BFH IV. Senat
EStG § 4 Abs 4, EStG § 4 Abs 4a, StBereinG 1999
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 23. July 2007, Az: 12 K 133/07
Leitsätze
1. Tilgt der Steuerpflichtige beim sog. "umgekehrten Zwei-Konten-Modell" mit eingehenden Betriebseinnahmen einen Sollsaldo, der durch Entnahmen entstanden ist oder sich erhöht hat, so liegt im Zeitpunkt der Gutschrift eine Entnahme vor, die bei der Ermittlung der Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 zu berücksichtigen ist (Anschluss an BFH-Urteil vom 21. September 2005 X R 46/04, BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125) .
2. Die der Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 zugrunde zu legenden Überentnahmen sind in einem Verlustjahr nicht höher als der Betrag anzusetzen, um den die Entnahmen die Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (Bestätigung der Verwaltungsauffassung in BMF-Schreiben vom 22. Mai 2000 IV C 2 -S 2144- 60/00, BStBl I 2000, 588, Tz. 11) .
Tatbestand
I.
Streitig sind Hinzurechnungen nach § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) für die Jahre 2000 und 2001.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) erzielt aus der Vermietung von beweglichem Anlagevermögen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Mit Bescheiden vom 7. November 2001 bzw. vom 17. Oktober 2002 stellte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb mit - 225.885 DM (2000) bzw. - 177.630 DM (2001) fest. Die Bescheide ergingen gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Jahr 2003 fand bei der Klägerin eine abgekürzte Außenprüfung statt. Gegenstand der Prüfung war die Ermittlung der Hinzurechnungsbeträge nach § 4 Abs. 4a EStG. Im Rahmen der Außenprüfung stellte die Prüferin u.a. fest, dass der Gesellschafter A am 6. November 2001 einen Betrag in Höhe von 260.000 DM vom betrieblichen Girokonto entnommen hatte. Das Konto wies zu diesem Zeitpunkt einen Sollsaldo aus. Am 15. November und am 15. Dezember 2001 gingen auf dem betrieblichen Girokonto Pachtzahlungen in Höhe von jeweils 74.550 DM ein.
Die Prüferin errechnete zunächst die nicht betrieblich veranlassten Schuldzinsen:
Privatschuld
private Schuldzinsen
DM
DM
6. November 2001
260.000
601 (9 Tage)
15. November 2001
- 74.550
185.450
2.144 (45 Tage)
15. Dezember 2001
- 74.550
110.900
427 (15 Tage)
Summe
3.172
Entsprechend korrigierte sie die bisher als Entnahme verbuchten privaten Schuldzinsen in Höhe von 3.607 DM auf 3.172 DM.
Dann ermittelte sie Hinzurechnungsbeträge wie folgt:
Ermittlung Über- bzw. Unterentnahmen des Wirtschaftsjahres:
1999
2000
2001
DM
DM
DM
Gewinn
75.313
+ Einlagen
116.902
4.338
30.000
- Entnahmen
103.485
127.052
268.725
Überentnahmen
122.714
238.725
Unterentnahmen
88.730
Entnahmen 2001
vor Betriebsprüfung
380.060
Korrektur (Kürzung nicht betrieblich veranlasste Schuldzinsen)
- 435
Entnahme 6. November 2001
(privat veranlasste Schuldzinsen)
- 260.000
vorrangige Tilgung durch Betriebseinnahmen
149.100
Schädliche Entnahmen lt. Betriebsprüfung
268.725
Unter Berufung auf Tz. 11 des Schreibens des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 22. Mai 2000 IV C 2 -S 2144- 60/00 (BStBl I 2000, 588) nahm die Prüferin des Weiteren folgende Verrechnung der Unterentnahmen des Wirtschaftsjahres 1999 (88.730 DM) vor:
2000
2001
DM
DM
Verlust des Wirtschaftsjahres
222.885
175.065
verbleibende Verluste aus Vorjahren
134.155
Verrechnung mit Unterentnahmen des Wirtschaftsjahres und der Vorjahre
88.730
verbleibender Verlust
134.155
309.220
Die Hinzurechnungsbeträge nach § 4 Abs. 4a EStG ermittelte die Prüferin für die Streitjahre schließlich wie folgt:
2000
2001
DM
DM
Ermittlung Bemessungsgrundlage
Hinzurechnungsbetrag
Überentnahmen des Wirtschaftsjahres
122.714
238.725
Überentnahmen des Vorjahres
122.714
122.714
361.439
6 v.H.
