ECLI:DE:BFH:2024:U.110424.VIR1.22.0
BFH VI. Senat
EStG § 3b, EStG § 19, EStG VZ 2014 , EStG VZ 2015 , EStG VZ 2016 , EStG VZ 2017
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 15. Dezember 2021, Az: 14 K 268/18
Leitsätze
1. Die Steuerfreiheit von Zuschlägen für Bereitschaftsdienste, die außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit erbracht und gesondert vergütet werden, bemisst sich nach dem Arbeitslohn für die regelmäßige Arbeitszeit und nicht nach dem Bereitschaftsdienstentgelt (entgegen Senatsurteil vom 27.08.2002 - VI R 64/96, BFHE 200, 240, BStBl II 2002, 883).
2. Nicht erforderlich ist, dass der Arbeitnehmer für die zuschlagsbewehrte Tätigkeit neben den Erschwerniszuschlägen einen Anspruch auf Grundlohn hat.
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 15.12.2021 - 14 K 268/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt eine Förderschule mit angeschlossenem Internat für Kinder und Jugendliche mit Beeinträchtigungen. Die in Wohngruppen lebenden Kinder und Jugendlichen werden von den Mitarbeitern auch in der Nacht betreut.
Die wöchentliche regelmäßige Arbeitszeit des Betreuungspersonals betrug im Streitzeitraum (Januar 2014 bis Dezember 2017) bei Vollzeitbeschäftigung durchschnittlich 39 Stunden. Die regelmäßigen monatlichen Dienstbezüge setzten sich aus der monatlichen Regelvergütung, dem sogenannten Tabellenentgelt, der Kinderzulage und den sonstigen Zulagen zusammen. Die Zeit der nächtlichen Beaufsichtigung wurde gemäß den arbeitsvertraglichen Regelungen als Bereitschaftsdienst behandelt.
Nach den arbeitsvertraglichen Regelungen wurde die Bereitschaftsdienstzeit zum Zwecke der Entgeltberechnung faktorisiert und nur zu 25 % als Arbeitszeit entgolten. Daneben erhielten die Mitarbeiter für den Bereitschaftsdienst in den Nachtstunden je tatsächlich geleisteter Stunde einen Zeitzuschlag in Höhe von 15 % des auf eine Stunde umgerechneten individuellen Tabellenentgelts.
Das den Mitarbeitern danach zustehende Bereitschaftsdienstentgelt buchte die Klägerin, soweit die faktorisierte Arbeitszeit entgolten wurde, unter der Lohnart 100 und versteuerte diesen Lohn regulär. Den Zeitzuschlag für die Zeit von 0:00 Uhr bis 6:00 Uhr zahlte sie steuerfrei aus, führte hierüber entsprechende Aufzeichnungen und buchte diesen als Lohnart 120 gesondert.
Nach einer Lohnsteuer-Außenprüfung gelangte der Beklagte und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) zu der Auffassung, die den Beschäftigten gezahlten Zuschläge hätten über den in § 3b Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) genannten Höchstgrenzen gelegen und seien insoweit zu Unrecht steuerfrei ausgezahlt worden. Als Bemessungsgrundlage für die Steuerfreiheit der Zuschläge und damit als Grundlohn im Sinne von § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG sei nicht das Tabellenentgelt, sondern lediglich das Entgelt für den Bereitschaftsdienst anzusetzen. Dies folge aus dem Senatsurteil vom 27.08.2002 - VI R 64/96 (BFHE 200, 240, BStBl II 2002, 883). Nach dieser Entscheidung seien Zuschläge zur Rufbereitschaftsentschädigung wegen der geringeren Beeinträchtigungen des Arbeitnehmers bei der Ableistung von Rufbereitschaften gegenüber den Erschwernissen bei einer vollen Arbeitserbringung in den begünstigten Zeiten nur insoweit steuerfrei, als sie die in § 3b Abs. 1 EStG vorgesehenen und an der Rufbereitschaftsentschädigung gemessenen Prozentsätze nicht überstiegen. Die Entscheidung sei wegen der vergleichbar geringeren Beeinträchtigungen auf Bereitschaftsdienste entsprechend anzuwenden. Auf Grundlage dieser Rechtsauffassung erließ das FA einen Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer und sonstige Lohnsteuerbeträge für den Streitzeitraum.
