ECLI:DE:BFH:2024:U.200924.IXR5.24.0
BFH IX. Senat
EStG § 17 Abs 1, EStG § 20 Abs 1 Nr 1, EStG § 20 Abs 5 S 3, EStG § 24 Nr 1 Buchst a, EStG § 24 Nr 2, AO § 39 Abs 2 Nr 1, FGO § 118 Abs 2, EStG VZ 2018
vorgehend FG Nürnberg, 29. September 2023, Az: 7 K 1029/21
Leitsätze
1. Ob das wirtschaftliche Eigentum an GmbH-Anteilen dem Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen ist, ist Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung durch das Finanzgericht und daher wegen § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend.
2. Ist der Vorbehaltsnießbraucher nicht wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Anteile, ist die Ablösung des Nießbrauchs ein für ihn nicht steuerbarer Vorgang.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Finanzgerichts Nürnberg vom 29.09.2023 - 7 K 1029/21 und die Einspruchsentscheidung vom 21.07.2021 aufgehoben.
Die Einkommensteuer 2018 wird unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids vom 22.06.2021 auf den Betrag festgesetzt, der sich ohne Berücksichtigung der Zahlung von … € für die Ablösung des Nießbrauchs ergibt.
Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten übertragen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die steuerliche Behandlung der entgeltlichen Ablösung eines Vorbehaltsnießbrauchs an Geschäftsanteilen an einer GmbH bei der Nießbrauchsberechtigten.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) übertrug mit notariellem Vertrag vom xx.xx.2012 ihre Beteiligung an der … GmbH (Z-GmbH) im Wege der vorweggenommenen Erbfolge unter Vorbehalt eines Nießbrauchs, der insbesondere das Gewinnbezugsrecht umfasste, unentgeltlich auf ihren Sohn.
Im Rahmen der Veräußerung der Geschäftsanteile mit Urkunde vom xx.xx.2018 vereinbarten die Klägerin und ihr Sohn die Aufhebung des Nießbrauchs an den Anteilen an der Z-GmbH gegen Zahlung von … € (Ablösebetrag).
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erfasste den Ablösebetrag im Einkommensteuerbescheid der Klägerin für das Streitjahr 2018 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb im Sinne von § 17 i.V.m. § 24 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Während des Einspruchsverfahrens wurde der Einkommensteuerbescheid mehrfach geändert (Bescheide vom 26.01.2021 und 22.06.2021). Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 21.07.2021).
Soweit die Klägerin im finanzgerichtlichen Verfahren geltend gemacht hatte, dass die Zahlung des Ablösebetrags eine nicht steuerbare Umschichtung auf der privaten Vermögensebene darstelle, hatte die Klage keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) stellte fest, dass der Sohn im Jahr 2012 auch wirtschaftlicher Eigentümer der GmbH-Geschäftsanteile geworden sei. Es gab dem hilfsweisen Begehren der Klägerin statt, mit dem sie eine Berücksichtigung des Ablösebetrags bei den Einkünften aus Kapitalvermögen begehrt hatte.
Mit ihrer Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 24 Nr. 1 Buchst. a i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Die Zahlung des Ablösebetrags stelle eine nicht steuerbare Umschichtung auf der privaten Vermögensebene dar.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das angefochtene Urteil aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2018 vom 22.06.2021 sowie die Einspruchsentscheidung vom 21.07.2021 dahingehend zu ändern, dass der Ablösebetrag nicht berücksichtigt wird.Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage.
Ausgehend von der den Senat bindenden Feststellung des FG, die Klägerin habe das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Geschäftsanteilen in 2012 verloren, ist die Entscheidung des FG rechtsfehlerhaft, der Ablösebetrag sei als Entschädigung für entgehende Einnahmen aus Kapitalvermögen zu versteuern (dazu unter 1.). Bei Annahme fehlenden wirtschaftlichen Eigentums der Klägerin an den GmbH-Geschäftsanteilen sind auch andere Besteuerungstatbestände ausgeschlossen (dazu unter 2.).