7.363
21.686
Aufgrund der Feststellungen der Außenprüfung (vgl. Ziffer 16 des Betriebsprüfungsberichts vom 10. Juni 2003) erhöhte das FA den Gewinn aus Gewerbebetrieb um 7.363 DM (2000) bzw. 21.686 DM (2001) und hob den Vorbehalt der Nachprüfung nach § 164 Abs. 3 AO auf.
Nach erfolglosem Einspruch erhob die Klägerin Klage, die das Finanzgericht (FG) als unbegründet abwies. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2008, 604 veröffentlicht.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung von § 4 Abs. 4a EStG sowie Verfahrensmängel.
Sie macht geltend, die pauschale Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG unterliege höchster Kritik. Insbesondere bei Verlusten über einen längeren Zeitraum, die durch Abschreibungen entstanden seien, sei nach wenigen Jahren kein Schuldzinsenabzug aus dem Kontokorrent mehr möglich. Außerdem habe das FA den Hinzurechnungsbetrag für das Streitjahr 2001 unzutreffend berechnet, weil es den auf die Entnahme in Höhe von 260.000 DM entfallenden Zinsanteil einerseits bei der Ermittlung des Gewerbeverlusts nicht berücksichtigt, andererseits aber die Entnahme in die Berechnung der Überentnahmen einbezogen habe. In seinem Urteil vom 21. September 2005 X R 46/04 (BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125) habe der Bundesfinanzhof (BFH) festgestellt, dass aufgrund einer Privatschuld veranlasste Zinsen nicht abziehbar seien. Dies habe zur Folge, dass der Betrag der diesen Zinsen zugrunde liegenden Entnahme auch nicht in die Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG einbezogen werden dürfe. Folge man demgegenüber der Berechnung der Prüferin, so ergebe sich eine doppelte Hinzurechnung des betreffenden Zinsbetrags.
Darüber hinaus habe der BFH entschieden, der Steuerpflichtige könne auch nach Einführung des § 4 Abs. 4a EStG bestimmen, dass für die Berechnung der Zinsen eines gemischten Kontokorrentkontos mit Schuldsaldo jede Habenbuchung zunächst dem Unterkonto zuzuschreiben sei, auf dem die privat veranlassten Sollbuchungen erfasst würden. Dies bedeute, dass durch die Gegenüberstellung der betrieblichen Einnahmen mit den privaten Entnahmen ein Sollsaldo entstehen müsse. Erst wenn die Entnahmen die Habenbuchungen überstiegen, sei der übersteigende Betrag den Überentnahmen zuzurechnen.
Schließlich habe das FG das Verfahren im Hinblick auf das beim Bundesverfassungsgericht (BVerfG) unter dem Az. 2 BvR 1659/06 anhängige Verfahren zu Unrecht nicht ausgesetzt.
Die Klägerin beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und die Einkünfte aus Gewerbebetrieb um 7.363 DM (2000) bzw. 21.686 DM (2001) herabzusetzen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Es vertritt die Auffassung, die Berechnung der Betriebsprüferin sei zutreffend.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet. Das FA hat dem Grunde und der Höhe nach zu Recht Hinzurechnungen nach § 4 Abs. 4a EStG in den in den Streitjahren gültigen Fassungen vorgenommen.
