ECLI:DE:BFH:2023:B.251023.IR38.20.0
BFH I. Senat
FGO § 68 S 1, EStG § 26, EStG § 26b, EStG § 26a, FGO § 40 Abs 1, EStG VZ 2016
vorgehend FG Köln, 10. September 2020, Az: 5 K 2277/19
Leitsätze
Wird ein Zusammenveranlagungsbescheid während des Klageverfahrens aufgehoben und werden stattdessen Einzelveranlagungsbescheide erlassen, dann werden diese nicht gemäß § 68 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung zum Gegenstand des Klageverfahrens.
Tenor
Die Revision der Kläger gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 10.09.2020 - 5 K 2277/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), ein Ehepaar, wählten zunächst im Rahmen ihrer Einkommensteuererklärung für das Jahr 2016 (Streitjahr) die Zusammenveranlagung. Zwischen ihnen und dem Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) entstand insbesondere Streit über die steuerliche Behandlung des Arbeitslohns des Klägers, den dieser aus seiner Tätigkeit in Frankreich bezogen hatte. Der Kläger ging abkommensrechtlich von einer Ansässigkeit in Frankreich aufgrund seines dort liegenden Mittelpunkts der Lebensinteressen und einem daraus resultierenden Besteuerungsrechts Frankreichs aus. Das FA folgte dem nicht. Es unterwarf die fraglichen Einkünfte der deutschen Besteuerung und rechnete die gezahlte französische Steuer an. Der gegen den Zusammenveranlagungsbescheid vom 08.08.2019 gerichtete Einspruch der Kläger blieb erfolglos, weshalb beide Ehegatten Klage erhoben.
Mit Schriftsatz vom 05.11.2019 begründeten die Kläger ihre Klage gegen den Zusammenveranlagungsbescheid und beantragten "vorbehaltlich einer Erweiterung des Klageantrages", den Zusammenveranlagungsbescheid vom 08.08.2019 dahingehend abzuändern, dass die Einkommensteuer unter Freistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit des Ehemannes in Höhe von … € gemäß § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) niedriger festgesetzt wird. Darüber hinaus beantragten die Kläger, sie gemäß § 26 Abs. 2 EStG einzeln zur Einkommensteuer zu veranlagen.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) Köln am 04.06.2020 stellten die Kläger den davon abweichenden Antrag, "den Einkommensteuerbescheid 2016 vom 08.08.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 13.08.2019 aufzuheben und die Kläger zu 1. und 2. gemäß § 26 Abs. 2 EStG einzeln zur Einkommensteuer zu veranlagen sowie gemäß § 26a Abs. 2 EStG den Abzug der Sonderausgaben, der außergewöhnlichen Belastungen und der Steuerermäßigung nach § 35a EStG jeweils zur Hälfte zu berücksichtigen und beim Kläger zu 1. die Einkommensteuer unter Freistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von … € gemäß § 32b Abs. 1 Nr. 3 und § 34 EStG und unter Anwendung der tariflichen Besteuerung der Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von … € gemäß § 32d Abs. 6 EStG niedriger festzusetzen".
Daraufhin wurde die Sache nach Beratung vertagt. Den Beteiligten wurde das Sitzungsprotokoll übersandt. Gleichzeitig wurde die Entscheidung des FG, die Sache zu vertagen, den Beteiligten mit Schreiben vom 04.06.2020 erläutert.
Entsprechend dem in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrag der Kläger hob das FA mit Verfügung vom 15.07.2020 den angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2016 vom 08.08.2019 auf. Gleichzeitig erklärte es den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Einzelveranlagungsbescheide für die Kläger erließ das FA ebenfalls am 15.07.2020.
