ECLI:DE:BFH:2024:U.130624.IIIR26.21.0
BFH III. Senat
GewStG § 9 Nr 1 S 2, GewStG § 9 Nr 1 S 5 Nr 1, GewStG VZ 2012
vorgehend FG Münster, 11. Mai 2021, Az: 9 K 2274/19 G
Leitsätze
1. NV: Verhilft der Vermieter von seniorengerechten Appartements seinen Mietern zum Abschluss von während der Dauer des Mietverhältnisses ordentlich unkündbaren Dienstleistungsverträgen zu einem nicht den Marktverhältnissen entsprechenden Preis und erhält er von ihnen deshalb mehr als das Doppelte der ortsüblichen Miete, liegt ein Verstoß gegen den Ausschließlichkeitsgrundsatz des § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) vor.
2. NV: Der Grundbesitz dient dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG, wenn er für die betrieblichen Zwecke des Gesellschafters dienlich oder von Nutzen ist und ohne die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft zum gewerblichen (Sonder-)Betriebsvermögen des Gesellschafters gehören würde (Bestätigung der Rechtsprechung).
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 11.05.2021 - 9 K 2274/19 G wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
In der Sache ist streitig, ob der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer GmbH, die (unter anderem) Wohnungen an Senioren vermietete, im Streitjahr 2012 die erweiterte Gewerbesteuerkürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) zusteht.
A und B waren zu jeweils 50 % Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin. Sie waren Eigentümer des streitgegenständlichen Grundstücks. Auf dem Nachbargrundstück betrieb eine GmbH & Co. KG (KG) ein Hotel mit Restaurant. Kommanditisten der KG waren im Streitjahr A und B zu jeweils 50 %. Komplementärin der KG war eine GmbH, aber nicht die Klägerin. Das streitgegenständliche Grundstück überließen A und B der Klägerin, die dort vor dem Streitjahr eine Seniorenresidenz errichtete, zu der 33 Wohnungen, eine Praxis und sonstige Geschäftsräume, darunter ein Café und ein Speisesaal, sowie Außenanlagen gehörten. A und B verpflichteten sich im Gegenzug privatschriftlich "auf Dauer, mindestens bis zum Ablauf der Nutzungsdauer der errichteten Bauten etc., von jeglichen Einwirkungen auf das Grundstück Abstand zu nehmen" und "die tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück" auf die Klägerin zu übertragen; A und B seien sich darüber klar, dass hierdurch "Herausgabeansprüche [ihres] Eigentums" nicht mehr bestünden. Des Weiteren verpflichteten sich A und B, auf Verlangen der Klägerin ihr auch zivilrechtlich Eigentum an dem Grundstück zu übertragen.
Vor dem Streitjahr "verkaufte" die Klägerin der KG mit privatschriftlichem "Kaufvertrag" unter anderem das Café und den Speisesaal, die als "Bauten (Café 246 qm)" bezeichnet wurden, für rund 208.500 €.
Die 33 Appartements vermietete die Klägerin an Senioren, die übrigen Räume an Dritte. Die für die Appartements erhobenen Mieten beliefen sich auf mehr als das Doppelte der ortsüblichen Miete für vergleichbare Wohnungen. Wurde eine Wohnung von mehr als einer Person genutzt, erhöhte sich die Miete.
Neben dem Abschluss des Mietvertrags mit der Klägerin wurde den Senioren der Abschluss eines Dienstleistungsvertrags mit der KG angeboten, in dem sich die KG verpflichtete, zu einem niedrigen monatlichen Pauschalpreis Dienstleistungen zu erbringen. Hierzu gehörten nach dem vom Finanzgericht (FG) in Bezug genommenen Vertrag unter anderem die wöchentliche Reinigung der Wohnung, die Fensterreinigung, ein wöchentlicher Wechsel der Handtücher, ein 14-tägiger Wechsel der Bettwäsche, die Reinigung der hauseigenen Handtücher und Bettwäsche, ein Fahrdienst zur Kirche, die Teilnahme am Programm des Hotels, wie zum Beispiel Grill- und Tanzabende, die gelegentliche kostenlose Mitfahrt im Bereich des Ortsteils, die Hilfe in persönlichen Fragen im Bereich Ämter, Behörden, Banken, Kassen und bei der Beschaffung ärztlicher Hilfe, die Durchführung von gemeinschaftlichen Feiern zu besonderen Anlässen wie Weihnachten, Silvester und Ostern, regelmäßige Gymnastik, kreatives Gestalten und geistige Aktivitäten, die Durchführung des Umzuges zur Seniorenresidenz und die Überlassung einer Küchenzeile zur Nutzung. Die Senioren hatten die Möglichkeit, gegen gesondertes Entgelt im Café (Speisesaal) zu essen. Sie konnten sich das Essen auch gegen einen Aufpreis in ihr jeweiliges Appartement bringen lassen.
