BFH I. Senat
EStG § 34c Abs 1, EStG § 34c Abs 3, EStG § 34c Abs 6, DBA CHE Art 15a, DBA CHE Art 24 Abs 1 Nr 2
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 04. June 2008, Az: 3 K 147/07
Leitsätze
1. NV: Hat die Schweiz die Einkünfte eines in Deutschland ansässigen Grenzgängers zu Unrecht besteuert, so kann die dort erhobene Steuer nicht nach § 34c Abs. 1 EStG 2002 auf die deutsche Einkommensteuer angerechnet werden.
2. NV: Eine in der Schweiz erhobene Steuer ist nicht nach § 34c Abs. 3 EStG 2002 bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen, wenn sie auf Einkünfte entfällt, die ein in Deutschland ansässiger Arbeitnehmer durch eine in der Schweiz ausgeübte Arbeit für einen in der Schweiz ansässigen Arbeitgeber erzielt hat. Dabei ist "Arbeitgeber" jede natürliche oder juristische Person, die die konkrete Vergütung für die ihr geleistete Arbeit wirtschaftlich trägt, in deren Interesse der Arbeitnehmer tätig wird und in deren Arbeitsablauf er eingebunden ist.
Tatbestand
I. Streitig ist, ob abkommenswidrig erhobene Steuern nach § 34c Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 2002 (EStG 2002) bei der Ermittlung der Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen abzuziehen sind.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr 2002 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Sie waren im Streitjahr im Inland ansässig. Ihren Wohnsitz hatten sie ab April 2002 in X (Deutschland).
Die Klägerin war im Streitjahr bei der P-GmbH mit Sitz in Y beschäftigt. Sie wurde von der P-GmbH bei verschiedenen Firmen eingesetzt, um dort den Einsatz der Software der P-GmbH beratend zu begleiten. Vom 10. Juni 2002 an war sie im Auftrag der P-GmbH bei der A in deren Betriebsräumen in Z/Schweiz tätig. Die Klägerin pendelte während des Einsatzes bei der A täglich von X an ihren Arbeitsort nach Z; im Streitjahr übernachtete sie nur an sieben Tagen in der Schweiz. Während ihrer Tätigkeit in der Schweiz suchte sie an einzelnen Tagen die Zentrale der P-GmbH in Y auf.
Dem Einsatz der Klägerin bei der A lag eine Vereinbarung zwischen der A und der P-AG mit Sitz in der Schweiz, einer Schwestergesellschaft der P-GmbH, zugrunde. Da der P-AG für die vereinbarten Beratungsleistungen kein eigenes Personal zur Verfügung stand, wurde die Klägerin aufgrund einer internen Arbeitsvereinbarung ("Internal Statement of Work") mit der P-GmbH für diese Tätigkeit eingesetzt. Die Kosten für den Einsatz der Klägerin stellte die P-AG der A in Rechnung. Für den Arbeitseinsatz in der Schweiz wurde zwischen der Klägerin und der P-GmbH ein befristeter internationaler Entsendevertrag abgeschlossen.
Der Bruttoarbeitslohn der Klägerin betrug im Streitjahr 92.821 €. Er wurde ‑‑nach Abzug der Lohnsteuer‑‑ während des Einsatzes bei der A weiter von der P-GmbH ausgezahlt. Die Gehaltsaufwendungen für den Einsatz der Klägerin bei der A stellte die P-GmbH der P-AG aufgrund einer internen Kostenbelastungsvereinbarung in Rechnung.
Von den auf die Tätigkeit bei der A entfallenden Bruttoeinkünften in Höhe von 73.213 CHF (49.785 €) wurde in der Schweiz Quellensteuer in Höhe von 7.314 CHF in Abzug gebracht, die von der P-AG an das Kantonale Steueramt abgeführt wurde. Mit Schreiben vom 4. November 2007 beantragte die Klägerin dort die Erstattung der Quellensteuer unter Hinweis darauf, dass die auf die Tätigkeit in der Schweiz entfallenden Einkünfte in Deutschland steuerpflichtig seien.
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) bezog bei der Veranlagung der Kläger für das Streitjahr die gesamten Einkünfte der Klägerin aus nichtselbständiger Arbeit in die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer ein. Die in der Schweiz abgeführte Quellensteuer wurde vom FA bei der Steuerfestsetzung nicht berücksichtigt.
Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage machten die Kläger geltend, dass der auf die Tätigkeit in der Schweiz entfallende Arbeitslohn der Klägerin in Deutschland steuerfrei sei.
Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, gab der Klage mit Urteil vom 5. Juni 2008 3 K 147/07, veröffentlicht in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2009, 1399, nur insoweit statt, als es die in der Schweiz abgeführte Quellensteuer gemäß § 34c Abs. 3 EStG 2002 bei der Ermittlung der Einkünfte abzog.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger haben keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Unrecht angenommen, dass die auf die Einkünfte aus der Tätigkeit der Klägerin in der Schweiz entfallende Schweizer Quellensteuer nach § 34c Abs. 3 EStG 2002 bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen ist.
1. Die Kläger waren im Streitjahr gemäß § 1 Abs. 1 EStG 2002 unbeschränkt steuerpflichtig; sie unterlagen daher mit allen im Streitjahr erzielten Einkünften der Einkommensteuer. Nach den für den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) hatten die Kläger im Streitjahr einen Wohnsitz im Inland.
2. Das FG hat zutreffend angenommen, dass die Einkünfte der Klägerin aus der Tätigkeit in der Schweiz gemäß Art. 15a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) i.d.F. des Protokolls vom 21. Dezember 1992 (BGBl II 1993, 1888, BStBl I 1993, 928) ‑‑DBA-Schweiz 1992‑‑ der deutschen Steuer unterliegen.
a) Nach Art. 15a Abs. 1 Satz 1 DBA-Schweiz 1992 sind Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen, die ein Grenzgänger aus unselbständiger Arbeit bezieht, in dem Vertragsstaat zu besteuern, in dem dieser ansässig ist. Grenzgänger i.S. des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 ist jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, die im anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt (Art. 15a Abs. 2 Satz 1 DBA-Schweiz 1992). Nach Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 entfällt bei einer in einem Vertragsstaat ansässigen Person die Grenzgängereigenschaft nur dann, wenn sie bei einer Beschäftigung im anderen Vertragsstaat während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt (sog. Nichtrückkehrtage).
Ist ein Arbeitnehmer nicht während des gesamten Kalenderjahres im anderen Vertragsstaat beschäftigt, so sind nach Nr. II.3. des Verhandlungsprotokolls zum Änderungsprotokoll vom 18. Dezember 1991 (BStBl I 1993, 929) die für die Grenzgängereigenschaft unschädlichen Nichtrückkehrtage in der Weise zu berechnen, dass für einen vollen Monat der Beschäftigung fünf Tage und für jede volle Woche der Beschäftigung ein Tag anzusetzen sind. Diese Bestimmung enthält eine verbindliche Vorgabe für die Auslegung des Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 (Senatsurteile vom 16. Mai 2001 I R 100/00, BFHE 195, 341, BStBl II 2001, 633; vom 27. August 2008 I R 10/07, BFHE 222, 546, BStBl II 2009, 94, und I R 64/07, BFHE 222, 553, BStBl II 2009, 97).
b) Die Klägerin hat im Streitjahr aus der Tätigkeit in der Schweiz Vergütungen aus unselbständiger Arbeit bezogen. Dies ist ‑‑ebenso wie die Höhe dieser Vergütungen‑‑ zwischen den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner weiteren Erläuterung.
c) Die Klägerin war ab dem 10. Juni 2002 Grenzgängerin i.S. des Art. 15a DBA-Schweiz 1992. Nach den Feststellungen des FG war die Klägerin im Inland ansässig und ist sie bis zum Ende des Streitjahres von ihrem Arbeitsort in der Schweiz regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückgekehrt. Das FG hat für die Bestimmung des Arbeitsortes i.S. des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 zutreffend darauf abgestellt, dass die Klägerin ihre Arbeit in diesem Zeitraum tatsächlich ‑‑ausschließlich‑‑ bei der A in der Schweiz verrichtet hat; auf den Ort der Ansässigkeit des Arbeitgebers kommt es dagegen nicht an (Brandis in Debatin/Wassermeyer, Doppelbesteuerung, Schweiz Art. 15a Rz 30 und Art. 15 Rz 33; Kempermann in Flick/Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 15a Rz 22 und Art. 15 Rz 28; vgl. auch Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 19. September 1994, BStBl I 1994, 683 Tz. 8).
