BFH VIII. Senat
StraBEG § 7 S 1 Nr 1 Buchst a, AO § 371 Abs 2 Nr 1 Buchst a, AO § 193, GG Art 2 Abs 1, GG Art 20 Abs 3, AO § 200 Abs 2
vorgehend FG Münster, 08. August 2007, Az: 6 K 5364/04 AO
Leitsätze
Auch bei Prüfungen an Amtsstelle ist der Ausschluss der Strafbefreiung oder Bußgeldbefreiung nach § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG möglich. Der Amtsträger (hier: Prüfer) "erscheint" beim Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter auch dann, wenn im FA ein persönlicher Kontakt stattfindet, der nach außen erkennbar macht, dass der Amtsträger mit der Außenprüfung beginnt .
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die Frage, ob ein Ausschlussgrund für eine Straf- oder Bußgeldbefreiung nach § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a des Strafbefreiungserklärungsgesetzes (StraBEG) vorliegt.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist niedergelassener Facharzt. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) ordnete bei ihm eine Außenprüfung betreffend Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Veranlagungszeiträume 1998 bis 2000 an. Die Prüfung fand in den Räumen des FA statt und begann am 4. Februar 2003. Zu diesem Zweck überreichte der Bevollmächtigte des Klägers dem Betriebsprüfer am 4. Februar 2003 im FA zahlreiche Unterlagen; außerdem wurden im weiteren Verlauf der Prüfung mehrfach Unterlagen angefordert und Gespräche zwischen dem Prüfer und dem Bevollmächtigten des Klägers geführt. An zwei Zwischenbesprechungen im FA und im Büro des Bevollmächtigten nahm jeweils auch der Kläger teil. Am 31. März 2004 ging beim FA eine strafbefreiende Erklärung des Klägers ein, in der der Kläger einen Betrag in Höhe von 500,75 € als zu Unrecht nicht besteuerte Einnahmen i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 StraBEG erklärte. Dabei handelte es sich um den Ansatz von Reparaturkosten für ein Privatfahrzeug als Betriebsausgaben bei den Einkünften des Klägers gemäß § 18 des Einkommensteuergesetzes. Von dem nacherklärten Betrag entfielen 223,83 € auf 1999, der Rest auf den Veranlagungszeitraum 2000. Binnen 10 Tagen nach Abgabe der Erklärung entrichtete der Kläger an das FA einen Betrag in Höhe von 25 % der erklärten Einnahmen.
Daraufhin leitete das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung X gegen den Kläger ein Strafverfahren ein, welches indes im Jahre 2005 gemäß § 153 der Strafprozessordnung eingestellt wurde. Am 28. April 2004 erließ das FA einen Aufhebungsbescheid gemäß § 10 Abs. 3 StraBEG, mit dem es die mit der Abgabe der strafbefreienden Erklärung bewirkte Steuerfestsetzung in Höhe von 25 % der erklärten Einnahmen (125,19 €) aufhob. Zur Begründung führte das FA an, nach § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG sei keine Straf- oder Bußgeldbefreiung eingetreten, da bereits vor Eingang der strafbefreienden Erklärung bei dem Erklärenden ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen sei.
Den dagegen eingelegten Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.
Dagegen richtet sich die Klage, mit der der Kläger geltend macht, "Erscheinen" i.S. des § 7 StraBEG sei ein Realakt. Darunter sei die körperliche Anwesenheit des Prüfers am Prüfungsort zu verstehen. Erschienen sei der Amtsträger, sobald er in Prüfungsabsicht das Grundstück mit den Betriebs- oder Wohnräumen des Steuerpflichtigen betrete. Daran fehle es im Streitfall. Der Steuerberater sei zwar als Bevollmächtigter des Klägers an Amtsstelle erschienen, um dort alle Belege und Sachkonten für den Prüfungszeitraum zu übergeben. Das Erscheinen des Steuerpflichtigen oder seines Bevollmächtigten in den Diensträumen des Amtsträgers reichten aber nicht aus; die Ausschlussgründe des StraBEG seien restriktiv auszulegen.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2008, 79 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Es entschied, den Voraussetzungen des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG werde auch dann Genüge getan, wenn nicht der Prüfer in den Wohn- und Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen erscheine, sondern im FA ein persönlicher Kontakt stattfinde, der nach außen hin erkennbar mache, dass der Prüfer mit der Außenprüfung beginne. Das sei z.B. der Fall, wenn der Prüfer die im Rahmen der Betriebsprüfung angeforderten Unterlagen in den Räumlichkeiten des FA vom Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter persönlich in Empfang nehme. Es könne keinen Unterschied machen, ob die Prüfung in den Räumen des Steuerpflichtigen, des Beraters oder des FA stattfinde.