Die Klägerin veröffentlichte ein Leistungsverzeichnis und bewarb die Leistungen ‑‑die Vermietung seniorengerechter Wohnungen, die Verpflegung und die Serviceleistungen‑‑ als Gesamtheit. Dass die Leistungen zum Teil nicht von der Klägerin, sondern von der KG (oder Dritten) erbracht werden sollten, war der Werbung nicht zu entnehmen.
Die Miet- und die Dienstleistungsverträge wurden den Senioren gleichzeitig vorgelegt, erläutert und sodann zusammen abgeschlossen. Eine ordentliche Kündigung des jeweiligen Dienstleistungsvertrages war nur gleichzeitig mit der Kündigung des Mietvertrages möglich. Die von der KG nach den Feststellungen des FG zu nicht marktgerechten Preisen erbrachten Leistungen waren für die Mieter der Klägerin der entscheidende Grund dafür, das Objekt als Seniorenresidenz anzusehen und dort zu den von der Klägerin festgelegten Konditionen eine Wohnung anzumieten. Die Preisaufteilung zwischen den Verträgen entsprach nach den Feststellungen des FG nicht den tatsächlichen Marktverhältnissen und war nicht fremdüblich; die Gewinnverteilung zwischen der Klägerin und der KG war unangemessen.
In ihrer Gewerbesteuererklärung für das Streitjahr 2012 beantragte die Klägerin die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG. Ein Fall des § 3 Nr. 20 Buchst. c GewStG (Gewerbesteuerfreiheit für Altenheime, Altenwohnheime) lag unstreitig nicht vor. Leistungen im Sinne des Heimgesetzes erbrachten weder die Klägerin noch die KG.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) setzte den Gewerbesteuermessbetrag zunächst gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung unter Vorbehalt der Nachprüfung, im Übrigen aber erklärungsgemäß unter Berücksichtigung der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Höhe von 0 € fest. Nach einer Betriebsprüfung kam das beklagte FA zu der Auffassung, dass die Voraussetzungen der erweiterten Gewerbesteuerkürzung nicht vorlägen. Es erließ mit Datum vom 02.03.2017 einen geänderten Gewerbesteuermessbescheid für das Jahr 2012, in dem es den Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von 8.890 € festsetzte. Dabei ging es von einem Gewerbeertrag (vor Abrundung) in Höhe von 254.024 € aus; darin enthalten waren Kapitalerträge in Höhe von 69.884,32 €, Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG in Höhe von 32 € und eine Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG von 6.503 €.
Einspruch und Klage der Klägerin blieben erfolglos. Das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 1567 veröffentlicht.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision.
Die Klägerin beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und den Gewerbesteuermessbescheid 2012 vom 02.03.2017 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 02.07.2019 dahingehend zu ändern, dass statt der bisher angesetzten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG von 6.503 € eine Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG in Höhe von 190.675 € berücksichtigt wird.Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist als unbegründet zurückzuweisen. Das Urteil ist im Ergebnis richtig (§ 126 Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
1. a) Kapitalgesellschaften wie die Klägerin sind kraft Rechtsform gewerbesteuerpflichtig (§ 2 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 GewStG). Besteuerungsgrundlage ist der Gewerbeertrag, das ist der nach dem Einkommensteuer- oder Körperschaftsteuergesetz ermittelte Gewinn, vermehrt und vermindert um die in § 8 und § 9 GewStG genannten Beträge (§ 6 i.V.m. § 7 GewStG). Gemäß § 9 Nr. 1 Satz 1 Halbsatz 1 GewStG wird die Summe des Gewinns und der Hinzurechnungen (§ 8 GewStG) um 1,2 % des Einheitswerts des zum Betriebsvermögen des Unternehmers gehörenden und nicht von der Grundsteuer befreiten Grundbesitzes gekürzt. Auf Antrag tritt gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG bei Unternehmen, die ‑‑von unschädlichen Nebentätigkeiten und den in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG genannten Fällen abgesehen‑‑ ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, an Stelle der einfachen Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 1 GewStG die erweiterte Kürzung um den Teil des Gewerbeertrags, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt.
