BFH VII. Senat
EGV 615/98 Art 5 Abs 2, EGV 615/98 Art 5 Abs 3, EWGRL 628/91 , FGO § 118 Abs 2, FGO § 102, VwVfG § 40, VwGO § 114
vorgehend FG Hamburg, 23. November 2009, Az: 4 K 58/08
Leitsätze
1. Ist aufgrund "sonstiger Informationen" i.S. des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 anzunehmen, dass ein zum Transport lebender Rinder eingesetztes Transportmittel zu einem bestimmten Zeitpunkt nicht den Anforderungen unionsrechtlicher Tierschutzbestimmungen entsprach, trägt der Ausführer die Feststellungslast dafür, dass die am Transportmittel festgestellten Mängel später nicht mehr vorlagen .
2. Gelingt dieser Nachweis nicht, ist die Ausfuhrerstattung zu versagen. Die unionsrechtlichen Vorschriften räumen dem HZA insoweit kein gerichtlich nur beschränkt überprüfbares Ermessen ein .
3. Das Revisionsgericht ist an die Tatsachenwürdigung durch das FG nicht gebunden, wenn dieser eine Grundlage fehlt, die das Revisionsgericht in die Lage versetzt nachzuvollziehen, wie das FG zu der seine Entscheidung tragenden Überzeugung gelangt ist (Bestätigung der Rechtsprechung) .
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) meldete im März 1999 lebende Rinder zur Ausfuhr in den Libanon an und beantragte die Gewährung von Ausfuhrerstattung, die der Beklagte und Revisionskläger (das Hauptzollamt ‑‑HZA‑‑) mit der Begründung versagte, dass bei dem Transport der Rinder die Richtlinie über den Schutz von Tieren beim Transport nicht eingehalten worden sei. Die Rinder seien mit dem Schiff "M" in den Libanon befördert worden, das zuvor am 18./19. Februar 1997 von dem tierärztlichen Sachverständigen des Lebensmittel- und Veterinäramts der Kommission Dr. F im Hafen von Koper überprüft worden sei mit dem Ergebnis (Bericht vom 16. Mai 1997), dass dieser das Schiff ‑‑wegen verschiedener, im Einzelnen aufgelisteter Mängel‑‑ als nicht in Übereinstimmung mit der Richtlinie 91/628/EWG des Rates vom 19. November 1991 über den Schutz von Tieren beim Transport sowie zur Änderung der Richtlinien 90/425/EWG und 91/496/EWG ‑‑RL 91/628/EWG‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften ‑‑ABlEG‑‑ Nr. L 340/17), neugefasst durch die Richtlinie 95/29/EG des Rates vom 29. Juni 1995 (ABlEG Nr. L 148/52), angesehen habe, woraufhin die Kommission das Schiff als nicht für den Transport von Lebendvieh geeignet in einer so genannten Negativliste geführt habe.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage teilweise statt, indem es das HZA verpflichtete, unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids sowie der Einspruchsentscheidung, den Antrag der Klägerin auf Gewährung von Ausfuhrerstattung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Das FG urteilte, dass die Feststellungen des Lebensmittel- und Veterinäramts der Kommission vom Februar 1997 durch weitere seitens der Klägerin vorgelegte Unterlagen in wesentlichen Teilen entkräftet seien. So gebe es eine schriftliche Erklärung des Schiffskapitäns vom 16. Oktober 1997, der zufolge eine Reihe beanstandeter Mängel beseitigt worden sei. Das Havariekommissariat X habe in einem Gutachten vom 22. September 1998 festgestellt, dass das Schiff keine sichtbaren Beschädigungen aufweise und der Zustand des Hauptdecks, der Verschanzung und der Reling zufriedenstellend sei. Außerdem hätten britische Behörden im Oktober/November 1999 das Schiff für den Transport von Schafen zugelassen. Es sei deshalb anzunehmen, dass früher gerügte Mängel auf dem Schiff im Zeitpunkt des Transports der Tiere im März 1999 im Wesentlichen beseitigt worden seien. Verbleibende geringfügige Verstöße gegen tierschutzrechtliche Transportvorschriften hätten nicht unausweichlich den Verlust des Erstattungsanspruchs zur Folge; das HZA habe im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens unter Beachtung des gemeinschaftsrechtlichen Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu prüfen, ob sich der Verstoß gegen Bestimmungen der Tierschutzrichtlinie auf das Wohlergehen der Tiere ausgewirkt habe, ob dieser Verstoß ggf. geheilt werden könne und ob er zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führen müsse. Eine solche Ermessensentscheidung habe das HZA im Streitfall jedoch nicht getroffen und im Übrigen auch nicht alle entscheidungserheblichen Gesichtspunkte, zu denen insbesondere die Erklärung des Schiffskapitäns gehöre, in seine Entscheidung eingestellt.