Mit der Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Das FG beschränke sich bei Auslegung des § 7 StraBEG auf die Auslegung des Wortes "erscheinen" und setze sich dabei mit den entsprechenden Kommentierungen zu § 371 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO) auseinander. Dabei übersehe es aber, dass § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG mit § 371 Abs. 2 AO nicht übereinstimme. Die Auslegung des § 7 StraBEG durch das FG sei vom Gesetzestext nicht mehr gedeckt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Münster vom 9. August 2007 6 K 5364/04 AO sowie den Aufhebungsbescheid des FA vom 28. April 2004 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 10. September 2004 aufzuheben.
Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Rechtsfehlerfrei ist das FG davon ausgegangen, dass der Aufhebungsbescheid des FA gemäß § 10 Abs. 3 StraBEG rechtmäßig ist, weil die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Straf- oder Bußgeldbefreiung gemäß § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG vorgelegen haben.
1. Gemäß § 10 Abs. 3 StraBEG ist die mit Abgabe der strafbefreienden Erklärung bewirkte Steuerfestsetzung aufzuheben oder zu ändern, soweit nach diesem Gesetz keine Straf- oder Bußgeldfreiheit eintritt. Das ist im Streitfall zu bejahen. Zwar hat der Kläger am 31. März 2004 eine strafbefreiende Erklärung eingereicht. Nach § 7 StraBEG tritt die Straf- oder Bußgeldfreiheit jedoch nicht ein, soweit vor Eingang der strafbefreienden Erklärung wegen einer Tat i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 der Norm oder einer Handlung i.S. des § 6 des Gesetzes bei dem Erklärenden oder seinem Vertreter ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat oder einer Steuerordnungswidrigkeit erschienen ist. Diese Regelung entspricht trotz des nicht vollständig übereinstimmenden Wortlauts derjenigen in § 371 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a AO zum Befreiungsausschluss bei Selbstanzeige (FG München, Urteil vom 31. Mai 2006 1 K 3948/05, EFG 2006, 1401; Jesse/Geuenich, Finanz-Rundschau 2004, 497, 504, m.w.N.), weshalb Rechtsprechungserkenntnisse und Literaturmeinungen zu jener Vorschrift bei der Auslegung des § 7 Satz 1 Nr. 1 StraBEG herangezogen werden können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 19. Juni 2007 VIII R 99/04, BFHE 218, 1, BStBl II 2008, 7, m.w.N.).
a) Zutreffend ist das FG davon ausgegangen, dass ein Erscheinen des Prüfers "zur steuerlichen Prüfung" eine entsprechende Prüfungsanordnung voraussetzt. Nur soweit die Prüfungsanordnung reicht, kann das Erscheinen eines Amtsträgers der Finanzbehörde die Strafbefreiung ausschließen (vgl. Senatsurteil in BFHE 218, 1, BStBl II 2008, 7). Die Sperrwirkung nach § 7 StraBEG kann außerdem nur durch ein Erscheinen eines Betriebsprüfers herbeigeführt werden, wobei das Gesetz aus Gründen der Beweisklarheit als entscheidendes Kriterium auf das leicht feststellbare physische Erscheinen des Prüfers abstellt (vgl. Senatsurteil in BFHE 218, 1, BStBl II 2008, 7, m.w.N.; Rottpeter/Webel in Schwarz, AO, Anhang zu § 371 ‑‑§ 7 StraBEG‑‑ Rz 4; Dumke in Schwarz, a.a.O., § 371 Rz 70; Hoyer in Beermann/Gosch, AO, § 371 Rz 31; Klein/Gast-de Haan, AO, 9. Aufl., § 371 Rz 26 und 27; Kohlmann, Steuerstrafrecht, § 371 AO 1977, Rz 132).
