Wiederbestellung als Steuerberater, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen; aber auch bei einer solchen Ermessensreduzierung auf Null bleibe die Entscheidung in ihrer Struktur gleichwohl eine Ermessensentscheidung. Dementsprechend komme es bei der Beurteilung der Sach- und Rechtslage auf den Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung an. Der Kläger müsse deshalb ggf. einen erneuten Antrag auf Wiederbestellung außerhalb des anhängigen gerichtlichen Verfahrens stellen, obwohl inzwischen die Voraussetzungen für seine Wiederbestellung vorlägen, da die Acht-Jahres-Frist abgelaufen sei.

  4. Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Klägers, zu deren Begründung im Wesentlichen Folgendes vorgetragen wird: Der Kläger habe unbeschadet seiner Zulassung als Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer und der damit verbundenen Befugnis, uneingeschränkt geschäftsmäßige Hilfe in Steuersachen leisten zu dürfen, einen rechtsschutzfähigen Anspruch darauf, auch als Steuerberater bestellt zu werden. Er erfülle nach der eigenen Beurteilung des FG die Voraussetzungen für eine (Wieder-)Bestellung als Steuerberater. Nach dem in einem Verfahren wegen des Widerrufs der Bestellung ergangenen Urteil des erkennenden Senats vom 22. August 1995 VII R 63/94 (BFHE 178, 504, BStBl II 1995, 909) sei ein solcher Anspruch auf Wiederbestellung zu berücksichtigen, auch wenn er erst im Laufe des gerichtlichen Verfahrens eingetreten sein sollte. Dass das FG dies deshalb nicht beachtet habe, weil es sich vorliegend nicht um eine Anfechtungs-, sondern um eine Verpflichtungsklage handele, verletze den Gleichbehandlungsgrundsatz. Im Übrigen sei der Ablehnungsbescheid der Kammer von vornherein rechtswidrig gewesen, weil er in mehrfacher Hinsicht an Ermessensfehlern leide.

  5. Die Steuerberaterkammer verteidigt ihre Entscheidung. Da es sich um eine Ermessensentscheidung gehandelt habe, sei für deren rechtliche Beurteilung auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitpunkt abzustellen, in dem sie erlassen worden ist. Der von dem Kläger gestellte Wiederbestellungsantrag sei beschieden worden und damit verbraucht. Der Kläger könne seine Wiederbestellung nur durch einen neuen, bei der Steuerberaterkammer zu stellenden Antrag erreichen.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision des Klägers ist mit dem Ergebnis der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung begründet (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das Urteil des FG verletzt Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 FGO).

  2. 1. Nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 StBerG können ehemalige Steuerberater u.a. dann wiederbestellt werden, wenn ihre Bestellung nach § 45 Abs. 1 Nr. 2 StBerG ‑‑also aufgrund eines Verzichts gegenüber der zuständigen Steuerberaterkammer‑‑ erloschen ist. Wurde auf die Bestellung nach Einleitung eines berufsgerichtlichen Verfahrens verzichtet, kann jedoch die Wiederbestellung nicht vor Ablauf von acht Jahren erfolgen, es sei denn, dass eine Ausschließung aus dem Beruf in dem Verfahren nicht zu erwarten war. Nach § 48 Abs. 2 StBerG gelten für die Wiederbestellung die Vorschriften des § 40 StBerG, wonach ‑‑vereinfacht gesagt‑‑ ein Bewerber als Steuerberater zu bestellen ist, wenn er die Steuerberaterprüfung bestanden hat bzw. von ihr befreit worden ist, er die Bestellung beantragt, die Prüfung der Steuerberaterkammer ergibt, dass der Bewerber persönlich geeignet ist, und andere ‑‑hier nicht zu erörternde‑‑ Versagungsgründe nach § 40 Abs. 3 StBerG nicht vorliegen.

