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Beschluss vom 14. Januar 2025, X B 72/23

Amtsermittlung bei Streit über die Haushaltsgemeinschaft

ECLI:DE:BFH:2025:B.140125.XB72.23.0

BFH X. Senat

EStG § 24b, FGO § 68, FGO § 76 Abs 1, FGO § 145, EStG § 24b, FGO § 115 Abs 2 Nr 3, EStG VZ 2007 , EStG VZ 2008 , EStG VZ 2009 , EStG VZ 2010 , EStG VZ 2011 , EStG § 24 Abs 3 S 2

vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 07. Juni 2023, Az: 15 K 1087/19

Leitsätze

1. NV: Aufgrund des Amtsermittlungsgrundsatzes hat das Gericht bei Streit über das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft im Sinne des § 24b Abs. 3 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes unabhängig von einem entsprechenden Beweisantrag die andere volljährige Person, mit der die Haushaltsgemeinschaft bestehen könnte, als Zeugen zu vernehmen.

2. NV: § 68 der Finanzgerichtsordnung dient der Herstellung der prozessualen Waffengleichheit, der Prozessökonomie und der Verfahrensvereinfachung.

3. NV: Die Rüge der fehlerhaften Kostenentscheidung führt nicht zur Zulassung der Revision, wenn die Nichtzulassungsbeschwerde nicht in der Hauptsache Erfolg hat.

Tenor

1. Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 07.06.2023 - 15 K 1087/19 wird, soweit sie die Einkommensteuer 2007, den Gewerbesteuermessbetrag 2007 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2007 betrifft, als unzulässig verworfen.

2. Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 07.06.2023 - 15 K 1087/19 wird, soweit sie die Einkommensteuer 2008, die Umsatzsteuer 2008 bis 2011, die Gewerbesteuermessbeträge 2008, 2010 und 2011 sowie die gesonderten Feststellungen des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2008, zum 31.12.2010 und zum 31.12.2011 betrifft, als unbegründet zurückgewiesen.

3. Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 07.06.2023 - 15 K 1087/19, soweit es die Einkommensteuer 2009 bis 2011 und die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2010 und zum 31.12.2011 betrifft, aufgehoben.

Die Sache wird insoweit an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

4. Dem Finanzgericht wird die Entscheidung über die Kosten des gesamten Beschwerdeverfahrens übertragen.

Tatbestand

I.

  1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) war im Anstellungsverhältnis als Gesellschafter-Geschäftsführerin einer zum 01.04.2004 gegründeten Limited (Ltd.) englischen Rechts tätig, die ein Bauunternehmen betrieb. Daneben hatte die Klägerin am 17.07.2006 einen (Ferienhaus-)Vermietungs- und Hausmeisterservice wieder aufgenommen. Insoweit erzielte sie Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Ihren Gewinn ermittelte die Klägerin durch Einnahmen-Überschussrechnung nach § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Im Wesentlichen war die Klägerin dabei für die Ltd. tätig.

  2. Die Geschäftsanschriften der Ltd. und des Einzelunternehmens waren identisch. Sie befanden sich zunächst auf dem Grundstück "W1" und später auf dem Grundstück "W2". Letzteres ist gleichzeitig die Wohnanschrift der Klägerin. Beide Grundstücke hatte Y der Klägerin aufgrund eines notariellen Grundstückskaufvertrags vom 23.12.2003 übertragen. Y ist der Vater der beiden Kinder der Klägerin, die 1997 und 2009 geboren worden sind. Y und die Klägerin waren in den Streitjahren (2007 bis 2011) nicht miteinander verheiratet.

  3. Y gab in einem ihn betreffenden Steuerstrafverfahren an, mit der Klägerin seit dem Jahr 2006 verlobt zu sein. Er war seit dem 27.05.2008 im Haus seiner Eltern und zuvor mit seiner ehemaligen Ehefrau unter einer anderen Adresse gemeldet.

  4. Den für die Streitjahre 2007 bis 2011 von der Klägerin abgegebenen Steuer- beziehungsweise Feststellungserklärungen folgte der Beklagte und Beschwerdegegner (Finanzamt ‑‑FA‑‑) zunächst. Nach Außenprüfungen für die Streitjahre änderte das FA mit Bescheiden vom 14.03.2018 beziehungsweise 03.04.2018 die Steuerfestsetzungen wie auch die Feststellungen gemäß § 173 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Hiergegen richteten sich die Einsprüche der Klägerin, die nur teilweise zum Erfolg führten.