b) Im Streitfall ist der Prüfer indes nicht in den Wohn- oder Geschäftsräumen des Klägers erschienen. Vielmehr hat die Prüfung in den Räumlichkeiten des FA stattgefunden. Bei Prüfungen an Amtsstelle ist umstritten, ob das Erscheinen des Steuerpflichtigen mit Geschäftsunterlagen beim Finanzamt die Sperrwirkung auslösen kann. Im Schrifttum wird diese höchstrichterlich bislang nicht entschiedene Frage unterschiedlich beantwortet. Teilweise wird dazu die Auffassung vertreten, nach dem Gesetzeswortlaut sei bei einer Prüfung an Amtsstelle ein Erscheinen des Prüfers beim Steuerpflichtigen oder dessen Vertreter nicht möglich, bei Prüfungen an Amtsstelle könne daher keine Sperrwirkung ausgelöst werden (vgl. dazu Lüttger, Die Selbstanzeige im Steuerstrafrecht, Der Steuerberater ‑‑StB‑‑ 1993, 372, 376; Hoffmann, Die Ausschlußtatbestände der Selbstanzeige bei Steuerhinterziehung, 1998, S. 107; Merkt, Deutsches Steuerrecht 1987, 710, 712; differenzierend Theil, Selbstanzeige nach § 371 AO: Berichtigung und Erscheinen eines Amtsträgers, StB 1999, 108, 112; Burkhard, Die Sperrwirkung des § 371 Abs. 2 Nr. 1a AO, Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht 1998, 216; Streck/Spatscheck, Steuerfahndung, 4. Aufl., Rz 257, die eine Sperrwirkung aber dann nicht ausschließen, wenn der Steuerpflichtige dem Prüfer keine geeigneten Räumlichkeiten zur Verfügung stellen kann; Stahl, Selbstanzeige und strafbefreiende Erklärung, 2. Aufl., Rz 217). Demgegenüber ist die wohl herrschende Meinung im Schrifttum der Ansicht, bei Prüfungen an Amtsstelle sei der Prüfer jedenfalls dann erschienen, wenn der Steuerpflichtige oder sein Bevollmächtigter die Räumlichkeiten des Finanzamts mit den prüfungsrelevanten Unterlagen betritt, wobei teilweise noch differenziert wird, ob die Übergabe der Unterlagen erfolgen soll, um die Prüfung zu ermöglichen, oder ob das Betreten aus anderen Gründen erfolgt, z.B. zur Übergabe einer berichtigten Steuererklärung (vgl. dazu Joecks in Franzen/Gast/Joecks, Steuerstrafrecht, 7. Aufl., § 371 Rz 145, m.w.N.; Rolletschke, Steuerstrafrecht, 3. Aufl., Rz 584; Klein/Gast-deHaan, a.a.O., § 371 Rz 26; Simon/Vogelberg, Steuerstrafrecht, 2. Aufl., S. 190; Kohlmann, a.a.O., § 371 AO 1977, Rz 126; ebenso das angefochtene FG-Urteil).
c) Nach Auffassung des Senats ist auch bei Prüfungen an Amtsstelle der Ausschluss der Straf- oder Bußgeldbefreiung nach § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG möglich. Zwar tritt nach dem Wortlaut der Norm Straf- oder Bußgeldfreiheit nur dann nicht ein, "soweit vor Eingang der strafbefreienden Erklärung wegen einer Tat im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder einer Handlung im Sinne des § 6 bei dem Erklärenden oder seinem Vertreter ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung ... erschienen ist ...". Daraus kann indes nicht gefolgert werden, die Sperrwirkung des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG komme nur in Betracht, wenn ein Betriebsprüfer die Wohn- oder Geschäftsräume des Steuerpflichtigen oder seines Vertreters aufsucht, nicht aber bei einer Prüfung an Amtsstelle. Eine solche Auslegung widerspräche dem Gesetzeszweck. Mit dem Gesetz zur Förderung der Steuerehrlichkeit vom 23. Dezember 2003 (BGBl I 2003, 2928) wollte der Gesetzgeber denjenigen, die in der Vergangenheit Steuern verkürzt haben, Gelegenheit geben, durch Abgabe einer strafbefreienden Erklärung und Entrichtung einer pauschalen, als Einkommensteuer geltenden Abgabe Strafbefreiung oder Befreiung von Geldbußen erlangen zu können (sog. "Brücke in die Steuerehrlichkeit", vgl. BRDrucks 542/03 vom 15. August 2003; BTDrucks 15/1521, S. 1 f., 9, 12; vgl. auch Merkblatt des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ zur Anwendung des StraBEG vom 3. Februar 2004 IV A 4 -S 1928- 18/04, BStBl I 2004, 225, Rz 1). Gerade mit Blick auf das Institut der Selbstanzeige nach § 371 AO wurde die ursprünglich in § 7 des Gesetzentwurfs vorgesehene Sperrwirkungsregelung aber deutlich enger gefasst (vgl. BRDrucks 542/1/03 vom 15. September 2003 sowie BRDrucks 542/03 vom 26. September 2003) und hat letztlich die nunmehr gültige Fassung erhalten, die ‑‑ähnlich wie § 371 AO‑‑ eine Sperrwirkung bei Erscheinen eines Amtsträgers der Finanzbehörde vor Eingang der strafbefreienden Erklärung vorsieht.