1. Schuldzinsen sind nach § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG i.d.F. des Steuerbereinigungsgesetzes (StBereinG) 1999 vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601) nicht abziehbar, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Eine Überentnahme ist der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen (§ 4 Abs. 4a Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999). Die nicht abziehbaren Schuldzinsen werden nach Satz 4 der Vorschrift (Satz 3 nach der Änderung durch das Steueränderungsgesetz ‑‑StÄndG‑‑ 2001 vom 20. Dezember 2001, BGBl I 2001, 3794) typisiert ermittelt mit 6 v.H. der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben.
a) Die steuerliche Abziehbarkeit der Schuldzinsen ist zweistufig zu prüfen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125, und vom 21. September 2005 X R 47/03, BFHE 211, 227, BStBl II 2006, 504). In einem ersten Schritt ist zu klären, ob und inwieweit Schuldzinsen überhaupt zu den betrieblich veranlassten Aufwendungen gehören. Ergibt die Prüfung, dass Schuldzinsen privat veranlasst sind, so sind sie nicht bei der Ermittlung der Entnahmen nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 zu berücksichtigen (BFH-Urteil in BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125). Danach ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob der Betriebsausgabenabzug im Hinblick auf Überentnahmen durch § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 eingeschränkt ist.
Entsprechend diesen Vorgaben hat die Prüferin ‑‑auf der ersten Berechnungsstufe‑‑ zunächst den nicht betrieblich veranlassten Anteil der Schuldzinsen ermittelt (3.172 DM) und als Entnahme des Streitjahres 2001 behandelt. Hieraus folgte wiederum, dass der Betrag, auf den die als nicht betrieblich veranlasst anzusehenden Schuldzinsen entfallen (260.000 DM), bei der Berechnung des Hinzurechnungsbetrags ‑‑der zweiten Berechnungsstufe‑‑ nicht mehr anzusetzen war und von der Prüferin daher zutreffend von den in 2001 getätigten Entnahmen abgezogen wurde. Im Ergebnis wurden damit die Betriebsausgaben des Streitjahres 2001 in Höhe des auf den Entnahmebetrag entfallenden Zinsanteils nur einmal, nämlich durch die Hinzurechnung des nicht betrieblich veranlassten Zinsanteils (3.172 DM), gekürzt. Eine "doppelte Hinzurechnung" ‑‑wie von der Klägerin gerügt‑‑ liegt nicht vor.
b) Zu Recht hat die Prüferin auch die Pachtzahlungen in Höhe von insgesamt 149.100 DM in die Berechnung der Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 einbezogen. Nach der Rechtsprechung des BFH ist im Zeitpunkt der Gutschrift von Betriebseinnahmen, durch die ein Sollsaldo getilgt wird, der aufgrund privater Zahlungsvorgänge entstanden ist oder sich erhöht hat, eine Entnahme i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 anzusetzen (BFH-Urteil in BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125). Im Streitfall war durch die Entnahme in Höhe von 260.000 DM auf dem betrieblichen Girokonto ein Sollsaldo entstanden. Durch die beiden Pachtzahlungen, die nach dem Entnahmevorgang auf dem betrieblichen Konto eingingen, wurde im Ergebnis ein Teilbetrag der Entnahme in Höhe von 149.100 DM unmittelbar aus betrieblichen Mitteln finanziert, während der Betrieb fremdfinanziert war. In diesem Fall ist im Zeitpunkt der Gutschrift eine Entnahme anzusetzen, die bei der Ermittlung der Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 zu berücksichtigen ist.
Dem entspricht auch, dass die Prüferin der Berechnung der privat veranlassten Schuldzinsen die in zwei Teilbeträgen insgesamt um 149.100 DM gekürzte Entnahme in Höhe von 260.000 DM zugrunde gelegt hat. Durch die Zahlungseingänge sind insoweit keine weiteren privat veranlassten Schuldzinsen mehr entstanden, weil die aufgrund der Entnahme privat veranlasste Schuld (260.000 DM) durch betriebliche Mittel (2 x 74.550 DM) zurückgeführt wurde. Entsprechend sind keine privat veranlassten Schuldzinsen mehr entstanden, die bereits auf der ersten Berechnungsstufe als nicht betrieblich veranlasste Aufwendungen vom Betriebsausgabenabzug auszunehmen wären. Würden die Beträge, durch die letztlich auf privaten Vorgängen beruhende Verbindlichkeiten zurückgeführt werden, nicht durch eine Entnahme i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ausgeglichen, so fielen privat veranlasste Schuldzinsen weg, während der Betrieb in entsprechender Höhe fremdfinanziert würde. Um dies auszugleichen, ist der Betrag, mit dem ein aufgrund privater Zahlungsvorgänge entstandener Sollsaldo eines betrieblichen Girokontos zurückgeführt wird, als Entnahme in die Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 einzubeziehen.
