BFH XI. Senat
UStG § 3 Abs 1, UStG § 3 Abs 9 S 1, UStG § 12 Abs 1, UStG § 12 Abs 2 Nr 1, EWGRL 388/77 Art 5 Abs 1, EWGRL 388/77 Art 6 Abs 1, EUV 282/2011 Art 6 Abs 2, EUV 282/2011 Art 65, EGRL 112/2006 Art 14 Abs 1, EGRL 112/2006 Art 24 Abs 1
vorgehend FG Münster, 15. January 2007, Az: 15 K 2797/04 U
Leitsätze
1. Die Leistungen eines Partyservice stellen grundsätzlich sonstige Leistungen (Dienstleistungen) dar, die dem Regelsteuersatz unterliegen .
2. Anderes gilt nur dann, wenn der Partyservice lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder wenn besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist .
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine KG, betrieb im Streitjahr 2000 eine Fleischerei mit verschiedenen Verkaufsstellen sowie nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) einen "Partyservice". Im Rahmen des Partyservice lieferte sie die bestellten Speisen in verschlossenen Warmhalteschalen aus, wobei sie je nach Kundenwunsch auch Geschirr und Besteck, Partytische (Stehtische) sowie Personal zur Verfügung stellte.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, dass die Speisenlieferungen, soweit sie mit der Beistellung von Geschirr und Besteck, Stehtischen oder Personal verbunden waren, dem Regelsteuersatz unterlägen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte der Ansicht des Prüfers und erließ unter dem 30. Juli 2003 einen entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr. Im sich anschließenden Einspruchsverfahren erzielten die Beteiligten Einvernehmen darüber, dass die Entgelte für die Speisenlieferungen in den Fällen dem Regelsteuersatz zu unterwerfen seien, in denen die Klägerin auch Bedienungspersonal gestellt hatte.
Im Übrigen blieben Einspruch und Klage gegen den Änderungsbescheid ohne Erfolg. Das Urteil des FG ist veröffentlicht in Deutsches Steuerrecht/Entscheidungsdienst 2009, 33.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin im Wesentlichen geltend, die Überlassung von Geschirr und Besteck sei eine Nebenleistung zur Speisenlieferung, die es nicht rechtfertige, die gesamte Leistung als Dienstleistung zu qualifizieren.
Der Senat hat mit Beschluss vom 15. Oktober 2009 XI R 6/08 (BFHE 227, 242, BStBl II 2010, 364) das Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
"1. Ist der Begriff 'Nahrungsmittel' in Anhang H Kategorie 1 der Richtlinie 77/388/EWG dahin auszulegen, dass darunter nur Nahrungsmittel 'zum Mitnehmen' fallen, wie sie typischerweise im Lebensmittelhandel verkauft werden, oder fallen darunter auch Speisen oder Mahlzeiten, die ‑‑durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise‑‑ zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind?
2. Falls 'Nahrungsmittel' im Sinne des Anhangs H Kategorie 1 der Richtlinie 77/388/EWG auch Speisen oder Mahlzeiten zum sofortigen Verzehr sind:
Ist der Vorgang der Zubereitung der Speisen oder Mahlzeiten als Dienstleistungselement zu berücksichtigen, wenn zu entscheiden ist, ob die einheitliche Leistung eines Partyservice-Unternehmens (Überlassung von verzehrfertigen Speisen oder Mahlzeiten sowie deren Transport und gegebenenfalls Überlassung von Besteck und Geschirr und/ oder von Stehtischen sowie das Abholen der zur Nutzung überlassenen Gegenstände) als steuerbegünstigte Lieferung von Nahrungsmitteln (Anhang H Kategorie 1 der Richtlinie 77/388/EWG) oder als nicht steuerbegünstigte Dienstleistung (Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG) zu qualifizieren ist?