Die Kläger teilten mit, dass sie den Rechtsstreit nicht in der Hauptsache für erledigt erklären würden. Der Rechtsstreit sei entgegen der Auffassung des FA durch den Erlass der Einzelveranlagungsbescheide vom 15.07.2020 nicht beendet worden. Vielmehr ersetzten die Einzelveranlagungsbescheide den Zusammenveranlagungsbescheid vom 08.08.2019 und die dazu ergangene Einspruchsentscheidung vom 13.08.2019. Die Einzelveranlagungsbescheide seien keine Änderungsbescheide, sondern den ursprünglichen Zusammenveranlagungsbescheid ersetzende Bescheide. Im Übrigen sei der Einzelveranlagungsbescheid 2016 betreffend den Kläger zu 1. in doppelter Hinsicht rechtswidrig. Zum einen leide dieser Bescheid an denselben rechtlichen Fehlern wie der ursprüngliche Zusammenveranlagungsbescheid. Zum anderen werde das Bruttogehalt über den Betrag im Zusammenveranlagungsbescheid hinaus mit verbösernder Wirkung erhöht.
In der mündlichen Verhandlung vom 10.09.2020 stellten die Kläger die Anträge aus dem Schriftsatz vom 19.08.2020, wobei es sich bei der Datumsangabe um einen offensichtlichen Fehler handelt. Im Schriftsatz vom 18.08.2020 hatten die Kläger beantragt, den Einkommensteuerbescheid 2016 für den Kläger zu 1. vom 15.07.2020, also den Einzelveranlagungsbescheid, dahingehend zu ändern, dass unter anderem dessen Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit in Höhe von … € steuerfrei gestellt werden. Hilfsweise wurde für den Fall, dass der genannte Klageantrag ohne vollständigen Erfolg bleibt, beantragt, die Einzelveranlagungsbescheide für den Kläger zu 1. und die Klägerin zu 2. aufzuheben und den Bescheid vom 15.07.2020 über die Aufhebung des Zusammenveranlagungsbescheids ebenfalls aufzuheben. Höchsthilfsweise wurde die Abänderung des Einzelveranlagungsbescheids für den Kläger zu 1. dahin beantragt, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit nur in Höhe von … € der Veranlagung zugrunde gelegt werden sowie für einen Teilbetrag dieser Einkünfte in Höhe von … € die ermäßigte Besteuerung gemäß § 34 EStG angewendet wird.
Das FG wies die Klage ab (Urteil vom 10.09.2020 - 5 K 2277/19, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2021, 138). Es ging hierbei davon aus, dass die Einzelveranlagungsbescheide nicht im Sinne des § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Verfahrensgegenstand geworden waren und die Kläger mit der Aufhebung des Zusammenveranlagungsbescheids klaglos gestellt worden sind.
Dagegen wenden sich die Kläger mit ihrer Revision. Sie rügen insbesondere eine Verletzung des § 68 FGO.
Die Kläger beantragen, das Urteil der Vorinstanz aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 126a FGO. Der Senat hält einstimmig die Revision für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich. Die Beteiligten sind davon unterrichtet worden und hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Das Urteil der Vorinstanz ist frei von Rechtsfehlern. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Einzelveranlagungsbescheide vom 15.07.2020 nicht gemäß § 68 FGO zum Gegenstand des Verfahrens geworden sind. Da sich der Rechtsstreit durch die vom FA vorgenommene Aufhebung des angefochtenen Zusammenveranlagungsbescheids erledigt hatte, hat das FG die Klage zutreffend als unzulässig abgewiesen.
1. a) Wird der angefochtene Verwaltungsakt nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt gemäß § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens. Ein Einspruch gegen den neuen Verwaltungsakt ist insoweit ausgeschlossen (§ 68 Satz 2 FGO).
b) Die Begriffe "geändert" und "ersetzt" werden im Gesetz nicht definiert. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) sind diese mit Rücksicht auf den Zweck des § 68 FGO, der verhindern will, dass der Kläger gegen seinen Willen aus dem Klageverfahren gedrängt wird, weit auszulegen (z.B. Senatsurteil vom 09.05.2012 - I R 91/10, BFH/NV 2012, 2004). § 68 FGO verlangt keine inhaltliche Einwirkung des ersetzenden oder ändernden Bescheids auf den ursprünglichen Bescheid. Ausreichend ist es, wenn beide Bescheide "dieselbe Steuersache", das heißt dieselben Beteiligten und denselben Besteuerungsgegenstand, betreffen. Beide Verwaltungsakte müssen lediglich einen (zumindest partiell) identischen Regelungsbereich haben, damit es zum Austausch des Verfahrensgegenstands kommt (BFH-Urteile vom 08.02.2001 - VII R 59/99, BFHE 194, 466, BStBl II 2001, 506; vom 09.02.2011 - IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764; vom 12.05.2016 - II R 17/14, BFHE 253, 505, BStBl II 2016, 822).
