ECLI:DE:BFH:2024:U.240124.IR54.20.0
BFH I. Senat
EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 3 Alt 2, EStG § 35 Abs 2 S 1, EStG § 35 Abs 2 S 2, KStG § 9 Abs 1 Nr 1, EStG VZ 2012 , EStG VZ 2013 , KStG VZ 2012 , KStG VZ 2013
vorgehend FG Münster, 04. Dezember 2019, Az: 9 K 149/17 F
Leitsätze
1. Für die Steuerermäßigung bei Einkünften aus Gewerbebetrieb (§ 35 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑) ist bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder bei KGaA im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG der Betrag des Gewerbesteuermessbetrages, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer oder auf die persönlich haftenden Gesellschafter (phG) entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen (§ 35 Abs. 2 Satz 1 EStG). Auch wenn der dazu in § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG für den Anteil am Gewerbesteuermessbetrag angeführte Aufteilungsmaßstab des "allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels" nach dem Gesetzeswortlaut nur auf "Mitunternehmer" bezogen wird, gilt er auch für die phG einer KGaA.
2. Bei einer rechtsformspezifischen Auslegung dieses Begriffs ist der bei der körperschaftsteuerrechtlichen Ermittlung des Einkommens der KGaA abziehbare "Teil des Gewinns", der an phG "als Vergütung (Tantieme) für die Geschäftsführung verteilt wird" (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes) und der zu den gewerblichen Einkünften der phG (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alternative 2 EStG) führt, Gegenstand dieses Aufteilungsmaßstabs.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 04.12.2019 - 9 K 149/17 F insoweit aufgehoben, als die Klage gegen die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2012 vom 05.10.2017 sowie für die Einkommensbesteuerung 2013 vom 04.12.2019 hinsichtlich der jeweiligen Anteile des Beigeladenen zu 1. an dem festzusetzenden Gewerbesteuermessbetrag und der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer abgewiesen worden ist.
Die genannten Bescheide werden nach Maßgabe der Entscheidungsgründe geändert.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die jeweiligen Anteile entsprechend zu berechnen.
Im Übrigen wird die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
In den Jahren 2012 und 2013 (Streitjahre) waren an der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), einer KGaA, als persönlich haftende Gesellschafter (phG) beteiligt … (Beigeladener zu 1.), die … GmbH & Co. KG (Beigeladene zu 2.) sowie die … GmbH (GmbH). Die letztgenannten Gesellschaften erhielten eine gewinnunabhängige Haftungsvergütung von … € beziehungsweise … € pro Jahr. Die Gesamtvergütung des Beigeladenen zu 1. belief sich in 2012 auf … € (Tantieme als gewinnabhängige Vergütung … € und Personenkraftwagen-Überlassung/Pensionsanspruch als gewinnunabhängige Vergütung … €) und in 2013 auf … € (Tantieme als gewinnabhängige Vergütung … € und Personenkraftwagen-Überlassung/Pensionsanspruch als gewinnunabhängige Vergütung … €).
In den Erklärungen zur gesonderten und einheitlichen Feststellung des anteiligen Gewerbesteuermessbetrages und der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer für die Streitjahre teilte die Klägerin die anteilig auf die Beigeladenen zu 1. und zu 2. entfallenden Feststellungsgrundlagen unter Einbeziehung dieser Vergütungen in den Verteilungsschlüssel auf. Die GmbH, der aufgrund ihrer Rechtsform keine Steuerermäßigung nach § 35 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre geltenden Fassung (EStG) zusteht, berücksichtigte sie nicht.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) stellte mit Bescheid zur Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung vom 22.10.2014 den Gewerbesteuermessbetrag der Klägerin für 2012 mit … € und den hiervon auf den Beigeladenen zu 1. entfallenden Anteil auf … € sowie den auf die Beigeladene zu 2. entfallenden Anteil auf … € fest. Den "Anteil am Messbetrag x 3,8" stellte er für den Beigeladenen zu 1. mit … € und für die Beigeladene zu 2. mit … € fest. In dem entsprechenden Bescheid für das Jahr 2013 vom 22.10.2014 stellte das FA den Gewerbesteuermessbetrag mit … €, die Anteile des Beigeladenen zu 1. und der Beigeladenen zu 2. am Gewerbesteuermessbetrag sowie deren "Anteil am Messbetrag x 3,8" jeweils in Höhe von … € fest.
