ECLI:DE:BFH:2022:B.030822.IXB16.22.0
BFH IX. Senat
FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 115 Abs 2 Nr 2 Alt 1, EStG § 23 Abs 1 S 1 Nr 1 S 3 Alt 2, EStG VZ 2016
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Finanzgericht , 10. Januar 2022, Az: 2 K 125/20
Leitsätze
NV: Es ist geklärt, dass § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG (nur) zur Anwendung gelangt, wenn die Immobilie im Kalenderjahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Kalenderjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Finanzgerichts vom 10.01.2022 - 2 K 125/20 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unbegründet.
Die Revision ist weder wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) noch zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO) zuzulassen.
1. Es kann dahinstehen, ob der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Voraussetzungen der zuvor genannten Zulassungsgründe den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechend dargelegt hat. Die Rechtssache hat jedenfalls keine grundsätzliche Bedeutung; ebenso wenig erfordert die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH).
a) Sowohl § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO als auch § 115 Abs. 2 Nr. 2 1. Alternative FGO setzen voraus, dass eine klärungsbedürftige und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähige Rechtsfrage besteht (vgl. nur Senatsbeschlüsse vom 26.05.2020 - IX B 116/19, BFH/NV 2020, 1086, Rz 4, und vom 03.09.2021 - IX B 14/21, BFH/NV 2021, 1488, Rz 4). Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn sie durch die Rechtsprechung des BFH bereits geklärt ist und keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen werden, die eine erneute Prüfung und Entscheidung dieser Frage durch den BFH erforderlich machen würden (vgl. nur Senatsbeschluss vom 11.11.2020 - IX B 40/20, BFH/NV 2021, 349, Rz 4).
b) Die vom Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, "ob mit dem nicht genauer spezifiziertem 'Jahr der Veräußerung' des § 23 Abs. 1 [Satz 1] Nr. 1 Satz 3 2. Halbsatz des Einkommensteuergesetzes (EStG) auch ein Abschnitt von 365 Tagen bzw. 12 Monaten gemeint sein kann", ist bereits geklärt. Sie ist zu verneinen.
Nach der Rechtsprechung des Senats setzt die Anwendung des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG voraus, dass die Wohnimmobilie im Jahr der Veräußerung und in den beiden vorangegangenen Jahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Das bedeutet: Ausreichend ist eine zusammenhängende Nutzung von einem Jahr und zwei Tagen - wobei sich die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken auf das gesamte mittlere Kalenderjahr erstrecken muss, während die eigene Wohnnutzung im zweiten Jahr vor der Veräußerung und im Veräußerungsjahr nur jeweils einen Tag zu umfassen braucht (Senatsurteil vom 03.09.2019 - IX R 10/19, BFHE 266, 507, BStBl II 2020, 310, Rz 11). Wird ‑‑wie auch im Streitfall‑‑ die maßgebliche Wohnimmobilie im Jahr der Veräußerung indes überhaupt nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken genutzt, kommt die Ausnahmevorschrift des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 3 2. Alternative EStG nicht zur Anwendung (Senatsbeschluss vom 18.11.2019 - IX B 72/19, BFH/NV 2020, 356, Rz 6). Maßgebend sind demnach das Kalenderjahr der Veräußerung und die beiden vorangegangenen Kalenderjahre (vgl. auch BeckOK EStG/Trossen, 12. Ed. [01.03.2022], EStG § 23 Rz 191; Brandis/Heuermann/Ratschow, § 23 EStG Rz 57; Schallmoser in Spiegelberger/Schallmoser, Immobilien im Zivil- und Steuerrecht, 3. Aufl., Rz 12.102).
c) Neue Gesichtspunkte, die eine erneute Prüfung und Entscheidung der streitigen Rechtsfrage durch den BFH erforderlich machen würden, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Der Senat hat insbesondere die vom Kläger angeführten grammatikalischen und teleologischen Überlegungen in seine Rechtsprechung einfließen lassen.
2. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiter gehenden Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.