c) Ob diese Voraussetzungen auch dann erfüllt sind, wenn Ehegatten während eines Klageverfahrens von ihrem Wahlrecht aus § 26 EStG Gebrauch machen und die auf der zuvor getroffenen Wahl beruhenden Einkommensteuerbescheide aufgehoben werden, wird streitig beurteilt. Zum Teil wird ein Ersetzen im Sinne des § 68 FGO dann bejaht, wenn ein Ehegatte gegen den Zusammenveranlagungsbescheid geklagt hatte, er während seines Klageverfahrens die Einzelveranlagung wählt, das FA dem entspricht und der Ehegatte sein Klageverfahren gegen den Einzelveranlagungsbescheid fortführen möchte (Urteile des FG Düsseldorf vom 25.06.1996 - 6 K 3526/92, EFG 1996, 1075; des FG Berlin-Brandenburg vom 21.05.2008 - 11 K 188/04, EFG 2008, 1400; des FG München vom 20.02.2013 - 9 K 1748/11, EFG 2013, 872; Krumm in Tipke/Kruse, § 68 FGO Rz 8). Nach der Gegenauffassung werden die nach einem Wechsel der Veranlagungsart ergangenen "neuen" Steuerbescheide nicht zum Gegenstand des Klageverfahrens (vgl. neben der Vorinstanz auch das Urteil des FG Köln vom 26.09.2022 - 15 K 469/22, EFG 2023, 243; Falk, EFG 2021, 140).
d) Der Senat schließt sich im Grundsatz der zuletzt genannten Auffassung an. Deshalb ist die Anwendung des § 68 Satz 1 FGO ausgeschlossen, wenn, wie im Streitfall, der von beiden Eheleuten als einfache Streitgenossen (§ 59 FGO i.V.m. §§ 59, 60 der Zivilprozessordnung; BFH-Beschlüsse vom 14.06.1994 - VIII R 79/93, BFH/NV 1995, 225; vom 20.01.1995 - III R 31/93, juris) angefochtene Zusammenveranlagungsbescheid während des Klageverfahrens aufgehoben wird, weil die Eheleute von ihrem Veranlagungswahlrecht im Sinne des § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG (erneut) Gebrauch gemacht und die Einzelveranlagung gewählt haben und das FA dementsprechend Einzelveranlagungsbescheide erlassen hat.
aa) Ein Fall der "Änderung" im Sinne des § 68 FGO liegt unstreitig nicht vor. Denn mit der Wahl der Einzelveranlagung wird nicht ein zuvor ergangener Zusammenveranlagungsbescheid geändert. Vielmehr ist dieser aufzuheben und es sind neue (Einzel-)Veranlagungsverfahren durchzuführen. Grund dafür ist die Wesensverschiedenheit der verschiedenen Veranlagungsarten (vgl. BFH-Urteile vom 09.03.1973 - VI R 396/70, BFHE 109, 44, BStBl II 1973, 487; vom 19.05.2004 - III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980).
bb) Diese Wesensverschiedenheit steht aber auch der Annahme entgegen, dass in der Konstellation des Streitfalls von einer "Ersetzung" im Sinne des § 68 FGO auszugehen ist. Denn "Wesensverschiedenes" lässt sich ersichtlich nicht als "dieselbe Steuersache" qualifizieren.