Der Grenzgängereigenschaft der Klägerin steht Art. 15a Abs. 2 Satz 2 DBA-Schweiz 1992 nicht entgegen. Denn die Klägerin hat im Streitjahr nur an sieben Tagen in der Schweiz übernachtet. Sie hat damit die für das Streitjahr (Arbeitseinsatz ab 10. Juni) maßgebliche Höchstgrenze von 33 Nichtrückkehrtagen (vgl. Nr. II.3. des Verhandlungsprotokolls in BStBl I 1993, 929) nicht überschritten.
3. Das FG hat zu Recht angenommen, dass die von den Einkünften der Klägerin aus der Tätigkeit in der Schweiz erhobene Schweizer Quellensteuer nicht auf die Einkommensteuer anzurechnen ist.
a) Eine ‑‑im Rahmen der Steuerfestsetzung vorzunehmende (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 19. März 1996 VIII R 15/94, BFHE 180, 146, BStBl II 1996, 312, m.w.N.; Senatsurteil vom 1. Juli 2009 I R 113/08, BFH/NV 2009, 1992)‑‑ Anrechnung der Quellensteuer nach § 34c Abs. 1 EStG 2002 kommt im Streitfall nicht in Betracht, da sie durch die insoweit vorrangige Grenzgängerregelung in Art. 15a DBA-Schweiz 1992 ausgeschlossen wird (Senatsbeschluss vom 19. April 1999 I B 141/98, BFH/NV 1999, 1317).
aa) Gemäß § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Die Vorschrift ist indessen nach § 34c Abs. 6 Satz 1 EStG 2002 nicht anzuwenden, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) besteht. Eine Ausnahme hiervon besteht nach § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG 2002 nur für den Fall, dass das DBA selbst die Anrechnung der ausländischen Steuer vorsieht; § 34c Abs. 1 EStG 2002 ist ferner entsprechend anzuwenden, wenn bei Einkünften aus einem ausländischen Staat die Doppelbesteuerung nach den Vorschriften des DBA nicht beseitigt wird oder das DBA sich nicht auf eine Steuer vom Einkommen dieses Staates bezieht (§ 34c Abs. 6 Satz 3 EStG 2002).
bb) Die Anwendung des § 34c Abs. 1 Satz 1 EStG 2002 ist im Streitfall aufgrund des DBA-Schweiz 1992 ausgeschlossen; die in § 34c Abs. 6 Satz 2 und 3 EStG 2002 geregelten Ausnahmebestimmungen sind insoweit nicht erfüllt.
Art. 24 Abs. 1 Nr. 2 DBA-Schweiz 1992 sieht zwar die Anrechnung der in der Schweiz erhobenen Quellensteuer vor. Die Anrechnung setzt jedoch voraus, dass die Quellensteuer in Übereinstimmung mit dem Abkommen erhoben worden und nicht zu erstatten ist. Hieran fehlt es im Streitfall, da die Klägerin als Grenzgängerin nach Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz 1992 mit den Einkünften aus der Tätigkeit in der Schweiz nur in Deutschland besteuert werden kann. Die Schweiz kann danach lediglich eine Steuer im Abzugsweg erheben, deren Höhe auf 4,5 % des Bruttobetrages der Vergütungen begrenzt ist. Im Streitfall wurde von den Einkünften der Klägerin aus der Tätigkeit in der Schweiz keine Abzugssteuer i.S. des Art. 15a Abs. 1 DBA-Schweiz, sondern eine ‑‑die Abzugssteuer übersteigende‑‑ Quellensteuer erhoben, die der Schweiz abkommensrechtlich nicht zusteht (Senatsurteil vom 15. März 1995 I R 98/94, BFHE 177, 269, BStBl II 1995, 580).
Die in Art. 15a Abs. 3 Buchst. a DBA-Schweiz 1992 geregelte Anrechnung der Abzugssteuer auf die Einkommensteuer ist für die Ausnahmebestimmung des § 34c Abs. 6 Satz 2 EStG 2002 unbeachtlich, da sie ausdrücklich unter Ausschluss des § 34c EStG 2002 vorzunehmen ist. Durch die Anrechnung nach Art. 15a Abs. 3 Buchst. a DBA-Schweiz wird zudem die Doppelbesteuerung der Vergütungen von Grenzgängern aus unselbständiger Arbeit abstrakt beseitigt; auf die konkrete Doppelbesteuerung durch die ‑‑abkommenswidrige‑‑ Erhebung der Quellensteuer kommt es für die Anwendung des § 34c Abs. 6 Satz 3 EStG 2002 nicht an (Senatsurteile in BFHE 177, 269, BStBl II 1995, 580, m.w.N.; in BFH/NV 2009, 1992; Gosch in Kirchhof, EStG, 8. Aufl., § 34c Rz 16; Timmermans in Lademann, EStG, § 34c Rz 195).