Mit seiner Revision macht das HZA geltend, dass es in Anbetracht des Kommissionsberichts über den nicht richtlinienkonformen Zustand des Schiffs der Klägerin oblegen hätte nachzuweisen, dass die Mängel während des streitigen Transports nicht mehr vorlagen. In Verkennung dieser Beweislastverteilung habe das FG ihm (dem HZA) aufgegeben, Ermittlungen anzustellen, wann Erneuerungsarbeiten auf dem Schiff abgeschlossen waren und wie viele der transportierten Tiere unter noch vorhandenen Mängeln der Schiffsvorrichtungen gelitten haben könnten. Mit der Verwertung der Erklärung des Schiffskapitäns vom 16. Oktober 1997, die im Übrigen zu unbestimmt sei, um als Nachweis der Mängelbeseitigung zu dienen, habe das FG zudem gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des HZA ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Versagung der beantragten Ausfuhrerstattung ist rechtmäßig (§ 101 Satz 1 FGO).
1. Das angefochtene FG-Urteil verletzt bereits deshalb Bundesrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO), weil es mit der Verpflichtung des HZA zur Neubescheidung eine Rechtsfolge ausspricht, welche nach den erstattungsrechtlichen Vorschriften nicht in Betracht kommt.
Ein sog. Bescheidungsurteil ergeht gemäß § 101 FGO, soweit die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt, die Sache jedoch nicht spruchreif ist. Letzteres ist insbesondere der Fall, wenn der Erlass des begehrten Verwaltungsakts im Ermessen der Behörde steht und das FG erkennt, dass bei der Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts Ermessensfehler unterlaufen sind, es jedoch gehindert ist, die begehrte Ermessensentscheidung selbst zu treffen. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor, weil die Gewährung von Ausfuhrerstattung für in Drittländer ausgeführte Erzeugnisse nicht im Ermessen des HZA steht.
Nach den Vorschriften der im Streitfall noch anzuwendenden Verordnung (EWG) Nr. 3665/87 (VO Nr. 3665/87) der Kommission vom 27. November 1987 über gemeinsame Durchführungsvorschriften für Ausfuhrerstattungen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen (ABlEG Nr. L 351/1) besteht ein Erstattungsanspruch, wenn Erzeugnisse, für die ein einheitlicher oder differenzierter Erstattungssatz gilt, aus dem Zollgebiet der Gemeinschaft innerhalb bestimmter Fristen ausgeführt und (bei differenzierter Erstattung) in das betreffende Drittland eingeführt worden sind (Art. 4 Abs. 1, Art. 5, Art. 16 VO Nr. 3665/87) und wenn diese Voraussetzungen nach den Bestimmungen der VO Nr. 3665/87 nachgewiesen werden sowie bestimmte negative Tatbestandsmerkmale nicht vorliegen. Der zuständigen Behörde ist hingegen kein Ermessen eingeräumt, die Ausfuhrerstattung trotz Vorliegens der Erstattungsvoraussetzungen zu versagen oder sie bei Nichtvorliegen der Erstattungsvoraussetzungen gleichwohl zu gewähren.