Hieran ändert auch ein Vorgehen nach dem sog. "umgekehrten Zwei-Konten-Modell" (vgl. Graf, Deutsches Steuerrecht 2000, 1465, unter 4.2) nichts. Hier verfügt der Steuerpflichtige über ein Betriebseinnahmenkonto, auf das nur die Betriebseinnahmen fließen. Darüber hinaus unterhält er ein gesondertes Betriebsausgabenkonto, über das Betriebsausgaben und Privatentnahmen gebucht werden und das immer im Soll geführt wird. Es wird dadurch zum gemischten Kontokorrentkonto. Um die privat veranlassten Schuldzinsen zu minimieren, bucht der Steuerpflichtige von Zeit zu Zeit vom Betriebseinnahmenkonto eingegangene Betriebseinnahmen auf das Betriebsausgabenkonto um und tilgt damit in Höhe des umgebuchten Betrags eine private Schuld.
Zwar kann der Steuerpflichtige auch nach der Einführung des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ‑‑wie von der Klägerin vorgetragen‑‑ bestimmen, dass beim gemischten Kontokorrentkonto mit Schuldsaldo jede Habenbuchung zunächst dem Unterkonto gutzuschreiben ist, auf dem die privat veranlassten Sollbuchungen erfasst werden (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH vom 8. Dezember 1997 GrS 1-2/95, BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193; BFH-Urteil in BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125). Die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 kann jedoch durch diese Gestaltung nicht umgangen werden, weil für den Fall, dass sich das Konto, auf dem die privat veranlassten Sollbuchungen erfasst werden, aufgrund einer Entnahme im Soll befindet, bei Rückführung des Sollsaldos durch eingehende Betriebseinnahmen ‑‑wie ausgeführt‑‑ eine Entnahme i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 anzusetzen ist.
2. Auch im Übrigen ist die Berechnung der Prüferin nicht zu beanstanden.
a) Insbesondere ist es für die Berechnung des Hinzurechnungsbetrags unerheblich, wenn eine Minderung des einkommensteuerlichen Gewinns durch Abschreibungen entstanden ist. Da § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 den Begriff "Gewinn" nicht eigenständig bestimmt, ist bei der Berechnung der Überentnahmen auf den einkommensteuerlichen Gewinn abzustellen (BFH-Urteile vom 7. März 2006 X R 44/04 BFHE 212, 501, BStBl II 2006, 588, und vom 18. Oktober 2006 XI R 41/02, BFH/NV 2007, 416). Dieser Auslegung liegt maßgeblich die gesetzgeberische Konzeption der Vorschrift zugrunde. Mit § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 wollte der Gesetzgeber der Rechtsprechung des BFH zum Mehr-Konten-Modell (vgl. Beschluss des Großen Senats des BFH in BFHE 184, 7, BStBl II 1998, 193) entgegentreten und den Grundsatz der Finanzierungsfreiheit einschränken. Ohne nachteilige Folgen für den betrieblichen Schuldzinsenabzug soll der Unternehmer nicht mehr die gesamten Betriebseinnahmen, sondern lediglich den im Unternehmen erwirtschafteten Gewinn sowie die geleisteten Einlagen entnehmen können. § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 enthält eine pauschalierte Ermittlung der nicht als Betriebsausgaben abziehbaren Zinsaufwendungen, mit der auch eine Vereinfachung angestrebt wird. Dem würde es widersprechen, wenn der steuerlich ermittelte Gewinn im Rahmen der Anwendung der Vorschrift beispielsweise im Hinblick auf Abschreibungen, Ansparrücklagen, Rückstellungen, Gewinnrücklagen, Rechnungsabgrenzungsposten oder Wertberichtigungen zu modifizieren wäre. Entsprechend sind gewinnmindernde Abschreibungen dem steuerlichen Gewinn bei Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 nicht hinzuzurechnen (BFH-Urteile in BFHE 212, 501, BStBl II 2006, 588, und vom 1. August 2007 XI R 26/05, BFH/NV 2007, 2267).
b) Zu Recht hat die Prüferin auch entsprechend Tz. 11 des BMF-Schreibens in BStBl I 2000, 588 die der Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 für die Streitjahre zugrunde zu legenden Überentnahmen nicht höher als den Betrag angesetzt, um den die Entnahmen die Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen.