Der dagegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 742 veröffentlichten Gründen statt.
Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt,
das Urteil des Niedersächsischen FG vom 15.12.2021 - 14 K 268/18 aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision des FA ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat die Steuerfreiheit der streitigen Nachtarbeitszuschläge zu Recht nach den regelmäßigen monatlichen Dienstbezügen der Beschäftigten (Grundlohn) und nicht nach dem Bereitschaftsdienstentgelt bemessen.
1. Nach § 3b Abs. 1 EStG sind Zuschläge, die für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit neben dem Grundlohn gezahlt werden, steuerfrei, soweit sie die in § 3b Abs. 1 Nr. 1 bis 4 EStG genannten Grenzen des Grundlohns nicht übersteigen.
a) Grundlohn ist der laufende Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht; er ist in einen Stundenlohn umzurechnen und mit höchstens 50 € anzusetzen (§ 3b Abs. 2 Satz 1 EStG). Grundlohn (laufender Arbeitslohn) steht dem Arbeitnehmer zu, wenn er diesem bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung geschuldet wird. Ob und in welchem Umfang der Grundlohn dem Arbeitnehmer tatsächlich zufließt, ist für die Bemessung der Steuerfreiheit der Zuschläge ohne Belang (Senatsurteil vom 10.08.2023 - VI R 11/21, BFHE 281, 341, BStBl II 2024, 202, Rz 10, m.w.N.).
Der Grundlohn ist ‑‑wie auch in § 39b EStG vorgesehen‑‑ von den sonstigen Bezügen abzugrenzen (s. Senatsurteil vom 10.08.2023 - VI R 11/21, BFHE 281, 341, BStBl II 2024, 202, Rz 16). Laufender Arbeitslohn ist danach das dem Arbeitnehmer regelmäßig zustehende Arbeitsentgelt und damit das Monatsgehalt, der Wochen- oder Tageslohn, Überstundenvergütungen, laufende Zulagen oder Zuschläge und geldwerte Vorteile aus regelmäßigen Sachbezügen (vgl. Senatsurteile vom 09.06.2021 - VI R 16/19, BFHE 274, 1, BStBl II 2021, 936, Rz 19; vom 14.10.2021 - VI R 31/19, Rz 14 und vom 16.12.2021 - VI R 28/19, BFHE 275, 200, BStBl II 2022, 209, Rz 10).
b) Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist weiter, dass die Zuschläge neben dem Grundlohn geleistet werden; sie dürfen nicht Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, auch an Sonn- und Feiertagen oder nachts geleistete Tätigkeit sein. Hierfür ist regelmäßig erforderlich, dass in dem Arbeitsvertrag zwischen der Grundvergütung und den Erschwerniszuschlägen unterschieden und ein Bezug zwischen der zu leistenden Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit und der Lohnhöhe hergestellt ist. Es muss sich bei den Zuschlägen objektiv um ein zusätzlich (zum Grundlohn) geschuldetes Arbeitsentgelt für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit handeln (s. Senatsurteil vom 16.12.2021 - VI R 28/19, BFHE 275, 200, BStBl II 2022, 209, Rz 11, m.w.N.). Daher kommt es nicht darauf an, ob die zuschlagsbewehrte Tätigkeit neben den Erschwerniszuschlägen bereits durch den Grundlohn abgegolten oder ‑‑wie im Streitfall‑‑ zusätzlich durch besondere Bereitschaftsdienstentgelte vergütet wird.
