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Beschluss vom 10. November 2011, V B 6/11

Unternehmerstellung von Vorstandsmitgliedern - Steuerbefreiung für ehrenamtliche Tätigkeit - Keine grundsätzliche Bedeutung bei Einzelfallwürdigung

BFH V. Senat

FGO § 115 Abs 2 Nr 1, UStG § 2 Abs 1 S 1, UStG § 4 Nr 26 Buchst c, UStG § 2 Abs 1 S 1, UStG § 4 Nr 26 Buchst c, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 01. December 2010, Az: 5 K 1/10

Leitsätze

1. NV: Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, nach welchen Kriterien Vorstandsmitglieder berufsständischer Vereine und von Kapitalgesellschaften selbständig und als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG anzusehen sind, ist durch die Rechtsprechung bereits geklärt .

2. NV: Es ist durch die Rechtsprechung ebenfalls geklärt, dass die Frage, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit gemäß § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG vorliegt, auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu treffen ist .

3. NV: Die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung kommt mangels Klärungsfähigkeit nicht in Betracht, wenn die entscheidungserheblichen Rechtsfragen nur anhand von einzelfallbezogenen Umständen in einer Gesamtwürdigung beantwortet werden können .

Tatbestand

  1. I. Streitig ist, ob Zahlungen, die der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) von zwei berufsständischen Interessenvertretungen in der Rechtsform eingetragener Vereine als Vorstandsmitglied erhalten hat, in den Streitjahren 2003 bis 2005 der Umsatzsteuer unterliegen.

  2. Der Kläger war in den Streitjahren neben seiner Tätigkeit für die berufsständischen Interessenvertretungen als Landwirt tätig und wandte auf die Umsätze des landwirtschaftlichen Betriebs die Durchschnittssatzbesteuerung gemäß § 24 des Umsatzsteuergesetzes 1999 in der in den Streitjahren jeweils anzuwendenden Fassung (UStG) an. Für seine Tätigkeit als Vorstandsmitglied in den berufsständischen Vereinen erhielt er Bruttovergütungen in Höhe von 21.000 € (2003), 34.350 € (2004) sowie 43.584,34 € (2005).

  3. Nach einer Außenprüfung beurteilte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Tätigkeit des Klägers für die berufsständischen Vereinigungen als steuerbar und steuerpflichtig. Er erließ für die Streitjahre 2003 und 2004 erstmalige

  4. Umsatzsteuerbescheide und für 2005 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid.

  5. Einspruch und Klageverfahren blieben erfolglos. Das Finanzgericht entschied, die den Vergütungen zugrundeliegenden Leistungen seien steuerbar und die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG lägen nicht vor.

  6. Der Kläger begehrt die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) sowie des Erfordernisses einer höchstrichterlichen Entscheidung zur Rechtsfortbildung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2, Alternative 1 FGO).

  7. Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Beschwerde ist unbegründet.

  2. Die vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen sind im Streitfall entweder nicht klärungsbedürftig oder nicht klärungsfähig.

  3. a) Ist eine Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig, kommt weder eine Zulassung unter dem Gesichtspunkt der grundsätzlichen Bedeutung noch unter dem Gesichtspunkt der Rechtsfortbildung in Betracht (vgl. zur Zulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung z.B. den Beschluss des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 13. Januar 2011 V B 65/10, BFH/NV 2011, 646, und zur Zulassung wegen Rechtsfortbildung z.B. Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2010 V B 29/10, BFH/NV 2011, 563). So liegt es im Streitfall. Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, nach welchen Kriterien Vorstandsmitglieder berufsständischer Vereine und von Kapitalgesellschaften selbständig und als Unternehmer gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 UStG anzusehen sind, ist durch die Rechtsprechung bereits beantwortet (vgl. die BFH-Urteile vom 10. März 2005 V R 29/03, BFHE 209, 162, BStBl II 2005, 730; vom 14. Mai 2008 XI R 70/07, BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912; zur Auslegung des Merkmals der Selbständigkeit vgl. z.B. die BFH-Urteile vom 25. Juni 2009 V R 37/08, BFHE 226, 415, BStBl II 2009, 873; vom 14. April 2010 XI R 14/09, BFHE 230, 245, BStBl II 2011, 433). Hiernach sind die einzelnen Merkmale, die für und gegen die Selbständigkeit i.S. von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG sprechen, unter Berücksichtigung des Gesamtbildes der Verhältnisse gegeneinander abzuwägen, wobei entscheidend auf die Weisungsfreiheit abzustellen ist (vgl. z.B. BFH-Urteil in BFHE 221, 517, BStBl II 2008, 912, unter II.2.a). Eine Zulassung kommt nicht in Betracht, wenn die entscheidungserheblichen Rechtsfragen nur anhand von einzelfallbezogenen Umständen in einer Gesamtwürdigung beantwortet werden können ‑‑wie die Frage, ob ein Steuerpflichtiger selbständig handelt‑‑ (vgl. den Senatsbeschluss vom 25. Januar 2011 V B 144/09, BFH/NV 2011, 863).

  4. b) Die weiteren vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen, unter welchen Kriterien seine Tätigkeit als ehrenamtlich i.S. des § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG anzusehen ist und ob hierbei Vergütungen von mehreren berufsständischen Vereinigungen getrennt oder gemeinsam zu betrachten sind, bedürfen aus denselben Gründen keiner Klärung.

  5. Es ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass die Frage, ob eine ehrenamtliche Tätigkeit gemäß § 4 Nr. 26 Buchst. b UStG vorliegt, ebenfalls auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung der Umstände des Einzelfalls zu treffen ist (BFH-Beschluss in BFH/NV 2011, 863). Entgegen der Auffassung des Klägers kann es damit weder allein auf den zeitlichen Umfang der Tätigkeit noch auf die Vergütungshöhe (für jede Tätigkeit oder zusammengerechnet für mehrere Tätigkeiten) ankommen.

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