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Beschluss vom 14. April 2011, VII B 222/10

Besorgnis der Befangenheit des Geschäftsprüfers eines Lohnsteuerhilfevereins bei naher Verwandtschaft mit dem Vereinsvorstand

BFH VII. Senat

FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2, StBerG § 22 Abs 3

vorgehend FG München, 28. September 2010, Az: 4 K 795/07

Leitsätze

1. NV: § 22 Abs. 3 StBerG listet beispielhaft und nicht abschließend auf, wann die Besorgnis der Befangenheit eines Geschäftsprüfers eines Lohnsteuerhilfevereins besteht.

2. NV: Die Besorgnis der Befangenheit besteht bei allen Personen, die in enger verwandtschaftlicher Beziehung zu Vereinsorganen stehen. Eine solche enge verwandtschaftliche Beziehung liegt jedenfalls vor, wenn der Geschäftsprüfer mit dem Vorstand des Lohnsteuerhilfevereins in gerader Linie ersten Grades verwandt ist .

Tatbestand

  1. I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein Lohnsteuerhilfeverein, als dessen einziger Vorstand Herr X im Vereinsregister eingetragen ist. Seit dem Geschäftsjahr 2001 übt der im Klage- und Beschwerdeverfahren Prozessbevollmächtigte Herr Z, der Sohn von X, die Funktion des Geschäftsprüfers beim Kläger aus. Ferner hat Z den Kläger als Prozessbevollmächtigter in einem Klageverfahren wegen des Widerrufs der Anerkennung als Lohnsteuerhilfeverein vertreten.

  2. Mit Bescheid vom 28. Dezember 2006 forderte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Landesamt) den Kläger auf, künftig eine andere Person als Z mit der Geschäftsprüfung zu beauftragen. Nach Ansicht des Landesamtes darf Z aufgrund des engen Verwandtschaftsverhältnisses mit dem Vorstand nicht als Geschäftsprüfer des Klägers tätig sein.

  3. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab, da es aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehung zum Vorstand des Klägers sowie seiner geschäftlichen Beziehung zum Kläger die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 22 Abs. 3 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) im Hinblick auf Z als erfüllt ansah. Bei der zwischen Z und X vorliegenden Verwandtschaft in gerader Linie ersten Grades sei die Besorgnis der Befangenheit gegeben. Ferner ergäben sich aus der Prozessvertretung durch Z im Widerrufsverfahren erhebliche Anhaltspunkte für eine Besorgnis der Befangenheit. Eine Stellung als Rechtsanwalt oder Steuerberater stehe der Anwendung des § 22 Abs. 3 StBerG nicht entgegen, da nach § 22 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 StBerG überhaupt nur Personen aus diesem Berufskreis als Geschäftsprüfer in Frage kämen.

  4. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil richtet sich die Beschwerde des Klägers.

  5. Das Landesamt ist der Beschwerde entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Beschwerde (§ 116 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Revisionszulassungsgründe des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

  2. 1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigemessene grundsätzliche Bedeutung.

  3. a) Einer Rechtsfrage kommt nur dann grundsätzliche Bedeutung zu, wenn sie klärungsfähig und klärungsbedürftig ist (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 16. Juli 1999 IX B 81/99, BFHE 189, 401, BStBl II 1999, 760, und vom 21. April 1999 I B 99/98, BFHE 188, 372, BStBl II 2000, 254, m.w.N.). Das ist sie, wenn ihre Beantwortung zu Zweifeln Anlass gibt, so dass mehrere Lösungen vertretbar sind (Beermann in Beermann/Gosch, FGO § 115 Rz 102 ff., und Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 115 Rz 28). An der zu fordernden Klärungsbedürftigkeit fehlt es jedoch, wenn sich die Beantwortung der Rechtsfrage ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut und Sinngehalt des Gesetzes ergibt oder die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG in seiner Entscheidung getan hat, wenn die Rechtslage also eindeutig ist (ständige Rechtsprechung, vgl. statt aller BFH-Beschluss vom 18. Dezember 1998 VI B 215/98, BFHE 187, 559, BStBl II 1999, 231).