Ausgehend von der angeführten Auslegung der Vorschrift, nach der für den Begriff des "Gewinns" an den einkommensteuerlichen Gewinn anzuknüpfen ist, wirken sich die in den Streitjahren erwirtschafteten Verluste auf die Berechnung nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 nicht aus.
Sinn und Zweck des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ist es, zu verhindern, dass Schuldzinsen für Darlehen als Betriebsausgaben geltend gemacht werden können, die zwar formal der betrieblichen Sphäre zuzuordnen sind, der Sache nach jedoch der Finanzierung von Entnahmen dienen. Deshalb dürfen betrieblich veranlasste Verluste den Schuldzinsenabzug nicht einschränken. Solange der Steuerpflichtige weniger entnimmt, als er zuvor durch Gewinne erwirtschaftet hat, greift die Vorschrift nicht ein. Dies bedeutet, dass Verluste rechnerisch nicht zu einer Erhöhung der Entnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 führen dürfen. Anderenfalls würde die Differenzberechnung nach § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 beispielsweise in einem Verlustjahr, in dem weder Entnahmen noch Einlagen vorliegen, zu einer Überentnahme in Höhe des Verlustbetrags führen. Entsprechend dem Sinn und Zweck des Gesetzes muss vielmehr der Überschuss aller Entnahmen über alle Einlagen die Obergrenze für eine Überentnahme i.S. von § 4 Abs. 4a Satz 2 EStG i.d.F. des StBereinG 1999 bilden; Verluste dürfen sich in der Berechnung demgegenüber nicht entnahmeerhöhend auswirken.
Liegt unter Berücksichtigung dieser Vorgabe eine Überentnahme i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 vor, ist diese nach Satz 4 der Vorschrift (bzw. für das Streitjahr 2001 nach § 4 Abs. 4a Satz 3 EStG i.d.F. des StÄndG 2001) auf der Grundlage der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahme), zu ermitteln. Mit den Begriffen "Entnahme", "Gewinn" und "Einlage" knüpft die Vorschrift ebenso wie mit der Regelung zur Verrechnung dieser Größen und zur periodenübergreifenden Fortschreibung an die Entwicklung des Eigenkapitals an. Auch Verluste können das durch Einlagen und Gewinne angesammelte Eigenkapital verbrauchen. Auch sie können daher zu einer Situation führen, in der ein Darlehen insoweit privat veranlasst erscheint, als dadurch Entnahmen finanziert werden, die durch das u.a. durch Verluste aufgezehrte Eigenkapital nicht mehr gedeckt sind. Durch die jährliche Fortschreibung der Entwicklung der Über- und Unterentnahmen unter Berücksichtigung der Verluste haben Verluste demnach unmittelbare Folgen für die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999. Solange Verluste durch Gewinne oder Einlagen nicht wieder ausgeglichen werden, führen Entnahmen, soweit sie die Einlagen übersteigen, stets zu Überentnahmen.
Dem hat die Prüferin bei der Ermittlung der Überentnahmen i.S. des § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 in der Weise zutreffend Rechnung getragen, dass sie die Verluste entsprechend Tz. 11 des BMF-Schreibens in BStBl I 2000, 588 jeweils fortgeschrieben hat.
Nicht zu beanstanden ist dabei auch, dass sie die Unterentnahmen des Wirtschaftsjahres 1999 mit dem Verlust des Streitjahres 2000 verrechnet hat.