b) Der Senat kann offenlassen, ob die auf die Vergütungen der Klägerin aus der Tätigkeit in der Schweiz erhobene Quellensteuer im Streitfall jedenfalls in Höhe von 4,5 % des Bruttobetrages der Vergütungen nach Art. 15a Abs. 3 Buchst. a DBA-Schweiz 1992 auf die Einkommensteuer anzurechnen ist. Denn die Steueranrechnung richtet sich in diesem Fall aufgrund des eindeutigen Wortlauts der Vorschrift nach § 36 EStG 2002 (Vogelgesang in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA-Kommentar, Art. 15a DBA-Schweiz Rz 28). Die Steueranrechnung nach § 36 EStG 2002 ist jedoch nicht Teil der angefochtenen Steuerfestsetzung, sondern wird ‑‑als Teil des Steuererhebungsverfahrens‑‑ durch einen hiervon getrennten besonderen Verwaltungsakt vorgenommen (Senatsurteil vom 28. April 1993 I R 123/91, BFHE 170, 573, BStBl II 1994, 147; BFH-Urteile vom 15. April 1997 VII R 100/96, BFHE 182, 506, BStBl II 1997, 787; vom 29. April 2008 VIII R 28/07, BFHE 220, 332, BStBl II 2009, 842, unter II.3.a).
4. Im Gegensatz zur Auffassung des FG ist die in der Schweiz erhobene Quellensteuer bei der Ermittlung der Einkünfte der Klägerin nicht nach § 34c Abs. 3 EStG 2002 abzuziehen.
a) Gemäß § 34c Abs. 3 EStG 2002 ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei denen eine ausländische Steuer vom Einkommen nicht nach § 34c Abs. 1 EStG 2002 angerechnet werden kann, die festgesetzte und gezahlte und keinem Ermäßigungsanspruch mehr unterliegende ausländische Steuer unter bestimmten Voraussetzungen bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen. Die Vorschrift ist nach § 34c Abs. 6 Satz 4 EStG 2002 ‑‑wiederum unter bestimmten Voraussetzungen‑‑ auch bei Vorliegen eines DBA mit einem anderen Staat anzuwenden, wenn dieser Staat Einkünfte besteuert, die nicht aus diesem Staat stammen.
b) Der Abzug der ausländischen Steuer nach § 34c Abs. 3 EStG wird im Streitfall dadurch ausgeschlossen, dass die Voraussetzungen des § 34c Abs. 6 Satz 4 EStG 2002 für die Anwendung dieser Vorschrift nicht erfüllt sind. Denn die Einkünfte der Klägerin, von denen die Schweizer Quellensteuer erhoben wurde, stammen aus der Schweiz.
aa) Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit eines im Inland unbeschränkt Steuerpflichtigen stammen nach dem Senatsurteil in BFH/NV 2009, 1992 aus einem anderen Vertragsstaat, wenn die Tätigkeit dort tatsächlich ausgeübt wird und der die Bezüge zahlende Arbeitgeber dort ansässig ist. Der Senat hat sich damit nicht der vom FG vertretenen Auffassung angeschlossen, dass es hierfür auf das jeweilige DBA und insbesondere ein darin zugewiesenes Quellenbesteuerungsrecht des anderen Vertragsstaats ankomme (vgl. hierzu Kuhn in Herrmann/Heuer/ Raupach, EStG/KStG, § 34c EStG Rz 201; Timmermans in Lademann, a.a.O., § 34c Rz 177). Hieran hält der Senat fest.
Der Senat hat dagegen bislang offen gelassen (Senatsurteile vom 24. März 1998 I R 38/97, BFHE 185, 464, BStBl II 1998, 471; in BFH/NV 2009, 1992; Senatsbeschluss in BFH/NV 1999, 1317), ob der Ursprungsstaat der Einkünfte daneben anhand der in § 34d EStG 2002 aufgestellten lokalen Anknüpfungspunkte bestimmt werden kann (vgl. hierzu FG Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, Urteil vom 19. März 1997 3 K 171/92, EFG 1997, 984; Wagner in Blümich, EStG/KStG/GewStG, § 34c EStG Rz 134; Wassermeyer in Flick/Wassermeyer/Baumhoff, Außensteuerrecht, § 34c EStG Rz 146). Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit stammen danach insbesondere dann aus dem anderen Vertragsstaat, wenn die Arbeit ‑‑wie im Streitfall‑‑ dort tatsächlich ausgeübt wird (§ 34d Nr. 5 EStG 2002; Wassermeyer in Flick/ Wassermeyer/Baumhoff, a.a.O., § 34c EStG Rz 150; vgl. Senatsurteil vom 19. März 2002 I R 15/01, BFH/NV 2002, 1411, unter II.B.4.).