c) Darüber hinaus muss die Zahlung des Zuschlags zweckbestimmt erfolgen. Die Steuerbefreiung setzt dementsprechend voraus, dass die neben dem Grundlohn gewährten Zuschläge für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt worden sind. Denn durch die Steuerfreiheit soll dem Arbeitnehmer ein finanzieller Ausgleich für die besonderen Erschwernisse und Belastungen der mit Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbundenen Arbeitszeiten, die den biologischen und kulturellen Lebensrhythmus stören, gewährt werden; § 3b EStG begünstigt das (zusätzliche) Entgelt "für" die Arbeit zu besonders ungünstigen Zeiten (Senatsurteil vom 16.12.2021 - VI R 28/19, BFHE 275, 200, BStBl II 2022, 209, Rz 12, m.w.N.).
aa) Zur tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit im Sinne von § 3b Abs. 1 EStG zählt jede arbeitsvertraglich geschuldete (Berufs-)Tätigkeit des Arbeitnehmers und damit auch jede vom Arbeitgeber zu den begünstigten Zeiten verlangte sonstige Tätigkeit oder Maßnahme, die mit der eigentlichen Tätigkeit des Arbeitnehmers oder der Art und Weise ihrer Erbringung unmittelbar zusammenhängt. Tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit ist daher jede zu den begünstigten Zeiten tatsächlich im Arbeitgeberinteresse ausgeübte Tätigkeit des Arbeitnehmers. Dazu gehört damit beispielsweise auch das bloße Bereithalten einer tatsächlichen Arbeitsleistung im Sinne von § 3b EStG, wenn gerade dieses arbeitsvertraglich geschuldet ist (vgl. Senatsurteil vom 16.12.2021 - VI R 28/19, BFHE 275, 200, BStBl II 2022, 209, Rz 13, m.w.N. sowie bereits Senatsurteil vom 27.08.2002 - VI R 64/96, BFHE 200, 240, BStBl II 2002, 883).
bb) Ohne Bedeutung für die Auslegung des Begriffs der tatsächlich geleisteten Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit im Sinne von § 3b Abs. 1 EStG ist hingegen ‑‑wie das FG zutreffend entschieden hat‑‑ die arbeitszeitrechtliche Einordnung der Tätigkeit nach dem Arbeitszeitgesetz (ArbZG). Das Arbeitszeitgesetz soll nach § 1 Nr. 1 ArbZG in erster Linie der Sicherheit und dem Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer dienen. Die Herausnahme bestimmter Zeiten aus der Arbeitszeit im Sinne des gesetzlichen Arbeitszeitschutzrechts schließt es folglich nicht aus, die zu diesen Zeiten vom Arbeitnehmer de facto erbrachten Arbeitsleistungen als tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit nach § 3b Abs. 1 EStG zu qualifizieren. Anderenfalls würde sich der durch das Arbeitszeitgesetz bezweckte Schutz der Arbeitnehmer geradezu in sein Gegenteil verkehren (Senatsurteil vom 16.12.2021 - VI R 28/19, BFHE 275, 200, BStBl II 2022, 209, Rz 14).
cc) Eine Beschränkung der Steuerbefreiung für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschläge auf tatsächlich belastende Tätigkeiten während der begünstigten Zeiten ist ‑‑anders als vom FA noch im Vorverfahren vertreten‑‑ im Gesetz ebenfalls nicht angelegt. Weder der Wortlaut noch der Sinn und Zweck der Vorschrift lassen Dahingehendes erkennen. Vielmehr schöpft das Gesetz den steuerlichen Entlastungsgrund ‑‑den Ausgleich für die besonderen Erschwernisse und Belastungen (Störung des biologischen und kulturellen Lebensrhythmus) der mit Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit verbundenen Arbeitszeiten‑‑ abstrakt-generell und typisierend aus dem Umstand, dass der Dienst zu den dort genannten Zeiten geleistet und dies als in besonderer Weise belastend erachtet wird. Erforderlich, aber auch ausreichend, ist daher, dass eine zuschlagsbewehrte Tätigkeit ‑‑hier die Bereitschaftsdienste‑‑ zu den begünstigten Zeiten tatsächlich ausgeübt wird. Ob die zu diesen Zeiten verrichtete Tätigkeit den einzelnen Arbeitnehmer in besonderer Weise fordert oder ihm "leicht von der Hand" geht, ist nicht entscheidend (Senatsurteil vom 16.12.2021 - VI R 28/19, BFHE 275, 200, BStBl II 2022, 209, Rz 21 f.). Soweit sich aus der Entscheidung des Senats vom 27.08.2002 - VI R 64/96 (BFHE 200, 240, BStBl II 2002, 883, unter 2.c) anderes entnehmen lässt, hält der Senat hieran nicht länger fest.
