ECLI:DE:BFH:2023:U.120423.IR48.20.0
BFH I. Senat
UmwStG 2006 § 2 Abs 1 S 2, UmwStG 2006 § 2 Abs 4 S 3, UmwStG 2006 § 20 Abs 6 S 2, UmwStG 2006 § 20 Abs 6 S 4, GG Art 3 Abs 1, EStG § 7g, GewStG § 7 S 1, EStG VZ 2017 , GewStG VZ 2017 , AO § 162 Abs 1
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 22. Oktober 2020, Az: 10 K 10192/19
Leitsätze
1. Das Verlustverrechnungsverbot bei steuerlicher Rückwirkung einer Umwandlung (§ 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG) ist auch in Einbringungsfällen anzuwenden, in denen eine steuergestalterische Missbrauchsabsicht nicht vorliegt. Die verfassungsrechtlichen Bedenken sind nicht begründet.
2. Die Regelung gilt auch für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer.
3. § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG ist nicht derart teleologisch zu reduzieren, dass die (negativen) Einkünfte des übernehmenden Rechtsträgers ohne Berücksichtigung eines im Veranlagungsjahr der Übernahme von ihm beantragten Investitionsabzugsbetrags (§ 7g EStG) zu bestimmen wären.
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 22.10.2020 - 10 K 10192/19 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Der Einzelkaufmann S … erklärte mit notarieller Urkunde vom 13.07.2017 die "Umwandlung im Wege der Ausgliederung aus dem Vermögen eines Einzelkaufmanns zur Neugründung einer GmbH (Ausgliederungsplan)" zum Umwandlungsstichtag (Ablauf des 01.01.2017) in die neu zu gründende Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin). S erhielt alle Geschäftsanteile und wurde zum alleinigen Geschäftsführer bestellt. Die Eintragung der Klägerin in das Handelsregister erfolgte am 21.08.2017. Für S wurde der letzte Jahresabschluss auf den 01.01.2017, für die Klägerin eine Eröffnungsbilanz auf den 02.01.2017 und der erste Jahresabschluss auf den 31.12.2017 erstellt. Eine Zwischenbilanz wurde nicht aufgestellt. Der Bilanzgewinn zum 31.12.2017 betrug für das gesamte Wirtschaftsjahr … €. Im Personalaufwand von rund … € waren Vergütungen an den Gesellschafter-Geschäftsführer von rund … € enthalten.
Mit der im Januar 2019 beim Beklagten und Revisionskläger (Finanzamt ‑‑FA‑‑) eingegangenen Körperschaftsteuererklärung für das Jahr 2017 (Streitjahr) machte die Klägerin einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) ‑‑beide in der für das Streitjahr geltenden Fassung‑‑ für das laufende Wirtschaftsjahr von … € geltend, mit der im Mai 2019 eingegangenen geänderten Erklärung in Höhe von … €.
Zur Ermittlung des zu versteuernden Einkommens für die Körperschaftsteuer bzw. des Gewerbeertrages ging das FA vor der streitigen Anwendung des § 2 Abs. 4 Satz 3 des Umwandlungssteuergesetzes 2006 i.d.F. des Gesetzes zur Umsetzung der Amtshilferichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 26.06.2013 (BGBl I 2013, 1809, BStBl I 2013, 802) ‑‑UmwStG‑‑ von einem Zwischenwert von … € aus, der sich aus dem Bilanzgewinn von … € abzüglich Investitionsabzugsbetrag von … € zuzüglich Hinzurechnungen für Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer von … € und für sonstige nichtabziehbare Aufwendungen von … € ergab. Da allerdings ungeachtet der steuerlichen Rückbezugsmöglichkeit (§ 20 Abs. 6 Satz 2 UmwStG) die vom Einbringenden im Rückwirkungszeitraum bis zur Gründung des übernehmenden Rechtsträgers erzielten positiven Einkünfte nicht mit Verlusten des übernehmenden Rechtsträgers verrechenbar seien (§ 20 Abs. 6 Satz 4 i.V.m. § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG), schätzte es den Gewinn für die Zeit vom 01.01. bis 12.07.2017 (zeitanteilig 193 Tage) anhand des Vorjahresergebnisses (… €) zunächst auf … €. Mit den ersten, unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Bescheiden vom 11.06.2019 ging es dementsprechend von positiven Einkünften im Rückwirkungszeitraum (damit des übertragenden Rechtsträgers) von … €, von positiven Einkünften im gesamten Veranlagungszeitraum von … € und damit von (nicht ausgeglichenen) negativen Einkünften der übernehmenden Klägerin von … € aus. Es rechnete dem Zwischenwert von … € gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG … € hinzu und gelangte auf diese Weise zu einem zu versteuernden Einkommen bei der Körperschaftsteuer bzw. zu einem Gewerbeertrag vor Abrundung beim Gewerbesteuermessbetrag von … €.
