BFH I. Senat
EStG § 50a, EG Art 49, EG Art 50, UStDV § 51, UStDV § 52, AO § 162, GG Art 3 Abs 1, AO § 125 Abs 1, AEUV Art 56, AEUV Art 57, EG Art 151, AEUV Art 167, MRK Art 14, OECDMustAbk Art 24, EStG § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst d, EStG § 49 Abs 1 Nr 3
vorgehend FG Hamburg, 14. October 2008, Az: 2 K 215/07
Leitsätze
1. NV: Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass die aufgrund der sog. "Nullregelung" (§§ 51, 52 UStDV 1993) nicht erhobene Umsatzsteuer zu den Einnahmen i.S. des § 50a Abs. 4 Satz 2 EStG 1997 gehört .
2. NV: Entgegen der gesetzlichen Regelung kann der Vergütungsschuldner im Abzugsverfahren aufgrund des Anwendungsvorrangs des EU-Rechts Betriebsausgaben des Vergütungsgläubigers berücksichtigen, die im unmittelbaren Zusammenhang mit den Einnahmen stehen und ihm vom Vergütungsgläubiger mitgeteilt wurden (Anschluss an Senatsurteil vom 24. April 2007 I R 39/04, BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95). Einer Mitteilung bedarf es nicht, wenn der Vergütungsschuldner die Höhe der Aufwendungen sicher kennt, insbesondere wenn er sie im abgekürzten Vertragsweg selbst getragen hat. Eine Schätzung von Betriebsausgaben ist im Abzugsverfahren und dem an diesem anknüpfenden Haftungsverfahren nicht zulässig. Auf die so ermittelte Bemessungsgrundlage ist der gesetzliche Steuersatz des § 50a Abs. 4 Satz 2 EStG 1997 anzuwenden (entgegen BMF-Schreiben vom 5. April 2007, BStBl I 2007, 449) .
3. NV: Gegen die Haftung eines Vergütungsschuldners nach § 50a Abs. 5 Satz 5 EStG 1997 bestehen dem Grunde nach keine unionsrechtlichen und verfassungsrechtlichen Bedenken .
Tatbestand
I. Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit zweier Haftungsbescheide für Abzugsteuern gemäß § 50a des Einkommensteuergesetzes (EStG 1997) streitig.
Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist eine GmbH, die in Deutschland eine Kon-zertagentur betreibt. In den Jahren 1996 bis 1998 schloss sie teils mit ausländischen Künstlern, teils mit ausländischen Kapitalgesellschaften, die ihrerseits Künstler zur Verfügung stellten, Verträge über Inlandsauftritte von Künstlern. Die Vertragspartner waren in Großbritannien, den Niederlanden, Finnland, Schweden, Irland, Frankreich, Japan, Jamaika und den USA ansässig (Vergütungsgläubiger). Soweit die Vergütungsgläubiger in der Europäischen Union ansässig waren, hatten sie auch die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaats oder waren nach den Vorschriften eines Mitgliedstaats gegründet worden (EU-Vergütungsgläubiger).
Die Klägerin übernahm es regelmäßig, auf ihre Kos-ten für die Hotelunterbringung und die Verpflegung der Künstler zu sorgen. Diese Verträge schloss sie im eigenen Namen ab. Zum Teil zahlte sie aber auch für die Verpflegung der Künstler eine sog. "Cateringpauschale" bar an die Künstler oder die Vergütungsgläubiger aus. Die als "Cateringpauschale" erfassten Beträge enthielten zudem Kosten, die auf die eigenen Tourbegleiter der Klägerin entfielen. Die Tourbegleiter reisten mit den Künstlern, um mit den örtlichen Veranstaltern und den Künstlergruppen oder deren rechtlichen Vertretern die Abrech-nungen vorzunehmen.
Im Rahmen einer Betriebsprüfung stellte der Prüfer fest, dass nur die Gagenzahlungen der Abzugsteuer unterworfen worden waren, nicht dagegen die von der Klägerin übernommenen Kosten für Hotelübernachtungen und Catering sowie die bar ausgezahlten Cateringpauschalen.
Daraufhin erließ der Beklagte, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) am 21. November 2001 einen Haftungsbescheid, mit dem er die Klägerin gemäß § 191 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 50a Abs. 5 EStG 1997 und § 73 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV 1997) für die in einer Anlage zu dem Bescheid bezeichneten "Abgabenschulden aus dem Steuerabzugsverfahren nach § 50a Abs. 4 EStG" in Höhe von 87.259,06 DM in Anspruch nahm. Der Betrag resultierte aus einem Steuersatz von 26,75 % zuzüglich 7,5 % Solidaritätszuschlag auf die im Einzelnen aufgeführten "Mehr Bemessungsgrundlagen". Der Bescheid enthielt keinen Hinweis auf die Steuerart und den Vertragspartner. Er differenzierte auch nicht, ob der Vertragspartner eine natürliche oder eine juristische Person war.