b) Die von § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG geforderte ausschließliche Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes bedeutet, dass grundsätzlich nur die begünstigte Tätigkeit ausgeübt werden darf und es sich ausnahmslos um eigenen Grundbesitz handeln muss.
aa) Zur Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes gehören neben dem Abschluss von Mietverträgen auch Tätigkeiten wie zum Beispiel die Bewachung des Objekts, Werbemaßnahmen, die Reinigung von Gemeinschaftsflächen im Vermietungsobjekt und der zur Verwaltung genutzten Büroräume (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 14.07.2016 - IV R 34/13, BFHE 255, 12, BStBl II 2017, 175, Rz 35 ff., 41 ff.; Senatsurteil vom 23.03.2023 - III R 49/20, BFHE 280, 293, BStBl II 2024, 126, Rz 22).
bb) Nebentätigkeiten ‑‑zum Beispiel die Mitvermietung fremden Grundbesitzes neben dem eigenen oder Werbung, die auch einem anderen Unternehmen zugutekommt,‑‑ sind ausnahmsweise mit dem Ausschließlichkeitsgebot vereinbar und nicht begünstigungsschädlich, wenn sie der Verwaltung und Nutzung eigenen Grundbesitzes im engeren Sinn dienen und als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden können (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsurteile vom 23.03.2023 - III R 49/20, BFHE 280, 293, BStBl II 2024, 126, Rz 12, m.w.N., und vom 18.12.2019 - III R 36/17, BFHE 267, 406, BStBl II 2020, 405, Rz 28, m.w.N.; BFH-Urteil vom 22.10.2020 - IV R 4/19, BFHE 270, 529, BStBl II 2022, 87, Rz 23). Dabei ist das Merkmal "zwingend notwendig" mit "unentbehrlich" gleichzusetzen und die Prüfung anhand objektiver Umstände vorzunehmen und nicht nach den Beziehungen zwischen dem Steuerpflichtigen einerseits und seinen tatsächlichen Geschäftspartnern andererseits (Senatsurteil vom 11.04.2019 - III R 36/15, BFHE 264, 470, BStBl II 2019, 705, Rz 27, m.w.N.). Ist der Umfang einer derartigen Nebentätigkeit gering, kommt es nicht zur Versagung der erweiterten Kürzung wegen Verstoßes gegen das Ausschließlichkeitsgebot (BFH-Urteil vom 11.01.2024 - IV R 24/21, BFH/NV 2024, 769, Rz 35, m.w.N.; zur Schädlichkeitsgrenze s.a. BFH-Urteil vom 26.02.1992 - I R 53/90, BFHE 167, 557, BStBl II 1992, 738, unter II.1.b).
cc) Die neben der Vermögensverwaltung des Grundbesitzes erlaubten und somit gleichfalls nicht begünstigungsschädlichen, selbst jedoch nicht begünstigten Tätigkeiten sind in § 9 Nr. 1 Satz 2 und 3 GewStG abschließend aufgezählt (Senatsurteil vom 23.03.2023 - III R 49/20, BFHE 280, 293, BStBl II 2024, 126, Rz 12, m.w.N.). Diese Vorschrift ist im Streitfall ohne Belang; keiner der dort genannten Fälle kommt in Betracht.
c) Die erweiterte Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG kann (unter anderem) in den Fällen des § 9 Nr. 1 Satz 5 GewStG nicht in Anspruch genommen werden, auch wenn die Voraussetzungen für die erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG an sich erfüllt sind. Im Streitfall kommt insoweit nur § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG in Betracht, auf den das FG die Vorentscheidung gestützt hat. Hiernach ist die erweiterte Kürzung ausgeschlossen, wenn der Grundbesitz ganz oder zum Teil dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters oder Genossen der grundbesitzverwaltenden Gesellschaft dient oder einer Personengesellschaft dient, an welcher der Gesellschafter der grundbesitzverwaltenden Gesellschaft als Mitunternehmer beteiligt ist (BFH-Urteile vom 16.09.2021 - IV R 7/18, BFHE 274, 218, BStBl II 2022, 767, Rz 21; vom 22.01.2009 - IV R 80/06, BFH/NV 2009, 1279, Rz 14 f., und vom 24.09.1969 - I 206/64, BFHE 97, 40, BStBl II 1969, 738, Rz 15 ff.; anders, wenn der Grundbesitz einer Kapitalgesellschaft dient, an der ein Gesellschafter wesentlich beteiligt ist, s. z.B. BFH-Urteil vom 15.12.1998 - VIII R 77/93, BFHE 187, 326, BStBl II 1999, 168, Rz 25).