Etwas anderes gilt auch nicht, soweit die Gewährung von Ausfuhrerstattung für lebende Rinder gemäß Art. 13 Abs. 9 Unterabs. 2 der Verordnung (EWG) Nr. 805/68 des Rates vom 27. Juni 1968 über die gemeinsame Marktorganisation für Rindfleisch (ABlEG Nr. L 148/24) i.d.F. der Verordnung (EG) Nr. 2634/97 des Rates vom 18. Dezember 1997 (ABlEG Nr. L 356/13) i.V.m. Art. 1 der Verordnung (EG) Nr. 615/98 (VO Nr. 615/98) der Kommission vom 18. März 1998 mit Durchführungsbestimmungen zur Ausfuhrerstattungsregelung in Bezug auf den Schutz lebender Rinder beim Transport (ABlEG Nr. L 82/19) voraussetzt, dass während des Transports der Tiere bis zu ihrer ersten Entladung im Bestimmungsdrittland die Vorschriften der RL 91/628/EWG sowie die Vorschriften der VO Nr. 615/98 eingehalten werden. Auch diese bei der Ausfuhr lebender Rinder anzuwendenden Vorschriften räumen der zuständigen Behörde hinsichtlich der Gewährung der beantragten Ausfuhrerstattung kein gemäß § 102 Satz 1 FGO nur eingeschränkt überprüfbares Ermessen ein.
Soweit der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mit Urteil vom 17. Januar 2008 C-37/06 und C-58/06 ‑‑Viamex Agrar Handel und ZVK‑‑ (Slg. 2008, I-69, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern ‑‑ZfZ‑‑ 2008, 42, Rz 38) ausgeführt hat, dass die Behörde, wenn sie zu dem Schluss gelangt, die RL 91/628/EWG sei nicht eingehalten worden, bei der Entscheidung, ob der Verstoß gegen die Bestimmung der RL 91/628/EWG zum Verlust, zur Kürzung oder zur Aufrechterhaltung der Ausfuhrerstattung führt, ein "gewisses Ermessen" habe, ist dies nicht im Sinne eines eingeräumten Ermessensspielraums gemäß deutschem Verwaltungsrecht (§ 40 des Verwaltungsverfahrensgesetzes) zu verstehen, der nach § 114 der Verwaltungsgerichtsordnung bzw. § 102 FGO gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (a.A.: Bender, Verlust des Erstattungsanspruchs bei der Ausfuhr lebender Rinder (...), ZfZ 2008, 172). Ein solches Verständnis widerspräche dem das Erstattungsrecht prägenden Grundsatz gebundenen Verwaltungshandelns, wonach Ausfuhrerstattung unabhängig von behördlichen Ermessenserwägungen zu gewähren ist, wenn die unionsrechtlichen Voraussetzungen nachgewiesen sind. Die Gewährung von Ausfuhrerstattung dem Grunde oder der Höhe nach in das pflichtgemäße Ermessen der zuständigen Behörde zu stellen, liefe einer unionsweit einheitlichen Rechtsanwendung zuwider und führte für die Ausführer zu einer Rechtsunsicherheit in Bezug auf die Voraussetzungen, die für die Zahlung der Ausfuhrerstattung vorliegen müssen (vgl. zu Letzterem: EuGH-Urteil vom 13. März 2008 C-96/06 ‑‑Viamex Agrar Handel‑‑, Slg. 2008, I-1413, ZfZ 2008, 106, Rz 40; ebenso Rüsken, Erstattungsanspruch und Tierschutzvorschriften, ZfZ 2008, 193, 195).
Anders als das FG offenbar meint, lässt sich das vom EuGH angeführte "gewisse Ermessen" auch nicht als ein der zuständigen Behörde eingeräumter Entscheidungsspielraum bezüglich der Frage verstehen, ob bei festgestellten Verstößen gegen die RL 91/628/EWG die Versagung der beantragten Ausfuhrerstattung verhältnismäßig ist. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist ein Rechtsgrundsatz (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-69, ZfZ 2008, 42, Rz 33); ob behördliches Handeln mit diesem Grundsatz in Einklang steht, ist daher keine nach Ermessen der Behörde zu beantwortende Frage (vgl. Rüsken, a.a.O., S. 196; Senatsbeschluss vom 1. August 2005 VII B 97/04, BFH/NV 2005, 2255).