Mit der Formulierung "soweit vor Eingang der strafbefreienden Erklärung ... bei dem Erklärenden oder seinem Vertreter ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung ... erschienen ist ..." macht der Gesetzgeber deutlich, dass Steuerpflichtige, die ihren steuerlichen Pflichten zuvor nicht im erforderlichen Umfang nachgekommen sind, nicht unbegrenzt Zeit haben sollen, die sog. "Brücke in die Steuerehrlichkeit" zu beschreiten. Vielmehr wird diese Möglichkeit genommen, wenn ein Prüfer sich anlässlich einer Außenprüfung im Einzelnen mit den steuerlichen Verhältnissen des Steuerpflichtigen befasst. Insoweit bestehen Parallelen zu § 371 AO, der Straffreiheit bei Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung u.a. versagt, wenn vor Abgabe der Selbstanzeige ein Amtsträger der Finanzbehörde zur steuerlichen Prüfung erschienen ist. Zur steuerlichen Prüfung erscheint ein Amtsträger in der Regel beim Steuerpflichtigen, d.h. in dessen Wohn- oder Geschäftsräumen. Da der Prüfer die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse, die für die Steuerpflicht und die Bemessung der Steuer maßgebend sind, umfassend prüfen muss (vgl. § 199 Abs. 1 AO) und der Steuerpflichtige insoweit mitwirkungspflichtig ist und demgemäß die Pflicht hat, Bücher, Aufzeichnungen etc. zur Einsicht und Prüfung vorzulegen (vgl. § 200 Abs. 1 AO), hat der Gesetzgeber in § 200 Abs. 2 AO verfügt, dass diese Unterlagen grundsätzlich in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen vorzulegen sind, wobei dem Prüfer sogar ein geeigneter Raum und Arbeitsplatz unentgeltlich zur Verfügung zu stellen ist. Der Vorrang der Geschäftsräume folgt aus dem Wortlaut des § 200 Abs. 2 AO und aus dem Zweck der Außenprüfung; daher kommt eine Prüfung in den Wohnräumen oder an Amtsstelle nur in Betracht, wenn die Prüfung in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen nicht möglich ist (vgl. § 200 Abs. 2 AO; BMF-Schreiben vom 2. Januar 2008 IV A 4 - S 0062/07/0001, 2007/0605275, BStBl I 2008, 26, Anwendungserlass zur Abgabenordnung, zu § 200 AO Nr. 2; Betriebsprüfungsordnung (Steuer) vom 15. März 2000, BStBl I 2000, 368, § 6).
Dieser Entscheidung des Gesetzgebers trägt auch § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG Rechnung, wenn dort angeordnet wird, die Straf- oder Bußgeldbefreiung komme nicht in Betracht, wenn beim Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter bereits vor Eingang der strafbefreienden Erklärung ein Amtsträger der Finanzbehörde zwecks steuerlicher Prüfung erschienen ist. Das bedeutet aber nicht, dass in den Fällen, in denen ausnahmsweise die Prüfung an Amtsstelle stattfindet, die Ausschlussregelung in § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG keine Wirkung entfalten soll. Das würde eine Besserstellung derjenigen Steuerpflichtigen bedeuten, bei denen ‑‑entgegen der Grundregel in § 200 Abs. 2 AO‑‑ keine Prüfung in ihren Räumlichkeiten vorgenommen wird oder werden kann. Der Gesetzgeber kann nicht die Absicht gehabt haben, diejenigen besser zu stellen, die ihrer in § 200 Abs. 2 AO geregelten Mitwirkungspflicht bewusst nicht nachkommen oder dies aus objektiven Gründen nicht können. Andernfalls hätten Steuerpflichtige es nämlich in der Hand, die Ausschlussregelung in § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG gezielt dadurch zu umgehen, dass sie vorgeben, eine Prüfung in ihren Räumlichkeiten sei nicht möglich, die Prüfung möge daher an Amtsstelle stattfinden. Mit dem Zweck des Gesetzes wäre das nicht vereinbar, weil § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG ähnlich wie § 371 AO darauf zielt, den Vorteil einer strafbefreienden Erklärung (bei § 371 AO: Selbstanzeige) zu versagen, wenn im Rahmen einer Außenprüfung mit der Aufdeckung unrichtiger Angaben, die zu einer Steuerverkürzung und einem steuerlichen Vorteil geführt haben, gerechnet werden muss.