Nach Klageerhebung nahm das FA den angefochtenen Haftungsbescheid für 1998 am 24. Oktober 2002 gemäß § 130 AO zurück und erließ insoweit einen neuen Haftungsbescheid, der auf die Steuerart (in einer Zusammenfassung für die einzelnen Quartale) und die Qualifizierung der Vertragspartner als natürliche oder juristische Personen hinwies. Einzelne in dem ursprünglichen Bescheid vom 21. November 2001 genannte Künstler und Künstlergruppen und die auf diese entfallenden Mehr-Bemessungsgrundlagen wurden nicht mehr aufgenommen. Es wurde weiterhin ein Steuersatz von 26,75 % angesetzt, für den Solidaritätszuschlag jedoch nur noch ein Steuersatz von 5,5 %.
Vor dem Finanzgericht (FG) verständigten sich die Beteiligten zum einen darauf, dass 10 % der als Cateringpau-schale bezeichneten Beträge auf die eigenen Tourbegleiter der Klägerin entfielen und zum anderen darauf, dass die geschulde-ten Vergütungen hinsichtlich der Ertragsteuern in der Weise "brutto" vereinbart waren, dass die Klägerin die Steuern zu Lasten der Vergütungsgläubiger einbehalten durfte, wie dies in Bezug auf die vereinbarten Gagen auch tatsächlich geschehen ist. Demgegenüber waren die Vergütungen hinsichtlich der Um-satzsteuer "netto" in der Weise vereinbart, dass sie insoweit ohne Abzug geschuldet waren.
Mit Urteil vom 15. Oktober 2008 2 K 216/07 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte 2009, 401) gab das FG Hamburg der Klage teilweise statt.
Dagegen haben sowohl die Klägerin als auch das FA Revision eingelegt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Dessen Feststellungen reichen für eine abschließende Entscheidung nicht aus. Im zweiten Rechtsgang wird das FG zum einen tatrichterliche Feststellungen zu den von ihm als nichtig qualifizierten Teilen des Haftungsbescheids für 1997 nachzuholen haben. Zum anderen wird das FG feststellen müssen, in welcher Höhe die aufgrund der sog. "Nullregelung" nicht erhobene Umsatzsteuer auf EU-Vergütungsgläubiger entfiel.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens war bzw. ist bezogen auf das Kalenderjahr 1998 der Haftungsbescheid vom 24. Oktober 2002. Das FA nahm im Klageverfahren den Haftungsbescheid vom 21. November 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 6. Juni 2002 gemäß § 130 Abs. 1 AO insoweit zurück und erließ zugleich einen neuen Haftungsbescheid. Dieser Bescheid ist gemäß § 68 Satz 1 FGO neben dem unveränderten Haftungsbescheid für 1997 zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Nach der Rechtsprechung des erkennenden Senats ist § 68 Satz 1 FGO auch auf Ermessensverwaltungsakte anwendbar (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2008 I R 29/08, BFHE 224, 195, BStBl II 2009, 539).
2. Die Einkünfte der ausländischen Künstler aus ihren Auftritten im Inland und der ausländischen Kapitalge-sellschaften unterliegen dem Steuerabzug für beschränkt Steu-erpflichtige gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d, Nr. 3 EStG 1997. Die Klägerin war als Vergütungsschuldnerin verpflichtet, den Steuerabzug für Rechnung der Vergütungsgläubiger vorzunehmen und die einbehaltene Steuer an das FA abzuführen (§ 50a Abs. 5 Satz 2 EStG 1997). Da sie diese Verpflichtung nur teilweise erfüllte, haftet sie unmittelbar für die einzubehaltende und abzuführende Steuer (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG 1997, § 219 Satz 2 AO). Sie wurde deshalb zu Recht vom FA durch Haftungsbescheid (vgl. § 191 AO i.V.m. § 73g Abs. 1 EStDV 1997) in Anspruch genommen.
a) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Haftungsbescheide nicht nichtig. Dies gilt anders als das FG meint für den Haftungsbescheid 1997 auch insoweit, als die Vergütungen der Gruppen A, B, C, D und E betroffen sind.
