BFH VIII. Senat
EStG § 21, FGO § 76 Abs 1
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 18. January 2011, Az: 1 K 1604/10
Leitsätze
1. NV: Eine Klage darf nicht wegen Unklarheiten des Sachverhalts abgewiesen werden, solange das FG keinen hinreichenden Versuch der Sachaufklärung unternommen hat.
2. NV: Allein wegen fehlenden Nachweises von Einnahmen aus Vermietung (eines geerbten Hauses) während eines Zeitraums von drei Monaten kann nicht auf fehlende Einkünfteerzielungsabsicht geschlossen werden.
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung nach § 116 Abs. 6 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
1. Soweit die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ihre Beschwerde unter 2. bis 4. ihres Schriftsatzes vom 26. April 2011 nahezu wortgleich wie im Verfahren VIII B 23/11 begründen, hat die Beschwerde keinen Erfolg aus den Gründen des Beschlusses des Senats vom 29. August 2011 in jenem Verfahren, auf den insoweit verwiesen wird.
2. Hingegen ist die Beschwerde begründet, soweit die Kläger ‑‑auch verfahrensrechtlich‑‑ fehlerhafte Rechtsfindung hinsichtlich der erklärten Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer der Klägerin und des Werbungskostenüberschusses bei den Einkünften aus Vermietung des von der Mutter der Klägerin geerbten Grundstücks X-Straße rügen.
Das Finanzgericht (FG) hat im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass die ‑‑widersprüchlich erscheinenden‑‑ Angaben der Kläger die tatsächliche Nutzung eines Arbeitszimmers durch die Klägerin "zur Überzeugung des Senats ... als unklar erscheinen lassen". Bei derartigen Unklarheiten im Tatsächlichen ist das Gericht gehalten, von sich aus den Sachverhalt weiter aufzuklären (§ 76 Abs. 1 FGO) und ggf. (erst) bei Nichtaufklärbarkeit eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen zu treffen. Das Urteil hält insoweit revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand, weil es nicht erkennen lässt, dass das FG nach diesen Maßstäben verfahren wäre. Vielmehr hat das FG schon vor dem Hintergrund bestehender Unklarheiten ohne weiteres festgestellt, dass es sich keine positive Überzeugung von der Nutzung eines Arbeitszimmers durch die Klägerin habe bilden können, und auf dieser Grundlage den Abzug von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer der Klägerin schon dem Grunde nach versagt, während der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) im Klageverfahren schriftlich bekundet hatte, dass eine Berücksichtigung eines Betrages von 1.250 € bei den Einkünften der als Lehrerin tätigen Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in Betracht komme.
Soweit das FG in einer kumulativen Urteilsbegründung die ‑‑unterstellt doch anzuerkennenden‑‑ Aufwendungen für das Arbeitszimmer der Klägerin mit vom FA bereits berücksichtigten Verlusten aus Vermietung und Verpachtung saldiert hat, ist die zugrundeliegende Sachverhaltswürdigung nicht frei von Verstößen gegen Erfahrungssätze und/oder Denkgesetze, weil allein aus einer dreimonatigen Phase am Ende des Streitjahres, für die keine Vermietung nachgewiesen wurde, regelmäßig nicht bereits auf fehlende Einkünfteerzielungsabsicht geschlossen werden kann.