bb) Nach den Feststellungen des FG hat die Klägerin ihre Tätigkeit im Auftrag der P-GmbH ab dem 10. Juni 2002 in den Betriebsräumen der A in der Schweiz verrichtet. Die Klägerin erhielt ihr Gehalt zwar weiterhin von der im Inland ansässigen P-GmbH; die Gehaltsaufwendungen für die Tätigkeit der Klägerin in der Schweiz wurden jedoch infolge der Weiterbelastung durch die P-GmbH wirtschaftlich von der in der Schweiz ansässigen P-AG getragen.
Die P-AG ist für den Einsatz der Klägerin bei der A nach der ‑‑für die Bestimmung des Ursprungsstaates insoweit maßgeblichen (FG München, Urteil vom 22. April 2008 1 K 5245/04, EFG 2008, 1629; vgl. auch zum DBA-Spanien Senatsurteil vom 23. Februar 2005 I R 46/03, BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547, unter II.6.)‑‑ wirtschaftlichen Betrachtungsweise als Arbeitgeberin anzusehen. "Wirtschaftlicher" Arbeitgeber ist danach jede natürliche oder juristische Person, die die Vergütung für die ihr geleistete nichtselbständige Tätigkeit wirtschaftlich trägt. Bei einer konzerninternen Entsendung von Arbeitnehmern reicht hierfür die Weiterbelastung der Vergütung durch den zivilrechtlichen Arbeitgeber nicht aus; der betreffende Arbeitnehmer muss vielmehr auch für das aufnehmende Unternehmen tätig werden. Dies setzt voraus, dass der Einsatz des Arbeitnehmers im Interesse des aufnehmenden Unternehmens erfolgt und der Arbeitnehmer in dessen Arbeitsablauf eingebunden ist (Senatsurteile vom 21. August 1985 I R 63/80, BFHE 144, 428, BStBl II 1986, 4; vom 15. März 2000 I R 28/99, BFHE 191, 325, BStBl II 2002, 238; in BFHE 209, 241, BStBl II 2005, 547).
Nach diesen Grundsätzen übte die Klägerin die Tätigkeit bei der A für die P-AG aus. Die Klägerin wurde bei ihrem Einsatz im Interesse der P-AG tätig, da der P-AG für die aufgrund der Vereinbarung mit der A zu erbringenden Beratungsleistungen kein eigenes Personal zur Verfügung stand. Aus dem Entsendevertrag zwischen der Klägerin und der P-GmbH und der internen Arbeitsvereinbarung zwischen der P-GmbH und der P-AG ergibt sich, dass der Einsatz der Klägerin nicht der Erbringung einer Beratungsleistung der P-GmbH gegenüber der P-AG diente. Die Klägerin wurde hierbei vielmehr unmittelbar für die P-AG tätig, da dieser von der P-GmbH die Beschäftigung der Klägerin für den Einsatz bei der A übertragen worden war; im Hinblick auf diesen Einsatz unterlag die Klägerin damit den Weisungen der P-AG. Aufgrund der Vereinbarung mit der A über die Erbringung der Beratungsleistungen trug die P-AG auch die Verantwortung für die Tätigkeit der Klägerin. Die Klägerin war daher im Hinblick auf den Einsatz bei der A in den Arbeitsablauf der P-AG eingebunden (vgl. BMF-Schreiben vom 14. September 2006, BStBl I 2006, 532 Tz. 68). Hierfür spricht schließlich auch die ‑‑mehr als dreimonatige‑‑ Dauer des Einsatzes (BMF-Schreiben in BStBl I 2006, 532 Tz. 74).
5. Das FG ist von anderen rechtlichen Maßstäben ausgegangen; die Vorentscheidung war daher aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die in der Schweiz erhobene Quellensteuer ist bei der Ermittlung der Einkünfte der Klägerin nicht abzuziehen. Die Klage war somit abzuweisen.