Nach § 125 Abs. 1 AO ist ein Verwaltungsakt nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Ein Haftungsbescheid ist mit einem besonders schwerwiegenden Fehler behaftet, wenn er nicht die ihn erlassende Behörde, den Haftungsschuldner, die Haftungsschuld und/oder die Art der Steuer angibt, für die der Haftungsschuldner haften soll. Die Angabe des Steuerschuldners ist nicht zwingend erforderlich, solange die Haftungsschuld in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht in anderer Weise ausreichend konkretisiert werden kann (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Dezember 1996 I B 44/96, BFHE 181, 562, BStBl II 1997, 306). Demzufolge reicht die Identifizierbarkeit des Steuerschuldners aus, seine namentliche Benennung ist nicht erforderlich (vgl. Gosch in Kirchhof, EStG, 9. Aufl., § 50a Rz 45). Denn gemäß § 73e Satz 2 EStDV 1997 obliegt es der Klägerin, eine Steueranmeldung über den Gläubiger, die Höhe der Vergütungen i.S. des § 50a Abs. 4 EStG 1997 und die Höhe des Steuerabzugs zu übersenden. Nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen des FG wurden für die Gruppen A, B, C, D und E Vergütungen gezahlt, deren Höhe unstreitig ist. Es wäre daher die Pflicht der Klägerin gewesen, dem FA die jeweiligen Vertragspartner (Vergütungsgläubiger) zu benennen. Dem ist die Klägerin nicht nachgekommen. Nach der Rechtsprechung des Senats wäre es jedoch eine Überdehnung der an einen Haftungsbescheid zu stellenden Anforderungen, wenn ein solcher aus Grün-den nicht ergehen dürfte, die ausschließlich vom Haftungsschuldner im Anmeldeverfahren schuldhaft herbeigeführt wurden (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 181, 562, BStBl II 1997, 306). Indem im Haftungsbescheid jedenfalls die auftretenden Künstlergruppen genannt waren, konnte die Klägerin ohne Weiteres ermitteln, mit wem sie die zugrunde liegenden Verträge geschlossen hat, so dass der Vergütungsgläubiger für sie identi-fizierbar war. Entgegen der Auffassung des FG kommt es demzufolge nicht darauf an, dass Künstlergruppen im Haftungsbescheid aufgeführt, die Vertragspartner (Vergütungsgläubiger) aber weder aus den Anmeldungen noch dem Haftungsbescheid erkennbar waren. Unter diesen Voraussetzungen bestand keine Verpflichtung des FA, bei der Klägerin noch offene Angaben zu der Person des Vertragspartners einzufordern, um einen wirksamen Haftungsbescheid zu erlassen.
Da das FG im Hinblick auf die Vergütungen der vorbezeichneten Künstlergruppen keine tatrichterlichen Fest-stellungen zur Vergütungshöhe getroffen hat, ist der Rechtsstreit im Hinblick auf den Haftungsbescheid für 1997 nicht entscheidungsreif. Der Rechtsstreit ist insoweit an die Vorin-stanz zurückzuverweisen.
b) Dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 4 Satz 2 EStG 1997 unterliegen die Einnahmen der Vergütungsgläubiger. Zu-treffend hat das FG erkannt, dass die von der Klägerin übernommenen Kosten für Hotelübernachtungen und Verpflegung nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG 1997 und das bar ausgezahlte Verpflegungsgeld nach § 8 Abs. 1 EStG 1997 zu den steuerpflichtigen (Brutto )Einnahmen gehören, die in die Bemessungsgrundlage für den Steuerabzug einzubeziehen sind und der Haftung nach § 50a Abs. 5 EStG 1997 unterliegen. Diese Beträge stellen im weitesten Sinn Gegenleistungen für die künstlerischen Leistungen dar. Soweit die Klägerin Hotel- und Verpflegungskosten übernommen hat, sind die Einnahmen gemäß § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG 1997 mit den um übliche Preisnachlässe geminderten üblichen Endpreisen am Abgabeort anzusetzen. Dies schließt daher ‑‑entgegen der Auffassung der Klägerin‑‑ die Umsatzsteuer ein.
Ebenfalls zu Recht hat das FG dem Grunde nach differenziert, ob die Kostenerstattungen Entlohnungscharakter hatten oder im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin übernommen wurden (vgl. Senatsurteile vom 27. Juli 1988 I R 28/87, BFHE 155, 479, BStBl II 1989, 449, und vom 19. November 2003 I R 22/02, BFHE 205, 37, BStBl II 2004, 560). Revisionsrechtlich ist es nicht zu beanstanden, dass 10 % der als "Cateringpauschale" erfassten Beträge nicht dem Steuerabzug unterworfen wurden, weil dieser Kostenanteil auf die eigenen Tourbegleiter der Klägerin entfiel. Nach den Feststellungen des FG reisten die eigenen Tourbegleiter der Klägerin mit den Künstlern, um mit den örtlichen Veranstaltern und den Künstlergruppen oder deren rechtlichen Vertretern abzurechnen. Dem FA ist zuzugestehen, dass diese Mitwirkung der eigenen Tourbegleiter auch im Interesse der Künstlergruppen erfolgte. Dennoch ist die Würdigung des FG, der Einsatz der eigenen Tourbegleiter sei im überwiegenden betrieblichen Interesse der Klägerin erfolgt, möglich (vgl. zur Zuordnung dieser Frage zu den tatsächlichen Feststellungen das Senatsurteil in BFHE 155, 479, BStBl II 1989, 449). Sie verstößt weder gegen Denkgesetze noch gegen allgemeine Erfahrungssätze. Auch hat das FA gegen diese Feststellung keine zulässige Verfahrensrüge erhoben, sondern nur seine Würdigung an die Stelle der Würdigung durch das FG gesetzt.