d) Die Auffassung des FG, die Formulierung "Erscheinen" in § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG sei nicht lokal zu verstehen, sondern personenbezogen, und der Prüfer erscheine beim Steuerpflichtigen oder seinem Vertreter auch dann, wenn im Finanzamt ein persönlicher Kontakt stattfinde, der nach außen erkennbar mache, dass der Prüfer mit der Außenprüfung beginne, hält der revisionsrechtlichen Überprüfung demnach stand. Der Prüfer hat die im Rahmen der Außenprüfung zunächst angeforderten Geschäftsunterlagen in den Räumlichkeiten des FA vom Kläger bzw. seinem Vertreter am 4. Februar 2003 persönlich empfangen. Damit war erkennbar, dass die Außenprüfung begonnen hat. Da vor dem 31. März 2004, dem Datum des Eingangs der strafbefreienden Erklärung beim FA, weitere Unterlagen vom Prüfer angefordert worden sind und Gespräche zwischen dem Prüfer, dem Kläger und seinem Bevollmächtigten stattgefunden haben, war aus der Sicht des Klägers deutlich, dass die Prüfung jedenfalls am 31. März 2004 bereits seit längerem im Gange war. Der Tatbestand des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG ist damit erfüllt. Die Frage, ob bereits das bloße erstmalige Erscheinen des Klägers auf Vorladung des FA mit den vom Prüfer angeforderten Unterlagen geeignet ist, die Sperrwirkung des § 7 StraBEG herbeizuführen, kann daher offen bleiben.
2. § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG ist ‑‑entgegen der Auffassung des Klägers‑‑ nicht so zu verstehen, dass das Erscheinen eines Betriebsprüfers im Rahmen einer regulären Außenprüfung nach § 193 ff. AO keine Sperrwirkung zeitigen kann, weil der Prüfer nicht wegen einer Steuerhinterziehung oder Steuerordnungswidrigkeit beim Steuerpflichtigen erschienen ist. Dieser Argumentation vermag der Senat nicht zu folgen. Die strafbefreiende Erklärung bezweckt die Korrektur vormaliger unrichtiger oder unvollständiger Angaben, die zu Steuerverkürzungen oder steuerlichen Vorteilen geführt haben (vgl. §§ 1, 6 StraBEG). Bei einer "normalen" Außenprüfung erscheint der Prüfer beim Steuerpflichtigen indes nicht wegen einer Steuerhinterziehung oder Steuerordnungswidrigkeit. Vielmehr geht es um die umfassende Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen im Rahmen der Prüfungsanordnung, nicht aber konkret um ein Verhalten des Steuerpflichtigen, das eine Steuerhinterziehung oder Steuerordnungswidrigkeit beinhaltet, zumal dem Prüfer ein solches bei seinem erstmaligen Erscheinen gar nicht bekannt sein kann. Daher ist die Gesetzesformulierung "wegen einer Tat im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 oder einer Handlung im Sinne des § 6" auf die strafbefreiende Erklärung zu beziehen (a.A. Stahl, a.a.O., Rz 681). Wegen des klar erkennbaren Gesetzeszwecks und des Wortlauts des § 7 Satz 1 Nr. 1 Buchst. a StraBEG ("zur steuerlichen Prüfung oder zur Ermittlung einer Steuerstraftat ...") wird durch diese Auslegung das verfassungsrechtliche Bestimmtheitsgebot nicht verletzt.