ECLI:DE:BFH:2023:U.170823.IIIR31.21.0
BFH III. Senat
EStG § 64 Abs 1, EStG § 64 Abs 2 S 2, EStG § 66 Abs 2, AO § 37 Abs 2, AO § 169 Abs 2, AO § 170 Abs 1, AO § 171 Abs 7, AO § 384, StGB § 78 Abs 3 Nr 4, StGB § 78a, StGB § 78c, OWiG § 31 Abs 3, OWiG § 33, BGB § 818 Abs 3, BGB § 130 Abs 1, BGB § 130 Abs 2, BGB § 130 Abs 3, EStG VZ 2005 , EStG VZ 2006 , EStG VZ 2007 , EStG VZ 2008 , EStG VZ 2009 , EStG VZ 2010 , EStG VZ 2011 , EStG VZ 2012 , EStG VZ 2013 , EStG VZ 2014 , EStG VZ 2015 , EStG VZ 2016 , EStG VZ 2017 , EStG VZ 2018 , EStG VZ 2019 , VwVfG § 48 Abs 2 S 2, SGB 10 § 45 Abs 2 S 2, FGO § 96 Abs 1 S 1, FGO § 118 Abs 2
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 24. September 2021, Az: 5 K 5114/20
Leitsätze
1. NV: Die Bestimmung des vorrangig Kindergeldberechtigten gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) kann nur einvernehmlich erfolgen und setzt deshalb eine Einigung der Eltern voraus.
2. NV: Bei der Berechtigtenbestimmung, ihrer Änderung und ihrem Widerruf handelt es sich jeweils um empfangsbedürftige Willenserklärungen, die nach Zugang bei den zuständigen Familienkassen rechtsgestaltend den Kindergeldanspruch einer bestimmten natürlichen Person begründen oder beenden (Bestätigung des Senatsurteils vom 19.04.2012 - III R 42/10, BFHE 238, 24, BStBl II 2013, 21).
3. NV: Auch für solche gegenüber einer Behörde abzugebende Willenserklärungen gelten die Vorschriften des § 130 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑ (§ 130 Abs. 3 BGB).
4. NV: Ein Widerruf der Bestimmung des nach § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG vorrangig Kindergeldberechtigten für die Zukunft wird erst wirksam, wenn der Widerruf allen Beteiligten, also insbesondere auch der für den bisher vorrangig Kindergeldberechtigten zuständigen Familienkasse, bekannt geworden ist.
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 24.09.2021 - 5 K 5114/20 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist die Rechtmäßigkeit eines Bescheides über die Aufhebung einer Kindergeldfestsetzung und die Rückforderung von Kindergeld für den Zeitraum Mai 2004 bis einschließlich Februar 2019.
Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Vater unter anderem des im Mai 2004 geborenen Kindes F. Er beantragte am 30.07.2004 bei der Familienkasse des Bundeseisenbahnvermögens (ursprünglich Beklagte ‑‑BEV‑‑) Kindergeld für F. Die Mutter des Kindes (M), mit der der Kläger inzwischen verheiratet ist, hatte zu dem Antrag erklärt, sie sei einverstanden, dass dem Kläger das Kindergeld für F gewährt wird. Daraufhin setzte das BEV zugunsten des Klägers ab Mai 2004 Kindergeld für F fest.
Bereits am 01.07.2004 hatte M bei der für sie zuständigen Familienkasse Berlin-Brandenburg (Revisionsklägerin ‑‑Familienkasse‑‑) Kindergeld für F beantragt. Zu diesem Antrag hatte der Kläger erklärt, er sei mit der Gewährung von Kindergeld an M einverstanden. Dementsprechend hatte die Familienkasse antragsgemäß der M ab Mai 2004 Kindergeld für F gewährt.