  5. Im Klageverfahren wiederholte die Klägerin ihre Ansicht, hinsichtlich der Streitjahre 2007 bis 2009 sei mangels Straftat oder Steuerordnungswidrigkeit Festsetzungs- und Feststellungsverjährung eingetreten, und wandte sich daneben materiell-rechtlich gegen die Hinzuschätzung von Einnahmen für die Streitjahre 2009 bis 2011 (Einzelunternehmen) sowie gegen die Nichtanerkennung eines Entlastungsbetrags für Alleinerziehende in den Streitjahren 2007 bis 2011.

  6. Am 09.01.2020 ergingen während des Klageverfahrens weitere Änderungsbescheide für die Streitjahre 2008, 2009 und 2011. Das FA erhöhte den Gewinn der Klägerin aus dem Einzelunternehmen um Zahlungen der X GmbH (2008: 40.750 € und 2009: 34.200 €) und berücksichtigte die auf eine Rechnung der Klägerin an die "Fam. B" in Höhe von 6.983,40 € brutto an Y geleistete Zahlung im Streitjahr 2011. Die von der Klägerin gegen diese Änderungsbescheide eingelegten Einsprüche verwarf das FA als unzulässig.

  7. Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat das Vorliegen einer Steuerhinterziehung sowohl in Bezug auf die geltend gemachten Reisekosten der Klägerin als Unternehmerin als auch in Bezug auf die Voraussetzungen für einen Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in den Streitjahren 2007 und 2008 verneint. Im Übrigen wies das FG die Klage als unbegründet ab. Die Kosten des Verfahrens hat es unter Berufung auf § 136 Abs. 1 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) der Klägerin auferlegt.

  8. Die Klägerin begehrt die Zulassung der Revision. In Bezug auf die während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheide werde ihr ein Verfahrensabschnitt abgeschnitten, da es an der Möglichkeit der Durchführung eines Einspruchsverfahrens fehle und diese Bescheide sofort Gegenstand des Klageverfahrens geworden seien. Auch wendet sie sich mit der Beschwerde gegen die Kostenentscheidung, da dem FG-Urteil summenmäßig nicht zu entnehmen sei, ob sie trotz teilweisen Obsiegens billigerweise mit sämtlichen Kosten zu belasten sei. Darüber hinaus habe das FG in einem inneren Widerspruch zu seiner Entscheidung für 2007 und 2008 verkannt, dass auch für das Streitjahr 2009 Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Es sei in offensichtlich fehlerhafter Beweiswürdigung für dieses Jahr von einer Haushaltsgemeinschaft mit Y ausgegangen, ohne diesen als Zeugen zu hören. Sie habe ein eheähnliches Zusammenleben mit Y stets bestritten. Ferner wendet sich die Klägerin gegen die Beweiswürdigung des FG im Hinblick auf die Vereinnahmung von Beträgen der X GmbH. Schließlich beanstandet sie, dass durch die (berechtigte) Qualifikation von Zahlungen als Arbeitslohn im Jahre 2010 die Grundlagen der Geldverkehrsrechnung entfallen seien, die ihrerseits Grundlage der Hinzuschätzung gewesen sei.

  9. Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Beschwerde ist unzulässig, soweit sie das Streitjahr 2007 betrifft, da die Klägerin die Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO nicht erfüllt hat. Soweit die Beschwerde das Streitjahr 2008 sowie die Umsatzsteuern 2009 bis 2011, die Gewerbesteuermessbeträge 2010 und 2011 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2010 und zum 31.12.2011 betrifft, ist sie unbegründet. Die Beschwerde ist begründet, soweit sie die Einkommensteuer 2009 bis 2011 sowie die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2010 und 31.12.2011 betrifft, da der von der Klägerin geltend gemachte Verfahrensmangel der fehlenden Sachverhaltsaufklärung vorliegt, auf dem die Entscheidung des FG insoweit beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).

  2. 1. Soweit das Vorbringen der Klägerin die Einkommensteuerfestsetzung 2007, die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2007 und die gesonderte Feststellung des Gewerbeverlustes zum 31.12.2007 betrifft, hat sie schon keine Gründe dargelegt, die Revision gemäß § 115 Abs. 2 FGO zuzulassen.

  3. a) Nach § 115 Abs. 2 FGO ist die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) erfordert oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Die Revisionsgründe hat der Beschwerdeführer gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO darzulegen, was hier hinsichtlich des Streitjahres 2007 nicht geschehen ist.

  4. b) Die Klägerin wendet sich, soweit das FG-Urteil das Streitjahr 2007 betrifft, allein gegen die vom FG getroffene Kostenentscheidung. Dies führt nicht zur Zulassung der Revision. Weitere Rügen, die sich auf dieses Streitjahr beziehen, erhebt die Klägerin nicht.