3. Falls die Frage zu 2. verneint wird:
Ist es mit Art. 2 Nr. 1 i.V.m. Art. 5 Abs. 1 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG vereinbar, bei der Qualifizierung der einheitlichen Leistung eines Partyservice-Unternehmens entweder als Warenlieferung oder als Dienstleistung eigener Art typisierend allein auf die Anzahl der Elemente mit Dienstleistungscharakter (zwei oder mehr) gegenüber dem Lieferungsanteil abzustellen oder sind die Elemente mit Dienstleistungscharakter unabhängig von ihrer Zahl zwingend ‑‑und bejahendenfalls nach welchen Merkmalen‑‑ zu gewichten?"
Der EuGH hat diese und in weiteren Vorabentscheidungsersuchen gestellten Fragen mit Urteil vom 10. März 2011 Rs. C-497/09, C-499/09, C-501/09 und C-502/09 ‑‑Bog u.a.‑‑ (Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2011, 515, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2011, 272) wie folgt beantwortet:
"1. Die Art. 5 und 6 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG ... in der durch die Richtlinie 92/111/EWG des Rates vom 14. Dezember 1992 geänderten Fassung sind dahin auszulegen, dass
- die Abgabe frisch zubereiteter Speisen oder Nahrungsmittel zum sofortigen Verzehr an Imbissständen oder -wagen oder in Kino-Foyers eine Lieferung von Gegenständen im Sinne des genannten Art. 5 ist, wenn eine qualitative Prüfung des gesamten Umsatzes ergibt, dass die Dienstleistungselemente, die der Lieferung der Nahrungsmittel voraus- und mit ihr einhergehen, nicht überwiegen;
- die Tätigkeiten eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, Dienstleistungen im Sinne des genannten Art. 6 darstellen.
2. Bei Lieferung von Gegenständen ist der Begriff 'Nahrungsmittel' in Anhang H Kategorie 1 der durch die Richtlinie 92/111 geänderten Sechsten Richtlinie 77/388 dahin auszulegen, dass er auch Speisen oder Mahlzeiten umfasst, die durch Kochen, Braten, Backen oder auf sonstige Weise zum sofortigen Verzehr zubereitet worden sind."
Die Klägerin sieht mit der Entscheidung des EuGH ihre Rechtsauffassung bestätigt. Die im Streitfall zur Speisenlieferung allein hinzugetretene Überlassung von Geschirr und Besteck könne aus Sicht eines Durchschnittsverbrauchers nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein. Es habe weder eine Beratungstätigkeit gegenüber den Kunden stattgefunden noch sei die Zubereitung der gelieferten Speisen nach Kundenwunsch erfolgt. Sie, die Klägerin, habe ausschließlich von ihren Kunden aus einer Speisekarte ausgewählte Standardspeisen geliefert, wie sie sie in ihren Filialen zum Kauf anbiete und ständig und immer gleich zubereite. Wenigstens acht Rechnungen beträfen Lieferungen von Standardspeisen ohne zusätzliche Dienstleistungen, "die als qualitativ überwiegendes Element die Annahme einer nicht steuerbegünstigten sonstigen Leistung rechtfertigen würden". Liefere ein Partyservice neben den Speisen in überschaubarem Umfang Geschirr, Besteck oder Stehtische mit, sei dies entsprechend den behelfsmäßigen Verzehrvorrichtungen bei Imbissbuden zu behandeln. Jedenfalls lägen (reine) Speisenlieferungen dann vor, wenn hinzutretende Leistungen lediglich informatorisch auf der Rechnung aufgeführt und nicht berechnet worden seien.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung der Vorentscheidung den Umsatzsteuerbescheid 2000 vom 30. Juli 2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 3. Mai 2004 dahingehend abzuändern, dass die Umsatzsteuer um ... DM (= ... €) herabgesetzt wird.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen erbracht hat.
1. Nach § 12 Abs. 1 des im Streitfall anzuwendenden Umsatzsteuergesetzes 1999 (UStG) beträgt die Steuer für jeden steuerpflichtigen Umsatz 16 % der Bemessungsgrundlage. Sie ermäßigt sich nach § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG auf 7 % u.a. für "die Lieferungen" der in der Anlage des Gesetzes bezeichneten Gegenstände, darunter z.B. Zubereitungen von Fleisch, Fischen usw. (Nr. 28), aus Getreide, Mehl, Stärke oder Milch sowie Backwaren (Nr. 31), Zubereitungen von Gemüse, Früchten usw. (Nr. 32) oder "Verschiedene Lebensmittelzubereitungen" (Nr. 33).