Nach Durchführung einer Außenprüfung änderte das FA die Gewerbesteuermessbescheide der Klägerin. Es setzte am 17.08.2016 Gewerbesteuermessbeträge in Höhe von … € für 2012 und … € für 2013 fest. Ferner vertrat es die Auffassung, für die Verteilung der Besteuerungsgrundlagen im Sinne des § 35 Abs. 2 EStG sei auf den allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel abzustellen. Nicht zu berücksichtigen seien Vorabgewinne sowie gewinnabhängige und gewinnunabhängige Sondervergütungen. Im Streitfall seien die Anteile am Gewerbesteuermessbetrag daher für die phG mit … € festzustellen. Diese Rechtsauffassung setzte das FA durch Änderungsbescheide vom 08.08.2016 um. Für das Jahr 2012 stellte es die Anteile am Gewerbesteuermessbetrag für die Beigeladenen zu 1. und zu 2. jeweils mit … € fest und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Hinsichtlich des Jahres 2013 hob das FA lediglich den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Nach erfolglosen Einsprüchen erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG) Münster. Während des Klageverfahrens erließ das FA am 05.10.2017 einen Änderungsbescheid für 2012 über den Gewerbesteuermessbetrag, in dem es von einem Gewerbeertrag in Höhe von … € ausging und einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von … € festsetzte. Darüber hinaus erließ es in der mündlichen Verhandlung vor dem FG einen geänderten Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2013 dahingehend, dass der Gewerbesteuermessbetrag mit … € und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer mit … € festgestellt wurden. Das FG wies die Klage durch Urteil vom 04.12.2019 - 9 K 149/17 F (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2020, 720) in Bezug auf die Feststellungen nach § 35 Abs. 2 EStG ab.
Dagegen richtet sich die Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts geltend macht.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG Münster vom 04.12.2019 - 9 K 149/17 F insoweit aufzuheben, als es die Klage abgewiesen hat und
1. den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2012 vom 05.10.2017 dahingehend zu ändern, dass festgestellt wird, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2012 für Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG anteilig mit … € auf den Beigeladenen zu 1. und anteilig mit … € auf die Beigeladene zu 2. entfällt und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer 2012 für Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG anteilig mit … € auf den Beigeladenen zu 1. und anteilig mit … € auf die Beigeladene zu 2. entfällt,
2. den Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2013 vom 04.12.2019 dahingehend zu ändern, dass festgestellt wird, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2013 für Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG anteilig mit … € auf den Beigeladenen zu 1. und anteilig mit … € auf die Beigeladene zu 2. entfällt und die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer 2013 für Zwecke des § 35 Abs. 2 EStG anteilig mit … € auf den Beigeladenen zu 1. und anteilig mit … € auf die Beigeladene zu 2. entfällt.Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist ganz überwiegend begründet. Das Urteil der Vorinstanz ist aufzuheben, soweit es die Klage gegen die Bescheide über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung 2012 vom 05.10.2017 sowie für die Einkommensbesteuerung 2013 vom 04.12.2019 hinsichtlich der jeweiligen Anteile des Beigeladenen zu 1. an dem Gewerbesteuermessbetrag und der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer abgewiesen hat (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG ist insoweit zu Unrecht davon ausgegangen, dass der jeweilige Anteil des Beigeladenen zu 1. ohne Einbeziehung der gewinnabhängigen Tantiemen festzustellen war. Hinsichtlich der gewinnunabhängigen Vergütungsteile ist die Revision als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG ermäßigt sich unter dort näher bestimmten Voraussetzungen die tarifliche Einkommensteuer, soweit sie anteilig auf im zu versteuernden Einkommen enthaltene gewerbliche Einkünfte entfällt (Ermäßigungshöchstbetrag). Dabei ist nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG bei Mitunternehmerschaften im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG oder bei KGaA im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG der Betrag des Gewerbesteuermessbetrages, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer oder auf die phG entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen. Zwischen den Beteiligten ist nicht im Streit, dass der Gewerbesteuermessbetrag 2012 ‑‑wie im Änderungsbescheid über den Gewerbesteuermessbetrag vom 05.10.2017 festgehalten‑‑ mit … € sowie die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer ‑‑in Übereinstimmung mit dem klägerischen Antrag‑‑ mit … € gesondert und einheitlich gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG festzustellen war. Der Senat sieht dazu von weiteren Ausführungen ab.