  5. aa) Nach § 145 FGO ist die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Aus dieser Vorschrift folgt, dass die Revision wegen eines Zulassungsgrundes nach § 115 Abs. 2 FGO, der allein die Kostenentscheidung betrifft, nicht zuzulassen ist. Die Rüge einer fehlerhaften Kostenentscheidung kann damit nicht zur Zulassung der Revision führen, wenn der Nichtzulassungsbeschwerde in der Hauptsache der Erfolg zu versagen ist (vgl. nur BFH-Beschluss vom 03.07.2019 - VIII B 86/18, BFH/NV 2019, 1130, Rz 19, m.w.N.).

  6. bb) Die Klägerin legt außer der Rüge der Kostenentscheidung, soweit das FG-Urteil die Einkommensteuerfestsetzung 2007, die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2007 und die gesonderte Feststellung des Gewerbeverlustes zum 31.12.2007 betrifft, keine Gründe dar, weshalb die Revision in Bezug auf dieses Streitjahr zuzulassen sei. Somit ist die Beschwerde mangels Darlegung im Sinne des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO als unzulässig zu verwerfen. Folglich kann schon aus diesem Grunde die Rüge, das FG habe (auch) in Bezug auf das Streitjahr 2007 eine fehlerhafte Kostenentscheidung getroffen, der Beschwerde nicht zum Erfolg verhelfen.

  7. 2. Soweit das Vorbringen der Klägerin die Einkommensteuer- und Umsatzsteuerfestsetzungen 2008, die Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags 2008 und die gesonderte Feststellung des Gewerbeverlustes zum 31.12.2008 betrifft, ist die Beschwerde jedenfalls unbegründet.

  8. a) Hinsichtlich des Streitjahres 2008 wendet sich die Klägerin zunächst dagegen, dass die unter dem 09.01.2020 ergangenen Änderungsbescheide für dieses Streitjahr zum Gegenstand des Klageverfahrens gemacht worden sind, sowie dagegen, dass der hiergegen eingelegte Einspruch als unzulässig verworfen worden ist. Hiermit rügt sie einen Verfahrensfehler gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Sie macht einen Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens geltend. Ein solcher Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens liegt nicht vor. Das FG hat vielmehr verfahrensmäßig korrekt über die Änderungsbescheide und nicht über die Ursprungsbescheide entschieden.

  9. aa) Gemäß § 68 Satz 1 FGO wird bei einer Änderung oder Ersetzung des angefochtenen Verwaltungsakts (hier der angegriffenen Steuer-, Steuermess- und Verlustfeststellungsbescheide) nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Klageverfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen (§ 68 Satz 2 FGO).

  10. Angesichts dieser klaren gesetzlichen Regelung kann ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens nicht vorliegen, wenn wie hier das FG über den Änderungsbescheid entscheidet. Ein wesentlicher Verfahrensfehler im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO läge vielmehr vor, wenn das FG über die mit der Klage angefochtenen Bescheide entschieden hätte (vgl. insoweit nur BFH-Beschluss vom 02.12.2013 - III B 157/12, BFH/NV 2014, 545, Rz 6, m.w.N.).

  11. bb) § 68 Satz 1 FGO bewirkt eine Konzentration des Verfahrens, mit der dem Steuerpflichtigen das außergerichtliche Einspruchsverfahren genommen wird und er hierdurch einem erhöhten Kostenrisiko ausgesetzt ist (vgl. nur Herden, Deutsche Steuer-Zeitung 2000, 394; Nacke, Der AO-Steuer-Berater ‑‑AO-StB‑‑ 2007, 106; Steinhauff, AO-StB 2010, 119).

  12. (1) Die Klägerin meint, dass dieses Ergebnis tiefgreifenden rechtlichen Bedenken begegne. Sie zeigt aber nicht auf, inwiefern ‑‑in dieser Frage allein könnte grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO liegen‑‑ § 68 FGO deshalb verfassungswidrig sein könnte. Sie setzt sich nicht mit den verfassungsrechtlichen Maßstäben für die Prüfung dieser Verfahrensvorschrift auseinander, benennt sie noch nicht einmal, sondern beschränkt sich darauf, den Wegfall eines Verfahrensabschnitts zu rügen. Unabhängig davon, dass für die schlüssige Darlegung der Verfassungswidrigkeit eine substantiierte, an den Vorgaben des Grundgesetzes (GG) sowie der dazu ergangenen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts orientierte rechtliche Auseinandersetzung erforderlich machen (vgl. statt vieler BFH-Beschluss vom 08.02.2013 - VIII B 122/12, BFH/NV 2013, 952, Rz 4, m.w.N.), ist ein Verfassungsverstoß nicht gegeben. Denn gerade die Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG bleibt gewahrt, soweit die Klage wie hier zulässig erhoben worden ist, da eine Sachentscheidung durch das FG aufgrund des § 68 Satz 1 FGO gewährleistet ist (vgl. auch BFH-Urteil vom 16.12.2008 - I R 29/08, BFHE 224, 195, BStBl II 2009, 539, unter II.2.d bb im Fall der Unzulässigkeit einer Klage).

