BFH IV. Senat
EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 2, EStG § 15 Abs 3 Nr 2, EStG § 16 Abs 3, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2, FGO § 118 Abs 2
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 24. November 2010, Az: 14 K 401/09
Leitsätze
1. NV: Es ist in der Rechtsprechung hinreichend geklärt, dass eine Betriebsaufgabe sowohl einer originär gewerblichen als auch einer gewerblich geprägten Personengesellschaft mit solchen Vorgängen beginnt, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens gerichtet sind .
2. NV: Einer begünstigten Teilbetriebsveräußerung steht entgegen, wenn der Steuerpflichtige seine gewerbliche Tätigkeit in einem bestimmten Teilbereich einstellt und Wirtschaftsgüter, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, in seinen verbleibenden Betrieb überführt .
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, da sie nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) entspricht.
1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) oder der Erforderlichkeit einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 1 FGO) verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten, abstrakten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich klärbar und deren Beurteilung zweifelhaft oder umstritten ist. Die Bedeutung der Rechtsfrage darf sich aber nicht nur auf den konkreten Einzelfall erstrecken, sondern muss eine Vielzahl gleichartiger Fälle betreffen. Der Beschwerdeführer muss sich im Rahmen der Darlegung insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH und den Äußerungen im Schrifttum auseinandersetzen (BFH-Beschluss vom 30. Januar 2008 V B 57/07, BFH/NV 2008, 611). Zudem sind Ausführungen erforderlich, aus denen sich ergibt, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Beantwortung der Rechtsfrage zweifelhaft und umstritten ist (BFH-Beschlüsse vom 30. August 2001 IV B 79, 80/01, BFHE 196, 30, BStBl II 2001, 837, und vom 22. Januar 2008 X B 185/07, BFH/NV 2008, 603).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde nicht gerecht. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hält die Rechtsfrage für grundsätzlich bedeutsam, ob die Einstellung der gewerblichen Tätigkeit, die keine Auswirkung auf den Charakter des Gewerbetriebs hat, ohne gesellschaftsrechtlichen Liquidationsbeschluss zum Beginn einer Betriebsaufgabe führen kann bzw. ob nicht bei einer Personengesellschaft, die kraft Rechtsform als Gewerbebetrieb gilt, die Betriebsaufgabe einen Liquidationsbeschluss voraussetzt. Die so formulierte Rechtsfrage bezieht sich ausschließlich auf die rechtliche Beurteilung des vorliegenden konkreten Einzelfalls. Ein darüber hinausgehendes abstraktes Interesse für die Entscheidung einer Vielzahl vergleichbarer Fälle wird nicht erkennbar.
Im Übrigen ist die abstrakte Rechtsfrage, wann und mit welchen Vorgängen eine Betriebsaufgabe beginnt, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt. Wie das Finanzgericht (FG) zutreffend ausgeführt hat, beginnt die Betriebsaufgabe mit solchen Vorgängen, die objektiv auf die Auflösung des Betriebs als selbständiger Organismus des Wirtschaftslebens gerichtet sind, wie z.B. die Einstellung der werbenden Tätigkeit oder die Veräußerung bestimmter, für die Fortführung des Betriebs unerlässlicher Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens (BFH-Urteile vom 5. Juli 1984 IV R 36/81, BFHE 141, 325, BStBl II 1984, 711, und vom 20. Januar 2005 IV R 14/03, BFHE 209, 95, BStBl II 2005, 395). Diese Rechtsgrundsätze sind gleichermaßen auf die Betriebsaufgabe einer originär gewerblichen Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und einer gewerblich geprägten Personengesellschaft i.S. des § 15 Abs. 3 Nr. 2 EStG anzuwenden (vgl. dazu BFH-Urteil vom 20. November 2003 IV R 5/02, BFHE 204, 471, BStBl II 2004, 464). Ob die Betriebsaufgabe erst mit dem Liquidationsbeschluss beginnt oder durch früheres Verhalten der Personengesellschaft begonnen wurde, ist daher im Einzelfall vom FG unter Heranziehung des konkreten Sachverhalts zu beurteilen. Diese Tatsachenwürdigung ist, soweit sie, wie auch im Streitfall, jedenfalls möglich ist, für den BFH in einem möglichen Revisionsverfahren gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend. Eine Zulassung der Revision kann darauf deshalb nicht gestützt werden.
2. Zur Darlegung einer Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) wäre es erforderlich gewesen, abstrakte Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG herauszuarbeiten und tragenden Rechtssätzen einer zu gleichem oder vergleichbarem Sachverhalt ergangenen anderen Entscheidung gegenüberzustellen, so dass die behauptete Abweichung erkennbar wird (BFH-Beschluss vom 5. Februar 2010 IV B 57/09, BFH/NV 2010, 880). Daran fehlt es vorliegend.
a) Die Klägerin rügt eine Abweichung der Vorentscheidung von dem BFH-Urteil vom 13. Februar 1996 VIII R 39/92 (BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409).
Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass jener Entscheidung der Rechtssatz zu Grunde liegt, dass eine begünstigte Teilbetriebsveräußerung zu verneinen ist, wenn der Steuerpflichtige seine gewerbliche Tätigkeit in einem bestimmten Teilbereich einstellt und Wirtschaftsgüter, die zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören, in seinen verbleibenden Betrieb überführt. Es fehlt aber an Ausführungen dazu, welchen entgegenstehenden Rechtssatz das FG seiner Entscheidung zu Grunde gelegt haben soll.
Tatsächlich liegt eine Abweichung der Vorentscheidung zu der Entscheidung in BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409 nicht vor. Der Klägerin ist zuzugeben, dass in Konsequenz der Rechtsprechung in BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409 eine Betriebsaufgabe und damit auch der Beginn einer Betriebsaufgabe bei einer Personengesellschaft zu verneinen ist, wenn diese zwar ihre bisherige originär gewerbliche Tätigkeit aufgibt, sie aber ihren Betrieb durch Vermietung einer wesentlichen Betriebsgrundlage in dem fiktiven (vermögensverwaltenden) Gewerbebetrieb der nunmehr gewerblich geprägten Personengesellschaft fortführt (siehe dazu nunmehr ausdrücklich: BFH-Urteil vom 17. März 2010 IV R 41/07, BFHE 228, 381, BStBl II 2010, 997). Letztere Entscheidung basiert aber auf der Annahme, dass die vermögensverwaltende Tätigkeit auf Dauer angelegt war. Im Streitfall hat das FG den Sachverhalt aber dahin gewürdigt, dass es keine durchgreifenden und belegbaren Anhaltspunkte dafür gebe, dass die KG oder die Klägerin als Geschäftsführerin der Komplementär-GmbH und einzige Kommanditistin die Gesellschaft als vermögensverwaltendes Unternehmen (zunächst) hätten fortführen wollen. Diese Sachverhaltswürdigung ist jedenfalls möglich und für den BFH in einem möglichen Revisionsverfahren gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend. Der Vorentscheidung liegt damit ein anderer Sachverhalt als der Entscheidung in BFHE 180, 278, BStBl II 1996, 409 zu Grunde.
b) Soweit die Klägerin eine Abweichung der Vorentscheidung von dem BFH-Urteil vom 12. Dezember 2000 VIII R 10/99 (BFHE 194, 135, BStBl II 2001, 282) rügt, fehlt es an der Gegenüberstellung der tragenden Rechtssätze, die das FG und der BFH ihren Entscheidungen zu Grunde gelegt haben sollen.