2. Soweit § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG zudem die gesonderte und einheitliche Feststellung des auf die phG entfallenden Anteils verlangt, bestimmt § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG, dass sich der Anteil eines Mitunternehmers am Gewerbesteuermessbetrag nach seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft nach Maßgabe des allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels richtet; Vorabgewinnanteile sind nicht zu berücksichtigen. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Vorgaben des § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG unmittelbar oder zumindest rechtsanalog auf einen phG einer KGaA anzuwenden sind und die Berücksichtigung gewinnabhängiger Tätigkeitsvergütungen ausschließen. FA und FG bejahen dies und gehen davon aus, dass die Anteile der Beigeladenen zu 1. und zu 2. am Gewerbesteuermessbetrag und an der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer nach dem allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel ohne Einbeziehung von gewinnabhängigen Tätigkeitsvergütungen festzustellen sind (s.a. Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 03.11.2016, BStBl I 2016, 1187, Rz 27; Brandis/Heuermann/Rohrlack, § 35 EStG Rz 63, 79; Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 35 Rz 23 ff.; Levedag in Herrmann/Heuer/Raupach, § 35 EStG Rz 126, 157; Schmidt/Wacker, EStG, 42. Aufl., § 35 Rz 32; Peters in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35 Rz B 65, C 28; Schiffers in Korn, § 35 EStG Rz 68 f.; Wendt, Finanz-Rundschau 2008, 578; Oellerich, EFG 2020, 722). Die Gegenauffassung (Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 9 Rz 60 und 107c; Krumm in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 15 Rz 408a; s.a. die frühere BMF-Ansicht im ‑‑durch das BMF-Schreiben vom 03.11.2016, a.a.O.‑‑ aufgehobenen BMF-Schreiben vom 19.09.2007, BStBl I 2007, 701, Rz 27) will demgegenüber für die Verteilung auch gewinnabhängige Tätigkeitsvergütungen berücksichtigen. Danach ist das Verhältnis des allgemeinen Gewinnanteils eines phG an der Gesellschaft, soweit er nicht auf seine Anteile am Grundkapital (Kommanditaktien) entfällt, zum Gesamtgewinn der KGaA maßgebend und dabei werden bei der Ermittlung des Verteilungsschlüssels gewinnabhängige ‑‑nicht aber gewinnunabhängige‑‑ Tätigkeitsvergütungen berücksichtigt. Die gewinnabhängigen Tätigkeitsvergütungen sind danach ‑‑wie dies auch die Klägerin begehrt‑‑ rechnerisch ins Verhältnis zum Gesamtgewinn der KGaA (einschließlich der gewinnabhängigen Tätigkeitsvergütungen) zu setzen (vgl. Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 9 Rz 107, m.w.N.).
3. Der Senat geht zunächst davon aus, dass für die in § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG angeordnete "Anteilsfeststellung" für den Anwendungsbereich der phG einer KGaA der in § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG angeführte Aufteilungsmaßstab des "allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssels" (für Mitunternehmer) entsprechend anzuwenden ist (ebenso z.B. Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 9 Rz 107; Hüttemann in Hüttemann/Schön, Unternehmenssteuerrecht, 2024, Rz 2.294).
a) Es steht zunächst außer Zweifel, dass § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG seinem Wortlaut nach die phG nicht anspricht. Dort ist nur vom "Anteil eines Mitunternehmers" am Gewerbesteuermessbetrag sowie "seinem Anteil am Gewinn der Mitunternehmerschaft" die Rede.
b) Das Gesetz ist, wie auch das FG erkannt hat, insoweit lückenhaft und unter Rückgriff auf die Gesetzessystematik und -historie im Auslegungswege ergänzungsbedürftig. Eine solche lückenfüllende Auslegung des § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG führt dazu, dass der allgemeine Gewinnverteilungsschlüssel als Aufteilungsmaßstab auch für die phG einer KGaA gelten muss.
aa) Ein phG einer KGaA wird nach § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG einem Mitunternehmer gleichgestellt, weil für beide Personengruppen der Gewerbesteuermessbetrag, die tatsächlich zu zahlende Gewerbesteuer und der auf die einzelnen Mitunternehmer oder auf die persönlich haftenden Gesellschafter entfallende Anteil gesondert und einheitlich festzustellen sind. Diese Gleichstellung beider Personengruppen stellt eine gesetzgeberische Grundentscheidung dar, die sich im Gesetz auch an anderer Stelle (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 4 EStG) findet. Letzteres spricht bereits für einen gesetzgeberisch gewollten Gleichklang für beide Personengruppen auch bezogen auf den genannten Aufteilungsmaßstab.
