ECLI:DE:BFH:2023:U.100523.VR16.21.0
BFH V. Senat
UStG § 3 Abs 9a Nr 2, UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1, EStG § 19 Abs 1 S 1 Nr 1a, EGRL 112/2006 Art 9 Abs 1, EGRL 112/2006 Art 16 UAbs 2, EGRL 112/2006 Art 168 Buchst a, FGO § 51 Abs 1, ZPO § 41 Nr 6, UStG VZ 2015 , EStG VZ 2015
vorgehend FG Hamburg, 05. Dezember 2019, Az: 5 K 222/18
Leitsätze
1. Bezieht der Unternehmer Leistungen für sogenannte Betriebsveranstaltungen (hier: Weihnachtsfeier), ist er nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn diese nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind.
2. Der Vorsteuerabzug für sogenannte Aufmerksamkeiten (Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer und Kalenderjahr) richtet sich nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers (Fortführung des BFH-Urteils vom 09.12.2010 - V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53).
3. Die Kosten des äußeren Rahmens einer Betriebsveranstaltung sind jedenfalls dann in die Berechnung der 110 €-Freigrenze einzubeziehen, wenn es sich um eine einheitliche Leistung handelt.
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 05.12.2019 - 5 K 222/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Streitig ist der Vorsteuerabzug des Klägers und Revisionsklägers (Kläger) für eine von ihm im Jahr 2015 (Streitjahr) veranstaltete betriebliche Weihnachtsfeier.
Der Kläger ist ein Verband in der Rechtsform des eingetragenen Vereins, … Er führte im Dezember 2015 für seine Arbeitnehmer aus den Bereichen Vorstand sowie Steuer- und Rechtsabteilung und Innendienst der Prüfungsabteilung (jeweils einschließlich der Leitungen) eine Weihnachtsfeier durch. Von den eingeladenen Arbeitnehmern meldeten sich 32 zur Feier an, 31 Personen nahmen tatsächlich an ihr teil.
Zur Durchführung der Weihnachtsfeier mietete der Kläger für ein "Kochevent" bei einem Veranstalter ein entsprechendes Kochstudio. Dort bereiteten die Teilnehmer unter Anleitung von zwei Köchen gemeinsam das Abendessen zu, das sie anschließend gemeinsam verzehrten. Mit einer Rechnung vom 21.12.2015 wurden dem Kläger für das "Kochevent für 32 Personen" folgende Aufwendungen als Leistung berechnet:
(inklusive Personal und Miete für fünf Stunden)
2.880,00 €
Getränke
465,90 €
zwei Stunden extra Miete
400,00 €
zwei Stunden extra Personal
174,00 €
Summe
3.919,90 €
Umsatzsteuer
744,78 €
Bruttobetrag
4.664,68 €
In seiner Umsatzsteuer-Voranmeldung für Dezember 2015 berücksichtigte der Kläger keinen Vorsteuerbetrag aus der für die Weihnachtsfeier erteilten Rechnung. Den Vorsteuerabzug beantragte er jedoch mit Schreiben vom 12.02.2016. Eine Berechtigung zum Vorsteuerabzug aus dieser Rechnung in Höhe von 744,78 € bestehe auch dann, wenn die Kosten der Veranstaltung die Freigrenze von 110 € je Arbeitnehmer überstiegen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) lehnte diesen Antrag unter Hinweis auf das Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 14.10.2015 (BStBl I 2015, 832) ab. Danach seien Zuwendungen im Rahmen einer Betriebsveranstaltung überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlasst, wenn die Aufwendungen pro Arbeitnehmer die Freigrenze von 110 € (inklusive Umsatzsteuer) überstiegen. In solchen Fällen entfalle sowohl der Anspruch auf Vorsteuerabzug als auch die Besteuerung der unentgeltlichen Wertabgabe. Über den dagegen eingelegten Einspruch des Klägers entschied das FA zunächst nicht.
In seiner zu einer Vorbehaltsfestsetzung führenden Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2015 vom 21.07.2016, die zum Gegenstand des Einspruchsverfahrens wurde, machte der Kläger keinen Vorsteuerabzug für die Weihnachtsfeier 2015 geltend.
Den Einspruch des Klägers wies das FA durch Einspruchsentscheidung vom 08.11.2018 als unbegründet zurück. Aufwendungen für Betriebsveranstaltungen stellten bei Überschreitung des Betrags von 110 € je Arbeitnehmer keine Aufmerksamkeiten dar, insoweit bestehe auch kein Anspruch auf Vorsteuerabzug.