Maßgeblich für die Beurteilung, ob es sich um "dieselbe Steuersache" handelt, ist nicht der Erlass der Einzelveranlagungsbescheide, sondern die (neue) Wahlrechtsausübung durch die Ehegatten. Bereits die zulässige Wahl der Einzelveranlagung führt zur Begründetheit des gegen den Zusammenveranlagungsbescheid gerichteten Anfechtungsbegehrens (vgl. Senatsurteil vom 03.03.2021 - I R 35/19, BFH/NV 2021, 1354). Der Antrag auf Änderung der Veranlagungsart ist nicht als Anfechtung der Steuerfestsetzung zu verstehen, sondern als ein auf Durchführung einer erneuten Veranlagung in einer bestimmten Veranlagungsart gerichtetes Verpflichtungsbegehren. Die Änderung der Veranlagung erschöpft sich auch nicht in der Änderung eines bereits ergangenen Bescheids. Vielmehr führt sie zu einem neuen Veranlagungsverfahren, wobei die von Seiten der Ehegatten getroffene Wahl im Fall der Weigerung des FA, die Veranlagung in der gewählten Form durchzuführen, im Wege der Verpflichtungsklage durchgesetzt werden muss (vgl. BFH-Urteil vom 19.05.2004 - III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980). Das diesem Verpflichtungsbegehren zugrunde liegende Veranlagungswahlrecht betrifft eine die gesamte Veranlagung betreffende Ordnung (Verbindung oder Trennung) der steuerlichen Verhältnisse zweier Personen. Dabei führt die Wahl der Zusammenveranlagung zur vollen Berücksichtigung des Transfers steuerlicher Leistungsfähigkeit im Rahmen der Erwerbs- und Verbrauchsgemeinschaft der Ehegatten, die Wahl der Einzelveranlagung dagegen nur zu einer Teilberücksichtigung dieses Transfers. Die (erneut) ausgeübte Wahl der Veranlagungsart löst nur die Rechtsfolgen der §§ 26a und 26b EStG aus, lässt im Übrigen aber die Besteuerungsgrundlagen unberührt (vgl. zum Vorstehenden BFH-Urteile vom 24.01.2002 - III R 49/00, BFHE 198, 12, BStBl II 2002, 408; vom 19.05.2004 - III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980; vom 14.06.2018 - III R 20/17, BFHE 262, 92, BStBl II 2019, 694).
Darin zeigt sich, dass es sich bei der Anfechtung des Zusammenveranlagungsbescheids und der dort im Streit stehenden materiellen Besteuerungsgrundlagen im Vergleich zu dem durch die (erneut) ausgeübte Wahl der Veranlagungsart ausgelösten neuen Veranlagungsverfahren, in dem es um die Grundordnung der steuerlichen Verhältnisse zweier Personen geht, nicht um "dieselbe Steuersache" handelt. Es ist somit nicht zulässig, die vom FA durchgeführte Einzelveranlagung im Klageverfahren in ein Zusammenveranlagungsverfahren überzuleiten (BFH-Urteil vom 09.03.1973 - VI R 396/70, BFHE 109, 44, BStBl II 1973, 487), was im umgekehrten Fall ebenfalls gelten muss.
cc) Die von der Revision angemahnte großzügige Auslegung des Begriffs der Ersetzung rechtfertigt kein anderes Ergebnis. Denn eine weite Auslegung ist "nur" zur Entfaltung des Zwecks des § 68 FGO geboten. Dieser besteht im Wesentlichen darin, den Kläger zu schützen. Durch eine Änderung oder Ersetzung des angefochtenen Bescheids soll die Finanzbehörde nicht das Ende des laufenden Prozesses herbeiführen, den Kläger aus dem Verfahren hinauswerfen und zum Ausgangspunkt zurückzwingen können (BFH-Urteile vom 06.08.1996 - VII R 77/95, BFHE 181, 107, BStBl II 1997, 79; vom 15.04.2010 - IV R 5/08, BFHE 229, 524, BStBl II 2010, 912; vom 22.09.2011 - IV R 3/10, BFHE 235, 346, BStBl II 2012, 14; Senatsbeschluss vom 09.12.2014 - I B 43/14, BFH/NV 2015, 345). Bei einer (erneuten) Wahl der Veranlagung ist es aber nicht das Finanzamt, sondern der klagende Steuerpflichtige, der das Ende des laufenden Prozesses herbeiführt.