1. Zu Unrecht gelangt das FG zu dem Ergebnis, dass der Ablösebetrag von der Klägerin als Einkünfte aus Kapitalvermögen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG zu versteuern ist.
a) Nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG gehören zu den Einkünften im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG auch Entschädigungen, die als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt worden sind.
aa) Die Vorschrift des § 24 EStG hat keine die Einkünfte erweiternde, sondern lediglich eine die Reichweite der einzelnen Einkunftsarten klarstellende Bedeutung. Diese Klarstellung hat eine doppelte Wirkung. Einmal ist ihr positiv zu entnehmen, zu welcher Einkunftsart eine Entschädigung gehört. Zum anderen hat die Vorschrift auch eine negative Rechtsfolge. Sie stellt in Nr. 1 Buchst. a klar, dass alle diejenigen Entschädigungen aus dem Regelungsbereich des § 2 Abs. 1 EStG ausgenommen sind, die für entgangene oder entgehende Einnahmen gewährt werden, die ihrerseits nicht unter die Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 EStG fallen. Die Entschädigung soll also nicht unter weitergehenden Voraussetzungen den Einkünften zugerechnet werden als die entgehende oder entgangene Einnahme, an deren Stelle sie tritt (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 16.08.1978 - I R 73/76, BFHE 126, 199, BStBl II 1979, 120; vom 11.02.2015 - VIII R 4/12, BFHE 249, 154, BStBl II 2015, 647, Rz 17). Es muss demzufolge eine kausale Verknüpfung zwischen der Entschädigung und den entgangenen Einnahmen bestehen (BFH-Urteil vom 11.02.2015 - VIII R 4/12, BFHE 249, 154, BStBl II 2015, 647, Rz 17). Mithin setzen nachträgliche Einkünfte voraus, dass dem Steuerpflichtigen die Einkünfte, für die Entschädigung gewährt wird, auch steuerlich zuzurechnen sind. Einkünfte sind demjenigen zuzurechnen, der den Tatbestand der Erzielung der Einkünfte erfüllt (§ 2 Abs. 1 Satz 1 EStG).
bb) Einnahmen aus Kapitalvermögen erzielt derjenige, der die rechtliche und tatsächliche Macht hat, das in § 20 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG genannte Kapitalvermögen entgeltlich auf Zeit zur Nutzung zu überlassen, wobei das Rechtsverhältnis maßgebend ist, auf dem die Überlassung des Kapitalvermögens zur Nutzung beruht (BFH-Urteil vom 14.02.2022 - VIII R 30/18, BFHE 276, 58, BStBl II 2022, 548, Rz 15, m.w.N.). Zurechnungssubjekt einer Ausschüttung durch eine GmbH ist danach grundsätzlich der Anteilseigner (§ 20 Abs. 5 Satz 1 und 2 EStG, § 39 Abs. 1 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑).
Einem zivilrechtlich hiervon abweichenden Gläubiger der Ausschüttung (zum Beispiel aufgrund einer Abtretung gemäß § 398 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑ oder aufgrund einer Nießbrauchsbestellung gemäß § 1068 BGB) ist die Ausschüttung nur dann einkommensteuerlich zuzurechnen, wenn ihm die Dispositionsbefugnis über die Einkunftsquelle eingeräumt ist und seine Rechtsposition somit über das bloße Empfangen der Einkünfte hinausgeht. Hierfür reicht es nicht aus, wenn an einem GmbH-Geschäftsanteil unentgeltlich ein Nießbrauch zugunsten eines Dritten bestellt wurde, der dem Nießbrauchsberechtigten lediglich einen Anspruch auf den mit der Beteiligung verbundenen Gewinnanteil gemäß § 1068 Abs. 2, § 1030 i.V.m. § 99 Abs. 2, § 100, § 101 Nr. 2 BGB einräumt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Nießbrauchsberechtigte ‑‑zum Beispiel durch Übergang der Mitverwaltungsrechte, insbesondere der Stimmrechte oder durch Einräumung einer Stimmrechtsvollmacht‑‑ eine Rechtsposition innehat, die ihm entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschafft und insofern dem zivilrechtlichen Gesellschafter gleichstellt.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus § 20 Abs. 5 Satz 3 EStG, wonach ein Nießbrauchsberechtigter als Anteilseigner gilt, wenn ihm die Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen sind. Diese Norm regelt keine abweichende Zurechnung der Einnahmen, sondern setzt diese voraus und fingiert den Nießbrauchsberechtigten sodann als Anteilseigner (vgl. BFH-Urteil vom 14.02.2022 - VIII R 30/18, BFHE 276, 58, BStBl II 2022, 548, Rz 16, m.w.N.). § 20 Abs. 5 Satz 1 bis 3 EStG geht auf die fast wortgleichen, durch das Standortsicherungsgesetz vom 13.09.1993 (BGBl I 1993, 1569) in § 20 Abs. 2a Satz 1 bis 3 EStG in der bis zum Unternehmensteuerreformgesetz 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) gültigen Fassung eingefügten Regelungen zurück. Durch die Einfügung dieser Regelungen sollte keine von den allgemeinen Grundsätzen abweichende steuerliche Zurechnung von Einkünften aus Kapitalvermögen erfolgen. Vielmehr sollte lediglich klargestellt werden, dass ein Dividendenanspruch bis zum Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses ein unselbständiger Bestandteil des Stammrechts ist und daher von demjenigen als Kapitalertrag zu versteuern ist, dem im Zeitpunkt des Gewinnverteilungsbeschlusses das Stammrecht steuerlich zuzurechnen ist (BTDrucks 12/5016, S. 87). § 20 Abs. 5 Satz 3 EStG setzt mithin für eine Zurechnung der Einnahmen aus einer Beteiligung an einer GmbH zum Nießbrauchsberechtigten voraus, dass diesem auch das wirtschaftliche Eigentum im Sinne von § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO an den Geschäftsanteilen, an denen der Nießbrauch eingeräumt wurde, zusteht (so im Ergebnis auch Brandis/Heuermann/Ratschow, § 20 EStG Rz 455; Buge in Herrmann/Heuer/Raupach, § 20 EStG Rz 25).