Dass der EuGH die Gewährung von Ausfuhrerstattung für lebende Rinder nicht behördlichem Ermessen im Sinne deutschen Verwaltungsrechts unterstellt, wird in dem Urteil vom 17. Juli 2008 C-207/06 ‑‑Schwaninger Martin‑‑ (Slg. 2008, I-5561, ZfZ 2008, 206) deutlich, in welchem der EuGH seine bisherige Rechtsprechung zum "gewissen Ermessen" zitiert (Rz 39 des Urteils), um sogleich darauf hinzuweisen, dass die Versagung der Ausfuhrerstattung gerechtfertigt ist, wenn die zuständige Behörde der Ansicht ist, dass mit den vorgelegten Unterlagen der Nachweis der Einhaltung der RL 91/628/EWG nicht erbracht worden ist (Rz 41 des Urteils).
Wenn der EuGH in Auslegung des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 die Versagung der Ausfuhrerstattung für verendete Tiere für zwingend hält, hingegen in dem Fall, dass die Behörde zu dem Schluss gelangt, dass die RL 91/628/EWG bei dem betreffenden Transport nicht eingehalten worden ist, von einem "gewissen Ermessen" der Behörde spricht, das sich im Rahmen des Art. 5 VO Nr. 615/98 bewegen muss, sind für das Verständnis dieser Wendung die hiermit im Zusammenhang stehenden Ausführungen des EuGH heranzuziehen. So weist der EuGH darauf hin, dass die Behörde ihre Entscheidung nur auf die Unterlagen gemäß Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 615/98 und/oder auf sonstige Informationen stützen kann (Urteile in Slg. 2008, I-69, ZfZ 2008, 42, Rz 39; in Slg. 2008, I-1413, ZfZ 2008, 106, Rz 39) und dass es hierbei nicht auf Vermutungen oder Zweifel ankommt, sondern objektive und konkrete Umstände vorliegen müssen, welche sich auf die Gesundheit der Tiere und/oder ihr Wohlergehen während des Transports in dem Sinne zu beziehen haben, dass die Tiere unter der Nichteinhaltung der RL 91/628/EWG gelitten haben können, wobei ggf. die Ausfuhrerstattung auch nur zu kürzen ist, wenn lediglich ein Teil der transportierten Tiere von dem Verstoß gegen die RL 91/628/EWG betroffen war (Urteile in Slg. 2008, I-69, ZfZ 2008, 42, Rz 40, 42, 44; in Slg. 2008, I-1413, ZfZ 2008, 106, Rz 40, 41, 51; in Slg. 2008, I-5561, ZfZ 2008, 206, Rz 42).
Die Behörde kann m.a.W. den Angaben des Ausführers, bei der Beförderung der Tiere seien die tierschutzrechtlichen Transportvorschriften beachtet worden, nicht lediglich Zweifel oder Vermutungen entgegensetzen, sondern hat zu prüfen, ob objektive und konkrete Umstände vorliegen, aus denen sich ergibt, dass beim Transport gegen die RL 91/628/EWG verstoßen wurde, und ‑‑falls ja‑‑ zu bewerten, ob sich der Verstoß ggf. nur auf einen Teil der transportierten Tiere bezog und ob gegen solche Vorschriften verstoßen wurde, die das Wohlbefinden der Tiere betreffen, oder solche, die sich nicht auf die Gesundheit und/ oder den Zustand der Tiere während des Transports beziehen (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-69, ZfZ 2008, 42, Rz 42). Gestützt wird diese Auslegung des EuGH durch den Wortlaut der französischen Fassung der VO Nr. 615/98, in deren Art. 5 Abs. 3 die in der deutschen Fassung zu findenden Worte "die zuständige Behörde (...) zu dem Schluss gelangt" lauten: "l'autorité compétente estime" (estimer = bewerten, einschätzen). Wenn der EuGH diese der zuständigen Behörde obliegende Prüfungs- und Bewertungspflicht als "gewisses Ermessen" bezeichnet, so bedeutet dies nicht, dass insoweit für die Behörde ein gerichtlich nur beschränkt überprüfbarer Ermessens- oder Beurteilungsspielraum besteht, wie er dem deutschen Verwaltungsrecht bekannt ist. Für ein Prüfungs- oder Bewertungsvorrecht der Behörde ergibt sich weder aus den unionsrechtlichen Vorschriften noch aus der Rechtsprechung des EuGH ein Anhaltspunkt.