d) Zudem erfordert die Steuerfreiheit der Zuschläge grundsätzlich Einzelaufstellungen der tatsächlich erbrachten Arbeitsstunden an Sonn- und Feiertagen oder zur Nachtzeit. Dadurch soll von vornherein gewährleistet werden, dass ausschließlich Zuschläge steuerfrei bleiben, bei denen betragsmäßig genau feststeht, dass sie nur für die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit gezahlt werden und keine allgemeinen Gegenleistungen für die Arbeitsleistung darstellen. Hieran fehlt es, wenn die Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit lediglich allgemein abgegolten wird, da hierdurch weder eine Zurechnung der Sache nach (tatsächlich geleistete Arbeit während begünstigter Zeiten) noch der Höhe nach (Steuerfreistellung nur nach Prozentsätzen des Grundlohns) möglich ist (Senatsurteil vom 09.06.2021 - VI R 16/19, BFHE 274, 1, BStBl II 2021, 936, Rz 21, m.w.N.).
2. Nach diesen Maßstäben ist die Vorentscheidung nicht zu beanstanden.
a) Zwischen den Beteiligten steht nicht im Streit, dass die Klägerin die streitigen Zuschläge nur insoweit steuerfrei belassen hat, als sie auf tatsächlich von den Mitarbeitern zu den in § 3b Abs. 1 EStG begünstigten Zeiten geleistete Arbeit entfielen. Der erkennende Senat sieht deshalb von weiteren Ausführungen hierzu ab. Auch hat die Klägerin die geleisteten zuschlagsbewehrten Arbeitsstunden ausweislich der den Senat bindenden Feststellungen (§ 118 Abs. 2 FGO) des FG ordnungsgemäß aufgezeichnet.
b) Die Klägerin hat die steuerfrei belassenen Nachtarbeitszuschläge auch neben dem Grundlohn (zusätzlich) geleistet.
Nach dem Inhalt der arbeitsvertraglichen Regelungen setzte sich das Arbeitsentgelt der Mitarbeiter der Klägerin unter anderem aus der Grundvergütung (Tabellenentgelt), dem faktorisierten Bereitschaftsdienstentgelt und den Zuschlägen für die Zeit des Bereitschaftsdienstes in den Nachtstunden zusammen. Die Zuschläge wurden zusätzlich zu dem Bereitschaftsdienstentgelt je (Nacht-)Stunde in Höhe von 15 % des auf eine Stunde umgerechneten individuellen Tabellenentgelts gezahlt. Die arbeitsvertraglichen Regelungen unterscheiden damit hinreichend zwischen der Grundvergütung (Tabellenentgelt), dem Bereitschaftsdienstentgelt und den streitbefangenen steuerfreien Zuschlägen. Letztere stellen sich daher nicht als Teil einer einheitlichen Entlohnung für die gesamte, zu den begünstigten Zeiten geleistete Tätigkeit bei der Klägerin dar.
c) Der Steuerfreiheit der Zuschläge steht nicht entgegen, dass die Mitarbeiter der Klägerin während ihrer Bereitschaftsdienste keinen Anspruch auf Grundlohn im Sinne von § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG hatten, sondern diese Tätigkeit mit dem Bereitschaftsdienstentgelt "gesondert" vergütet wurde.