cc) Das wirtschaftliche Eigentum an einem Kapitalgesellschaftsanteil geht auf einen Erwerber über, wenn er aufgrund eines (bürgerlich-rechtlichen) Rechtsgeschäfts bereits eine rechtlich geschützte, auf den Erwerb des Rechts gerichtete Position erworben hat, die ihm gegen seinen Willen nicht mehr entzogen werden kann und die mit dem Anteil verbundenen wesentlichen Rechte (insbesondere Gewinnbezugsrecht und Stimmrecht) sowie das Risiko einer Wertminderung und die Chance einer Wertsteigerung auf ihn übergegangen sind (ständige Rechtsprechung des BFH, Senatsurteil vom 24.01.2012 - IX R 51/10, BFHE 236, 356, BStBl II 2012, 308, Rz 15, m.w.N.; vgl. auch Binnewies, GmbH-Steuerberater ‑‑GmbH-StB‑‑ 2018, 183, 184). Hierfür reicht es nicht aus, wenn an einem GmbH-Geschäftsanteil unentgeltlich ein Nießbrauch zugunsten eines Dritten bestellt wurde, der dem Nießbrauchsberechtigten lediglich einen Anspruch auf den mit der Beteiligung verbundenen Gewinnanteil gemäß § 1068 Abs. 2, § 1030 i.V.m. § 99 Abs. 2, § 100, § 101 Nr. 2 BGB einräumt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Nießbrauchsberechtigte eine Rechtsposition innehat, die ihm entscheidenden Einfluss auf die Geschicke der Gesellschaft verschafft und insofern dem zivilrechtlichen Gesellschafter gleichstellt (Senatsurteil vom 24.01.2012 - IX R 51/10, BFHE 236, 356, BStBl II 2012, 308, Rz 15 und BFH-Urteil vom 14.02.2022 - VIII R 29/18, BFHE 276, 49, BStBl II 2022, 544, Rz 16; Binnewies, GmbH-StB 2018, 183, 184).
dd) Ob das wirtschaftliche Eigentum an GmbH-Geschäftsanteilen dem Nießbrauchsberechtigten zuzurechnen ist, bleibt indes eine Tatfrage des Einzelfalls. Die Feststellung des wirtschaftlichen Eigentums ist Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung durch das FG und daher wegen § 118 Abs. 2 FGO für den BFH grundsätzlich bindend. Das Revisionsgericht prüft lediglich, ob das FG die gesetzlichen Auslegungsregeln sowie die Denkgesetze und Erfahrungssätze beachtet und die für die Vertragsauslegung bedeutsamen Begleitumstände erforscht und rechtlich zutreffend gewürdigt hat (Senatsurteil vom 18.11.2014 - IX R 49/13, BFHE 247, 435, BStBl II 2015, 224, Rz 15 und BFH-Urteil vom 23.02.2021 - II R 44/17, BFHE 272, 384, BStBl II 2022, 188, Rz 22, m.w.N.). Verstößt die Sachverhaltswürdigung des FG nicht gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, ist sie für den BFH selbst dann bindend, wenn sie nicht zwingend, sondern nur möglich ist (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 19.03.2009 - IV R 45/06, BFHE 225, 334, BStBl II 2009, 902; vom 20.11.2012 - VIII R 57/10, BFHE 239, 422, BStBl II 2014, 56). Eine tatrichterliche Würdigung ist danach unter anderem zu beanstanden, wenn sie widersprüchlich ist (BFH-Urteile vom 23.08.2023 - X R 15/22, Rz 34 sowie vom 12.04.2018 - IV R 5/15, BFHE 261, 157, BStBl II 2020, 118, Rz 27, m.w.N.).
