Das Fleischerschlösschen
Der Bundesfinanzhof ist in einem unter Denkmalschutz stehenden Gebäude innerhalb eines etwa 18 000 qm großen Parks in München-Bogenhausen untergebracht. Schon der Reichsfinanzhof residierte hier.
Ursprünglich befand sich hier im 15. Jahrhundert ein Hof als Lehen des Hochstifts Freising. 1630 erwarb die Familie des Lehensträgers einen Teil des Anwesens zu Eigentum und errichtete ein "gemauertes Haus", das in der Folgezeit zu einem Schlösschen aus- und umgebaut wurde. Es entstand der erste "Edelsitz" in Bogenhausen. Durch Erbauseinandersetzung ging er 1683 in andere Hände über. Im Jahr 1803 erwarb sodann der damalige Bayerische Staats- und Konferenzminister Freiherr Maximilian von Montgelas das Anwesen.
In seinem "Gartenhaus Bogenhausen" wurde 1805 der sogenannte Bogenhauser Vertrag geschlossen. Dieser Geheimvertrag begründete die Allianz Bayerns mit Frankreich gegen Österreich und Russland, seine bisherigen Verbündeten, und ermöglichte es Napoleon, mit seinen Truppen in Bayern einzumarschieren. Als Gegenleistung konnte Bayern sein Staatsgebiet arrondieren, und Kurfürst Max IV. Joseph von Bayern erhielt die Königswürde. Bereits 1813 wurde auf dem Landsitz des Ministers von Montgelas ein erneuter Frontwechsel vorbereitet: Feldmarschall Fürst Wrede erhielt den Auftrag, mit den Habsburgern einen neuen Bündnisvertrag abzuschließen. Nach dem Tod von Montgelas (1838) wurde das Anwesen an Herzog Max in Bayern veräußert. Schloss und Nebengebäude verfielen allerdings im Laufe der Zeit.
Das Areal des heutigen Bundesfinanzhofs (mit dem angrenzenden Dreieck bis zum Herkomerplatz) erwarb schließlich der Kunstmaler und Farbenfabrikant Professor Ernst Philipp Fleischer zur Errichtung eines Wohn- und Gesellschaftshauses. Der Rohbau des Gebäudes stammt aus dem Jahre 1909 bis 1910. Schon im Laufe des Jahres 1910 mussten die Bauarbeiten wegen Geldschwierigkeiten des Bauherrn eingestellt werden; zurück blieb die Bogenhausener Schlossruine.
Zu Beginn des Jahres 1919 erwarb das Deutsche Reich durch Vermittlung des bayerischen Finanzministeriums das Grundstück, nachdem dessen Eignung mit dem darauf befindlichen Rohbau für die Unterbringung des Reichsfinanzhofs festgestellt worden war. Mit den Bauarbeiten nach den Plänen des Architekten von Perignon in Formen des Art Deco wurde 1921 begonnen. Sie zogen sich bis 1924 hin. Anfang 1923 konnten aber bereits zwei Senate des Reichsfinanzhofs in dem Gebäude notdürftig untergebracht werden.
Der gesamte Dienstbetrieb wurde am 15.09.1923 aufgenommen. Die förmliche Übergabe des Gebäudes fand allerdings erst am 03.01.1924 statt. Bis zum Bezug des "Fleischerschlösschens" war der Reichsfinanzhof in Mieträumen in der Barerstraße in München untergebracht.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges hatte in dem durch Bomben an der Nordseite teilweise beschädigten Gebäude der Oberste Finanzgerichtshof seinen Sitz. Daneben waren Teile des Gebäudes von amerikanischen Besatzungsdienststellen, von einem Münchener Finanzamt, vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und vom Bayerischen Statistischen Landesamt belegt. Nachdem diese Dienststellen das Gebäude verlassen hatten, war von 1951 bis 1956 auch das Finanzgericht München in dem Gebäude untergebracht. Erst von März 1956 an konnte der Bundesfinanzhof über sein Dienstgebäude in vollem Umfang verfügen.
In den Jahren 1972 bis 1973 wurde der frühere holzvertäfelte Lesesaal der Bibliothek im 1. Obergeschoss zu einem zweiten Sitzungssaal für mündliche Verhandlungen umgebaut. Die Bibliothek wurde in einem neu errichteten, eingeschossigen Anbau auf der Rückseite des Hauptgebäudes untergebracht.
Fast genau 20 Jahre nach dieser Baumaßnahme musste erneut zusätzlicher Raum geschaffen werden, da aus Platzmangel sowohl die Abteilung Dokumentation und Information als auch einige Richter und wissenschaftliche Mitarbeiter in angemieteten Räumen in der Nähe des Bundesfinanzhofs untergebracht waren. Über dem eingeschossigen Bibliotheksanbau wurden zwei weitere Stockwerke an einer Stahlrahmenkonstruktion "aufgehängt". Dieser neue Anbau ist durch einen verglasten Übergangstrakt mit dem Altbau verbunden. Seit Ende 1995 sind wieder alle Angehörigen des Bundesfinanzhofs in einem Gebäudekomplex untergebracht.
Die Räumlichkeiten des Bundesfinanzhofs sind zum großen Teil mit Gemälden und Skulpturen ausgestattet, die von der Bayerischen Staatsgemäldesammlung und vom Bundesministerium des Inneren leihweise zur Verfügung gestellt sind. Neben sog. alter Kunst, insbesondere in Form von Portraits und Landschaftsbildern des 18. und 19. Jahrhunderts gibt es zahlreiche zeitgenössische Kunstwerke im Innern des Gebäudes.