Im Jahr 2019 stellten die Familienkasse und das BEV fest, dass sowohl der Kläger als auch M ab Mai 2004 Kindergeld für F bezogen hatten. Daraufhin hob das BEV mit Bescheid vom 21.11.2019 die zugunsten des Klägers erfolgte Kindergeldfestsetzung auf und forderte das gesamte im Zeitraum Mai 2004 bis Februar 2019 an den Kläger ausgezahlte Kindergeld in Höhe von 31.414 € zurück.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt und hob mit Urteil vom 24.09.2021 den Bescheid vom 21.11.2019 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.08.2020 auf. Zur Begründung führte es aus, der beim BEV gestellte Kindergeldantrag des Klägers habe ab August 2004 zu einer Änderung des Kindergeldberechtigten geführt, eine Anzeige bei der Familienkasse sei nicht nötig gewesen. Die Familienkasse, gegenüber der die Änderung erklärt werde, sei verpflichtet, mit der bisher Kindergeld gewährenden Stelle Kontakt aufzunehmen, um Doppelzahlungen auszuschließen. Für die Monate Mai bis Juli 2004 sei selbst bei Annahme einer Steuerhinterziehung mit Ablauf des Jahres 2014 Festsetzungsverjährung eingetreten, da der Kläger die letzte unberechtigte Zahlung im Juli 2004 erhalten habe. Die fünfjährige Verjährungsfrist für die strafrechtliche Verfolgung sei bereits im Jahr 2009 abgelaufen.
Das BEV hat mit Wirkung zum 30.09.2021 auf seine Zuständigkeit für die Festsetzung und Auszahlung des Kindergeldes verzichtet; die Zuständigkeit ist auf die Familienkasse übergegangen.
Mit der vom FG zugelassenen Revision rügt die Familienkasse die Verletzung materiellen Rechts.
Die Familienkasse beantragt,
das Urteil des FG Berlin-Brandenburg vom 24.09.2021 - 5 K 5114/20 aufzuheben und die Klage abzuweisen.Der Kläger beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die Familienkasse der Bundesagentur für Arbeit ist aufgrund eines Organisationsaktes im Wege des gesetzlichen Parteiwechsels in die Beteiligtenstellung des BEV eingetreten (vgl. Senatsurteil vom 27.10.2021 - III R 19/19, BFHE 275, 44, BStBl II 2022, 469, Rz 11).
2. Die Revision der Familienkasse ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Das FG ist auf Basis der von ihm getroffenen tatsächlichen Feststellungen zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Berechtigtenbestimmung im Sinne des § 64 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) wirksam zugunsten des Klägers geändert wurde. Mangels hinreichender tatsächlicher Feststellungen des FG kann der Senat nicht selbst über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung und der Rückforderung des dem Kläger für die Zeit von Mai 2004 bis einschließlich Februar 2019 gewährten Kindergeldes entscheiden.
a) Kindergeld wird für jedes Kind nur an einen Kindergeldberechtigten gezahlt (§ 64 Abs. 1 EStG). Lebt das Kind im gemeinsamen Haushalt der Eltern, so bestimmen diese untereinander den Berechtigten (§ 64 Abs. 2 Satz 2 EStG). Dies geschieht üblicherweise durch den Kindergeldantrag (§ 67 EStG; vgl. Senatsurteil vom 18.05.2017 - III R 11/15, BFHE 259, 78, BStBl II 2017, 1199, Rz 10).
Die Berechtigtenbestimmung gemäß § 64 Abs. 2 Satz 2 EStG kann nur einvernehmlich erfolgen (vgl. Senatsurteil vom 19.04.2012 - III R 42/10, BFHE 238, 24, BStBl II 2013, 21, Rz 8), setzt also eine Einigung der Eltern voraus. Es handelt sich bei der Berechtigtenbestimmung, ihrer Änderung und ihrem Widerruf jeweils um empfangsbedürftige Willenserklärungen, die nach Zugang bei den zuständigen Familienkassen rechtsgestaltend den Kindergeldanspruch einer bestimmten natürlichen Person begründen oder beenden (Senatsurteil vom 19.04.2012 - III R 42/10, BFHE 238, 24, BStBl II 2013, 21, Rz 9).