Die Klage, mit der sich der Kläger auch gegen die Einbeziehung der Kosten des äußeren Rahmens der Weihnachtsfeier in die Berechnung der 110 €-Grenze wandte, wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte 2022, 64 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Dem Kläger stehe der begehrte Vorsteuerabzug für die Weihnachtsfeier 2015 nicht zu, denn die im Rahmen der Weihnachtsfeier bezogenen Leistungen seien nicht für dessen Unternehmen ausgeführt worden. Betriebsveranstaltungen wie Weihnachtsfeiern stellten grundsätzlich eine Leistung für den privaten Bedarf des Personals dar, die Verbesserung des Betriebsklimas als nur mittelbar verfolgter Zweck genüge insoweit nicht (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 09.12.2010 - V R 17/10, BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 38). Etwas Anderes folge auch nicht aus der Beurteilung von "Aufmerksamkeiten" im Sinne von § 3 Abs. 9a des Umsatzsteuergesetzes (UStG). Die Durchführung der Weihnachtsfeier stelle weder bei Annahme der vom Kläger begehrten Fortführung der bisherigen Rechtsprechung noch bei der vom FA vertretenen Übertragung der Neuregelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Gesetzes zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften vom 22.12.2014 (BGBl I 2014, 2417, BStBl I 2015, 58) ‑‑EStG‑‑ in das Umsatzsteuerrecht eine derartige Aufmerksamkeit dar: Nach den bisherigen Rechtsprechungsgrundsätzen lägen keine Aufmerksamkeiten vor. Die Abspaltung dieser Kosten (Raum- und Personalkosten) sei umsatzsteuerrechtlich ausgeschlossen, da es sich beim Kochevent um eine einheitliche Leistung handele ("marktfähiges Gesamtpaket"). Die Aufwendungen der einheitlichen Leistung lägen dann bei 145,77 € pro Teilnehmer und überschritten deutlich die 110 €-Grenze. Auch bei abweichender Würdigung des Sachverhalts im Sinne einer Abtrennbarkeit der Raum- und Personalkosten (Kosten des äußeren Rahmens) hätte die Klage keinen Erfolg. Die mit Wirkung vom 01.01.2015 eingeführte lohnsteuerrechtliche Neuregelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG sei dann mit der Maßgabe auf den umsatzsteuerlichen Begriff der Aufmerksamkeit zu übertragen, dass an die Stelle des einkommensteuerlichen Freibetrags eine umsatzsteuerrechtliche Freigrenze trete. Einer Übertragung der Freibetragsregelung in das Umsatzsteuerrecht stehe der Wortlaut des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG entgegen. Die Auslegung als "Freigrenze" sei hingegen mit dem Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG zu vereinbaren. Diese Freigrenze sei im Streitfall überschritten. Bei Gesamtkosten in Höhe von 4.664,68 € brutto und unter Berücksichtigung der Kosten für den äußeren Rahmen sowie der Umsatzsteuer ergäben sich Kosten pro Person von 145,74 € (bei 32 angemeldeten Teilnehmern) beziehungsweise von 150,44 € (bei 31 teilnehmenden Personen). Es könne daher offenbleiben, ob die Zahl der angemeldeten oder die der teilnehmenden Personen maßgeblich sei.
Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 9a UStG). Das FG habe den Vorsteuerabzug für eine unternehmerische Veranstaltung zu Unrecht nicht anerkannt. Eine "Spiegelung" der einkommensteuerrechtlichen Neuregelung für Betriebsveranstaltungen auf das Umsatzsteuerrecht sei nicht möglich, da dieses keine Freibeträge kenne. Da die einkommensteuerrechtliche Neuregelung nicht auf das Umsatzsteuerrecht übertragbar sei, gelte stattdessen umsatzsteuerrechtlich weiterhin die bisherige BFH-Rechtsprechung zur Nichtberücksichtigung der Aufwendungen für den äußeren Rahmen einer Betriebsveranstaltung. Blieben diese Aufwendungen für den äußeren Rahmen in Höhe von insgesamt 1.873,06 € (Miete 1.400 €, Personalkosten zur Verbesserung des Ambientes 174 €, zuzüglich Umsatzsteuer 299,06 €) bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage außer Ansatz, betrügen die Eingangsleistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a UStG pro Teilnehmer 90,05 € und überschritten damit nicht die Freigrenze von 110 €. Jedenfalls seien die Aufwendungen für den "No-Show"-Anteil (Vorsteueranteil 23,27 €) nicht vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, da diese von den Regelungen des § 3 Abs. 9a UStG nicht erfasst seien. Diese vergeblichen Aufwendungen berührten ausschließlich die unternehmerische Sphäre, da sie dem Personal nie zugewandt worden seien.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG Hamburg vom 05.12.2019 - 5 K 222/18 aufzuheben und in der Sache zu entscheiden, den Ablehnungsbescheid vom 14.04.2016 in Gestalt der Einspruchsentscheidung des FA vom 08.11.2018 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2015 vom 21.07.2016 dahingehend zu ändern, dass weitergehende Vorsteuerbeträge in Höhe von 744,78 € berücksichtigt werden und die Umsatzsteuer entsprechend niedriger festzusetzen ist.Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.Entgegen der Auffassung des Klägers habe das FG § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 3 Abs. 9a UStG nicht unzutreffend ausgelegt. Für den Bereich der Betriebsveranstaltungen sei ein exakter Gleichklang von Umsatz- und Lohnsteuerrecht nicht möglich. Die im Bereich des Einkommensteuerrechts eingefügte Freibetragsregelung des § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG sei nicht in das Umsatzsteuerrecht übertragbar. Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen könnten nur entweder insgesamt unternehmerisch oder insgesamt nichtunternehmerisch veranlasst sein, eine gemischte Veranlassung sei nicht denkbar. Soweit der Kläger die Ansicht vertrete, dass auf Grundlage der früheren BFH-Rechtsprechung nur solche Veranstaltungsbestandteile in die Berechnung einbezogen werden dürften, die von den Teilnehmern unmittelbar konsumiert werden könnten, habe das FG ausreichend dargelegt, dass es sich beim Kochevent um eine einheitliche Leistung handele. Eine Aufspaltung in einzelne Veranstaltungsbestandteile sei daher nicht möglich.
Entscheidungsgründe
II.
Der Senat entscheidet in der geschäftsplanmäßigen Besetzung ohne den nach § 51 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. § 41 Nr. 6 der Zivilprozessordnung (ZPO) ausgeschlossenen Richter am Bundesfinanzhof X mit dem nach dem Geschäftsverteilungsplan des BFH 2023 für dessen Vertretung zuständigen Richter am Bundesfinanzhof Y.
Nach § 51 Abs. 1 FGO gelten für die Ausschließung oder Ablehnung der Gerichtspersonen die §§ 41 bis 49 ZPO sinngemäß. Auf der Grundlage des § 41 Nr. 6 ZPO ist ein Richter unter anderem ausgeschlossen in Sachen, in denen er in einem früheren Rechtszug bei dem Erlass der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt hat, sofern es sich nicht um die Tätigkeit eines beauftragten oder ersuchten Richters handelt. Die Regelung betrifft nur die Mitwirkung beim Erlass der angefochtenen Entscheidung selbst in einer früheren (unteren) Instanz (BFH-Urteil vom 04.07.2013 - V R 8/10, BFHE 242, 271, BStBl II 2015, 969, Rz 23 sowie BFH-Beschlüsse vom 31.01.2001 - II R 49/00, BFH/NV 2001, 931 und vom 06.02.1996 - X B 95/95, BFH/NV 1996, 752). Dies trifft auf den Richter am Bundesfinanzhof X zu, der ausweislich des Rubrums als Beisitzer an dem Urteil der Vorinstanz vom 05.12.2019 - 5 K 222/18 beteiligt war.
III.
Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO). Das FG hat den Vorsteuerabzug aus dem Bezug der Eingangsleistungen für die Weihnachtsfeier 2015 zu Recht versagt.
1. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG kann der Unternehmer die gesetzlich geschuldete Steuer für Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind, als Vorsteuer abziehen. Ausgeschlossen ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 UStG für Leistungen, die der Unternehmer für steuerfreie Umsätze verwendet.