bb) Diese Sichtweise entspricht aber vor allem der Gesetzeshistorie: Im ursprünglichen Gesetzentwurf (BTDrucks 14/2683, S. 6) war eine eigenständige Regelung für die KGaA vorgesehen, wonach sich der "anteilige Gewerbesteuer-Messbetrag … aus dem Verhältnis des dem persönlich haftenden Gesellschafter zuzurechnenden Gewinnanteils zuzüglich der von ihm erzielten Vergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 1 zur Summe aller Gewinnanteile und aller Vergütungen der persönlich haftenden Gesellschafter zuzüglich des Gewinns der Kommanditgesellschaft auf Aktien" ergeben sollte (§ 35 Abs. 1 Nr. 4 i.d.F. des Entwurfs, BTDrucks 14/2683, S. 6 f.). Diese Vorschrift entfiel auf Vorschlag des Finanzausschusses und es sollte stattdessen die für Mitunternehmerschaften und für phG einer KGaA gleichermaßen geltende Anknüpfung an den "allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel" gesetzlich geregelt werden (BTDrucks 14/3366, S. 19 f.). Insofern ist auch erklärbar, warum das Gesetz neben § 35 Abs. 2 Satz 2 EStG keinen weiteren Verteilungsschlüssel benennt.
4. Mit dem vorgenannten Auslegungsergebnis ist indessen noch nicht entschieden, dass für Mitunternehmer einerseits und für phG einer KGaA andererseits vollständig gleiche Maßstäbe gelten müssten. Was genau in den "allgemeinen Gewinnverteilungsschlüssel" einzubeziehen ist, ergibt sich nach Maßgabe des Gesetzestelos vielmehr rechtsformspezifisch.
a) Der Gesetzgeber wollte durch § 35 Abs. 1 Satz 1 EStG eine subjektübergreifende gewerbesteuerliche Entlastung eines phG im Zusammenhang mit der Besteuerung seiner Gewinnanteile auf Ebene der KGaA nach § 8 Nr. 4 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) ermöglichen (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 28.11.2007 - X R 6/05, BFHE 219, 329, BStBl II 2008, 363). Dieser Zweck würde aber in dem Fall, dass der phG keine Sondereinlage im Sinne des § 281 Abs. 2 des Aktiengesetzes (AktG) geleistet hat, gerade nicht erfüllt, ließe man gewinnabhängige Tätigkeitsvergütungen bei der Verteilung außer Betracht (Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 9 Rz 107b). Dies folgt schon daraus, dass nur die phG überhaupt gewerbesteuerlich belastet sein können, während die Kommanditaktionäre Einkünfte aus Kapitalvermögen beziehen. Dies begründet auch, dass der Gesetzgeber in § 35 Abs. 2 Satz 1 EStG die "Anteilszuordnung" nur auf die phG der KGaA bezieht.
b) Die Ausfüllung des Passus "allgemeiner Gewinnverteilungsschlüssel" muss dabei rechtsformspezifisch erfolgen. Für phG einer KGaA lässt sich insoweit der geeignete Maßstab aus § 9 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) und der korrespondierenden Regelung des § 8 Nr. 4 GewStG gewinnen, wo beschrieben wird, welche Elemente der Gesetzgeber bei der KGaA in die Gewinnverteilung einbezieht. Als "Teil des Gewinns" der KGaA (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG) beziehungsweise als gewerbesteuerrechtlich hinzuzurechnender "Gewinnanteil" der phG (§ 8 Nr. 4 GewStG) wird dort nicht nur die auf eine etwaige Sondereinlage der phG entfallende Gewinnbeteiligung, sondern auch auf den Teil des Gewinns abgestellt, der auf die Vergütung (Tantieme) der phG für die Geschäftsführung entfällt. Der Gesetzgeber geht damit davon aus, dass bei der KGaA Gewinne auch im Wege der gewinnabhängigen Tantieme verteilt werden können. Die zu den gewerblichen Einkünften der phG führenden Tätigkeitsvergütungen im Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Alternative 2 EStG gehören danach zu dem "Anteil am Gewinn" der KGaA, der durch Gewinnverteilung auf die phG entfällt (zutreffend Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 9 Rz 107b).