Lieferungen sind nach § 3 Abs. 1 UStG u.a. Leistungen, durch die der Unternehmer den Abnehmer befähigt, im eigenen Namen über einen Gegenstand zu verfügen (Verschaffung der Verfügungsmacht). Sonstige Leistungen sind Leistungen, die keine Lieferungen sind (§ 3 Abs. 9 Satz 1 UStG).
Diese Vorschriften beruhen unionsrechtlich auf Art. 5 Abs. 1 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (Richtlinie 77/388/EWG) - nunmehr Art. 14 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ‑‑MwStSystRL‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Union ‑‑ABlEU‑‑ Nr. L 347/1), wonach als Lieferung eines Gegenstandes die Übertragung der Befähigung gilt, wie ein Eigentümer über einen körperlichen Gegenstand zu verfügen, und auf Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 77/388/EWG ‑‑nunmehr Art. 24 Abs. 1 MwStSystRL‑‑, wonach als Dienstleistung jede Leistung gilt, die keine Lieferung eines Gegenstandes ist.
2. Nach der im Streitfall ergangenen Entscheidung des EuGH stellen die Tätigkeiten eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, Dienstleistungen dar (EuGH-Urteil ‑‑Bog u.a.‑‑ in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Leitsatz 1).
Zur Abgrenzung von Lieferung und Dienstleistung bei den Leistungen eines Partyservice führt der EuGH aus:
"75 Was die Tätigkeiten eines bei Festen und Feierlichkeiten in Anspruch genommenen Partyservice wie die im Ausgangsverfahren in der Rechtssache C-502/09 fraglichen angeht, so sind, wie sich aus Randnr. 38 des vorliegenden Urteils ergibt, je nach den Kundenwünschen mehrere Kombinationen von Umsätzen denkbar, die von der bloßen Zubereitung und Lieferung von Speisen bis zu einer umfassenden Leistung reichen können, die auch die Bereitstellung von Geschirr, Mobiliar (Tische und Stühle), die Darreichungsform der Gerichte, die Dekoration, die Bereitstellung von Personal für die Bedienung und die Beratung über die Zusammenstellung des Menüs und gegebenenfalls die Auswahl der Getränke umfassen kann.
76 Wenn eine einheitliche Leistung vorliegt, hängt die Qualifizierung des Umsatzes als Lieferung von Gegenständen oder als Dienstleistung von der Gesamtheit der tatsächlichen Umstände ab, wobei die qualitativ überwiegenden Bestandteile aus der Sicht des Verbrauchers zu betrachten sind.
77 Zu den von einem Partyservice nach Hause gelieferten Speisen ist festzustellen, dass sie im Gegensatz zu denjenigen, die in Imbissständen, Imbisswagen und Kinos abgegeben werden, im Allgemeinen nicht das Ergebnis einer bloßen Standardzubereitung sind, sondern einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil aufweisen und mehr Arbeit und Sachverstand erfordern. Die Qualität der Gerichte, die Kreativität sowie die Darreichungsform sind hier Elemente, die in den meisten Fällen für den Kunden von entscheidender Bedeutung sind. Oftmals wird dem Kunden nicht nur die Möglichkeit geboten, sein Menü zusammenzustellen, sondern sogar, Speisen nach seinen Wünschen zubereiten zu lassen. Dieser Dienstleistungsanteil kommt im Übrigen auch im Sprachgebrauch zum Ausdruck, da umgangssprachlich im Allgemeinen vom Party'service' und den bei diesem 'bestellten' und nicht 'gekauften' Speisen gesprochen wird.
78 Sodann werden die Speisen vom Partyservice in verschlossenen Warmhalteschalen angeliefert oder von ihm an Ort und Stelle aufgewärmt. Für den Kunden ist zudem wesentlich, dass die Speisen genau zu dem von ihm festgelegten Zeitpunkt geliefert werden.