Unionsrechtliche Grundlage hierfür ist Art. 168 Buchst. a der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL). Danach ist der Steuerpflichtige (Unternehmer) berechtigt, die im Inland geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert beziehungsweise erbracht wurden oder werden, von der von ihm geschuldeten Steuer abzuziehen. Dieses Recht auf Vorsteuerabzug besteht für den Unternehmer, soweit er Leistungen für sein Unternehmen (§ 2 Abs. 1 UStG) und damit für seine wirtschaftlichen Tätigkeiten im Sinne von Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL zur Erbringung entgeltlicher Leistungen zu verwenden beabsichtigt (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Urteile vom 30.06.2022 - V R 32/20, BFHE 276, 428, BStBl II 2023, 45, Rz 15 f. sowie vom 06.05.2010 - V R 29/09, BFHE 230, 263, BStBl II 2010, 885, Rz 16; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union ‑‑EuGH‑‑ Securenta vom 13.03.2008 - C-437/06, EU:C:2008:166, Leitsatz 1).
2. Für den Vorsteuerabzug muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang (Zusammenhang) des Eingangs- zum Ausgangsumsatz bestehen, wobei wie folgt zu unterscheiden ist:
a) Besteht der erforderliche Zusammenhang zu einzelnen Ausgangsumsätzen der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmers, die steuerpflichtig sind (gleichgestellt: Umsätze im Sinne von § 15 Abs. 3 UStG), ist er zum Vorsteuerabzug berechtigt (BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 13).
b) Besteht dieser Zusammenhang demgegenüber nicht zur wirtschaftlichen Tätigkeit, sondern ausschließlich und unmittelbar zu einer unentgeltlichen Entnahme im Sinne von § 3 Abs. 9a UStG (oder § 3 Abs. 1b UStG), besteht keine Berechtigung zum Vorsteuerabzug (BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 17). Unterbleibt allerdings die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG im Hinblick auf sogenannte Aufmerksamkeiten, fehlt es an einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit einem konkreten Ausgangsumsatz (Entnahme), so dass über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden ist (BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 23).
c) Hieran hat sich durch die in der Folgezeit ergangene Rechtsprechung des EuGH (Urteil Mitteldeutsche Hartstein-Industrie vom 16.09.2020 - C-528/19, EU:C:2020:712) sowie des BFH (Urteil vom 16.12.2020 - XI R 26/20 (XI R 28/17), BFHE 272, 240) nichts geändert. Denn dem dort genannten Kriterium eines "unversteuerten Endverbrauchs" (EuGH-Urteil Mitteldeutsche Hartstein-Industrie, EU:C:2020:712, Rz 59 und Rz 66 f., und BFH-Urteil in BFHE 272, 240, Rz 38) kommt keine weitergehende Bedeutung zu, als dass die Verwendung von Eingangsleistungen, die "vor allem für die Bedürfnisse des Steuerpflichtigen genutzt" werden (BFH-Urteil in BFHE 272, 240, Rz 38), keine Entnahme begründet (BFH-Urteil vom 15.03.2022 - V R 34/20, BFHE 276, 369, Rz 27).
3. Auf dieser Grundlage hat das FG den Vorsteuerabzug zutreffend versagt. Bezieht der Unternehmer Leistungen für sogenannte Betriebsveranstaltungen, ist er nur zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die bezogenen Leistungen nicht ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienen, sondern durch die besonderen Umstände seiner wirtschaftlichen Tätigkeit bedingt sind.
a) Für den Vorsteuerabzug aus Betriebsveranstaltungen ist zu prüfen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die hierfür bezogenen Leistungen ausschließlich dem privaten Bedarf der Betriebsangehörigen dienten oder durch besondere Umstände der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt sind.
aa) Ein die Entnahmebesteuerung ausschließendes vorrangiges Unternehmensinteresse hat die Rechtsprechung bejaht, wenn die Übernahme der Beförderung des Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unter besonderen Umständen durch die Erfordernisse der wirtschaftlichen Tätigkeit des Unternehmens bedingt ist und der durch den Arbeitnehmer erlangte persönliche Vorteil gegenüber dem Bedarf des Unternehmens als nebensächlich erscheint (EuGH-Urteil Fillibeck vom 16.10.1997 - C-258/95, EU:C:1997:491, Rz 26 ff.), ebenso dann, wenn bei der Abgabe von Mahlzeiten ausnahmsweise der persönliche Vorteil, den die Arbeitnehmer daraus ziehen, gegenüber den Bedürfnissen des Unternehmens als nur untergeordnet erscheint (EuGH-Urteil Danfoss und AstraZeneca vom 11.12.2008 - C-371/07, EU:C:2008:711 sowie BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 31) oder wenn der private Bedarf der Arbeitnehmer bei der Übernahme von Maklerkosten hinter dem unternehmerischen Interesse zurücktritt, erfahrene Mitarbeiter des Konzerns unabhängig von deren bisherigem Arbeits- und Wohnort für den Aufbau eines Konzerndienstleisters umzusiedeln (BFH-Urteil vom 06.06.2019 - V R 18/18, BFHE 265, 538, BStBl II 2020, 293, Rz 22).