Das von den Klägern ins Feld geführte Argument der Prozessökonomie (Vermeidung eines neuen Rechtsbehelfs- und Klageverfahrens), das ebenfalls hinter der Regelung des § 68 FGO steht, überzeugt den Senat aus zweierlei Gründen nicht. Zum einen würde mit der Anwendung des § 68 FGO in der Konstellation des Streitfalles zwar ein neues Verfahren für den Kläger vermieden, zugleich müsste aber auch ein "überflüssiges" und kostenträchtiges Klageverfahren bezüglich der Klägerin ‑‑zumindest vorübergehend bis zu einer etwaigen kostenpflichtigen Klagerücknahme‑‑ fortgeführt werden. Denn der materielle Streitpunkt der steuerlichen Behandlung des vom Kläger erzielten Arbeitslohns wäre allein in dessen Klageverfahren gegen "seinen" Einzelveranlagungsbescheid zu klären. Zum anderen ist in Rechnung zu stellen, dass die (erneute) Wahl der Veranlagung ein eigenständiges Streitpotential (Zulässigkeit der Wahlrechtsänderung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 24.05.1991 - III R 105/89, BFHE 165, 345, BStBl II 1992, 123; vom 19.05.2004 - III R 18/02, BFHE 206, 201, BStBl II 2004, 980) in sich tragen könnte, über das im Rahmen einer Verpflichtungsklage vorab zu entscheiden wäre.
e) Wie die Vorinstanz richtig entschieden hat, ist § 68 FGO im Streitfall allerdings im Hinblick auf den Bescheid vom 15.07.2020, mit dem der Zusammenveranlagungsbescheid vom 08.08.2019 aufgehoben wurde, anzuwenden (vgl. BFH-Urteil vom 03.12.2019 - VIII R 23/17, BFH/NV 2020, 613; Krumm in Tipke/Kruse, § 68 FGO Rz 9). Denn hierbei handelt es sich um einen ersetzenden Bescheid im Sinne des § 68 FGO. Zusammenveranlagungsbescheid und Aufhebung dieses Bescheids sind nicht wesensverschieden, sondern zeichnen sich durch eine vollständige Identität des Regelungsgegenstands (positive beziehungsweise negative Entscheidung über die Voraussetzungen einer Zusammenveranlagung) und der Beteiligten aus.
2. Mit dem zum Gegenstand des Verfahrens gewordenen Aufhebungsbescheid vom 15.07.2020 sind die Kläger hinsichtlich ihrer Anfechtungsklage gegen den Zusammenveranlagungsbescheid vom 08.08.2019 klaglos gestellt worden. Da die Kläger nicht die Erledigung der Hauptsache erklärt, sondern einen Sachantrag hinsichtlich der nicht zum Verfahrensgegenstand gewordenen Einzelveranlagungsbescheide gestellt haben, war ihre Klage abzuweisen.
3. Die Rüge der Kläger, das FG habe ihre in der mündlichen Verhandlung am 04.06.2020 gestellten Anträge falsch ausgelegt, greift nicht durch. Mit dem FG geht der Senat davon aus, dass die von einem fachkundigen Vertreter gestellten Anträge eindeutig waren. Der Wortlaut der gestellten Anträge, die vorgelesen und genehmigt worden waren, lässt nicht erkennen, dass die Aufhebung des Zusammenveranlagungsbescheids und die Durchführung von Einzelveranlagungen unter einer Bedingung gestanden hätten. Davon abgesehen ist nicht ersichtlich, dass das Urteil der Vorinstanz auf einer etwaigen Falschauslegung des in der mündlichen Verhandlung gestellten Antrags beruhen könnte. Denn nach den obigen Darlegungen ist der ursprünglich angefochtene Zusammenveranlagungsbescheid vom 08.08.2019 im Sinne des § 68 FGO allein durch den Aufhebungsbescheid vom 15.07.2020 ‑‑und nicht durch die Einzelveranlagungsbescheide vom selben Tage‑‑ ersetzt worden. Mit dem vom FA erlassenen Aufhebungsbescheid vom 15.07.2020 ist in einem tatsächlichen Sinne aber eine Erledigung eingetreten, auf die das FG ‑‑in Ermangelung einer Erledigungserklärung der Kläger‑‑ nur noch mit einer Klageabweisung als unzulässig reagieren konnte (vgl. z.B. Brandis in Tipke/Kruse, § 138 FGO Rz 13, m.w.N.).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.