  13. (2) Zu bedenken ist auch, dass § 68 FGO in erster Linie einen Kläger schützen will und als Ausprägung des Grundsatzes des fairen Verfahrens verhindern soll, dass das FA diesen Kläger durch den einseitigen Akt der Änderung oder Ersetzung des angefochtenen Bescheides aus dem Klageverfahren herausdrängen und gegen seinen Willen wieder in das Verwaltungsverfahren zurückversetzen kann (vgl. nur BFH-Urteil vom 19.02.2020 - I R 19/17, BFHE 269, 243, BStBl II 2021, 223, Rz 16). Insoweit dient § 68 Satz 1 FGO der Herstellung der prozessualen Waffengleichheit, aber auch der Prozessökonomie und der Verfahrensvereinfachung (vgl. nur Schallmoser in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 68 FGO Rz 8 f., m.w.N.).

  14. b) Soweit die Klägerin ferner die Zurechnung der Beträge der X GmbH zu ihren Lasten im Streitjahr 2008 für fehlerhaft hält, weil sie zum einen die Vereinnahmung als solche bestreitet und zum anderen in dem Umbuchungsschreiben des Geschäftsführers der X GmbH keinen hinreichenden Beweis für eine Steuerhinterziehung sieht, wendet sie sich gegen die Rechtsanwendung und die tatsächliche Würdigung des FG zu diesen Punkten. Ein Revisionszulassungsgrund wird hierdurch nicht geltend gemacht.

  15. aa) Es entspricht ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung, dass die Rüge der falschen Rechtsanwendung und tatsächlichen Würdigung des Streitfalls durch das FG im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren grundsätzlich nicht beachtlich ist. Das gilt insbesondere für Einwendungen gegen die Richtigkeit von Steuerschätzungen (Verstöße gegen anerkannte Schätzungsgrundsätze, Denkgesetze und Erfahrungssätze sowie materielle Rechtsfehler, vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 08.08.2019 - X B 117/18, BFH/NV 2019, 1219, Rz 30, m.w.N. und vom 20.01.2022 - X B 132-133/20, BFH/NV 2022, 734, Rz 21). Allein mit dem Vorbringen, die Schätzung sei fehlerhaft, kann ein Kläger im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nicht gehört werden. Folglich kann die Klägerin mit ihrem Vorbringen, die Würdigung des FG in Bezug auf die vermeintliche Vereinnahmung von Beträgen durch die X GmbH im Streitjahr 2008 sei fehlerhaft erfolgt, grundsätzlich nicht gehört werden.

  16. bb) Eine Revisionszulassung ist hinsichtlich des Streitjahres 2008 auch nicht insoweit geboten, als ‑‑eine ordnungsgemäße Darlegung im Sinne des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO unterstellt‑‑ die Klägerin eine mangelnde Begründung beziehungsweise Begründungstiefe des angefochtenen Urteils und damit einen Verfahrensfehler im Sinne des § 119 Nr. 6 FGO rügen wollte. Gleiches gilt, sollte die Klägerin einen schwerwiegenden ("qualifizierten") Rechtsanwendungsfehler im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO rügen wollen. Das betrifft sowohl die Frage, ob ihr die Zahlungen der X GmbH zugerechnet werden können, als auch die Frage, ob ihr insoweit eine Steuerhinterziehung zur Last fällt.

  17. (1) Nach § 119 Nr. 6 FGO ist ein Urteil stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen, wenn die Entscheidung nicht mit Gründen versehen ist. Die Begründungspflicht setzt zwar nicht voraus, dass jedes Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen erörtert werden muss (BFH-Beschluss vom 26.02.2019 - VIII B 133/18, BFH/NV 2019, 574, Rz 10). Verletzt wird sie allerdings, wenn den Prozessbeteiligten die Grundlage entzogen ist, die getroffene Entscheidung auf ihre Richtigkeit und Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Es reicht insoweit aus, wenn die Gründe nur zum Teil fehlen und das Gericht hierbei einen selbständigen Anspruch oder ein selbständiges Angriffs- oder Verteidigungsmittel mit Stillschweigen übergeht beziehungsweise einen bestimmten Sachverhaltskomplex überhaupt nicht berücksichtigt (Senatsbeschluss vom 18.04.2020 - X B 146/19, BFH/NV 2020, 899, Rz 9, m.w.N.).