Nachdem die Klägerin im Rahmen ihres Einspruchs eine betriebswirtschaftliche Auswertung für den Zeitraum Januar bis Juni 2017 übersandt hatte, aus der sich zum 30.06.2017 ein vorläufiges Ergebnis vor Steuern von … €, Steuern vom Einkommen und Ertrag von … € und ein vorläufiges Ergebnis nach Steuern von … € ergaben, schätzte das FA den Gewinn des Einzelunternehmens vor Ertragsteuern im ersten Halbjahr 2017 auf … € und leitete daraus einen Gewinn bis zum 12.07.2019 (rechnerisch 193/181) von … € ab.
Mit Einspruchsentscheidung vom 09.07.2019 setzte das FA die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag herab, indem es nunmehr von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum von … €, von positiven Einkünften im gesamten Veranlagungszeitraum von … € und von (nicht ausgeglichenen) negativen Einkünften des übernehmenden Rechtsträgers von … € ausging. Es rechnete dem Zwischenwert von … € gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG nur noch … € hinzu und gelangte zu einem zu versteuernden Einkommen bzw. einem Gewerbeertrag von … €. Im Übrigen wurde der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen.
Dagegen erhob die Klägerin Klage vor dem Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg. Im Laufe des Klageverfahrens gelangte das FA zu der Einschätzung, der Rückwirkungszeitraum ende nicht mit der notariellen Beurkundung der Ausgliederung am 13.07.2017, sondern erst mit der Eintragung ins Handelsregister am 21.08.2017, so dass bei der Schätzung des Gewinns des Einzelunternehmens im Rückwirkungszeitraum nicht 193/181, sondern 232/181 des Gewinns des ersten Halbjahres anzusetzen seien. Es ging nunmehr von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum von … €, von positiven Einkünften im gesamten Veranlagungszeitraum von … € und mithin von (nicht ausgeglichenen) negativen Einkünften des übernehmenden Rechtsträgers von … € aus. Demzufolge rechnete es dem Zwischenwert von … € gemäß § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG mit Änderungsbescheiden vom 05.06.2020 einen Betrag von … € hinzu und gelangte zu einem zu versteuernden Einkommen bzw. einem Gewerbeertrag von … € (bisher: … €).
Das FG gab der Klage mit Urteil vom 22.10.2020 - 10 K 10192/19 (Entscheidungen der Finanzgerichte 2021, 507) teilweise statt; es setzte einen um … € geringeren Gewerbeertrag an und bemaß das zu versteuernde Einkommen bei der Körperschaftsteuer auf … €, da § 2 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG nicht für die Gewerbesteuer gelte und ebenfalls nicht, soweit der Verlust des übernehmenden Rechtsträgers auf einem Investitionsabzugsbetrag beruhe.
Dagegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung von Bundesrecht geltend macht und insoweit beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ist dem Verfahren nach § 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigetreten, hat aber keinen eigenen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des FA ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Urteils der Vorinstanz sowie zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Das FG hat zwar ohne Rechtsfehler dahin erkannt, dass § 2 Abs. 4 Satz 3 i.V.m. § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG unabhängig von einer Missbrauchsabsicht auch bei Einbringungen gilt und der Rückwirkungszeitraum erst mit der Eintragung der Umwandlung in das Handelsregister endet, es hat aber rechtsfehlerhaft eine Anwendung bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer abgelehnt. Die Regelung des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG ist darüber hinaus auch nicht insoweit teleologisch zu reduzieren, als der Verlust des übernehmenden Rechtsträgers auf einem Investitionsabzugsbetrag i.S. des § 7g EStG beruht. Bei der Schätzung des Gewinns des eingebrachten Unternehmens im Rückwirkungszeitraum ist das FG zudem unzutreffend davon ausgegangen, dass die positiven Einkünfte des Einbringenden um zeitanteilig angefallene Verbindlichkeiten für Jahresabschlusskosten und Lohn und Gehalt zu mindern seien.