c) Soweit das FG die Umsatzsteuer auf die hinzugerechneten Einnahmen ihrerseits nicht als weitere Einnahme berücksichtigt, steht dies nicht im Einklang mit den Grundsät-zen der Rechtsprechung des Senats. Bei Anwendung der sog. Nullregelung gemäß § 52 Abs. 2 der in den Streitjahren gelten-den Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung (UStDV 1993) erzielt der ausländische Unternehmer danach eine Einnahme i.S. des § 8 Abs. 1 EStG 1997 in Gestalt der Befreiung von seiner Umsatzsteuerschuld, die in Höhe der geschuldeten Umsatzsteuer anzusetzen ist (vgl. Senatsurteile vom 30. Mai 1990 I R 57/89, BFHE 161, 97, BStBl II 1990, 967; vom 8. Mai 1991 I R 14/90, BFH/NV 1992, 291; in BFHE 205, 37, BStBl II 2004, 560; Senatbeschluss vom 17. November 2004 I R 75/01, BFH/NV 2005, 690). Diese Rechtsprechung hat zwar Kritik erfahren (vgl. z.B. Frot-scher, EStG, § 50a Rz 8; Maßbaum in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 50a EStG Rz 116; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50a Rz 21). Der Senat hält aber in Anbetracht dessen, dass §§ 51, 52 UStDV 1993/1999 vom Veranlagungszeitraum 2002 an durch das Steueränderungsgesetz 2001 vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2002, 3794, BStBl I 2002, 4) aufgehoben und durch das sog. Reverse-Charge-Verfahren in § 13b Abs. 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1999 i.d.F. des Steueränderungsgesetzes 2001 ‑‑mit der Konsequenz des Nichteinbezugs der Umsatzsteuer in die Abzugsteuer (vgl. BMF-Schreiben vom 1. August 2002, BStBl I 2002, 709; Frotscher, ebenda; Gosch, ebenda)‑‑ ersetzt worden sind, schon aus Kontinuitätsgründen an seiner Rechtsprechung fest. Es bleibt also dabei, dass die Umsatzsteuer bei allen Vergütungsgläubigern als weitere Einnahme zu berücksichtigen ist.
d) Dem Grunde nach geht das FG zu Recht davon aus, dass im Abzugs- und Haftungsverfahren ‑‑entgegen dem Ge-setzeswortlaut des § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG 1997‑‑ unmittelbar im Zusammenhang mit den Einnahmen stehende Betriebsausgaben von der Brutto-Bemessungsgrundlage abgezogen werden können. Der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften, jetzt Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), hat mit Urteil vom 3. Oktober 2006 C 290/04 "Scorpio" (Slg. 2006, I 9461) entschieden, dass das Steuerabzugsverfahren bei beschränkt Steuerpflichtigen und die damit einhergehende Haftung des Vergütungsschuldners grundsätzlich mit EU-Recht, insbesondere den Art. 49, Art. 50 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EG), jetzt Art. 56, Art. 57 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Ge-meinschaft (Amtsblatt der Europäischen Union 2007 Nr. C 306/01), vereinbar sind, sofern im Steuerabzugsverfahren die im unmittelbaren Zusammenhang mit der inländischen Tätig-keit stehenden Betriebsausgaben des beschränkt steuerpflichtigen EU-Vergütungsgläubigers, die er dem Vergütungsschuldner mitgeteilt hat, geltend gemacht werden können (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. April 2007 I R 39/04, BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95).
Als Betriebsausgaben können nach diesen Grundsätzen zum einen die Hotel- und Bewirtungskosten, soweit sie von der Klägerin unmittelbar beglichen wurden, mit Ausnahme ausgezahlter Verpflegungspauschalen abgezogen werden (vgl. zur Ab-zugsfähigkeit von Unterkunftskosten EuGH-Urteil vom 15. Februar 2007 C 345/04 "Centro Equestre de Leziria Grande", Slg. 2007, I 1425). Das vom EuGH in seiner Entscheidung in Slg. 2006, I 9461 genannte Erfordernis der "Mitteilung" der Kosten steht dem Abzug nicht entgegen. Einer ausdrücklichen Mitteilung seitens der Vergütungsgläubiger bedarf es angesichts der Kostentragung durch die Klägerin nicht. Ihr war die Höhe der Ausgaben aufgrund der Zahlung im abgekürzten Vertragsweg sicher bekannt.