  3. Das FG hat eine solche Entscheidung über die Wiederbestellung eines früheren Steuerberaters als eine Ermessensentscheidung angesehen. Dem ist nicht zu folgen. Für die diesbezügliche Ansicht des FG spricht zwar vordergründig der Wortlaut des § 48 Abs. 1 Halbsatz 1 StBerG, wonach ehemalige Steuerberater wiederbestellt werden "können". Die Wendung, dass die Behörde eine bestimmte Entscheidung treffen "kann", bezeichnet allerdings im Allgemeinen, dass sie diese Entscheidung auch bei Vorliegen der im Übrigen in der Vorschrift aufgestellten rechtlich zwingenden Voraussetzungen nicht treffen muss, sondern dass sie einen Entscheidungsspielraum hat, den sie bei hinreichender Berücksichtigung des Zwecks, um dessen Willen ihr dieser Entscheidungsspielraum vom Gesetzgeber eingeräumt worden ist, und der äußersten Grenzen, die höherrangiges Recht einem solchen Entscheidungsspielraum setzt, nach ihrem vom Gericht nur unter den vorgenannten Gesichtspunkten überprüfbaren Gutdünken (vgl. § 5 der Abgabenordnung) nutzen kann, die beantragte Entscheidung zu treffen oder abzulehnen. Indes ist die Annahme, die Behörde habe einen solchen Entscheidungsspielraum, auch bei Verwendung des Begriffes "können" im Gesetzestext, nicht zwingend; dieser bezeichnet vielmehr mitunter auch lediglich eine Befugnis der Behörde, ohne sich dazu zu verhalten, ob die Behörde von dieser Befugnis bei Vorliegen der ggf. in der betreffenden Vorschrift aufgestellten rechtlichen Voraussetzungen Gebrauch machen muss oder dies nach ihrem Ermessen auch unterlassen kann.

  4. § 48 Abs. 1 StBerG ist dahin auszulegen, dass diese Vorschrift lediglich eine solche Befugnis zum Ausdruck bringt, ohne der Steuerberaterkammer bei der Ausübung dieser Befugnis einen Ermessensspielraum einzuräumen. Dieses Verständnis gebieten nicht nur Sinn und Zweck der Vorschrift, sondern insbesondere auch der Gesichtspunkt ihrer verfassungskonformen Auslegung.

  5. Das wird besonders deutlich, wenn der Fall in Betracht gezogen wird, dass ein ehemaliger Steuerberater seine Wiederbestellung begehrt, nachdem er auf die Bestellung verzichtet hat, ohne dadurch i.S. des § 48 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG durch ein gegen ihn gerichtetes berufsgerichtliches Verfahren (mutmaßlich) veranlasst worden zu sein. Es ist nicht erkennbar, warum in einem solchen Fall die Rechtsposition des Bewerbers eine andere sein sollte als bei der erstmaligen Bestellung zum Steuerberater, in welchem Fall ‑‑auch nach dem Wortlaut des Gesetzes, nämlich des § 40 Abs. 1 StBerG‑‑ zweifelsfrei ist, dass der Bewerber bei Erfüllung der in der Vorschrift aufgestellten rechtlichen Voraussetzungen für eine Bestellung als Steuerberater einen Rechtsanspruch auf eine solche Bestellung hat und der Steuerberaterkammer ein Ermessensspielraum bei der Entscheidung über seinen Antrag nicht zusteht. Der Steuerberaterkammer nach ihrem Ermessen zu gestatten, die Bestellung trotz Erfüllung der für sie aufgestellten rechtlichen Voraussetzungen abzulehnen, ist im Fall einer Wiederbestellung genauso mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbar, wie es im Fall der erstmaligen Bestellung mit diesem Grundrecht unvereinbar wäre.

  6. Aber auch für den hier gegebenen Fall, in dem auf die Bestellung als Steuerberater (mutmaßlich) nicht gleichsam aus freien Stücken, sondern unter dem Eindruck eines berufsgerichtlichen Verfahrens verzichtet worden ist (Fall des § 48 Abs. 1 Nr. 1 Halbsatz 2 StBerG), kann nichts anderes gelten. Auch ein Steuerberater, der sich mutmaßlich etwas hat zuschulden kommen lassen und gegen den deshalb ein berufsgerichtliches Verfahren mit dem Ziel seiner Ausschließung aus dem Beruf berechtigterweise eröffnet worden ist, ist nach der aus § 48 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 StBerG klar zu entnehmenden Entscheidung des Gesetzgebers von der Ausübung des Berufes eines Steuerberaters nicht auf alle Zeit ausgeschlossen. Nach Ablauf von acht Jahren seit dem unter dem Eindruck des Verfahrens erklärten Verzicht bzw. der rechtskräftigen Ausschließung aus dem Beruf ist eine solche Schuld vielmehr getilgt und der Betreffende kann wieder als Steuerberater bestellt werden. Er kann dann nicht nur wiederbestellt werden, sondern er ist dann von Rechts wegen wiederzubestellen, wenn er im Übrigen die rechtlichen Voraussetzungen für eine Bestellung als Steuerberater erfüllt. Denn § 48 Abs. 1 StBerG differenziert unter dem Gesichtspunkt einer etwaigen Rechtsbindung oder Entscheidungsfreiheit der Steuerberaterkammer offenkundig nicht zwischen diesem Fall und dem Fall der Wiederbestellung nach einem "freiwilligen" Verzicht auf die Bestellung bzw. der Wiederbestellung, nachdem Widerrufsgründe weggefallen sind (§ 48 Abs. 1 Nr. 3 StBerG). Es sind auch keine in der Natur der Sache liegenden oder sich aus den Regelungszielen des StBerG ergebenden Gründe erkennbar, weshalb in jenem Fall anders als in diesen letztgenannten Fällen die Steuerberaterkammer bei der Entscheidung über die Wiederbestellung eines ehemaligen Steuerberaters einen Ermessensspielraum haben sollte. Denn es ist überhaupt nicht erkennbar und auch weder von der Steuerberaterkammer noch von dem Urteil des FG angegeben worden, welche (Ermessens-)Erwägungen die Steuerberaterkammer in diesem Rahmen anstellen und was sie "nach ihrem Ermessen" dazu veranlassen könnte, einen ehemaligen Steuerberater nicht wiederzubestellen, obwohl er die Bestellungsvoraussetzungen an sich erfüllt.