79 Des Weiteren können die Leistungen eines Partyservice dem Verzehr dienliche Elemente, wie die Bereitstellung von Geschirr, Besteck oder sogar Mobiliar, umfassen. Diese Elemente verlangen zudem im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur im Fall von Imbissständen, Imbisswagen oder Kinos einen gewissen personellen Einsatz, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen.
80 Im Licht dieser Erwägungen ist festzustellen, dass die Tätigkeit eines Partyservice außer in den Fällen, in denen dieser lediglich Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement liefert oder in denen weitere, besondere Umstände belegen, dass die Lieferung der Speisen der dominierende Bestandteil des Umsatzes ist, eine Dienstleistung darstellt."
3. Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen sind die streitbefangenen Leistungen der Klägerin als dem Regelsteuersatz unterfallende sonstige Leistungen zu behandeln.
Die Voraussetzungen, unter denen nach der Rechtsprechung des EuGH Leistungen eines Partyservice ausnahmsweise mit dem ermäßigten Steuersatz zu besteuern sind, liegen im Streitfall nicht vor.
a) Die Klägerin hat in den im Streitfall zu beurteilenden Fällen keine Standardspeisen ohne zusätzliches Dienstleistungselement geliefert.
aa) Die Annahme einer dem Regelsteuersatz unterliegenden sonstigen Leistung erfordert nicht ‑‑wie die Klägerin meint‑‑, dass das zur Lieferung einer Standardspeise hinzutretende Dienstleistungselement qualitativ überwiegt. Es reicht nach der im Streitfall ergangenen Rechtsprechung des EuGH bei einem Partyservice vielmehr aus, dass neben der Speisenlieferung ein zusätzliches Dienstleistungselement erbracht wird.
Die Rechnungen vom ..., auf die sich die Klägerin bezieht, betreffen Speisenlieferungen, zu denen jeweils mindestens ein zusätzliches Dienstleistungselement hinzutrat, so dass sie als dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistungen zu behandeln sind. Gleiches gilt, soweit die Klägerin hinsichtlich der Rechnungen vom ... vorbringt, es lägen Speisenlieferungen vor, da sie lediglich jeweils zwei Stehtische zur Verfügung gestellt habe.
bb) Die Klägerin rügt zwar zu Recht hinsichtlich der Rechnungen vom ..., dass sie bei diesen Umsätzen entgegen der Aussage des FG kein Besteck und Geschirr überlassen habe. Dies führt jedoch nicht zum teilweisen Erfolg der Revision.
Die Rechnung vom ... betrifft keine Abgabe von Speisen, sondern ausschließlich eine dem Regelsteuersatz unterliegende Lieferung von alkoholischen Getränken.
Ausweislich der Rechnung vom ... wurden zwar Standardspeisen (Grillsteaks, Rostbratwurst zum Grillen, Pommes frites) abgegeben; es wurden aber außerdem zehn Stehtische überlassen. Damit ist zu der Abgabe von Speisen ein weiteres Dienstleistungselement hinzugetreten, das nach der Vorabentscheidung des EuGH auch bei der Abgabe von Standardspeisen die Annahme einer Dienstleistung rechtfertigt.
Soweit sich die Klägerin auf die Rechnung an die Firma Z vom ... über 70 Portionen "Buffet kalt warm" bezieht, handelt es sich entgegen der Ansicht der Klägerin nicht um die Lieferung von Standardspeisen. Die gelieferten ‑‑aufeinander abgestimmten‑‑ Speisen für 70 Personen ‑‑wie etwa Vitello tonnato, Hähnchenschnitzel mit Fruchtspießen, geräucherter Lachs und Forellenfilet mit Sahnemeerrettich, Roastbeef mit Remoulade, gefüllte Tomaten mit Frischkäse, Geflügelsalat mit Rigatoni‑‑ sind jedenfalls keine Standardspeisen, wie sie typischerweise als Ergebnis einer einfachen, standardisierten Zubereitung, die in den meisten Fällen nicht auf Bestellung eines bestimmten Kunden, sondern entsprechend der allgemein vorhersehbaren Nachfrage oder in Abständen vorgenommen werden, an Imbissständen, Imbisswagen oder in Kinos abgegeben werden (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 68, 77). Die Abgabe dieser Speisen, die einen deutlich größeren Dienstleistungsanteil aufweisen und mehr Arbeit und Sachverstand erfordern, ist mithin nicht als Lieferung anzusehen (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 77).