bb) Dient eine Betriebsveranstaltung demgegenüber lediglich dazu, das Betriebsklima durch gemeinsame Freizeitgestaltung zu verbessern, liegt ein ausschließlicher Zusammenhang der für den Betriebsausflug bezogenen Leistungen zum privaten Bedarf des Personals und damit zu einer Entnahme nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG vor, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt. Handelt es sich danach um einen zur Entnahmebesteuerung führenden Betriebsausflug, ist der Unternehmer nur dann zum Vorsteuerabzug berechtigt, wenn die Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG unterbleibt, weil es sich um eine "Aufmerksamkeit" im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG handelt. Aufgrund des dann fehlenden unmittelbaren Zusammenhangs zu einem konkreten Ausgangsumsatz ist über den Vorsteuerabzug nach der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Unternehmers zu entscheiden (BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53, Rz 35 bis 39).
b) Die streitgegenständliche Weihnachtsfeier war nicht auf den Verzehr von Speisen und Getränken in festlichem Rahmen beschränkt, sondern erfolgte im Rahmen eines "Kochevents", bei dem die Teilnehmer unter Anleitung von professionellen Köchen das gemeinsame Abendessen selbst zubereiteten. Derartige "Teambuilding-Events" sind allgemein dafür bekannt, dass sie die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft der Mitarbeiter in der jeweiligen Abteilung und zwischen den verschiedenen Abteilungen verbessern können und sollen. Die Teilnehmer arbeiten an einem gemeinsamen Ziel, lernen sich dabei besser kennen und entwickeln so ein Gefühl der Zusammengehörigkeit, das zur Verbesserung des Betriebsklimas führen kann.
c) Obwohl der Kläger nach Maßgabe seiner wirtschaftlichen Gesamttätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt ist, wird dieses Recht durch die Verwendung der Eingangsleistung für eine Dienstleistungsentnahme im Sinne von § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG ausgeschlossen. Denn die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier erfolgten nicht im Rahmen eines vorrangigen Unternehmensinteresses, hinter dem das Interesse der Beschäftigten an der Feier zurücktritt.
Der Streitfall ist mit der vom EuGH entschiedenen Fallgestaltung einer unentgeltlichen Abgabe von Mahlzeiten an das Personal (Danfoss und AstraZeneca, EU:C:2008:711) nicht vergleichbar. Der EuGH hat die unentgeltliche Abgabe einer Mahlzeit an das Personal dann als überwiegend betrieblich motiviert bezeichnet, wenn der Arbeitnehmer an einer Arbeitssitzung teilnehmen muss und diese nicht durch eine privat veranlasste Mahlzeit unterbrochen werden soll. Zudem bestimmte der Unternehmer den Ort, die Uhrzeit und die Art der Mahlzeit, so dass die private Bedürfnisbefriedigung des Arbeitnehmers deutlich im Hintergrund und das unternehmerische Motiv nach ungestörter Fortsetzung der Sitzung ohne allzu große Zeitverluste im Vordergrund steht. Anders als in diesem Fall geht es vorliegend jedoch um die Abgabe von Speisen und Getränken im außerunternehmerischen Bereich und nicht während der Dienstzeit. Die besondere Qualität der Speisen und Getränke hat einen eigenständigen Charakter, so dass die Zuwendung an die Arbeitnehmer nicht bloß als Reflex des überwiegenden betrieblichen Eigeninteresses und damit "nebensächlich" erscheinen. Dies gilt auch für das "Kochevent" als solches.
d) Das FG hat zu Recht entschieden, dass die Zuwendungen anlässlich der Weihnachtsfeier auch keine "Aufmerksamkeiten" im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG darstellen.