1. Nach § 20 Abs. 6 Satz 3 UmwStG darf in anderen als den in Satz 1 und 2 genannten Fällen der Sacheinlage eine ‑‑im Streitfall unstreitig vorliegende‑‑ Einbringung auf einen Tag zurückbezogen werden, der höchstens acht Monate vor dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags liegt und höchstens acht Monate vor dem Zeitpunkt liegt, an dem das eingebrachte Betriebsvermögen auf die übernehmende Gesellschaft übergeht. § 20 Abs. 6 Satz 4 UmwStG stellt in diesem Zusammenhang klar, dass § 2 Abs. 3 und 4 UmwStG entsprechend gilt. Damit ist der Ausgleich oder die Verrechnung von positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum mit verrechenbaren Verlusten, verbleibenden Verlustvorträgen, nicht ausgeglichenen negativen Einkünften und einem Zinsvortrag nach § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG des übernehmenden Rechtsträgers nicht zulässig (s. § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG). Diese Regelung ist, was aus dem eindeutigen Normwortlaut folgt, unabhängig von einer steuergestalterischen Missbrauchsabsicht bei der Einbringung anzuwenden.
a) Dem FG ist zunächst darin zu folgen, dass der mit der Norm verfolgte Zweck aus der Begründung des Gesetzentwurfs des Bundesrats für ein Jahressteuergesetz 2013 vom 10.04.2013 entnommen werden kann, obwohl dieser Entwurf nicht Gesetz geworden ist. Insoweit ist es zutreffend, dass erstmals der Einigungsvorschlag des Vermittlungsausschusses zum Jahressteuergesetz 2013 vom 12.12.2012 (BTDrucks 17/11844 vom 13.12.2012) die hier maßgebliche Änderung des § 2 Abs. 4 UmwStG enthielt. Zwar wurde dieser Vorschlag vom Bundestag nicht angenommen, aber er wurde später auf Beschlussempfehlung des Finanzausschusses vom 27.02.2013 (BTDrucks 17/12532) in den bereits vorliegenden Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP zum Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetz (vom 19.02.2013) aufgenommen. In der später auch angenommenen Beschlussempfehlung wird dazu ausgeführt, im angesprochenen Vermittlungsverfahren seien Maßnahmen zur Missbrauchsbekämpfung einvernehmlich ergänzt worden, und es werden unter anderem "Maßnahmen gegen die Monetarisierung von Verlusten (§ 2 Abs. 4 UmwStG)" erwähnt (s. dazu auch Mückl, GmbH-Rundschau ‑‑GmbHR‑‑ 2013, 1084 f.).
b) Das FG hat auch zutreffend darauf hingewiesen, dass der Bundesrat nur wenige Tage später (am 01.03.2013) einen erneuten Gesetzentwurf eines Jahressteuergesetzes 2013 (s. BTDrucks 17/13033 vom 10.04.2013) in das Gesetzgebungsverfahren einbrachte, der die hier relevante Änderung des § 2 Abs. 4 UmwStG ebenfalls, allerdings mit detaillierter Begründung, enthielt. Dort wird auf Seite 90 darauf hingewiesen, dass bei Verschmelzung einer Gewinngesellschaft auf eine Verlustgesellschaft ein steuerlicher Verlustvortrag der Verlustgesellschaft (= der übernehmende Rechtsträger) nicht untergehe, aber Gestaltungen bekannt geworden seien, die die achtmonatige steuerliche Rückwirkung mit dem Ziel ausnutzten, die Besteuerung von Gewinnen bei Gesellschaften mit hohen stillen Reserven durch die Verrechnung mit steuerlichen Verlusten einer anderen Gesellschaft zu vermeiden. Weiter heißt es, um solche Gestaltungen und die damit verbundenen massiven Steuerausfälle zu vermeiden, werde beim übernehmenden Rechtsträger eine Verrechnung seiner Verluste mit positiven Einkünften des übertragenden Rechtsträgers steuerlich nicht mehr zugelassen. Der übernehmende Rechtsträger habe die ihm zuzurechnenden positiven Einkünfte zu versteuern.