Zum anderen können die von den EU-Vergütungsgläubigern geschuldeten Umsatzsteuern, die bereits als Einnahme aufgrund der Wirkung der Nullregelung berücksichtigt wurden, ebenfalls als Betriebsausgaben abgezogen werden. In diesem Punkt ist der Rechtsstreit bezogen auf die Haftungsbescheide beider Streitjahre aber noch nicht entscheidungsreif. Denn das FG hat keine Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe die aufgrund der Nullregelung nicht erhobene Umsatzsteuer auf EU-Vergütungsgläubiger entfiel.
e) Soweit die Klägerin Verpflegungspauschalen bar auszahlte, wären daraus beglichene Verpflegungskosten grundsätzlich ebenfalls abzugsfähig. Das FG hat jedoch für den Senat bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass keine Mitteilung der entstandenen Kosten seitens der Vergütungsgläubiger erfolgt ist. Eine Schätzung abzugsfähigen Aufwands kommt angesichts dessen nicht in Betracht. Zutreffend weist das FG darauf hin, dass das Abzugs- und das hierzu akzessorische Haftungsverfahren einer Schätzung entgegenstehen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es zur Herstellung der Gemeinschaftsrechtskonformität notwendig, aber auch ausreichend, wenn im Abzugsverfahren nur die im unmittelbaren Zusammenhang mit der steuerpflichtigen Tätigkeit stehenden, vom Vergütungsgläubiger "mitgeteilten" Betriebsausgaben berücksichtig werden. Eine weiter gehende Einschränkung des § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG 1997 dahin, dass auch vom Vergütungsgläubiger nicht mitgeteilte Betriebsausgaben nach Maßgabe von § 162 AO zu schätzen und in Abzug zu bringen wären, erfordert der Anwendungsvorrang des EU-Rechts mithin nicht. Vielmehr kann der Steuerschuldner seine Erwerbsaufwendungen im Nachhinein im Rahmen eines Erstattungsbegehrens geltend machen (vgl. Senatsurteil in BFHE 218, 89, BStBl II 2008, 95).
f) Auf den so ermittelten Nettobetrag ist der gesetzliche Steuersatz von 25 % (§ 50a Abs. 4 Satz 2 EStG 1997) anzuwenden. Dagegen können FA und BMF (vgl. auch BMF-Schreiben vom 5. April 2007, BStBl I 2007, 449) nicht mit Erfolg unter Hinweis auf Gesetzesmaterialien (vgl. BTDrucks 3/260, S. 60, 61; BTDrucks 12/1108, S. 63; BTDrucks 13/4839, S. 78) einwenden, dem gesetzlichen Steuersatz liege bereits ein pauschaler Betriebsausgabenabzug zugrunde.
Denn selbst wenn das zuträfe, böte der Umstand, dass aufgrund Gemeinschaftsrechts bestimmte Betriebsausgaben abgezogen werden können, keine Handhabe, den gesetzlich festgelegten Steuersatz zu überschreiten (ablehnend auch Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50a Rz 30; Intemann/Nacke, Der Betrieb 2007, 1430, 1432; Grams/Schön, Internationales Steuerrecht ‑‑IStR‑‑ 2007, 658, 662; Kempermann, Finanz-Rundschau 2007, 842, 843; Lüdicke, Beihefter zu Heft 17, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2008, 25, 32; Blümich/Wied, § 50a EStG Rz 12; Schauhoff/ Cordewener/Schlotter, Besteuerung ausländischer Künstler und Sportler in der EU, 2008, S. 62 ff.; kritisch auch Europäische Kommission, Pressemitteilung IP/08/144 vom 31. Januar 2008). Der Anwendungsvorrang des EU-Rechts kann zwar ‑‑wie im Fall des § 50a Abs. 4 Satz 4 EStG 1997‑‑ ggf. zur geltungserhaltenden Reduktion einer nationalen Steuernorm führen, nicht aber zur (eingriffsverschärfenden) Extension einer an diese Norm anknüpfenden anderen Vorschrift, die ihrerseits gemeinschaftsrechtlich unbedenklich ist.
Ebenso wenig könnte das geltend gemachte Motiv des Gesetzgebers bei der Bemessung des Steuersatzes dazu führen, die aufgrund Gemeinschaftsrechts in Abzug zu bringenden mitgeteilten unmittelbaren Betriebsausgaben erst ab einer bestimmten Schwelle ‑‑wie die vom BMF (vgl. BMF-Schreiben in BStBl I 2007, 449) geltend gemachten 50 % der Vergütungssumme‑‑ zu berücksichtigen. Denn damit würden die Vorgaben des EuGH in dem Urteil in Slg. 2006, I 9461, nach dem der Betriebsausgabenabzug ohne weitere Voraussetzungen zu erfolgen hat, missachtet.