b) Besondere Umstände, die dafür sprechen, dass die Abgabe der Speisen der dominierende Bestandteil der streitigen Umsätze gewesen wäre, liegen nicht vor.
aa) Der Senat vermag der Klägerin nicht darin zu folgen, die Besteck- und Geschirrüberlassung könne jedenfalls nicht das die Gesamtleistung prägende Element gewesen sein, weil die jeweiligen Kosten für die zusätzlich erbrachten Dienstleistungen weit hinter den Kosten der Speisenlieferung zurückgeblieben seien.
Denn der EuGH hat entsprechende Überlegungen in dem Vorlagebeschluss des Senats in BFHE 227, 242, BStBl II 2010, 364 nicht übernommen. Daher ist weder darauf abzustellen, in welchem Verhältnis die durch die zusätzlich erbrachte Dienstleistung verursachten Kosten zu denen der Speisenlieferung stehen, noch kommt es darauf an, ob die hinzutretenden Leistungen unberechnet bleiben und lediglich "informatorisch" auf der Rechnung aufgeführt werden.
bb) Der EuGH hat in seiner zum vorliegenden Streitfall ergangenen Entscheidung berücksichtigt, dass im Rahmen eines Partyservice bereitgestelltes Geschirr und Besteck sowie überlassene Stehtische ‑‑im Unterschied zur bloßen Bereitstellung einer behelfsmäßigen Infrastruktur im Fall von Imbissständen, Imbisswagen oder Kinos‑‑ einen gewissen, nicht nur geringfügigen personellen Einsatz erfordern, um das gestellte Material herbeizuschaffen, zurückzunehmen und gegebenenfalls zu reinigen (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 79). Die Lieferung von Speisen im Rahmen des Partyservice stellt mithin nur eine Komponente der gesamten Leistung dar, bei der ‑‑vergleichbar einem Restaurationsumsatz mit bereitgestelltem Geschirr, Mobiliar und Gedeck‑‑ der Dienstleistungsanteil qualitativ überwiegt. Hierbei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob der Kunde etwa aus Gründen der Kostenersparnis das bereitgestellte Geschirr und Besteck selbst reinigt.
4. Nach Art. 6 Abs. 2 der Durchführungsverordnung (EU) Nr. 282/2011 des Rates vom 15. März 2011 zur Festlegung von Durchführungsvorschriften zur Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ‑‑MwSt-DVO‑‑ (ABlEU Nr. L 77/1) gilt die Abgabe von zubereiteten oder nicht zubereiteten Speisen und/oder Getränken mit oder ohne Beförderung, jedoch ohne andere unterstützende Dienstleistungen nicht als Restaurant- oder Verpflegungsdienstleistung.
Wie diese Bestimmung ‑‑unter Berücksichtigung der dargelegten EuGH-Rechtsprechung‑‑ zu verstehen ist, ist in dem das Streitjahr 2000 betreffenden Streitfall nicht zu entscheiden. Denn sie gilt nach Art. 65 MwSt-DVO erst ab dem 1. Juli 2011.
5. Die Sache ist spruchreif.
Entgegen dem Vorbringen der Klägerin bedarf es keiner Feststellungen zur "Sicht des Durchschnittsverbrauchers", weil es sich dabei lediglich um eine "gedankliche Perspektive" handelt (vgl. BFH-Urteil vom 17. April 2008 V R 39/05, BFH/NV 2008, 1712, unter II.3.b dd).
Maßgebend ist eine ‑‑aufgrund der im Streitfall festgestellten Tatsachen mögliche‑‑ Gesamtbetrachtung aller Umstände, unter denen der jeweilige Umsatz ausgeführt wurde. Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist die qualitative und nicht nur quantitative Bedeutung der Dienstleistungselemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Gegenständen nach Maßgabe der vom EuGH gerade auch für den vorliegenden Streitfall aufgestellten Grundsätze zu bestimmen (vgl. EuGH-Urteil in DStR 2011, 515, UR 2011, 272, Rz 62, 75 bis 80).