Der Grundbesitz dient dem Gewerbebetrieb eines Gesellschafters, wenn er von diesem aufgrund eines Miet- oder Pachtvertrags genutzt wird oder sonst den betrieblichen Zwecken des Gesellschafters dient, für diese dienlich oder von Nutzen ist (z.B. Senatsbeschluss vom 01.06.2022 - III R 3/21, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 2022, 1048, Rz 20, m.w.N.; zur Anmietung und Nutzung durch Dritte s. z.B. BFH-Urteil vom 28.07.1993 - I R 35/92, BFHE 172, 110, BStBl II 1994, 46, Rz 8, m.w.N.) und wenn der Grundbesitz ohne die Zwischenschaltung einer Kapitalgesellschaft zum gewerblichen (Sonder-)Betriebsvermögen des Gesellschafters (in dem vorstehend genannten, weiten Sinne) gehören würde (z.B. BFH-Urteile vom 18.12.2014 - IV R 50/11, BFHE 248, 346, BStBl II 2015, 597, Rz 27 f.; vom 17.01.2006 - VIII R 60/02, BFHE 213, 5, BStBl II 2006, 434, Rz 32 ff.; vom 17.01.2002 - IV R 51/00, BFHE 198, 120, BStBl II 2002, 873, Rz 13 und 17, und vom 18.12.1974 - I R 10/73, BFHE 114, 437, BStBl II 1975, 268, unter 1.b).
2. Im Streitfall stand der Klägerin die erweiterte Kürzung (§ 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG) nach diesen Grundsätzen nicht zu. Die Vorentscheidung ist im Ergebnis richtig, weshalb die Revision als unbegründet zurückzuweisen ist (§ 126 Abs. 4 FGO).
a) Das FG-Urteil ist zwar rechtsfehlerhaft, weil das FG davon ausgegangen ist, dass im Streitfall die Voraussetzungen für eine erweiterte Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG im Grundsatz erfüllt sind, obwohl die Klägerin nicht ausschließlich eigenen Grundbesitz verwaltet und nutzt (s. unter b). Außerdem hätte das FG bei der Prüfung des Ausschlusses der erweiterten Kürzung gemäß § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG nach den vorstehend genannten Grundsätzen feststellen müssen, ob der Grundbesitz ohne die Zwischenschaltung der Klägerin zum (Sonder-)Betriebsvermögen von A und B beziehungsweise der KG gehört hätte; das FG durfte diese Frage nicht offen lassen.
b) Die Vorentscheidung ist jedoch im Ergebnis richtig, weil die erweiterte Kürzung im Streitfall ‑‑entgegen der Vorentscheidung‑‑ schon gemäß § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG wegen eines Verstoßes gegen den Ausschließlichkeitsgrundsatz zu versagen ist. Denn die Klägerin hat den Senioren nach den Feststellungen des FG, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), nicht nur Wohnungen zur Nutzung überlassen, sondern ihnen mit dem Abschluss des Mietvertrags auch zum Abschluss eines während der Dauer des Mietverhältnisses ordentlich unkündbaren Dienstleistungsvertrags deutlich unter Marktpreisen (in etwa zum Selbstkostenpreis) verholfen und dafür einen mehr als 100%igen Aufschlag auf die ortsübliche Miete für vergleichbare Wohnungen erhalten. Dies stellt weder eine zwingend notwendige noch eine quantitativ geringfügige Nebentätigkeit zur Vermietung der seniorengerechten Appartements dar.
aa) Da die KG (auch nach dem Vortrag der Klägerin) kein wirtschaftliches Interesse an den Verträgen mit den Senioren hatte, kann nur eine zumindest konkludente Vereinbarung mit der Klägerin dafür ursächlich gewesen sein, dass die KG jedes Mal, wenn die Klägerin ein Seniorenappartement vermietete, beim Vertragsschluss vertreten war und ihrerseits einen ‑‑für sie wirtschaftlich uninteressanten‑‑ Dienstleistungsvertrag abschloss. Dass die Miet- und die Dienstleistungsverträge stets gleichzeitig vorgelegt, erläutert und zusammen abgeschlossen wurden, lässt unter den gegebenen Umständen erkennen, dass sich die Klägerin und die KG im Vorfeld abgestimmt hatten.
