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Beschluss vom 21. Juli 2011, I B 27/11

Verdeckte Gewinnausschüttung: Eignung zum "sonstigen Bezug" bei Darlehensgewährung

BFH I. Senat

KStG § 8 Abs 3 S 2, EStG § 20 Abs 1 Nr 1 S 2

vorgehend FG Düsseldorf, 24. January 2011, Az: 6 K 2991/08 K,G,F

Leitsätze

NV: Die BFH-Rechtsprechung, nach der eine Teilwertabschreibung auf ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasstes Darlehen zur vGA führt, steht nicht in Widerspruch zu der BFH-Rechtsprechung, nach der die vGA die Eignung der Unterschiedsbetragsminderung zur Auslösung eines "sonstigen Bezugs" beim Gesellschafter erfordert.

Tatbestand

  1. I. Streitpunkt ist, ob Teilwertabschreibungen auf Darlehen als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) anzusehen sind.

  2. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine GmbH mit abweichendem Wirtschaftsjahr zum 31. Mai. Ihre alleinige Gesellschafterin war seit 16. Mai 2000 die P-GmbH, die ihrerseits im 90 %igen Anteilseigentum der M-GmbH stand.

  3. Am 3. März 2000 stellte die Klägerin der P-GmbH auf unbestimmte Zeit ein zinsfreies, unbesichertes Darlehen über insgesamt 125.000 DM zur Verfügung; ein weiteres zinsloses Darlehen über 100.000 DM zu gleichen Bedingungen gewährte die Klägerin der P-GmbH im März 2001. Der M-GmbH gewährte die Klägerin im Juli 2000 ein zinsloses und ungesichertes Darlehen auf unbestimmte Zeit über 100.000 DM.

  4. In ihrem Jahresabschluss zum 31. Mai 2002 (Streitjahr) schrieb die Klägerin die offenen Forderungen aus den Darlehensverhältnissen wegen fehlender Solvenz der Darlehensnehmerinnen in voller Höhe ab. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) rechnete die Teilwertabschreibungen dem Ergebnis der Klägerin für das Wirtschaftsjahr 2001/2002 als vGA hinzu und erließ entsprechende ertragsteuerliche Bescheide. Die deswegen erhobene Klage blieb ohne Erfolg; das Finanzgericht (FG) Düsseldorf hat sie mit Urteil vom 25. Januar 2011 6 K 2991/08 K,G,F als unbegründet abgewiesen.

  5. Die Klägerin beantragt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision gegen das FG-Urteil und begründet ihr Begehren mit einer Abweichung des FG-Urteils von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH).

  6. Das FA hat sich zur Nichtzulassungsbeschwerde nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet. Der geltend gemachte Zulassungsgrund liegt nicht vor.

  2. 1. Die Klägerin macht eine Divergenz (Zulassungsgrund der Erforderlichkeit einer Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, § 115 Abs. 2 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) des angefochtenen Urteils zu dem Senatsurteil vom 7. August 2002 I R 2/02 (BFHE 200, 197, BStBl II 2004, 131) geltend. Danach setzt die Annahme einer vGA u.a. voraus, dass die Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft die Eignung hat, beim Gesellschafter einen "sonstigen Bezug" i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auszulösen. Aus dem Umstand, dass das FG diese Voraussetzung im Streitfall nicht erwähnt und geprüft habe, folgert die Klägerin, das FG-Urteil basiere auf dem Rechtssatz, eine Unterschiedsbetragsminderung bei der Körperschaft sei unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob sie die Eignung habe, beim Gesellschafter einen "sonstigen Bezug" i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auszulösen.

  3. 2. Dem vermag der Senat nicht zu folgen. Allein aus dem Umstand, dass das FG die Tatbestandsvoraussetzung der Eignung zur Auslösung eines "sonstigen Bezugs" beim Gesellschafter in den Entscheidungsgründen nicht erwähnt hat, kann nicht darauf geschlossen werden, dass es nach Auffassung des FG auf das Tatbestandsmerkmal nicht ankommt. Es spricht vielmehr alles dafür, dass das FG das Tatbestandsmerkmal als im Streitfall unproblematisch gegeben angesehen hat, so dass es keiner gesonderten Erwähnung bedurfte. Das liegt hier insbesondere deshalb nahe, weil das Vorliegen einer vGA in der streitgegenständlichen Konstellation der Teilwertabschreibung auf ein durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasstes Darlehen in ständiger BFH-Rechtsprechung, auf die sich das FG bezogen hat, anerkannt ist (z.B. Senatsurteile vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795; vom 14. Juli 2004 I R 16/03, BFHE 207, 147, BStBl II 2004, 1010; vom 8. Oktober 2008 I R 61/07, BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62; Senatsbeschluss vom 26. Oktober 1993 I B 112/93, BFH/NV 1994, 415; vgl. auch Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 8 Rz 694; Rengers in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 8 KStG Rz 578, 580). In dem Senatsurteil in BFHE 223, 131, BStBl II 2011, 62 heißt es ausdrücklich, das Merkmal der Eignung zum "sonstigen Bezug" beim Gesellschafter spiele in dieser Konstellation keine Rolle.

  4. 3. Die Klägerin meint offenbar ‑‑ohne hierzu allerdings etwas auszuführen‑‑, die vom FG angewendete Senatsrechtsprechung zur vGA-Eigenschaft der Teilwertabschreibung auf durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Darlehen stehe in Widerspruch zu der Senatsrechtsprechung, nach der das Vorliegen einer vGA die Eignung der Unterschiedsbetragsminderung zur Auslösung eines "sonstigen Bezugs" beim Gesellschafter erfordere. Das trifft indes nicht zu. Denn das letztgenannte Erfordernis verlangt lediglich die abstrakte Eignung, einen "sonstigen Bezug" auslösen zu können. Diese liegt bei der Hingabe eines dem Fremdvergleich nicht standhaltenden Darlehens grundsätzlich vor. Davon zu unterscheiden sind die Fragen, zu welchem Zeitpunkt die Darlehenshingabe im jeweiligen Einzelfall zu einer konkreten ‑‑die vGA vollendenden‑‑ Vermögensminderung bei der Gesellschaft führt und ‑‑insoweit nicht mehr von Relevanz für den vGA-Tatbestand‑‑ ob bzw. wann es zu einem tatsächlichen Mittelabfluss bei der Gesellschaft (dazu Senatsurteil in BFHE 207, 147, BStBl II 2004, 1010) bzw. zu einem Zufluss beim Gesellschafter kommt.

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