c) Entgegen der Rechtsansicht der Klägerin ist das Vorliegen einer missbräuchlichen Gestaltung ‑‑auch wenn eine solche Situation das Regelungsbedürfnis des Gesetzgebers geweckt haben sollte (s. z.B. Senatsurteil vom 17.11.2020 - I R 2/18, BFHE 271, 330, BStBl II 2021, 580, Rz 36 ff.)‑‑ nicht Tatbestandsmerkmal des neu eingeführten § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG geworden. Die Norm findet nach ihrem eindeutigen Wortlaut vielmehr auch dann Anwendung, wenn ‑‑wie im Streitfall‑‑ eine derartige Gestaltung nicht vorliegt (zutreffend van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 2 Rz 198). Zwar wird dieses Ergebnis im Schrifttum als "überschießend" angesehen (z.B. Mückl, GmbHR 2013, 1084, 1085; Viebrock/Loose, Deutsches Steuerrecht ‑‑DStR‑‑ 2013, 1364); allerdings lässt der eindeutige Normwortlaut eine teleologische Reduktion der Norm nicht zu und es ist zu bezweifeln, ob entsprechende Missbrauchsfälle überhaupt abgrenzbar beschrieben werden könnten (a.A. Behrendt/Klages, Betriebs-Berater ‑‑BB‑‑ 2013, 1815, 1823).
Jedenfalls spricht für diese Deutung aus systematischer Sicht auch § 2 Abs. 4 Satz 6 UmwStG, wonach Satz 3 bis 5 nicht gelten sollen, wenn übertragender Rechtsträger und übernehmender Rechtsträger vor Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags verbundene Unternehmen i.S. des § 271 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches sind. Die Norm nimmt nur den dort genannten Fall aus dem Anwendungsbereich u.a. des Satzes 3 aus, ohne Spielraum für eine erweiternde Auslegung dieser Einschränkung des sachlichen Anwendungsbereichs zu belassen.
d) Es bestehen auch keine Zweifel, dass § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG angesichts der Tatsache, dass die Begründung des Gesetzentwurfs allgemein auf die Möglichkeit einer achtmonatigen Rückwirkung "bei der Umwandlung oder Einbringung" spricht, auch in solchen Umwandlungsvorgängen zur Anwendung kommt, bei denen der übernehmende Rechtsträger erst ‑‑wie im Streitfall‑‑ durch die Umwandlung geschaffen wird.
e) Der Senat folgt nicht der Rechtsmeinung der Klägerin, Gewinne des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum dürften nur mit Verlusten des übernehmenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum nicht ausgeglichen werden, während der Ausgleich mit Verlusten des übernehmenden Rechtsträgers aus dem verbleibenden Rest des Wirtschaftsjahres nach dem Rückwirkungszeitraum möglich sei. Auch insoweit ist auf den eindeutigen Normwortlaut zu verweisen, der nur hinsichtlich der positiven Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers auf den Rückwirkungszeitraum abhebt, während er für die Person des übernehmenden Rechtsträgers eine solche Einschränkung hinsichtlich der verrechenbaren Verluste, verbleibenden Verlustvorträge, nicht ausgeglichenen negativen Einkünfte und eines Zinsvortrags nach § 4h Abs. 1 Satz 5 EStG nicht enthält. Dass sich etwas anderes für Einbringungen zur Neugründung ergeben sollte, ist nicht ersichtlich. Die Registereintragung und damit die zivilrechtliche Wirksamkeit der Umwandlung hat insoweit jedenfalls nur Auswirkungen für Rechtsverhältnisse, die unmittelbar den übertragenden Rechtsträger betreffen. Sie hat mithin für Verluste der Übernehmerin keine Relevanz.
f) Der Senat teilt auch die Auffassung des FG, dass gegen § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (ebenso Abele, BB 2021, 1970), weil der mit der Norm verbundene Eingriff in das Leistungsfähigkeitsprinzip dadurch gerechtfertigt ist, dass die Normanwendung nicht zu einem endgültigen Wegfall der Verlustnutzung führt, sondern nur zu einer Verlagerung der Verlustverrechnung in die Zukunft (s. insoweit auch Senatsbeschluss vom 26.02.2014 - I R 59/12, BFHE 246, 27, BStBl II 2014, 1016). Hinzu kommt, dass sich die durch das Umwandlungssteuergesetz bewirkte Durchbrechung des Subjektsteuerprinzips als aus wirtschaftspolitischen Gründen gewährte Steuervergünstigung darstellt und der Gesetzgeber insoweit nach allgemeiner Ansicht einen weiten Spielraum hat, ob und unter welchen Voraussetzungen er die Vergünstigung einräumt.