Der Senat sieht auch keine Veranlassung, den Haftungsbetrag nicht nach dem linearen Tarif des § 50a Abs. 4 Satz 2 EStG 1997, sondern nach dem für unbeschränkt Steuerpflichtige geltenden tariflichen Steuersatz zu berechnen. Soweit der EuGH zum Erstattungsverfahren (§ 50d Abs. 1 Satz 2 ff. EStG 1997) entschieden hat, dass die Grundfreiheiten des EG-Vertrags einer nationalen Regelung, welche die Einkünfte Gebietsfremder einer definitiven Besteuerung zu einem einheitlichen Steuersatz von 25 % durch Steuerabzug unter-wirft, nur dann entgegen stehen, wenn die Besteuerung, nach welcher die Einkünfte Gebietsansässiger besteuert werden, im Vergleich niedriger ist (vgl. EuGH-Urteil vom 12. Juni 2003 C 234/01 "Gerritse", Slg. 2003, I 5933, BStBl II 2003, 859; vgl. dazu Senatsurteile vom 24. April 2007 I R 93/03, BFHE 218, 83, BStBl II 2008, 132, und vom 28. Januar 2004 I R 73/02, BFHE 205, 174, BStBl II 2005, 550), sind diese Grundsätze nicht auf das dem Erstattungsverfahren vorgelagerte Abzugs- und Haftungsverfahren übertragbar (ebenso M. Lang, Steuer und Wirtschaft International ‑‑SWI‑‑ 2007, 17, 25 ff.; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50a Rz 30; anders österreichischer Verwaltungsgerichtshof, Erkenntnis vom 19. Oktober 2006 2006/14/0109, Beilage zur Österreichischen Steuer-Zeitung 2007, 117). Denn die dadurch erforderliche Vergleichsberechnung setzt einerseits einen Überblick über die Gesamtjahreseinkünfte des Vergütungsgläubigers voraus, die der Vergütungsschuldner im Zeitpunkt des Steuerabzugs, an den die Haftung anknüpft, nicht haben kann. Andererseits sind im Abzugsverfahren nur die im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Aufwendun-gen abzugsfähig; die sonstigen Aufwendungen können ohnehin erst im Erstattungsverfahren geltend gemacht werden.
3. Ermessensfehler i.S. des § 102 Satz 1 FGO liegen nicht vor. In den angefochtenen Haftungsbescheiden hat das FA zutreffend auf die Schwierigkeiten einer Vollstreckung im Ausland sowie auf fehlendes Inlandsvermögen der Vergütungsgläubiger hingewiesen. Die Ansässigkeit der Vergütungsgläubiger im Ausland ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Weitere Erwägungen zum Auswahlermessen waren nach den Verhältnissen im Streitfall nicht erforderlich (vgl. zur ständigen Rechtsprechung Senatsbeschluss vom 18. März 2009 I B 210/08, BFH/NV 2009, 1237).
4. Die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin verstößt nicht gegen die Grundfreiheiten und die sonstigen Be-stimmungen des EG-Vertrags.
a) Die von der Haftung des Vergütungsschuldners ausgehende Beeinträchtigung der Dienstleistungsfreiheit nach Art. 49, Art. 50 EG (Art. 56, Art. 57 AEUV) ist durch die Notwendigkeit gerechtfertigt, die Effizienz der Beitreibung zu gewährleisten. Steuerabzugs- und Haftungsverfahren sind legitime Mittel, um die steuerliche Erfassung der Einkünfte einer außerhalb des Besteuerungsstaates ansässigen Person sicherzu-stellen und zu verhindern, dass die betreffenden Einkünfte sowohl im Wohnsitzstaat als auch im Staat der Leistungserbringung unversteuert bleiben (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2006, I 9461).