2. Ergeben die Unterlagen gemäß Art. 5 Abs. 2 VO Nr. 615/98 oder sonstige Informationen objektive und konkrete Umstände, dass während des Transports gegen Vorschriften der RL 91/628/EWG verstoßen wurde, welche das Wohlbefinden der transportierten Tiere betreffen, obliegt es dem Ausführer nachzuweisen, dass diese seitens der Behörde angeführten Anhaltspunkte nicht erheblich sind (EuGH-Urteile in Slg. 2008, I-1413, ZfZ 2008, 106, Rz 41; in Slg. 2008, I-5561, ZfZ 2008, 206, Rz 42). Gelingt dieser Nachweis nicht, ist die beantragte Ausfuhrerstattung nach Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 zu versagen (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-1413, ZfZ 2008, 106, Rz 50, 52). Diese bei Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 angeordnete Rechtsfolge ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar (EuGH-Urteil in Slg. 2008, I-69, ZfZ 2008, 42, Rz 43 bis 45). Ob bei Verstößen gegen die RL 91/628/EWG die Gewährung von Ausfuhrerstattung ausnahmsweise bei Bagatellverstößen oder in Fällen höherer Gewalt im Wege richterlicher Rechtsfortbildung als zulässig angesehen werden kann (vgl. Rüsken, a.a.O., S. 195), bedarf im Streitfall keiner Entscheidung, da ein solcher (möglicher) Ausnahmefall nicht gegeben ist.
Es kommt nach alledem nicht in Betracht, dass ‑‑wie im Streitfall geschehen‑‑ das Gericht festgestellte Verstöße gegen die RL 91/628/EWG als weniger schwer wiegend bewertet und der Behörde aufgibt, noch einmal zu prüfen, ob die beantragte Ausfuhrerstattung trotz der Verstöße (nach Ermessen) gezahlt werden kann (vgl. ebenso: Rüsken, a.a.O., S. 195, 196).
3. Der erkennende Senat hat bereits in einem Parallelverfahren, welches ebenfalls Rindertransporte mit dem Schiff "M" im März 1999 betraf, entschieden, dass der Bericht der Kommission über die tierärztliche Überprüfung des Schiffs am 18./19. Februar 1997 eine sonstige Information i.S. des Art. 5 Abs. 3 VO Nr. 615/98 ist, aus der sich objektive und konkrete Umstände ergeben, die den Schluss zulassen, dass bei dem Transport mit dem genannten Schiff die Tierschutzbestimmungen nicht eingehalten wurden (Senatsurteil vom 6. Mai 2008 VII R 32/05, BFHE 221, 342, ZfZ 2008, 209).