  7. 2. Stellt die Entscheidung über die Wiederbestellung eines Steuerberaters nach § 48 Abs. 1 StBerG danach keine Ermessensentscheidung, sondern eine rechtlich gebundene Entscheidung dar, so kommt es für die gerichtliche Beurteilung eines diesbezüglichen Anspruches durch das FG auf die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor demselben gegebene Sach- und Rechtslage an. Gründe, die hier ausnahmsweise geboten erscheinen lassen könnten, stattdessen auf die im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung gegebene Sach- und Rechtslage abzustellen, sind weder erkennbar noch von der Steuerberaterkammer geltend gemacht worden. Deshalb mag dahinstehen, ob die Ansicht des FG zutrifft, für das Gericht sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung selbst dann maßgeblich, wenn es im konkreten strittigen Einzelfall bei Erlass derselben nur eine "richtige" (rechtmäßige) Entscheidung gab ("Ermessensreduktion auf Null") oder, was noch einen Unterschied machen könnte, es zumindest im Zeitpunkt der gerichtlichen Beurteilung nur noch eine richtige Entscheidung gibt, sofern der Behörde nur bei der Anwendung der einschlägigen Vorschrift an sich ein Ermessensspielraum eröffnet ist.

  8. 3. Das FG durfte nach alledem die Klage nicht deshalb abweisen, weil eine Wiederbestellung des Klägers als Steuerberater nicht vor Ablauf von acht Jahren nach seinem Verzicht habe erfolgen dürfen; denn diese Frist war im Zeitpunkt der Entscheidung des FG bereits abgelaufen. Selbst wenn also, wie das FG angenommen hat, der Verzicht unter dem Eindruck eines berufsgerichtlichen Verfahrens erklärt worden sein sollte, in dem eine Ausschließung des Klägers aus dem Beruf zu erwarten war, konnte dieses Verfahren bzw. der während desselben erklärte Verzicht auf die Bestellung der Wiederbestellung des Klägers der von diesem begehrten gerichtlichen Entscheidung nicht (mehr) entgegenstehen.

  9. 4. Erst recht nicht kann der Kläger aus diesem Verfahren ohne die von ihm beantragte Verpflichtung der Steuerberaterkammer zu seiner Wiederbestellung deshalb gleichsam verwiesen werden, weil er eine solche Wiederbestellung dadurch erreichen könne, dass er diesbezüglich einen neuen Antrag bei der Steuerberaterkammer stellt, welchem zu entsprechen diese offenbar entschlossen wäre. Der erkennende Senat kann dabei unerörtert lassen, welche ... Gründe den Kläger veranlassen mögen, statt diesen einfacheren und schnelleren (allerdings mit einer erneuten, jedoch schwerlich ins Gewicht fallenden Gebührenzahlung und aus der Sicht des Klägers auch dem Verlust etwaiger Amtshaftungsansprüche verbundenen) Weg einzuschlagen, dieses Verfahren einschließlich der von ihm dabei angestrengten Nebenverfahren zu betreiben, so wie der Senat dahinstehen lassen muss, welche anerkennenswerten Gründe die Steuerberaterkammer veranlassen mögen, nicht dem Begehren des Klägers zu entsprechen, wiederbestellt zu werden, und damit diesem Streitverfahren den Boden zu entziehen. Entscheidend ist nämlich, dass der Kläger seinerzeit eine zulässige (wenn auch zunächst möglicherweise noch unbegründete) Verpflichtungsklage erhoben hat, und eine solche Klage nicht dadurch unzulässig und der Kläger zur Klagerücknahme oder Erledigungserklärung gezwungen wird, dass sich im Laufe des Verfahrens ein anderer rechtlicher Weg auftut, auf dem er das nämliche Ziel ebenso oder sogar schneller erreichen könnte.