Auch für solche gegenüber einer Behörde abzugebende Willenserklärungen gelten die Vorschriften des § 130 Abs. 1 und 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑ (§ 130 Abs. 3 BGB). Abgegeben ist die Erklärung, wenn der Erklärende seinen Willen erkennbar so geäußert hat, dass an der Endgültigkeit der Äußerung kein Zweifel möglich ist, wobei bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen grundsätzlich hinzukommen muss, dass sie mit Willen des Erklärenden in den Verkehr gebracht werden (Grüneberg/Ellenberger, Bürgerliches Gesetzbuch, 82. Aufl., § 130 Rz 4, m.w.N.). Hierzu muss bei schriftlichen Willenserklärungen unter Abwesenden in der Regel deren Absendung beziehungsweise Übergabe an den Erklärungsboten und bei schriftlichen Willenserklärungen unter Anwesenden deren Übergabe erfolgt sein (MüKoBGB/Einsele, 9. Aufl., § 130 Rz 13).
Wurde eine wirksame Berechtigtenbestimmung getroffen, dann gilt diese so lange, bis sie von den Eltern einvernehmlich geändert oder von einem Elternteil einseitig widerrufen wird (Senatsurteile vom 23.03.2005 - III R 91/03, BFHE 209, 338, BStBl II 2008, 752, unter II.2. und vom 19.04.2012 - III R 42/10, BFHE 238, 24, BStBl II 2013, 21, Rz 8). Im letztgenannten Fall muss das Familiengericht gemäß § 64 Abs. 2 Satz 3 EStG den Berechtigten bestimmen, wenn der andere Elternteil das Einvernehmen nicht durch seine Zustimmung zum Wechsel der Berechtigung wieder herstellt.
Die mit einem Berechtigtenwechsel verbundene Neugestaltung der Rechtsverhältnisse zwischen den Beteiligten ‑‑bisheriger und neuer Anspruchsberechtigter sowie die jeweils zuständigen Familienkassen‑‑ ist grundsätzlich nur für die Zukunft möglich. Eine rückwirkende Gestaltung derartiger Rechtsverhältnisse ist nur dann möglich, wenn sie bislang ungeregelt waren (Senatsurteil vom 19.04.2012 - III R 42/10, BFHE 238, 24, BStBl II 2013, 21, Rz 8 und Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 23.05.2016 - V R 21/15, BFH/NV 2016, 1274, Rz 11). Im ungeregelten Zustand besteht Unklarheit über die Person des Anspruchsinhabers; für die Familienkasse besteht ein Festsetzungshindernis (Senatsurteil vom 19.04.2012 - III R 42/10, BFHE 238, 24, BStBl II 2013, 21, Rz 10).
b) Nach diesen Maßstäben hält das Urteil des FG einer revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.
Das FG hat nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Kläger und M im zeitlichen Zusammenhang mit ihren Kindergeldanträgen vom Juli 2014 wechselseitig erklärt hatten, ohne zeitliche Einschränkungen mit der Gewährung des Kindergeldes für F an den jeweils anderen Elternteil einverstanden zu sein. Mit diesen Erklärungen haben sie eine Einigung darüber, wem von beiden das Kindergeld zustehen sollte, gerade nicht herbeigeführt. Das FG hat auch nicht festgestellt, dass sich der Kläger und M nach der Niederschrift dieser Erklärungen bis zum 31.07.2004 darauf verständigt haben, dass nur der Kläger der Kindergeldberechtigte für F sein und den entsprechenden Antrag stellen solle. Denn es hat sich nicht mit der Behauptung des Klägers auseinandergesetzt, er habe sich mit M darauf geeinigt, dass nur er den Kindergeldantrag für F einreicht. Das FG hat sich des Weiteren auch nicht mit dem Vorbringen des Klägers beschäftigt, der Antrag der M mit seiner Zustimmungserklärung sei ohne sein Wissen und Wollen bei der Familienkasse eingereicht worden. Solange jedoch nicht feststeht, welche Abrede der Kläger und M bezüglich der beiden Kindergeldanträge letztlich getroffen haben, ist zugleich offen, welche der von ihnen jeweils wechselseitig schriftlich niedergelegten Erklärungen zur Berechtigtenbestimmung nach ihrem übereinstimmenden Willen in den Rechtsverkehr gelangen und damit wirksam werden sollte(n).