aa) Der Begriff der Aufmerksamkeit ist gesetzlich nicht definiert und findet auch keine wortgetreue Stütze im Unionsrecht (Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 3 Rz 1345). Im Hinblick auf Art. 16 Unterabs. 2 MwStSystRL als unionsrechtliche Grundlage dieser Einschränkung entsprechen Aufmerksamkeiten den "Geschenken von geringem Wert" (Nieskens in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, Rz 1346; Lippross, Umsatzsteuer, 25. Aufl., unter 2.6.5.5., Widmann in Schwarz/Widmann/Radeisen, UStG, § 3 Abs. 1b Rz 43).
bb) Zur "Wahrung einer einheitlichen Rechtsanwendung" hatte sich der Senat hinsichtlich der umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Aufmerksamkeiten bisher an der Rechtsprechung des VI. Senats des BFH zum Lohnsteuerrecht orientiert. Dies hat zur Folge, dass Zuwendungen, die auf Arbeitnehmerseite keinen Lohn darstellen, auf Arbeitgeberseite nicht als Entnahme an sein Personal umsatzsteuerbar sind. Danach lag beim Unterschreiten der seinerzeit geltenden Freigrenze von 110 € für Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen kein Arbeitslohn vor (BFH-Urteil in BFHE 232, 243, BStBl II 2012, 53). Zudem waren nach dem Grundsatzurteil vom 16.05.2013 - VI R 94/10 (BFHE 241, 519, BStBl II 2015, 186) die Kosten für die Ausgestaltung der Betriebsveranstaltung ‑‑insbesondere Mietkosten und Kosten für die organisatorischen Tätigkeiten eines Eventveranstalters‑‑ grundsätzlich nicht zu berücksichtigen (BFH-Urteil in BFHE 241, 519, Leitsatz 3).
Diese Rechtsprechung zur Freigrenze für Aufmerksamkeiten steht mit dem Unionsrecht im Einklang, das Geschenke von geringem Wert erlaubt. Bei der Auslegung des Begriffs des "geringen Werts" haben die Mitgliedstaaten einen gewissen Ermessensspielraum, der auch betragsmäßige Beschränkungen in Form einer Jahresobergrenze für die jeweils beschenkte Person erlaubt (EuGH-Urteil EMI Group vom 30.09.2010 - C-581/08, EU:C:2010:559, Rz 45).
cc) Die gesetzliche Neuregelung zur einkommensteuerrechtlichen Behandlung von Zuwendungen des Arbeitgebers an seinen Arbeitnehmer anlässlich von Veranstaltungen auf betrieblicher Ebene mit gesellschaftlichem Charakter (Betriebsveranstaltungen) durch § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a EStG modifiziert die bisherige Rechtsprechung in doppelter Hinsicht. Zum einen hat der Gesetzgeber in Satz 3 ("soweit solche Zuwendungen den Betrag von 110 Euro je Betriebsveranstaltung und teilnehmenden Arbeitnehmer nicht übersteigen") anstelle der bisherigen Freigrenze einen Freibetrag eingeführt, zum anderen ist in Satz 2 geregelt, dass bei der Ermittlung des Freibetrags auch die Aufwendungen für den "äußeren Rahmen der Betriebsveranstaltung" zu berücksichtigen sind.
dd) Diese einkommensteuerrechtlichen Änderungen können ‑‑trotz einer vergleichbaren Interessenlage bei der Behandlung von Betriebsveranstaltungen‑‑ für die umsatzsteuerrechtliche Beurteilung von "Aufmerksamkeiten" nicht übernommen werden.