3. Bedenken gegen die Berechnung der Prüferin ergeben sich auch nicht im Hinblick auf die Verfassungsmäßigkeit der anzuwendenden Vorschriften.
a) § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ist formell (vgl. BFH-Urteil in BFHE 211, 227, BStBl II 2006, 504) und materiell verfassungsgemäß. Die Vorschrift sieht für den Fall, dass der Steuerpflichtige nicht nur den im Unternehmen erwirtschafteten Gewinn zuzüglich der Einlagen, sondern darüber hinaus Beträge entnimmt, eine Beschränkung des Schuldzinsenabzugs hinsichtlich der Überentnahmen vor. Damit wird verhindert, dass Zinsaufwendungen, die letztlich privat veranlasst sind, den Gewinn mindern. Da die Regelung an Überentnahmen, mithin an private Ursachen anknüpft, bestehen im Hinblick auf das Nettoprinzip keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BFH-Urteile in BFHE 212, 501, BStBl II 2006, 588, und vom 17. August 2010 VIII R 42/07, BFHE 230, 424, BStBl II 2010, 1041).
b) Ob § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 verfassungsgemäß ist, kann für die Entscheidung des Streitfalls offenbleiben.
Nach Satz 1 der Anwendungsvorschrift zu § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 ist die Vorschrift erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 1998 endet. Satz 2 i.d.F. des StÄndG 2001 bestimmt ergänzend, dass Über- und Unterentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre unberücksichtigt bleiben. Da eine Rückwirkung der Regelung gesetzlich nicht angeordnet wurde, greift sie nur, soweit es bei der Überentnahmeberechnung für die Veranlagungszeiträume ab 2001 darauf ankommt, ob ein Unterentnahmevortrag aus der Zeit vor 1999 zu berücksichtigen ist (BFH-Urteil in BFHE 211, 227, BStBl II 2006, 504). Ob Satz 2 der Anwendungsvorschrift jedenfalls für Veranlagungszeiträume ab 2001 eine verfassungsrechtlich nicht zulässige Rückwirkung beinhaltet (vgl. hierzu z.B. BFH-Beschluss vom 21. Mai 2010 IV B 88/09, BFH/NV 2010, 1613), kann für die Entscheidung des Streitfalls jedoch offenbleiben. Denn Unterentnahmen des Gesellschafters A aus den Jahren vor 1999, die bei der Ermittlung der Hinzurechnungsbeträge nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 zu berücksichtigen sein könnten, sind weder dargelegt noch sonst ersichtlich.
4. Schließlich liegt ein Verfahrensmangel nicht deshalb vor, weil das FG das Verfahren nicht nach § 74 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgesetzt hat. Die Entscheidung über die Aussetzung des Verfahrens steht im Ermessen des Gerichts. Sie kann geboten sein, wenn vor dem BVerfG ein Verfahren anhängig ist, das unmittelbar die Verfassungsmäßigkeit einer im Streitfall anzuwendenden Norm zum Gegenstand hat. Weitere Voraussetzung für eine Aussetzung des Verfahrens ist u.a., dass die Sachverhalte hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Streitfrage im Wesentlichen gleich gelagert sind (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 3. Februar 2010 VI B 119/09, BFH/NV 2010, 923). Betreffend die Verfassungsbeschwerde mit dem Az. 2 BvR 1659/06 liegen diese Voraussetzungen nicht vor. In dem der Beschwerde zugrunde liegenden Fall war streitig, ob eine Kürzung von Zinsaufwendungen auch bei Zinsbeträgen von insgesamt unter 4.000 DM in Betracht kommt. Mit Urteil vom 21. Juni 2006 XI R 14/05 (BFH/NV 2006, 1832) hat der BFH entschieden, dass auch bei Zinsbeträgen von unter 4.000 DM im Wege der zweistufigen Prüfung zunächst der nach § 4 Abs. 4 EStG nicht abziehbare Anteil der Schuldzinsen zu ermitteln und sodann zu prüfen sei, in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG i.d.F. des StBereinG 1999 abziehbar sind. Hieraus ist ersichtlich, dass weder die Sachverhalte noch die zu klärenden Rechtsfragen des Streitfalls und des Verfahrens mit dem Az. 2 BvR 1659/06 vergleichbar sind. Entsprechend hat das FG darin zu Recht kein Musterverfahren für das vorliegende Verfahren gesehen. Eine Aussetzung des Revisionsverfahrens kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Verfassungsbeschwerde mit BVerfG-Beschluss vom 2. Februar 2010 2 BvR 1659/06 (nicht veröffentlicht) nicht zur Entscheidung angenommen wurde.