  4. b) Die von der Beschwerde sinngemäß als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage, ob eine Besorgnis der Befangenheit i.S. des § 22 Abs. 3 StBerG vorliegt, wenn der Geschäftsprüfer mit dem Vorstand des Lohnsteuerhilfevereins verwandt ist, erfüllt nicht den Revisionszulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Denn sie ist zweifelsfrei so zu beantworten, wie es das FG getan hat. § 22 Abs. 3 StBerG listet beispielhaft und nicht abschließend ("insbesondere") auf, wann ‑‑infolge einer möglichen Interessenkollision‑‑ die Besorgnis der Befangenheit eines Geschäftsprüfers besteht. Besorgnis der Befangenheit besteht, wenn die Gefahr gegeben ist, dass sachfremde Umstände den Geschäftsprüfer, der nach § 22 Abs. 5 StBerG zur gewissenhaften und unparteiischen Prüfung verpflichtet ist, beeinflussen könnten. Daher besteht die Besorgnis der Befangenheit nicht nur bei Mitgliedern des Lohnsteuerhilfevereins, sondern auch bei allen Personen, die den Verein organisatorisch oder wirtschaftlich beraten, unterstützen, in sonstiger Weise für ihn tätig sind oder in enger verwandtschaftlicher Beziehung zu Vereinsorganen stehen (Gehre/Koslowski, Steuerberatungsgesetz, 6. Aufl., § 22 Rz 3). Die Auffassung des FG, dass bei objektiver Betrachtungsweise ‑‑ausgehend vom Regelfall des persönlichen Verhältnisses zwischen Vater und Sohn‑‑ nicht völlig ausgeschlossen werden könne, dass die Geschäftsprüfung den sich aus einem solchen engen persönlichen Verwandtschaftsverhältnis ergebenden Einflüssen ausgesetzt ist, wirft keine Rechtsfragen auf, die der Klärung von einem Revisionsverfahren bedürfen. Denn engen persönlichen Verwandtschaftsverhältnissen wohnt in der Regel die Gefahr eines Interessenkonflikts inne, wie das FG unter Hinweis auf verschiedene gesetzliche Vorschriften belegt hat. Somit ist die Besorgnis der Befangenheit i.S. des § 22 Abs. 3 StBerG beim Geschäftsprüfer jedenfalls dann zu bejahen, wenn er ‑‑wie im Streitfall‑‑ mit dem Vorstand des Lohnsteuerhilfevereins in gerader Linie ersten Grades, dem engsten Verwandtschaftsverhältnis überhaupt, verwandt ist (vgl. § 1589 Abs. 1 Satz 1, 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).

  5. c) Auch die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage, ob eine Besorgnis der Befangenheit i.S. des § 22 Abs. 3 StBerG vorliegt, wenn der Geschäftsprüfer die Prozessvertretung des Lohnsteuerhilfevereins in einem Verfahren übernimmt, das die Zulässigkeit der Geschäftsprüfung zum Gegenstand hat, erfüllt nicht den Revisionszulassungsgrund des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO. Diese Frage ist nicht klärungsfähig, da das FG in seiner Entscheidung Anhaltspunkte für die Besorgnis der Befangenheit des Z allein aus dessen Prozessvertretungsmandat für das Klageverfahren wegen Widerrufs der Anerkennung des Klägers als Lohnsteuerhilfeverein abgeleitet hat.

  6. 2. Eine Zulassung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2  1. Alternative FGO kommt aus den nämlichen Gründen nicht in Betracht, denn dieser Zulassungsgrund stellt lediglich eine Konkretisierung des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO dar.

  7. 3. Mit seinen Ausführungen, dass das FG der Mitteilung der Oberfinanzdirektion (OFD) vom 20. Oktober 1989, dass gegen die Beauftragung des Herrn Y, des Vaters des X, mit der Geschäftsprüfung unter dem Gesichtspunkt der Befangenheit keine Bedenken bestünden, keine Bedeutung im Hinblick auf die Beurteilung der Tätigkeit des Z als Geschäftsprüfer beim Kläger beigemessen habe, wendet sich der Kläger im Grunde gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils. Das vermag die Zulassung der Revision jedoch nicht zu rechtfertigen. Der Kläger setzt seine eigene rechtliche Beurteilung ‑‑nämlich dass die OFD ganz allgemein habe regeln wollen, dass ein in gerader Linie zum Vorstand des Klägers Verwandter Geschäftsprüfer sein könne‑‑ derjenigen des FG entgegen, ohne damit jedoch einen offensichtlichen Rechtsanwendungsfehler von erheblichem Gewicht im Sinne einer willkürlichen oder greifbar gesetzeswidrigen Entscheidung zu rügen, der ausnahmsweise zur Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2  2. Alternative FGO führen könnte (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 27. Februar 2006 III B 170/05, BFH/NV 2006, 1090, m.w.N.).

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