2. Der sachliche Anwendungsbereich des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG erstreckt sich aber entgegen der Ansicht der Vorinstanz auch auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer. Es ist zwar zutreffend, dass § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG von "positiven Einkünften", "negativen Einkünften" und "verbleibenden Verlustvorträgen" spricht, während in § 10a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) die Begriffe "Gewerbeertrag", "Gewerbeverlust" und "vortragsfähiger Fehlbetrag" verwendet werden. Allerdings lässt sich der laufende Gewerbeverlust sprachlich ohne Weiteres als Unterform der "negativen Einkünfte" verstehen (zutreffend van Lishaut in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 2 Rz 185; im Ergebnis auch Melan/Wecke, Der Betrieb ‑‑DB‑‑ 2014, 1447; Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 2 UmwStG Rz 114 i.V.m. Rz 95; Abele, BB 2021, 1970; a.A. Viebrock/Loose, DStR 2013, 1364, 1367; Dodenhoff, Finanz-Rundschau 2014, 687, 690; Behrend/Klages, BB 2013, 1815, 1820; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 2 UmwStG SEStEG Rz R 163; Hörtnagl in Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 2 UmwStG Rz 164; Brandis/Heuermann/Klingberg, § 2 UmwStG 2006 Rz 87; G. Kraft in Kraft/Edelmann/Bron, Umwandlungssteuergesetz, 2. Aufl., § 2 Rz 106). Vor allem ergibt sich die Anwendung der Regelung für die Gewerbesteuer aber aus einer systematischen Auslegung (s. zu diesem Maßstab ‑‑wenn auch dort zu einer anderen Regelung und mit einem nach dortigem Maß sachspezifischen Ergebnis‑‑ z.B. Senatsurteil vom 11.07.2019 - I R 26/18, BFHE 266, 277, BStBl II 2022, 93) unter Berücksichtigung von § 2 Abs. 1 Satz 2 UmwStG, der für den Fall einer Rückwirkung insgesamt sicherstellen soll, dass die körperschaft- und gewerbesteuerlichen Bemessungsgrundlagen übereinstimmen. Da die betroffenen Verluste im Übrigen umwandlungssteuerrechtlich auf Ebene der Gewinnermittlung zu berücksichtigen sind, werden sie zudem über die in § 7 Satz 1 GewStG geregelte Anwendung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes erfasst (Melan/Wecke, DB 2014, 1447, 1448).
3. Dem FG ist auch darin nicht zu folgen, dass die (negativen) Einkünfte des übernehmenden Rechtsträgers für die Anwendung von § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG ohne Berücksichtigung eines im Veranlagungsjahr der Übernahme von ihm beantragten Investitionsabzugsbetrags (§ 7g EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG) zu bestimmen sind. Der Normwortlaut des § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG lässt für eine derartige teleologische Reduktion keinen Raum, denn darin wird die Verlustverrechnung uneingeschränkt versagt. Auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich kein Hinweis darauf, dass bestimmten Einzelregelungen zur Wahrung ihres wirtschaftspolitischen Zwecks (wie dem genannten Abzugsbetrag) eine Sonderbehandlung gegenüber anderen Aufwendungen (Einkommensminderungen) im Zusammenhang mit Verlustverrechnungsbeschränkungen hätte eingeräumt werden sollen. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll die Übernehmerin vielmehr die ihr zugerechneten positiven Einkünfte der Überträgerin ungeachtet der Rückwirkung und ungeschmälert durch ihre eigenen Besteuerungsmerkmale versteuern.