  18. Ein Verfahrensfehler im Sinne des § 119 Nr. 6 FGO liegt somit erst vor, wenn eine rechtliche Begründung fehlt. Dies ist vorliegend nicht der Fall, weil das FG seine Auffassung mittels Bezugnahme auf das Umbuchungsschreiben des Geschäftsführers der X GmbH begründet. Soweit die Klägerin diese Bezugnahme nicht für ausreichend erachtet, wendet sie sich allein gegen die Würdigung durch das FG.

  19. (2) Ein zur Zulassung der Revision berechtigender erheblicher ("qualifizierter") Rechts(anwendungs)fehler in Bezug auf die Zahlungen der X GmbH im Streitjahr 2008, den die Klägerin auch nur unzureichend darlegt, liegt nicht vor.

  20. Denn ein solcher Rechtsanwendungsfehler ist nach der gefestigten BFH-Rechtsprechung nur gegeben, wenn die angefochtene Entscheidung objektiv willkürlich und unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar ist (z.B. Senatsbeschluss vom 25.03.2010 - X B 176/08, BFH/NV 2010, 1455, unter 2.). Diese Grundsätze gelten auch in Schätzungsfällen. Danach liegt ein solch schwerwiegender Mangel nur vor, wenn die Schätzung gegen das Willkürverbot verstößt, wenn das Schätzungsergebnis schlechthin unvertretbar ist oder wenn überhaupt nicht erkennbar ist, dass und gegebenenfalls welche Schätzungserwägungen das FG vorgenommen hat (Senatsbeschluss vom 11.07.2012 - X B 41/11, BFH/NV 2012, 1634, Rz 10). Das FG hat jedoch durch die Bezugnahme auf das Umbuchungsschreiben des Geschäftsführers der X GmbH auf Seite 13 seines Urteils erkennen lassen, worauf es die Zurechnung stützt. Mit demselben Hinweis hat das FG auch begründet, warum es hinsichtlich der Vereinnahmung der Zahlungseingänge der X GmbH in Höhe von 40.750 € (auch) in diesem Streitjahr von einem Steuerhinterziehungsvorwurf ausgeht, der zu einer Verlängerung dieser Verjährungsfristen (vgl. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO) führt.

  21. c) Mangels Vorliegens von Gründen, die Revision, soweit sie das Streitjahr 2008 betrifft, zuzulassen, können auch die Einwendungen der Klägerin gegen die Kostenentscheidung insoweit aus den bereits unter II.1. dargelegten Gründen keinen Erfolg haben.

  22. 3. Die Beschwerde ist begründet, soweit das FG-Urteil die Einkommensteuer 2009 bis 2011 sowie die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2010 und 31.12.2011 betrifft. Insoweit führt sie zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung (§ 116 Abs. 6 FGO). Die Klägerin hat zu Recht beanstandet, dass das FG Y nicht als Zeugen zu den tatsächlichen Lebensverhältnissen vernommen hat. Das FG hat nicht in ausreichendem Umfang ermittelt, ob die Klägerin und Y in diesen Streitjahren in einer Haushaltsgemeinschaft gelebt haben und deshalb ein Entlastungsbetrag gemäß § 24b Abs. 2 EStG der Klägerin, wie von ihr beantragt, zu gewähren ist. Das FG hätte Y als Zeugen hierzu von Amts wegen hören müssen. Damit hat das FG den entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht vollständig aufgeklärt und gegen seine Pflicht zur Sachaufklärung von Amts wegen (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO) verstoßen. Das FG-Urteil kann, soweit es die Einkommensteuer 2009 bis 2011 und die gesonderten Feststellungen des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2010 und zum 31.12.2011 betrifft, auf diesem Verfahrensmangel beruhen.