b) Daran gemessen kommt das FG zu Unrecht zu dem Ergebnis, der Klägerin sei der Ablösebetrag als Einkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG zuzurechnen, obwohl das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen bereits 2012 auf den Sohn übergegangen ist. Die Feststellung des FG, das wirtschaftliche Eigentum an den Geschäftsanteilen an der Z-GmbH sei bereits mit der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge von der Klägerin auf ihren Sohn übergegangen, schließt es aus, der Klägerin die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zuzurechnen. Da § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG keine die Einkünfte erweiternde Bedeutung hat, liegen bei der Klägerin insoweit keine steuerbaren Einkünfte vor.
aa) Zwar kann bei Bestellung eines Vorbehaltsnießbrauchs an einem GmbH-Anteil nach Maßgabe der zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung durch die Vertragsbeteiligten die Annahme wirtschaftlichen Eigentums beim Nießbraucher anstelle des zivilrechtlichen Anteilsinhabers möglich sein. In diesem Fall geht das wirtschaftliche Eigentum am Gesellschaftsanteil nicht bereits bei Bestellung des Vorbehaltsnießbrauchs, sondern erst bei dessen Ablösung über. So liegt der Fall hier aber nicht. Das FG ist auf der Grundlage seiner Feststellungen und unter Würdigung des Gesamtbilds der tatsächlichen Verhältnisse zu dem Ergebnis gekommen, das wirtschaftliche Eigentum sei bereits 2012 anlässlich der Anteilsübertragung unter Vorbehaltsnießbrauch mit Vertrag vom xx.xx.2012 von der Klägerin auf ihren Sohn übergegangen.
bb) Diese Sachverhaltswürdigung des FG ist für den Senat bindend, da sie möglich ist (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Feststellung wirtschaftlichen Eigentums ist ‑‑wie oben dargelegt‑‑ Gegenstand der tatrichterlichen Würdigung und daher nur eingeschränkt im Revisionsverfahren überprüfbar (BFH-Urteil vom 23.02.2021 - II R 44/17, BFHE 272, 384, BStBl II 2022, 188, Rz 22, m.w.N.; s.a. Senatsurteil vom 24.01.2012 - IX R 51/10, BFHE 236, 356, BStBl II 2012, 308, Rz 21). Das FG hat die für die Auslegung und Durchführung der Vereinbarungen vom xx.xx.2012 und vom xx.xx.2018 maßgeblichen Umstände untersucht und gewürdigt. Anhaltspunkte dafür, dass das FG bei der Auslegung der zugrundeliegenden vertraglichen Vereinbarungen die gesetzlichen Auslegungsregeln nicht beachtet oder Denkgesetze und allgemeine Erfahrungssätze verletzt hat, liegen nicht vor. Verfahrensrügen, die sich gegen die Feststellung des der Ausgangsentscheidung zugrundeliegenden Sachverhalts seitens des FG richten, sind nicht erhoben worden.
c) Rechtsfehlerhaft ist weiter die Annahme des FG, dass der Klägerin, obwohl sie bereits mit der zivilrechtlichen Anteilsübertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auch das wirtschaftliche Eigentum an den Anteilen an der Z-GmbH verloren hat, nach § 20 Abs. 5 Satz 3 EStG die Dividenden aus der Beteiligung steuerlich zuzurechnen sein sollen. Denn das Gewinnbezugsrecht ist als dessen unmittelbarer Ausfluss an den Geschäftsanteil gebunden (Urteil des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 30.06.2004 - VIII ZR 349/03, unter II.1.; BFH-Urteil vom 02.10.2018 - IV R 24/15, Rz 49) und kann nicht von diesem abgespalten werden (Verse in Scholz, GmbHG, 13. Aufl., § 29 Rz 10, m.w.N.; allgemein zum Abspaltungsverbot BGH-Urteil vom 25.02.1965 - II ZR 287/63, BGHZ 43, 261, unter I.2.; H. Bartl in HK GmbH-Recht, 8. Aufl., § 14 GmbHG Rz 11, m.w.N.).