Damit beruht die Annahme des FG, der beim BEV gestellte Kindergeldantrag des Klägers sei als einvernehmliche Änderung der Berechtigtenbestimmung anzusehen, nicht auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage. Einen solchen Rechtsanwendungsfehler hat der BFH auch ohne besondere Rüge zu berücksichtigen (Senatsurteil vom 02.12.2004 - III R 49/03, BFHE 208, 531, BStBl II 2005, 483, unter II.1.d).
c) Das angefochtene Urteil erweist sich nicht aus anderen Gründen als richtig. Denn es ist nicht ausgeschlossen, dass zum Zeitpunkt des Erlasses des auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) gestützten Aufhebungsbescheides vom 21.11.2019 die Festsetzungsfrist noch nicht abgelaufen war (aa). Der Entreicherungseinwand des Klägers greift nicht durch (bb).
aa) Die Vorschriften über die Festsetzungsverjährung nach §§ 169 folgende AO gelten auch im Verfahren über die Aufhebung von Bescheiden über die Festsetzung von Kindergeld, da dieses nach § 31 Satz 3 EStG als Steuervergütung gezahlt wird.
(1) Auf die Festsetzung einer Steuervergütung sind gemäß § 155 Abs. 5 AO die Vorschriften über die Steuerfestsetzung ‑‑also auch die Bestimmungen über die Festsetzungsverjährung (§§ 169 bis 171 AO)‑‑ sinngemäß anzuwenden (vgl. BFH-Urteil vom 09.09.2015 - XI R 9/14, BFH/NV 2016, 166, Rz 22, m.w.N.).
Im Regelfall beträgt die Festsetzungsfrist vier Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO); im Falle der Steuerhinterziehung zehn Jahre und im Falle der leichtfertigen Steuerverkürzung fünf Jahre (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).
Die Frist beginnt gemäß § 170 Abs. 1 AO mit Ablauf des Jahres, in dem die Steuer entstanden ist. Sie endet in den Fällen des § 169 Abs. 2 Satz 2 AO nicht, bevor die Verfolgung der Steuerstraftat oder Steuerordnungswidrigkeit verjährt ist (§ 171 Abs. 7 AO). Die Frage, ob Steuerbeträge hinterzogen oder leichtfertig verkürzt wurden, ist bei der Prüfung der Festsetzungsverjährung von den Finanzbehörden und Finanzgerichten in eigener Zuständigkeit zu entscheiden (vgl. Senatsurteil vom 06.04.2017 - III R 33/15, BFHE 258, 295, BStBl II 2017, 997, Rz 23, m.w.N.).
Die Frist für die Verfolgungsverjährung bei einer Steuerhinterziehung im Sinne des § 370 Abs. 1 AO oder einer leichtfertigen Steuerverkürzung im Sinne des § 378 AO beträgt fünf Jahre (§ 78 Abs. 3 Nr. 4 des Strafgesetzbuchs ‑‑StGB‑‑, § 384 AO; vgl. § 376 Abs. 1 AO zur verlängerten Verjährungsfrist in den Fällen besonders schwerer Steuerhinterziehungen). Sie beginnt entweder mit der Beendigung der Tat beziehungsweise Handlung oder, wenn ein zum Tatbestand gehörender Erfolg später eintritt, mit dem Erfolgseintritt (§ 78a StGB, § 31 Abs. 3 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ‑‑OWiG‑‑) und kann nach § 78c StGB, § 376 Abs. 2 AO bzw. § 33 OWiG unterbrochen werden. Aus dem das Kindergeldrecht beherrschenden Monatsprinzip (§ 66 Abs. 2 EStG) ist nicht abzuleiten, dass jede monatliche Auszahlung eine beendete Straftat beziehungsweise Ordnungswidrigkeit darstellt, was zur Folge hätte, dass mit jeder Auszahlung für den jeweiligen Monat auch die Verfolgungsverjährung begänne. Vielmehr beginnt die Verfolgungsverjährung erst mit der letztmals zu Unrecht erlangten Kindergeldzahlung (Senatsurteil vom 06.04.2017 - III R 33/15, BFHE 258, 295, BStBl II 2017, 997, Rz 24, m.w.N.).