Nach den arbeitsvertraglichen Regelungen leisten Mitarbeiter Bereitschaftsdienst, die sich ‑‑wie vorliegend‑‑ auf Anordnung des Dienstgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Dienstgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen.
aa) Die regelmäßige Wochenarbeitszeit der vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter der Klägerin betrug ‑‑im Streitzeitraum‑‑ durchschnittlich 39 Stunden. Aus der Formulierung "außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit" in den arbeitsvertraglichen Regelungen folgt, dass der Bereitschaftsdienst unabhängig von der arbeitszeitrechtlichen Betrachtung von der regelmäßigen Arbeitszeit zu unterscheiden und zusätzlich zu dieser zu erbringen ist (vgl. Urteil des Bundesarbeitsgerichts ‑‑BAG‑‑ vom 17.01.2019 - 6 AZR 17/18, BAGE 165, 48, Rz 16, zur inhaltsgleichen Regelung in § 7 Abs. 3 des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst für den Dienstleistungsbereich Pflege- und Betreuungseinrichtungen im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände ‑‑TVöD-B‑‑). Bezogen auf die regelmäßige Arbeitszeit ist der Bereitschaftsdienst somit eine zusätzliche Leistung. Er kann nicht anstatt der regelmäßigen Arbeitszeit angeordnet werden (BAG-Urteil vom 17.01.2019 - 6 AZR 17/18, BAGE 165, 48, Rz 17, zur inhaltsgleichen Regelung in § 7 Abs. 3 TVöD-B).
bb) Mit dem Tabellenentgelt wird die durchschnittliche regelmäßige Arbeitszeit abgegolten. Leisten Mitarbeiter Bereitschaftsdienst, haben sie einen zusätzlichen Anspruch auf das Bereitschaftsdienstentgelt. Die Faktorisierung der Arbeitszeit des Bereitschaftsdienstes ‑‑hier in Höhe von 25 % ‑‑ dient nur dem Zweck der Entgeltberechnung und begegnet auch arbeitsrechtlich keinen Bedenken (BAG-Urteil vom 17.01.2019 - 6 AZR 17/18, BAGE 165, 48, Rz 19, zu den inhaltsgleichen Regelungen in dem TVöD-B, m.w.N.).
d) Auch wenn das Bereitschaftsdienstentgelt nach diesen Grundsätzen nicht zum laufenden Arbeitslohn und damit nicht zum Grundlohn gemäß § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG gehört, der dem Arbeitnehmer bei der für ihn maßgebenden regelmäßigen Arbeitszeit für den jeweiligen Lohnzahlungszeitraum zusteht, werden die während der Nachtbereitschaft erdienten Zuschläge nicht nur neben dem Bereitschaftsdienstentgelt, sondern jedenfalls auch neben dem ‑‑weil zusätzlich hierzu gewährten‑‑ Grundlohn geleistet.
e) Die Höhe der Steuerfreiheit der Nachtarbeitszuschläge ist, wovon auch das FG zutreffend ausgegangen ist, nicht nach dem (anteilig) für den Bereitschaftsdienst gezahlten Bereitschaftsdienstentgelt, sondern nach dem vollen auf eine Stunde umgerechneten individuellen Tabellenentgelt zu bemessen. Denn nur das Tabellenentgelt ist ‑‑wie oben ausgeführt‑‑ der Grundlohn im Sinne von § 3b Abs. 2 Satz 1 EStG und damit die maßgebliche Größe, nach der die Steuerfreiheit der Zuschläge der Höhe nach zu berechnen ist. Eine andere "Bemessungsgrenze" kennt das Gesetz nicht. Dass der Bereitschaftsdienst nach den arbeitsvertraglichen Regelungen nur angeordnet werden durfte, wenn zu erwarten war, "dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung überwiegt", steht dem nicht entgegen. Denn eine konkret (individuell) belastende Tätigkeit verlangt das Gesetz für die Steuerfreiheit von Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeitszuschlägen in § 3b EStG ‑‑wie unter II.1.c cc ausgeführt‑‑ nicht.
f) Ausgehend hiervon überschritten die von der Klägerin steuerfrei gezahlten Zuschläge für die geleistete Nachtbereitschaft die nach § 3b Abs. 1 EStG höchstens steuerfrei anwendbaren Prozentsätze unstreitig nicht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.