  23. a) Gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO hat das Gericht den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen und dabei die erforderlichen Beweise (§ 81 Abs. 1 Satz 2 FGO) zu erheben. Zur Erfüllung seiner Sachverhaltsaufklärungspflicht hat das FG den entscheidungserheblichen Sachverhalt so vollständig wie möglich und bis zur Grenze des Zumutbaren, das heißt unter Ausnutzung aller verfügbaren Beweismittel, aufzuklären. Dabei hat es unabhängig von den Beweisanträgen der Beteiligten (§ 76 Abs. 1 Satz 5 FGO) im Zweifel auch von sich aus Beweise zu erheben (BFH-Beschluss vom 23.10.2006 - III B 5/06, BFH/NV 2007, 458, unter II.1., m.w.N.). Denn auch die in § 76 Abs. 1 Satz 5 FGO erwähnte fehlende Bindung des FG an Beweisanträge der Beteiligten bedeutet nicht etwa, dass das Gericht frei entscheiden könnte, ob es beantragte Beweise erhebt oder nicht. Gerade im Gegenteil will diese Vorschrift es dem FG ‑‑in ausdrücklicher Abweichung von zivilprozessualen Grundsätzen‑‑ ermöglichen, auch von sich aus solche Beweise zu erheben, die von den Beteiligten nicht angeboten worden sind (Senatsbeschluss vom 16.12.2016 - X B 41/16, BFH/NV 2017, 310, Rz 15, m.w.N.). Eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht liegt jedenfalls vor, wenn das FG Tatsachen oder Beweismittel außer Acht lässt, deren Ermittlung sich ihm hätten aufdrängen müssen (so etwa BFH-Urteil vom 25.05.2004 - VII R 8/03, BFH/NV 2004, 1498, unter II.2.d; BFH-Beschluss vom 23.10.2006 - III B 5/06, BFH/NV 2007, 458, unter II.1.).

  24. b) Das FG ist im Streitfall von einer Haushaltsgemeinschaft der Klägerin mit Y allein aus verschiedenen Anhaltspunkten ausgegangen, ohne Y als Zeugen zu vernehmen. So stützt das FG seine Würdigung nicht zuletzt darauf, dass sich Y in einem gegen ihn geführten Steuerstrafverfahren bereits im Vor-Streitjahr 2006 als mit der Klägerin verlobt bezeichnet hat. Auch stellt das FG heraus, dass er der Vater auch der zweiten im Streitjahr 2009 geborenen Tochter der Klägerin sei und deshalb spätestens seit diesem Jahr ein "nicht nur allein geschäftlich bedingte(-r) Begegnungsverkehr" anzunehmen sei. Gestützt werde die Verlobungsangabe im Steuerstrafverfahren dadurch, dass Y bei der späteren Durchsuchung der Wohnung der Klägerin am 14.03.2013 dort angetroffen worden sei und aufgrund der dabei getroffenen Feststellungen durch die Steuerfahnder ein Zusammenwohnen wie -leben mit der Klägerin und ihren beiden gemeinsamen Töchtern bestätigt habe. Weitere Indizien, die für das FG die Haushaltsgemeinschaft belegen sollen, sind die aufgrund eines Schwimmbadbereichs für familienwohntauglich gehaltenen Wohn- und Lebensverhältnisse im Wohnhaus der Klägerin sowie auch die Erteilung einer Bankvollmacht und einer Generalvollmacht für Angelegenheiten der Klägerin.

  25. c) Auch wenn das FG ausdrücklich darauf abstellt, aufgrund der dargestellten Anhaltspunkte keinen Zweifel "am tatsächlichen Gegebensein einer derartigen Haushaltsgemeinschaft" zwischen Y und der Klägerin zu haben, erscheint es nicht zwingend, sondern nur möglich, diese Schlussfolgerung für die Streitjahre zu treffen. Ausgehend vom Amtsermittlungsgrundsatz hätte es sich wie im Fall der Sachaufklärung bei einem Streit über das Vorliegen der Voraussetzungen der Veranlagung von Ehegatten nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG nicht nur angeboten, sondern sogar aufgedrängt, Y als Zeugen zu vernehmen - unabhängig von einem entsprechenden Beweisantrag der Beteiligten. Zwar hängen der Umfang und die Intensität der vom FG anzustellenden Ermittlungen auch vom Vortrag und vom Verhalten der Beteiligten ab. Es muss jedoch von sich aus tatsächlichen Zweifeln nachgehen, die sich ihm nach Lage der Akten und dem Vortrag der Beteiligten aufdrängen mussten (vgl. insoweit, wenn auch in Bezug auf die Ehegattenveranlagung nach § 26 EStG: BFH-Urteil vom 18.07.1996 - III R 90/95, BFH/NV 1997, 139, m.w.N.).