(2) Bei der Anwendung dieser Rechtsgrundsätze auf die zugunsten des Klägers erfolgte Kindergeldfestsetzung war beim Erlass des Aufhebungsbescheides im November 2019 jedenfalls die reguläre Festsetzungsfrist für die streitigen Monate ab Januar 2015 noch nicht abgelaufen. Ob auch eine Änderung der Kindergeldfestsetzung für die übrigen Monate erfolgen kann, hängt angesichts der bis Februar 2019 erfolgten Auszahlung des Kindergeldes an den Kläger davon ab, ob diesem eine Steuerhinterziehung oder leichtfertige Steuerverkürzung anzulasten ist. Dazu hat das FG ‑‑ausgehend von seinem abweichenden Rechtsstandpunkt‑‑ keine Feststellungen getroffen.
bb) Erwiese sich die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung als rechtmäßig, würde der rechtliche Grund für die Zahlung des Kindergeldes an den Kläger entfallen und es bestünde ein Erstattungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO. Gegen diesen Anspruch könnte sich der Kläger nicht mit Erfolg auf die Einrede der Entreicherung berufen. Die Abgabenordnung enthält keine § 48 Abs. 2 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und § 45 Abs. 2 Satz 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch entsprechende Regelung, nach der das Vertrauen in eine gewährte Leistung in der Regel schutzwürdig ist, wenn der Begünstigte sie verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. § 818 Abs. 3 BGB (Beschränkung der Herausgabepflicht auf die noch vorhandene Bereicherung) ist im Rahmen des § 37 Abs. 2 AO ebenfalls nicht anwendbar (Senatsbeschluss vom 30.06.2005 - III B 9/05, BFH/NV 2005, 2007, m.w.N.).
d) Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat keine ausreichenden Feststellungen dazu getroffen, welche einvernehmliche Vereinbarung der Kläger und M bezüglich des Kindergeldberechtigten und der Einreichung des Kindergeldantrags getroffen hatten und ob dem Kläger eine Steuerordnungswidrigkeit oder eine Steuerstraftat anzulasten ist. Die Sache ist zur Nachholung dieser Feststellungen an das FG zurückzuverweisen.
e) Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat auf Folgendes hin:
Sollte sich herausstellen, dass zuerst eine wirksame Berechtigtenbestimmung zugunsten der M vorlag, kommt es auf die Frage an, ob der später bei einer anderen Familienkasse gestellte Kindergeldantrag mit einem Wechsel des Berechtigten eine wirksame Änderung des Kindergeldberechtigten für die Zukunft auslösen kann.
Der erkennende Senat hat diese Frage zwar in seiner Entscheidung vom 19.04.2012 - III R 42/10 (BFHE 238, 24, BStBl II 2013, 21) noch offengelassen (Rz 15). Er entscheidet sie nun aber dahingehend, dass er insoweit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) folgt, nach der ein Widerruf der Berechtigtenbestimmung für die Zukunft erst dann wirksam wird, wenn der Widerruf allen Beteiligten bekannt geworden ist (vgl. BSG-Urteil vom 28.02.1980 - 8 b RKg 5/79, Sozialrecht 5870 § 3 Nr. 2). Denn solange dem leistungspflichtigen Träger ein Wechsel der Berechtigtenbestimmung nicht bekannt ist, ist er verpflichtet, entsprechend der gesetzlichen Regelung das Kindergeld zu gewähren.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.