c) Vergütungen an die phG für die Geschäftsführung erhöhen insoweit gewerbesteuerlich den Gewerbesteuermessbetrag der KGaA. Der Abzug nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG bei der körperschaftsteuerrechtlichen Einkommensermittlung der KGaA wird für die Ermittlung des Gewerbeertrages durch die Hinzurechnung nach § 8 Nr. 4 GewStG neutralisiert. Auf der Ebene der phG greift gegebenenfalls die Kürzung nach § 9 Nr. 2b GewStG ein, so dass der auf sie entfallende Teil des Gewinns im Sinne des § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG grundsätzlich bei der KGaA der Gewerbesteuer unterworfen wird (Senatsurteil vom 15.03.2017 - I R 41/16, BFHE 258, 246). Dies ist ‑‑anders als es das FG gesehen hat‑‑ aber nicht mit der Besteuerung des Gewinns einer Mitunternehmerschaft vergleichbar (so aber auch Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 35 Rz 26; Peters in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 35 Rz C 12). Die Regelung in § 9 Abs. 1 Nr. 1 KStG zeigt insoweit vielmehr, dass es bei der KGaA ‑‑anders als bei Mitunternehmerschaften (vgl. dazu BFH-Urteile vom 09.02.2011 - IV R 37/08, BFH/NV 2011, 1120; vom 14.01.2016 - IV R 5/14, BFHE 253, 67, BStBl II 2016, 875)‑‑ gerade kein gesetzliches Leitbild dafür gibt, in welchem Umfang die phG im Innenverhältnis die Gewerbesteuer zu finanzieren haben (so aber Schindler in Kirchhof/Seer, EStG, 22. Aufl., § 35 Rz 26; Oellerich, EFG 2020, 722, 723; auch Schiffers, Deutsche Steuer-Zeitung 2020, 346). Die Klägerin wendet insoweit zutreffend ein, dass bei KGaA die Gewinnbeteiligung der phG oftmals über Tantiemen erfolgt. So hat auch im Streitfall der Beigeladene zu 1. im Wege der gewinnabhängigen Tantieme nahezu alles erhalten, was überhaupt als Gewinn zur Finanzierung der Gewerbesteuer verteilt werden konnte. Die Argumentation des FG, die Klägerin hätte das von ihr favorisierte Ergebnis (auch) durch eine andere "Gestaltung" erreichen können (schon bezogen auf Mitunternehmerschaften Zweifel an der Umsetzbarkeit von innergesellschaftlichen Ausgleichlösungen Hüttemann in Hüttemann/Schön, Unternehmenssteuerrecht, 2024, Rz 2.295), weshalb bei Ausschluss der Gewerbesteuerermäßigung kein Härtefall vorliege, vermag vor diesem Hintergrund nicht zu überzeugen.
d) Darüber hinaus ist nicht schon von vornherein jede Tätigkeitsvergütung der phG einem "Vorabgewinn" im Sinne des § 35 Abs. 2 Satz 2 Halbsatz 2 EStG gleichzusetzen. Bezogen auf gewinnabhängige Tantiemen kann insoweit schon deshalb kein Vorabgewinn vorliegen, weil diese ‑‑so jedenfalls im Streitfall‑‑ streng erfolgsabhängig ausgestaltet sind. "Vorabgewinn" im Rechtssinne ist insoweit aber nur die gewinnunabhängige Tätigkeitsvergütung der phG im Sinne des § 288 Abs. 3 AktG oder ein vom Ergebnis unabhängiger garantierter Gewinn (Hageböke in Rödder/Herlinghaus/Neumann, KStG, 2. Aufl., § 9 Rz 107c).
5. Da das FG von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist, ist sein Urteil insoweit aufzuheben, als es die Feststellung der jeweiligen Anteile des Beigeladenen zu 1. an dem Gewerbesteuermessbetrag und an der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer ohne Einbeziehung der gewinnabhängigen Tantiemen gebilligt hat. Zutreffend hat das FG allerdings nach den vorstehenden Rechtsgrundsätzen für beide Beigeladenen die gewinnunabhängigen Vergütungsbestandteile (Personenkraftwagen-Nutzung/Pensionsanspruch und Haftungsvergütungen) ausgesondert. Die Berechnung der jeweiligen Anteile des Beigeladenen zu 1. an dem festzusetzenden Gewerbesteuermessbetrag und der tatsächlich zu zahlenden Gewerbesteuer wird nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO dem FA auferlegt.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO; die Kosten des Beigeladenen zu 1. sind wegen fehlender aktiver Beteiligung am Revisionsverfahren und der Beigeladenen zu 2. schon wegen der auf die eigene Beschwer bezogenen Erfolglosigkeit des Rechtsmittels nicht erstattungsfähig (§ 139 Abs. 4 FGO).