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auf der Richterbank liegen Barett und Arbeitsmappe, dahinter ein Richterstuhl, auf dem eine Robe hängt

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Beschluss vom 16. Juni 2010, VI B 18/10

Häusliches Arbeitszimmer: Schwerpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit

BFH VI. Senat

FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 2, EStG § 4 Abs 5 S 1 Nr 6b, EStG § 9 Abs 5

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 16. December 2009, Az: 14 K 125/08

Leitsätze

NV: Auch unter Berücksichtigung eines Forschungsfreisemesters ist die finanzgerichtliche Würdigung, dass das häusliche Arbeitzimmer eines Universitätsprofessors nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bildet, nicht ausgeschlossen.

Tatbestand

  1. I. Die Beteiligten stritten im finanzgerichtlichen Verfahren u.a. um die Berücksichtigung der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin). Die Klägerin erzielte im Streitjahr (2005) als Universitätsprofessorin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Die Klägerin hatte für die Zeit vom 1. April bis 30. September 2005 ein Forschungsfreisemester in Anspruch genommen.

  2. Die Klägerin machte für das Streitjahr Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in Höhe von rund 5.500 € als Werbungskosten geltend, die der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt) allerdings nur in Höhe von 1.250 € berücksichtigte. Die dagegen erhobene Klage blieb insoweit erfolglos. Das Finanzgericht (FG) gelangte unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu dem Ergebnis, dass im Streitfall das häusliche Arbeitszimmer nicht der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung der Klägerin sei und daher nach §§ 9 Abs. 5, 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b des Einkommensteuergesetzes die Höhe der abziehbaren Aufwendungen für das Arbeitszimmer auf 1.250 € begrenzt sei. Das FG berücksichtigte bei seiner Würdigung insbesondere den Umstand, dass die Lehrveranstaltungen, die in der Universität stattfänden, einen die Tätigkeit der Klägerin als Hochschullehrerin prägenden Schwerpunkt darstellten. Nicht nur den in der Universität stattfindenden Vorlesungen, Seminaren und Abnahmen von Prüfungen, sondern auch den der Klägerin als Hochschulprofessorin übertragenen Verwaltungsaufgaben käme erhebliche Bedeutung zu. Auch unter Berücksichtigung des Forschungsfreisemesters könne nicht davon ausgegangen werden, dass diese zeitlich begrenzte Tätigkeit die Gesamttätigkeit der Klägerin in einem solchen Ausmaß präge, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Tätigkeit bilde.

  3. Das FG hatte die Revision gegen seine Entscheidung nicht zugelassen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der Nichtzulassungsbeschwerde und macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Grundsätzlich bedeutsam sei, dass die Kosten der zeitlich abgegrenzten unterschiedlichen Tätigkeiten unterschiedlich zu beurteilen seien und der Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit von den gesamten Umständen des Veranlagungszeitraums abhänge. Während des Forschungssemesters läge der berufliche Mittelpunkt sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht ausschließlich im häuslichen Arbeitszimmer und auch für den übrigen Teil des Veranlagungszeitraums läge der Schwerpunkt qualitativ im häuslichen Arbeitszimmer, weil die Klägerin dort für Lehrvorbereitung und Forschung mehr Zeit verbringe. Im Übrigen habe das FG Rheinland-Pfalz (3 K 2619/09) bei gleichem Sachverhalt (Arbeitszimmer in Verbindung mit einem Forschungsfreisemester) die Kosten für das häusliche Arbeitszimmer anerkannt. Insoweit drohe Divergenz (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). Schließlich verstoße die Nichtanerkennung der Kosten gegen das Nettoprinzip, weil der Klägerin die Aufwendungen zwangsläufig entstünden.

Entscheidungsgründe

  1. II. Die Beschwerde der Klägerin hat ‑‑bei Zweifeln an der Zulässigkeit‑‑ jedenfalls in der Sache keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe liegen nicht vor. Der Rechtssache kommt weder grundsätzliche Bedeutung zu (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) noch ist eine Entscheidung des BFH zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO).

  2. 1. Die Darlegung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache verlangt substantiierte Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit einer hinreichend bestimmten Rechtsfrage, die im konkreten Streitfall voraussichtlich auch klärbar ist und deren Beurteilung von der Klärung einer zweifelhaften oder umstrittenen Rechtslage abhängig ist. Dazu muss sich die Beschwerde insbesondere mit der Rechtsprechung des BFH, den Äußerungen im Schrifttum sowie auch gegebenenfalls veröffentlichten Verwaltungsmeinungen auseinandersetzen. Ist über die Rechtsfrage bereits entschieden worden, ist auch darzulegen, aus welchen Gründen eine erneute Entscheidung des BFH für erforderlich gehalten wird. So kann eine weitere oder erneute Klärung der Rechtsfrage dann etwa geboten sein, wenn gegen die bisherige Rechtsprechung gewichtige Einwendungen erhoben worden sind, mit denen sich der BFH bislang noch nicht auseinandergesetzt hat.

  3. Die Beschwerde der Klägerin genügt diesen Anforderungen nicht. Denn die Beschwerde formuliert insoweit keine Rechtsfrage, sondern stellt vielmehr der Gesamtwürdigung des FG, dass im Streitfall der Schwerpunkt der gesamten beruflichen Betätigung der Klägerin nicht im häuslichen Arbeitszimmer liege, ihre eigene Würdigung, dass dieser Schwerpunkt eben doch im häuslichen Arbeitszimmer liege, entgegen. Und die Klägerin macht auch keine Ausführungen dazu, aus welchen Gründen in ihrem Streitfall die Grundsätze, die der BFH in seiner bisherigen Rechtsprechung zu der Frage entwickelt hat, keine Anwendung finden sollten. Insoweit ist auch keine Klärungsbedürftigkeit einer wie auch immer formulierten Rechtsfrage dargetan. Denn die Antwort auf die Frage, wie der Schwerpunkt der besagten Tätigkeit zu bestimmen ist, folgt aus der Rechtsprechung des BFH, wie sie das FG auch seiner Entscheidung zugrunde gelegt hat.

  4. 2. Die Revisionszulassung lässt sich auch nicht auf § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO stützen. Denn zur schlüssigen Darlegung einer Divergenzrüge gehört eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidungen sowie die Gegenüberstellung tragender abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus den behaupteten Divergenzentscheidungen andererseits. Daran fehlt es im Streitfall, wenn die Klägerin lediglich auf ein Aktenzeichen verweist, ohne solche Rechtssätze jeweils zu nennen und gegenüberzustellen.

  5. 3. Wenn die Klägerin schließlich noch vorbringt, dass die Nichtanerkennung der Kosten gegen das Nettoprinzip verstoße, ist nicht erkennbar, auf welche Revisionszulassungsgründe sie sich damit berufen möchte. Ungeachtet dessen trägt die Klägerin auch nichts dazu vor, dass ihr die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer zwangsläufig entstehen, weil sie etwa in der Universität keine Räume zur Verfügung gestellt bekomme. Unbeachtlich sind Einwände gegen die materielle Richtigkeit des angefochtenen Urteils, die nur im Rahmen der Revision selbst rechtserheblich sein können. Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des BFH, dass das prozessuale Rechtsinstitut der Nichtzulassungsbeschwerde nicht dazu dient, sich gegen die materielle Richtigkeit der finanzgerichtlichen Rechtsprechung zu wenden.

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