(1) Der Senat hält im Hinblick auf den Gesichtspunkt der einheitlichen Rechtsanwendung zwar an dem bisher maßgebenden Betrag für die Bemessung von Annehmlichkeiten (110 €) fest, allerdings als Freigrenze: Wie das FG zu Recht entschieden hat, legt bereits der Wortlaut des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG eine Freigrenze nahe. Denn die Ausnahme für Aufmerksamkeiten wird mit "sofern" eingeleitet und nicht mit der Subjunktion "soweit". "Sofern" bedeutet nach seinem Wortsinn "vorausgesetzt" im Sinne einer Bedingung, die entweder erfüllt sein kann oder nicht (vgl. auch zu "wenn" BFH-Urteile vom 20.05.2015 - I R 68/14, BFHE 250, 96, BStBl II 2016, 90; I R 69/14, BFH/NV 2015, 1395; vom 21.01.2016 - I R 49/14, BFHE 253, 115, BStBl II 2017, 107). Eine Freigrenze in dieser Höhe entspricht auch dem Sinn und Zweck der Entnahmeregelung, wonach lediglich geringfügige Zuwendungen von der Besteuerung ausgenommen werden sollten. Ein Freibetrag hätte hingegen zur Folge, dass sämtliche Zuwendungen anlässlich von Betriebsveranstaltungen und damit auch Zuwendungen deutlich über 110 € dadurch begünstigt würden, dass der darüber hinausgehende Betrag vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen wäre. Denn Freibeträge sollen typischerweise zu einer Verbesserung für alle Steuerpflichtigen führen, während Freigrenzen häufig zur konkreten Förderung ausgewählter Gruppen dienen (Luck, "Alles oder Nichts" - Die Freigrenze im Steuerrecht, 2014, S. 104). Die Beibehaltung als Freigrenze steht auch mit dem Unionsrecht im Einklang, wonach nur "Geschenke von geringem Wert" von der Entnahmebesteuerung ausgeschlossen sind, nicht aber sämtliche Geschenke abzüglich des Wertes für "kleine Geschenke". Schließlich entspricht es der Qualifikation als Freigrenze, dass das Umsatzsteuergesetz zahlreiche Freigrenzen kennt (vgl. z.B. die Freigrenzen in § 1a Abs. 3 Nr. 2, § 2b Abs. 2 Nr. 1, § 18 Abs. 2 und Abs. 2a, § 18a Abs. 1, § 19 Abs. 1, § 20 Satz 1 Nr. 1 sowie § 23a Abs. 2 UStG und § 24 Abs. 1 UStG i.d.F. des Jahressteuergesetzes 2020 vom 21.12.2020), während ihm Freibeträge wesensfremd sind.
(2) Soweit der Kläger unter Hinweis auf die frühere Rechtsprechung des BFH geltend macht, die Kosten des äußeren Rahmens müssten bei der Berechnung der 110 €-Grenze außer Betracht bleiben, ist das FG in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass die umsatzsteuerrechtlich vorrangige Bewertung der Betriebsveranstaltung als eine einheitliche Leistung der Abspaltung von Kosten des äußeren Rahmens entgegensteht. Einheitliche ("komplexe") Leistungen liegen unter anderem dann vor, wenn mehrere Einzelleistungen oder Handlungen des Steuerpflichtigen für den Kunden so eng miteinander verbunden sind, dass sie objektiv eine einzige untrennbare wirtschaftliche Leistung bilden, deren Aufspaltung wirklichkeitsfremd wäre (BFH-Beschluss vom 26.05.2021 - V R 22/20, BFHE 273, 351, Rz 41). Dies hat das FG in nachvollziehbarer Weise deswegen bejaht, weil das "Kochevent" ein marktfähiges Gesamtpaket darstellte, das vom Zusammenspiel der besonderen Örtlichkeit in gehobenem Ambiente und dem gemeinsamen Zubereiten und Verzehren von Speisen und Getränken geprägt wurde. Das Herauslösen einzelner Bestandteile (wie der Raumkosten) aus dieser einheitlichen (auch einheitlich abgerechneten) Leistung führt daher zu einer künstlichen Aufspaltung.
4. Die Revision ist auch nicht insoweit begründet, als der Kläger (hilfsweise) jedenfalls den Vorsteuerabzug für die Aufwendungen des sogenannten No-Show-Anteils in Höhe von 23,27 € begehrt. Insoweit geht er davon aus, dass bei Gesamtkosten von 3.919,90 € und 32 angemeldeten Arbeitnehmern auf den nicht teilnehmenden Arbeitnehmer Kosten in Höhe von 122,50 € entfallen würden.
Dabei berücksichtigt der Kläger allerdings nicht, dass nach dem BFH-Urteil vom 29.04.2021 - VI R 31/18 (BFHE 273, 183, BStBl II 2021, 606), dem sich der erkennende Senat im Hinblick auf den Verbrauchsteuercharakter der Umsatzsteuer insoweit anschließt, die Gesamtkosten des Arbeitgebers zu gleichen Teilen auf die bei der Betriebsveranstaltung anwesenden Teilnehmer und nicht auf die angemeldeten Teilnehmer aufzuteilen sind (BFH-Urteil in BFHE 273, 183, BStBl II 2021, 606, Leitsatz 2 sowie Rz 25). Auf den im Streitfall nicht teilnehmenden Arbeitnehmer entfallen danach keinerlei Aufwendungen, für die ein Vorsteuerabzug in Betracht kommen könnte.
5. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO ohne mündliche Verhandlung.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.