  26. Vorliegend bedeutet dies, dass das FG aufgrund der Behauptungen der Klägerin, Y habe sich lediglich aus taktischen Gründen in einem ihn betreffenden Steuerstrafverfahren als ihr Verlobter bezeichnet und auch bei einer späteren Durchsuchung auf die Auflösung dieser Verlobung verwiesen, die näheren Umstände des Zusammenlebens in den einzelnen Streitjahren hätte aufklären müssen, zumal auch Verlobte nicht zwingend eine Haushaltsgemeinschaft bilden. Es hätte deshalb wie im Fall der Ehegattenveranlagung nahegelegen, von Amts wegen Ermittlungen darüber anzustellen, wie sich die Lebensverhältnisse der Klägerin und des Y in den Streitjahren 2009 bis 2011 tatsächlich darstellten und ob bereits eine Haushaltsgemeinschaft vorlag. Das FG hätte daher die Klägerin auffordern müssen, die tatsächlichen Umstände des Zusammenlebens und ihren persönlichen Umgang mit Y näher darzulegen. Unabhängig davon wäre es nötig gewesen, Y als Zeugen hierzu zu vernehmen. Dies erscheint vorliegend auch deshalb erforderlich, weil das FG es selbst nicht ausschließt, dass Y vor dem Streitjahr 2009 trotz der Geburt des zweiten gemeinsamen Kindes noch nicht bei der Klägerin eingezogen sein könnte, obwohl er bereits seit dem 27.05.2008 nicht mehr mit seiner bisherigen Ehefrau gemeldet gewesen war.

  27. d) Die Vernehmung von Y als Zeugen war für die Entscheidung des Streitfalles, soweit es die Gewährung eines Entlastungsbetrags nach § 24b EStG für die Streitjahre 2009 bis 2011 betrifft, auch erheblich. Dabei geht der Senat ‑‑dies klarstellend‑‑ aufgrund des bisherigen Verfahrensablaufs davon aus, dass die Klägerin nicht nur einen solchen Entlastungsbetrag für das Streitjahr 2009 begehrt, sondern auch weiterhin für die weiteren Streitjahre 2010 und 2011. Denn es ist, obwohl die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung nur auf die Vernehmung von Y in Bezug auf die Situation im Streitjahr 2009 abstellt, nicht erkennbar, dass die Klägerin für diese weiteren Streitjahre von einer anderen Situation ausgeht. Schließlich verweist die Klägerin ausdrücklich darauf, dass sie immer bestritten habe, eheähnlich mit Y zusammengelebt zu haben. Sowohl im Verwaltungs- wie auch im Klageverfahren hat sie stets einen Entlastungsbetrag gemäß § 24b EStG für sämtliche Streitjahre verlangt.

  28. aa) Der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende wird alleinstehenden Steuerpflichtigen gewährt, zu deren Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht (§ 24b Abs. 1 Satz 1 EStG). Steuerpflichtige, die eine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen volljährigen Person bilden, sind nicht alleinstehend, es sei denn, dass ihnen für die volljährige Person ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 EStG oder Kindergeld zusteht oder es sich um ein Kind im Sinne des § 63 Abs. 1 Satz 1 EStG handelt, das einen Dienst nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 EStG leistet oder eine Tätigkeit nach § 32 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 EStG ausübt (§ 24b Abs. 3 Satz 1 EStG; in den Streitjahren noch § 24b Abs. 2 Satz 1 EStG a.F.). Eine Haushaltsgemeinschaft liegt nach der gesetzlichen Definition in § 24b Abs. 3 Satz 2 EStG (in den Streitjahren noch § 24b Abs. 2 Satz 2 EStG a.F.) vor, wenn der Steuerpflichtige mit einer anderen volljährigen Person in einer Wohnung gemeinsam wirtschaftet; sie wird bei übereinstimmenden Meldeverhältnissen widerleglich vermutet (§ 24b Abs. 3 Satz 2 und 3 EStG bzw. in den Streitjahren § 24b Abs. 2 Satz 2 und 3 EStG a.F.).

  29. bb) Mangels übereinstimmender Meldeverhältnisse ist eine Haushaltsgemeinschaft der Klägerin mit Y nicht widerlegbar zu vermuten, sondern muss nach allgemeinen Regeln festgestellt werden. Dies kann vorliegend erst nach der Vernehmung von Y vom FG beurteilt und gewürdigt werden. Auch ohne einen ausdrücklichen Beweisantrag musste das FG deshalb eine solche Zeugeneinvernahme im Rahmen seiner Pflicht zur Sachverhaltsaufklärung nach § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO durchführen.