Mit diesem vom Sachverständigen des Lebensmittel- und Veterinäramts der Kommission Dr. F verfassten Bericht vom 16. Mai 1997 war u.a. beanstandet worden, dass
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die Gangways, Aufgänge, Pferche und Rohrleitungen sich in einem Zustand befunden hätten, der Verletzungen der Tiere verursachen könnte (Verstoß gegen RL 91/628/EWG Anhang Kapitel I Nr. 17),
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die Gangways, Aufgänge und Pferche nicht ausbruchsicher gewesen seien (Verstoß gegen RL 91/628/EWG Anhang Kapitel I Nr. 2 Buchst. c),
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die hölzernen und metallenen Gangways, Aufgänge und Pferche abgenutzte, rostige und raue Oberflächen aufgewiesen hätten und nicht leicht zu reinigen und zu desinfizieren gewesen seien (Verstoß gegen RL 91/628/EWG Anhang Kapitel I Nr. 2 Buchst. c i.V.m. Nr. 8),
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in den meisten Teilen des oberen Decks sich keine Einrichtungen zum Schutz vor der See und vor Witterungseinflüssen befunden hätten (Verstoß gegen RL 91/628/EWG Anhang Kapitel I Nr. 18).
Den ihr obliegenden Nachweis, dass im März 1999, dem Zeitpunkt des hier streitigen Transports, diese Verstöße gegen tierschutzrechtliche Transportvorschriften, bei denen es sich ‑‑jedenfalls bezüglich RL 91/628/EWG Anhang Kapitel I Nrn. 2 Buchst. c, 17 und 18‑‑ um solche handelt, die das Wohlbefinden der Tiere während des Transports betreffen, nicht mehr vorlagen, die entsprechenden Mängel also beseitigt waren, hat die Klägerin nicht erbracht.
a) Aufgrund des von ihm vertretenen Rechtsstandpunkts hat das FG nicht geprüft, ob Nachweise dafür vorliegen, dass die Mängel im März 1999 beseitigt waren, sondern hat sich mit der Bewertung begnügt, dass evtl. noch vorhandene Mängel nicht schwer wiegend gewesen seien. Gleichwohl sieht der Senat davon ab, die Sache an das FG zur weiteren Sachaufklärung zurückzuverweisen, weil die bisher vorgelegten Nachweise keinesfalls die Annahme rechtfertigen können, dass die im Bericht vom 16. Mai 1997 aufgelisteten Mängel im März 1999 beseitigt waren. Sie rechtfertigen nicht einmal die Annahme des FG, dass die Mängel "im Wesentlichen beseitigt" gewesen seien.
Wie bereits mit Urteil in BFHE 221, 342, ZfZ 2008, 209 ausgeführt, wäre der erkennende Senat an entsprechende Tatsachenfeststellungen bzw. -würdigungen nur gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO), wenn sie möglich sind, wozu gehört, dass sie frei sind von Verstößen gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze und auf einer nachvollziehbaren Anwendung rational einsichtiger Grundsätze der Beweiswürdigung beruhen. Dies ist jedoch nicht der Fall.
Die in dem Bericht der Kommission über die tierärztliche Überprüfung des Schiffs "M" am 18./19. Februar 1997 als nicht eingehalten bezeichneten Transportvorschriften der RL 91/628/EWG Anhang Kapitel I Nrn. 2 Buchst. c, 17 und 18 erfordern eine sachverständige Bewertung der auf dem Transportmittel vorgefundenen Verhältnisse, wie sie der Veterinär der Kommission Dr. F mit seinem Bericht vom 16. Mai 1997 vorgenommen hat. Der Vermerk des Schiffskapitäns vom 16. Oktober 1997 enthält hingegen keine sachverständigen Bewertungen, sondern lediglich Aussagen zu bestimmten an den Transportvorrichtungen vorgenommenen Reparaturen bzw. Erneuerungen. Wenn es dort z.B. heißt, dass Laufstege sowie die Pferche auf dem Hauptdeck erneuert worden seien, so besagt dies zum einen nichts über die Pferche auf anderen Decks und besagt ohne sachverständige Bewertung auch nichts über eine Beseitigung des zuvor bemängelten weder verletzungs- noch ausbruchsicheren Zustands der Laufstege und Pferche. Ebenso wenig kann aus der Aussage des Kapitäns, die Tafeln auf dem Hauptdeck seien sicher an ihren Standorten befestigt worden, gefolgert werden, dass dadurch für die auf dem offenen Deck transportierten Tiere ein ausreichender Schutz vor der See und vor Witterungseinflüssen gewährleistet war.