2. Die bindende Feststellung der Vorinstanz, dass die Klägerin bereits 2012 neben dem zivilrechtlichen auch das wirtschaftliche Eigentum an den GmbH-Geschäftsanteilen verloren habe, lässt es nicht zu, den Ablösebetrag für die Aufgabe des Nießbrauchsrechts einem anderen Besteuerungstatbestand zuzuweisen.
a) Zum einen unterliegt der Ablösebetrag nicht § 17 EStG. Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehört nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war, wobei nach § 17 Abs. 1 Satz 3 EStG zu den Anteilen an einer Kapitalgesellschaft unter anderem die Anteile an einer GmbH zählen. Eine Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften liegt vor, wenn der Erwerber vom Veräußerer zumindest das wirtschaftliche Eigentum an den übertragenen Anteilen erlangt (vgl. Senatsurteile vom 18.11.2014 - IX R 30/13 und vom 13.10.2015 - IX R 43/14, BFHE 251, 236, BStBl II 2016, 212, Rz 11). Da nach den Feststellungen des FG das wirtschaftliche Eigentum bereits im Jahr 2012 mit der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge auf den Sohn übergegangen ist, liegt im Moment der Ablösung des Nießbrauchs keine Anteilsveräußerung im Sinne von § 17 EStG vor.
b) Zum anderen ist der Ablösebetrag nicht als Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit nach § 17 i.V.m. § 24 EStG von der Klägerin zu versteuern.
aa) Die entgeltliche Ablösung des Nießbrauchs ist nicht nach § 24 Nr. 1 Buchst. a EStG steuerbar. Da die Klägerin nach den Feststellungen des FG bereits mit der Übertragung des zivilrechtlichen Eigentums auch das wirtschaftliche Eigentum verloren hat, fehlt es jedenfalls an der kausalen Verknüpfung zwischen der Zahlung des Ablösebetrags und der Aufgabe der Geschäftsanteile an der Z-GmbH. Infolge des Übergangs des wirtschaftlichen Eigentums wären die Einnahmen von deren Sohn und nicht von der Klägerin als Einkünfte zu versteuern. Die Vereinnahmung des Ablösebetrags bei der Klägerin ist daher als nicht steuerbare Vermögensumschichtung einzuordnen.
bb) Auch liegen keine Einkünfte aus einer ehemaligen steuerbaren Tätigkeit nach § 24 Nr. 2 EStG vor. Aufgrund der Unentgeltlichkeit der Anteilsübertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge im Jahr 2012 fehlt es bereits an der Verwirklichung von Einkünften im Sinne von § 17 EStG (vgl. Schießl, Mitteilungen des Bayerischen Notarvereins 2016, 91, 92). Die Vorschrift des § 24 EStG knüpft an eine bereits vorliegende Verwirklichung eines Einkünftetatbestands an und hat ‑‑wie oben ausgeführt‑‑ keine die Einkünfte erweiternde, sondern lediglich eine die Reichweite der einzelnen Einkunftsarten klarstellende Bedeutung.
3. Die Sache ist spruchreif. Das FG hat ‑‑für die Revisionsinstanz nach § 118 Abs. 2 FGO bindend‑‑ einen Übergang des wirtschaftlichen Eigentums im Jahr 2012 angenommen. Im Streitjahr 2018 hat die Klägerin daher weder einen Anteil übertragen noch war sie wirtschaftliche Eigentümerin der Anteile. Der Ablösebetrag in Höhe von … € ist weder bei den Einkünften aus § 17 EStG noch als Entschädigung für entgehende Einnahmen aus Kapitalvermögen nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG zu versteuern und unterliegt auch aus anderen Gründen nicht der Besteuerung. Da das FG nicht festgestellt hat, dass die Klägerin im Streitjahr aufgrund des Nießbrauchs Bezüge aus der Z-GmbH erhalten hat, ist die Einkommensteuer 2018 unter Abänderung des Einkommensteuerbescheids vom 22.06.2021 auf den Betrag festzusetzen, der sich ohne Berücksichtigung der Zahlung von … € für die Ablösung des Nießbrauchs ergibt.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. Die Übertragung der Berechnung der Einkommensteuer beruht auf § 100 Abs. 2 Satz 2, § 121 Satz 1 FGO.