4. Indessen ist dem FG darin zu folgen, dass der Rückwirkungszeitraum mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags beginnt und erst mit dem Ablauf des Tages der Eintragung in das Handelsregister endet (ebenso Behrendt/Klages, BB 2013, 1815, 1821; Ott, Deutsche Steuer-Zeitung 2021, 801, 803; Dötsch in Dötsch/Pung/Möhlenbrock, Die Körperschaftsteuer, § 2 UmwStG Rz 116; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 2 UmwStG SEStEG Rz R 131 und R 135; a.A. Mückl, GmbHR 2013, 1084, 1088).
5. Ebenso ist es zutreffend, dass zur Berechnung der nach § 2 Abs. 4 Satz 3 UmwStG anzusetzenden Beträge regelmäßig die Erstellung einer (steuerlichen) Zwischenbilanz auf den Zeitpunkt des Endes des Rückwirkungszeitraums (vgl. Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 2 UmwStG SEStEG Rz R 135) erforderlich ist, auch wenn damit administrativer Mehraufwand einher geht. Da im Streitfall eine solche Bilanz nicht erstellt worden ist, ist es nicht zu beanstanden, dass das FG die positiven Einkünfte des übertragenden Rechtsträgers im Rückwirkungszeitraum im Schätzungswege ermittelt hat. Die revisionsrechtliche Überprüfung der Schätzung ist insoweit auf die Kontrolle der Schlüssigkeit und Plausibilität des Ergebnisses beschränkt (z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs vom 09.12.2009 - X R 52/06, BFH/NV 2010, 1246). Dieser Überprüfung hält die vom FG vorgenommene Schätzung aber nicht vollen Umfangs stand.
a) Das FG hat seiner Schätzung zunächst in nicht zu beanstandender Weise nur die für die Monate bis Juni des Streitjahres vorliegenden betriebswirtschaftlichen Auswertungen zugrunde gelegt, da die Klägerin für die Monate Juli und August entsprechende Auswertungen nicht vorlegen konnte. Es ist dabei zutreffend auch vom vorläufigen Gewinn vor Ertragsteuern ausgegangen. Da die Klägerin insoweit im Revisionsverfahren keine Einwendungen mehr erhoben hat, sieht der Senat von weiteren Ausführungen ab.
b) Soweit das FA hinsichtlich der Schätzung der Höhe nach moniert, das FG habe die positiven Einkünfte des Einbringenden unzutreffend um zeitanteilig angefallene Verbindlichkeiten für Lohn und Gehalt bzw. Jahresabschlusskosten gemindert, ist dem zu folgen. Die genannten Aufwendungen sind ausschließlich der Sphäre der Übernehmerin zuzuordnen und damit nicht anteilig dem Einbringenden zuzurechnen. Dies gilt für die Jahresabschlusskosten schon deshalb, weil diese ausschließlich den Jahresabschluss der Übernehmerin betreffen. Soweit Verbindlichkeiten für Lohn und Gehalt in Rede stehen, ist es zwar zutreffend, wenn die Klägerin darauf hinweist, dass ein Betrag in Höhe von … € bereits in der Eröffnungsbilanz enthalten gewesen sei. Davon ist indessen auch das FG ausgegangen, da es nur den im Streitjahr gewinnwirksam gewordenen Betrag der Erhöhung dieses Werts (… €) zeitlich aufgeteilt hat. Eine sachliche Grundlage für diese zeitliche Aufteilung nennt das FG indessen nicht und es ist insoweit zu berücksichtigen, dass jedenfalls Aufwendungen für einen Geschäftsführer nur bei der Übernehmerin als Kapitalgesellschaft angefallen sein können. Es wäre insoweit Aufgabe der Klägerin gewesen, darzulegen und nachzuweisen, weshalb ein Teil des genannten Erhöhungsbetrags von … € noch auf den Einbringenden entfallen sein soll.
c) Da die Klägerin gegen die Schätzung ansonsten keine Einwendungen erhoben hat, sieht der Senat von weiteren Ausführungen zur Schätzung der Höhe nach ab.
6. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
7. Der Senat entscheidet nach § 121 Satz 1 i.V.m. § 90 Abs. 2 FGO im Einvernehmen der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung. Das Einverständnis des beigetretenen BMF war hierfür nicht erforderlich (vgl. allgemein Senatsurteil vom 01.06.2022 - I R 32/19, BFHE 277, 279, m.w.N.).