  30. e) Das FG-Urteil kann, soweit es die Festsetzungen der Einkommensteuer der Streitjahre 2009 bis 2011 sowie die Feststellungen der verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer zum 31.12.2010 und zum 31.12.2011 betrifft, auf dem von der Klägerin geltend gemachten Sachaufklärungsmangel des FG im Sinne des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO beruhen. Die Voraussetzung, dass ein Urteil auf einem geltend gemachten Verfahrensmangel zu beruhen vermag, ist bereits erfüllt, wenn die Möglichkeit besteht, dass das Urteil bei richtigem Verfahren anders ausgefallen wäre; dabei kommt es auf den Rechtsstandpunkt des FG an, mag dieser richtig oder falsch sein (Senatsbeschluss vom 22.03.2023 - X B 135/21, BFH/NV 2023, 731, Rz 33, m.w.N.). Vorliegend ist dies bereits deshalb gegeben, weil das FG der Aussage von Y im Strafverfahren, er sei mit der Klägerin verlobt, ausdrücklich auf Seite 12 seines Urteils eine hohe Bedeutung beigemessen hat.

  31. f) Soweit es die Einkommensteuer 2009 bis 2011 sowie die Feststellung der verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer zum 31.12.2010 und zum 31.12.2011 betrifft, macht der Senat von seiner nach § 116 Abs. 6 FGO bestehenden Möglichkeit, das Urteil insoweit aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen, Gebrauch.

  32. 4. Zumindest unbegründet ist die Beschwerde jedoch, soweit es die Umsatzsteuer 2009 bis 2011, die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge 2010 und 2011 und die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2010 und zum 31.12.2011 betrifft. Revisionsgründe, wenn von der Klägerin überhaupt geltend gemacht, liegen jedenfalls nicht vor.

  33. a) Soweit die Klägerin die Zulassung der Revision aufgrund der für die Streitjahre 2009 und 2011 während des Klageverfahrens ergangenen Änderungsbescheide begehrt, ist die Beschwerde aus den bereits unter II.2.a genannten Gründen unbegründet.

  34. b) Eine Revisionszulassung ist auch nicht möglich, soweit die Klägerin darauf verweist, dass die Geldverkehrsrechnung und mit ihr die Hinzuschätzung für das Streitjahr 2010 obsolet geworden sei, nachdem drei zunächst als Arbeitslohn deklarierte, jedoch nicht erklärte Zahlungen im Jahre 2010 nacherfasst wurden. Hiermit macht sie lediglich eine fehlerhafte Rechtsanwendung des FG geltend. Ein qualifizierter Rechtsanwendungsfehler ist nicht erkennbar, sollte er überhaupt dargelegt worden sein. Die Hinzuschätzung eines Gewinns in Höhe von 4.370 € und Umsatzsteuern in Höhe von 121,60 € beruht auf einem Unsicherheitszuschlag von 10 % auf die Erlöse des Streitjahres 2010. Das FG hat auf Seite 14 seines Urteils dargelegt, dass eine solche Hinzuschätzung gerade Folge der Unvollständigkeit der Erfassung sämtlicher Geschäftseinnahmen durch die Klägerin ist, wozu auch die drei als Arbeitslohn deklarierten Zahlungen in Höhe von 5.715 € gehören. Gleiches gilt im Übrigen für den Unsicherheitszuschlag von 15 % für das Streitjahr 2011. Ausweislich der Beschwerdebegründung beschränkt die Klägerin sich allerdings hinsichtlich der Rüge der Fehlerhaftigkeit der Hinzuschätzungen auf das Streitjahr 2010.

  35. c) Soweit die Klägerin sich gegen die Kostenentscheidung im FG-Urteil bezüglich der Streitjahre 2009 bis 2011 wendet, ist diese aufgrund der Aufhebung des FG-Urteils, der Einkommensteuerfestsetzungen 2009 bis 2011 und der Feststellungen der verbleibenden Verlustvorträge zur Einkommensteuer auf den 31.12.2010 und auf den 31.12.2011 neu zu fassen. Soweit das FG-Urteil die Umsatzsteuer 2009 bis 2011 und die Festsetzung der Gewerbesteuermessbeträge 2010 und 2011 oder die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes zum 31.12.2010 und zum 31.12.2011 betrifft, kann mangels Vorliegens von Revisionszulassungsgründen in Bezug auf diese Streitgegenstände eine Revisionszulassung nicht erfolgen. Insoweit wird auf die Ausführungen unter II.1. verwiesen.

  36. 5. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung hat der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO abgesehen.

  37. 6. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO. Das FG hat mit Rücksicht auf den Grundsatz der Einheitlichkeit der Kostenentscheidung auch über die Kosten der durch den Beschluss rechtskräftig abgeschlossenen Teile des Verfahrens zu entscheiden (vgl. Senatsbeschluss vom 25.08.2022 - X B 96/21, BFH/NV 2022, 1187, Rz 43, m.w.N.).

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