Der erkennende Senat sieht sich in dieser Einschätzung durch das EuGH-Urteil vom 22. Dezember 2008 C 282/07 "Truck Center" (IStR 2009, 135) zur Niederlassungsfreiheit bestätigt. Der EuGH erkennt darin die unterschiedlichen Steuererhebungsformen als logische Folge der unterschiedlichen Besteuerung von gebietsansässigen und gebietsfremden Vergütungsempfängern an. Er stellt in diesem Zusammenhang darauf ab, dass gebietsansässige Empfänger unmittelbar der Kontrolle der dortigen Steuerverwaltung mit der Möglichkeit der Zwangsbeitreibung unterliegen, während diese Steuerverwaltung bei gebietsfremden Zahlungsempfängern auf die Unterstützung der Steuerverwaltung des Sitzstaats des Zahlungsempfängers angewiesen sei. Diese Begründung rechtfertigt nicht nur die unterschiedliche Behandlung von Gebietsansässigen gegenüber Gebietsfremden innerhalb der Europäischen Union, sondern auch gegenüber beschränkt Steuerpflichtigen, die in Drittstaaten ansässig sind. Ausgehend von dieser Entscheidung erübrigen sich Ausführungen zu etwa mit dem Abzugsverfahren verbundenen Liquiditätsnachteilen. Denn der EuGH stellt auch darauf ab, dass neben der fehlenden Vergleichbarkeit der Sachverhalte die unterschiedlichen Steuerregelungen den gebietsansässigen Zahlungsempfängern nicht notwendigerweise einen Vorteil verschaffen, da sie Einkommen- oder Körperschaftsteuervorauszahlungen leisten müssen und der für Zwecke der Vorauszahlungen zugrunde zu legende Steuersatz höher sein kann als bei den im Abzugs-verfahren einzubehaltenden Steuern. Dass es insoweit zu Lasten ausländischer Künstler nicht zu einer endgültigen Benachteiligung kommt, wird nach Auffassung des erkennenden Senats durch die Vergleichsberechnung im Erstattungsverfahren sichergestellt. Zutreffend hat das BMF dargelegt, dass mit der Freistellung (§ 50d Abs. 3 Satz 1 EStG 1997) und dem Kontrollmeldeverfahren (§ 50d Abs. 3 Satz 3 EStG 1997) weitere Maßnahmen zur Abmilderung etwaiger Nachteile im Steuerabzugsverfahren zur Verfügung stehen.
Des Weiteren bleibt das Steuerabzugsverfahren jedenfalls bis zur Geltung der Richtlinie 2001/44/EG des Rates vom 15. Juni 2001 zur Änderung der Richtlinie 76/308/EWG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit Maßnahmen, die Bestandteil des Finanzierungssystems des Europäischen Ausrichtungs- und Garan-tiefonds für die Landwirtschaft sind, sowie von Abschöpfungen und Zöllen und bezüglich der Mehrwertsteuer und bestimmter Verbrauchsteuern ‑‑EG-Beitreibungsrichtlinie‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 2001 Nr. L 175, 17) i.V.m. dem Gesetz zur Durchführung der EG-Beitreibungsrichtlinie i.d.F. vom 3. Mai 2003 (BGBl I 2003, 654) aus europarechtlicher Sicht unbeanstandet. Für die Beurteilung des entscheidungserheblichen Zeitraums stellt der EuGH auf den Zeitraum der Auszahlung der Vergütung und nicht den Zeitpunkt des Erlasses des Haftungsbescheids ab (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2006, I 9461, Tz. 39 i.V.m. 19 f.; anders M. Lang, SWI 2007, 17, 24). Im Übrigen ist selbst für das Jahr 2007 zu bezweifeln, ob die zwischenstaatlich vereinbarte Amtshilfe bei der Beitreibung von Steuerforderungen geeignet ist, die vom EuGH geschilderten und anerkannten Vorteile des Steuerabzugsverfahrens in Frage stellen zu können (vgl. Senatsbeschluss vom 29. November 2007 I B 181/07, BFHE 219, 214, BStBl II 2008, 195).
b) Die Vereinbarkeit des Abzugs- und Haftungsver-fahrens mit dem EG-Vertrag wird aus den vorgenannten Gründen durch die Regelungen der jeweils einschlägigen Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) nicht berührt. Die dort enthaltenen Regelungen zur Amts- und Vollstreckungshilfe kön-nen die Notwendigkeit des Abzugs- und Haftungsverfahrens nicht in Frage stellen. Auch der EuGH hat den DBA-Regelungen keine Relevanz beigemessen, eine effektive Steuererhebung zu gewähr-leisten (vgl. EuGH-Urteil in Slg. 2006, I 9461). Insoweit ist es nicht entscheidungserheblich, dass nach der Rechtslage in den Jahren, in denen der Abzug hätte vorgenommen werden müs-sen, gemäß den Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung oder aufgrund sonstiger bilateraler Abkommen Vollstreckungs-hilfe zu leisten gewesen wäre. Die in den Streitjahren mögli-chen grenzüberschreitenden Amtshilfe- oder Vollstreckungsersu-chen konnten nach Auffassung des Senats die Nachteile, die der Finanzverwaltung aus ihrer fehlenden Ermittlungsmöglichkeit auch im EU-Ausland erwachsen, nicht ausgleichen.
c) Soweit die Klägerin gegen die Rechtmäßigkeit der Haftungsinanspruchnahme den Kultur- und Bildungsauftrag der EG nach Art. 151 EG (Art. 167 AEUV) anführt, ist dem nicht zu folgen. Ein Anspruch auf Anwendung eines bestimmten Besteuerungsverfahrens oder eine steuerliche Privilegierung gegenüber inländischen Künstlern lässt sich daraus nicht herleiten.