  10. 5. Die Sache ist nicht spruchreif, sondern an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, weil das FG die übrigen für eine Wiederbestellung des Klägers als Steuerberater nach § 48 Abs. 2 i.V.m. § 40 StBerG erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen ‑‑von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht‑‑ nicht geprüft und nicht in einer den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Weise entschieden hat, dass diese vorliegen. Dass die Steuerberaterkammer offenbar der Ansicht ist, dies sei der Fall, rechtfertigt, anders als der Kläger offenbar meint, nicht ohne Weiteres eine entsprechende gerichtliche Beurteilung. Verpflichtet ein Gericht eine Behörde zum Erlass eines Verwaltungsakts, wie hier vom Kläger begehrt, so muss es vielmehr in eigener Verantwortung prüfen und entscheiden, ob die rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass dieses Verwaltungsakts vorliegen, ohne dabei an das Urteil der Behörde gebunden zu sein oder sich hinter ihm gleichsam verschanzen zu können.

  11. 6. Im Hinblick auf die deshalb erforderliche erneute Entscheidung in einem zweiten Rechtsgang, bei der das FG vor allem seiner tatrichterlichen Aufgabe zu entsprechen haben wird, die für eine Wiederbestellung des Klägers hinsichtlich seiner persönlichen Eignung maßgeblichen Tatsachen zu würdigen, insbesondere hinsichtlich der Frage, ob sich der Kläger bisher so verhalten hat, dass keine Besorgnis begründet ist, er werde den Berufspflichten als Steuerberater nicht genügen (§ 40 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 StBerG), weist der erkennende Senat darauf hin, dass bei dieser nunmehr erforderlichen Prüfung und Entscheidung dem FG § 100 Abs. 3 FGO nicht zu Hilfe kommen wird. Denn diese Vorschrift ermöglicht es nur bei Anfechtungsklagen, die Sache unter den dort bezeichneten Umständen gleichsam an die Verwaltungsbehörde zurückzuverweisen; sie ist auf Verpflichtungsklagen auch nicht entsprechend anwendbar (vgl. dazu Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 17. Aufl., § 113 Rz 166).

  12. Auch die Voraussetzungen dafür, dass sich das FG unbeschadet der vom Kläger erhobenen Verpflichtungsklage im Sinne eines Bescheidungsurteils darauf beschränkt, den Ablehnungsbescheid der Steuerberaterkammer aufzuheben und dieses zur erneuten Entscheidung über den Wiederbestellungsantrag zu verpflichten, (dazu eingehend Kopp/Schenke, a.a.O., Rz 198 f.), liegen im Streitfall nicht vor. Eine solche Beschränkung der Entscheidungsbefugnis des FG lässt sich aus dem Umstand, dass die Steuerberaterkammer als körperschaftliche Selbstorganisation der Steuerberater zur verwaltungsmäßigen Entscheidung über einen Wiederbestellungsantrag berufen ist, nicht herleiten. Sie übt insoweit mittelbare Staatsverwaltung aus und unterliegt grundsätzlich in vollem Umfang der gerichtlichen Kontrolle. Dass das Gericht hierbei möglicherweise schwierige und umfangreiche rechtliche und tatsächliche Fragen prüfen und entscheiden muss, welche die Steuerberaterkammer selbst noch nicht oder noch nicht abschließend oder nicht umfassend geprüft hat, vermag an alledem nichts zu ändern. Die Verpflichtung der Steuerberaterkammer, im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht das FG ggf. bei dieser Prüfung zu unterstützen, bleibt davon unberührt.

  13. Dass im Übrigen das Recht des Klägers, sich bei Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen als Steuerberater bestellen zu lassen, nicht ‑‑wie die Steuerberaterkammer offenbar geltend machen will‑‑ deshalb in Frage gestellt werden kann, weil der Kläger ungeachtet einer solchen Bestellung zur geschäftsmäßigen Hilfeleistung in Steuersachen ohnehin befugt ist, bedarf keiner näheren Erörterung. Es fehlt deshalb auch nicht etwa an einem Bescheidungsinteresse des Klägers, der in diesem Verfahren vielmehr eine von seiner Zulassung als Rechtsanwalt und Wirtschaftsprüfer unabhängige Rechtsstellung begehrt, deren wirtschaftliche Bedeutung zudem auf der Hand liegt.

Print Page