Der vom FG des Weiteren herangezogene Bericht des Havariekommissariats X vom 22. September 1998 kann schon deshalb nicht als Nachweis für tierschutzgerechte Transportbedingungen auf dem Schiff "M" angesehen werden, weil er nicht der Überprüfung der Einhaltung tierschutzrechtlicher Transportvorschriften gemäß der RL 91/628/EWG Anhang Kapitel I diente und er dementsprechend auch keine Feststellungen über den Zustand der Transportvorrichtungen enthält. Die Bemerkung am Ende dieses Berichts, dass die Räume unter dem Vieh in dem Oberdeck sowie dem Hauptdeck vor kurzem erneuert worden seien, erlaubt ebenso wenig wie der Kapitänsbericht den Schluss, dass die zuvor seitens der Kommission festgestellten Mängel nunmehr beseitigt waren.
Es ist deshalb nicht nachvollziehbar, woraus das FG die Erkenntnis gewonnen hat, dass die auf dem Schiff "M" durch sachverständige Begutachtung festgestellten Mängel bezüglich des Schutzes von Tieren beim Transport im Zeitpunkt des hier streitigen Transports "im Wesentlichen beseitigt", weiterhin vorhandene Mängel "nicht exakt quantifizierbar, jedoch unbedeutend" gewesen seien und der frühere behördliche Befund "als nicht mehr erheblich anzusehen" sei.
b) Es muss daher nicht näher darauf eingegangen werden, dass die Beweiswürdigung des FG außerdem auf Verfahrensmängeln beruht, weil das FG gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme verstoßen und nicht beachtet hat, dass die Vorlage einer privatschriftlichen Bekundung (des Kapitänsberichts vom 16. Oktober 1997) über eine beweiserhebliche Tatsache jedenfalls dann keinen zulässigen Urkunds- oder gar Zeugenbeweis darstellt, wenn sie an die Stelle einer ohne Weiteres möglichen Vernehmung des Ausstellers der betreffenden Urkunde als Zeuge gesetzt wird (Senatsurteil vom 17. Mai 2005 VII R 76/04, BFHE 210, 70, ZfZ 2005, 341). Es hat seiner Entscheidung außerdem die Behauptung der Klägerin, der Kapitänsbericht vom 16. Oktober 1997 sei vom ‑‑inzwischen verstorbenen‑‑ Leiter der Grenzveterinäre in Koper mit unterzeichnet worden, zugrunde gelegt und sich damit ‑‑ohne Begründung‑‑ darüber hinweggesetzt, dass das HZA diese Behauptung der Klägerin in Zweifel gezogen hat.
c) Der erkennende Senat hat darüber hinaus bereits mit Urteil in BFHE 221, 342, ZfZ 2008, 209 ausgeführt, dass der Annahme, im Zeitpunkt des streitigen Transports seien die früher festgestellten Mängel beseitigt gewesen, jedenfalls die Einstufung des Schiffs durch die britischen Behörden im Oktober/November 1999 entgegensteht, wonach das Schiff nur für den Transport von Schafen vorläufig zugelassen worden war. Wenn das FG dieser behördlichen Beurteilung keine Bedeutung beimisst, weil es das Vorbringen der Klägerin für glaubhaft hält, wonach seinerzeit nur die Genehmigung zum Transport von Schafen beantragt gewesen sei, so ignoriert es den eindeutigen Wortlaut der Einstufung des Schiffs, wie er im Bericht der Kommission vom 12. November 1999 wiedergegeben ist: "... provisionally allowed to transport ovine animals only". Diese Formulierung schließt die Annahme, das Schiff sei auch für den Rindertransport geeignet in Betracht gekommen, eindeutig aus und passt nicht zu der Behauptung, es habe nur der Transport von Schafen in Rede gestanden, weshalb die britischen Behörden keine Aussage darüber getroffen hätten, ob das Schiff zum Transport von Rindern ebenfalls geeignet sei.