Die Feststellung, dass sich die KG stets verpflichtete, die Dienstleistungen zu einem nicht marktgerechten Preis zu erbringen und dass die Klägerin im Gegenzug einen Zuschlag von über 100 % zur ortsüblichen Miete erhielt, ist zwar auf den ersten Blick überraschend, verstößt jedoch nicht gegen die Denkgesetze. Denn es ist in Anbetracht der bei der Klägerin und der KG identischen Beteiligungsverhältnisse zum Beispiel möglich, dass eine Verschiebung von Einnahmen von der voll gewerbesteuerpflichtigen KG auf die Klägerin, welche die erweiterte Kürzung in Anspruch nehmen wollte, beabsichtigt war, um so bei der KG Gewerbesteuer zu sparen.
bb) Ein vom FG festgestelltes Indiz dafür, dass die Klägerin den Senioren nicht nur Wohnungen vermietete, sondern auch Dienstleistungen verschaffte, ist auch ihre Werbung. Die Klägerin konnte die Vermietung seniorengerechter Wohnungen, die Verpflegung und die Serviceleistungen letztlich nur deshalb als Gesamtheit in einem Leistungsverzeichnis zusammenfassen, Gesamtpreise ausweisen und den Eindruck erwecken, dass sie die Dienstleistungen selbst erbringen werde, weil sie fest davon ausgehen konnte, dass die KG ihre Dienstleistungen während der Mietzeit gegenüber den Senioren tatsächlich zu marktunüblichen Konditionen erbringen würde. Auch die Werbung spricht daher für eine entsprechende Abstimmung zwischen der Klägerin und der KG im Vorfeld.
cc) Ein weiteres Indiz dafür, dass auch die Verschaffung eines preisgünstigen Dienstleistungsvertrags durch die "Miete" abgegolten wurde, ist, dass sich diese erhöhte, wenn eine Wohnung von mehreren Personen genutzt wurde.
dd) Die in der Verschaffung von Dienstleistungsverträgen liegende Nebentätigkeit der Klägerin ist im Streitfall für die erweiterte Kürzung schädlich und nach den besonderen Umständen des Einzelfalls nicht im Sinne des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG mit dem Ausschließlichkeitsgebot vereinbar. Sie kann nicht mehr als zwingend notwendiger Teil einer wirtschaftlich sinnvoll gestalteten eigenen Grundstücksverwaltung und -nutzung angesehen werden, da das Nebengeschäft bei objektiver ‑‑die besondere Beziehung der Klägerin zur KG unberücksichtigt lassender‑‑ Betrachtung für eine wirtschaftlich sinnvolle Grundstücksverwaltung und -nutzung nicht unentbehrlich war. Vielmehr wäre eine solche Gestaltung mit einem seine wirtschaftlichen Interessen wahrnehmenden anderen Dienstleistungsanbieter schon nicht möglich gewesen. Die Klägerin hätte vielmehr bei der "Miete" erhebliche Abstriche machen müssen, um den Senioren das Gesamtpaket zu in etwa gleichen Konditionen anbieten zu können. Überdies war die Nebentätigkeit gegenüber der Wohnraumvermietung auch nicht von quantitativ untergeordneter Bedeutung. Die Klägerin erzielte nicht nur eine (etwas oder auch deutlich) höhere Miete, sondern wegen der nicht den tatsächlichen Marktverhältnissen entsprechenden, nicht fremdüblichen Preisaufteilung zwischen den Miet- und Dienstleistungsverträgen einen Aufschlag von mehr als 100 % auf die ortsübliche Miete.
c) Auf die Frage, ob die Klägerin, der das Grundstück einschließlich der Außenanlagen von ihren Gesellschaftern nur durch privatschriftlichen Vertrag überlassen worden war, ausschließlich eigenen (zum Beispiel in Gestalt des Gebäudes) oder auch fremden Grundbesitz (zum Beispiel in Gestalt der Außenanlagen) vermietete und auch aus diesem Grund gegen den Ausschließlichkeitsgrundsatz des § 9 Nr. 1 Satz 2 GewStG verstoßen hat, sowie auf § 9 Nr. 1 Satz 5 Nr. 1 GewStG und die Frage, ob der Grundbesitz ohne die Zwischenschaltung der Klägerin zum (Sonder-)Betriebsvermögen von A und B beziehungsweise der KG gehört hätte, kommt es deshalb nicht mehr an. Gleiches gilt für die Nutzung des sogenannten Cafés durch die KG.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.