d) Da das unterschiedliche Besteuerungsverfahren bei Gebietsfremden und Gebietsansässigen sachlich gerechtfertigt ist, d.h. einen legitimen Zweck verfolgt und verhältnismäßig ist, liegt der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen Art. 14 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundrechte vom 4. November 1950 i.V.m. Art. 1 des Zusatzprotokolls vom 20. März 1952 nicht vor (vgl. zu Rechtfertigungsanforderungen Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte, Urteil vom 23. Oktober 1990 Nr. 17/1989/177/233, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1404). Auch das allgemeine DBA-Diskriminierungsverbot nach dem Vorbild des Art. 24 des OECD-Musterabkommens ist aus diesem Grund nicht verletzt. Eine unzulässige Diskriminierung liegt nicht allein darin, dass nicht ansässige Personen aus praktischen Erwägungen in einem anderen Verfahren besteuert werden als ansässige Personen, soweit sich keine höhere Gesamtsteuerbelastung für den Nichtansässigen im Vergleich zum Ansässigen ergibt (vgl. Senatsurteil vom 22. April 1998 I R 54/96, BFHE 186, 89). Aufgrund der Möglichkeiten der Freistellung und dem Erstattungsverfahren gelten selbst für in einem Drittstaat ansässige Künstler vergleichba-re Bedingungen, so dass auch der von der Klägerin gerügte Verstoß gegen Art. 15 Abs. 3 der EU-Menschenrechtscharta, ungeachtet der Frage, ob dessen sachlicher Schutzbereich ("Arbeitsbedingungen") überhaupt eröffnet ist, nicht vorliegt.
e) Der Senat sieht schließlich keinen Anlass, das Verfahren auszusetzen und eine Vorabentscheidung des EuGH einzuholen. Die Auslegung der Dienstleistungsfreiheit und der sonstigen europarechtlichen Bestimmungen ist hinsichtlich der streitentscheidenden Vorschrift in Anbetracht der bereits vorliegenden gefestigten Spruchpraxis des EuGH nicht zweifelhaft, so dass die Voraussetzungen für eine Vorlage des Streitfalls nach Art. 267 Abs. 3 AEUV nicht erfüllt sind (vgl. zur fehlenden Vorlageverpflichtung bei offenkundiger Rechtslage EuGH-Urteil vom 6. Oktober 1982 Rs. 283/81 "C.I.L.F.I.T.", EuGHE 1982, 3415).
5. Die Haftungsinanspruchnahme der Klägerin begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere verstößt sie nicht gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
Soweit in der Literatur kritisiert wird, die Auswahl der Besteuerungstatbestände der beschränkten Steuerpflicht, an die Abzugs- und Haftungsverfahren anzuknüpfen, erscheine unzulänglich und in ihrer Gesamtheit ungereimt (vgl. Lüdicke, Beihefter zu Heft 17, DStR 2008, 25, 27; Staringer, Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft, Band 31, S. 135, 151; zweifelnd auch Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50a Rz 2), rechtfertigt dies keine Aussetzung des Verfahrens und eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG. Trotz systematischer Bedenken an der Auswahl der Besteuerungsobjekte und der damit einhergehenden Besteuerungslücken bei nicht erfassten Einkünften mit Inlandsbezug hält sich die gesetzliche Regelung noch im Rahmen des dem Gesetzgeber ‑‑angesichts der Vielfalt wirtschaftlicher Betätigungsmöglichkeiten mit unterschiedlich starkem Inlandsbezug‑‑ zustehenden weiten Entscheidungsspielraums. Auch das BVerfG hat die Verfassungsmäßigkeit der beschränkten Steuerpflicht ausländischer Künstler nicht beanstandet (vgl. BVerfG-Beschluss vom 9. Februar 2010 2 BvR 1178/07, IStR 2010, 327). Im Übrigen könnte die Klägerin durch eine Ausdehnung der Steuerpflicht auf andere Steuergegenstände keine Besserstellung für sich selbst erreichen.
Ferner begründet der Umstand, dass Amtsträger nach § 32 AO nur eingeschränkt gegenüber ihrer Amtsträgerkörperschaft haften, keine Ungleichbehandlung gegenüber der Klägerin, die verschuldensunabhängig für die von ihr zu entrichtenden Steuerabzugsbeträge haftet. Zwischen beiden Tatbeständen fehlt es an einer Vergleichbarkeit, da der Vergütungsschuldner im Abzugsverfahren nur eine technische Dienstleistung vornimmt, während beim Amtsträger die Rechtsanwendung im Vordergrund seiner Tätigkeit steht, die mit einer höheren Gefahr von Fehlentscheidungen verbunden ist als die des Vergütungsschuldners (vgl. zur Rechtslage bei der Lohnsteuerhaftung Schick, Betriebs-Berater 1983, 1041, 1046).
6. Das FG ist teilweise von einer anderen rechtlichen Beurteilung ausgegangen. Sein Urteil ist daher aufzuheben und die Sache ist an das FG zurückzuverweisen, damit dieses die noch erforderlichen Feststellungen treffen kann.