ECLI:DE:BFH:2022:U.290922.VIR34.20.0
BFH VI. Senat
EStG § 3 Nr 44, EStG § 3c Abs 1, EStG § 9 Abs 1 S 1, EStG § 9 Abs 1 S 3 Nr 5, EStG § 9 Abs 5, EStG § 4 Abs 5 S 1 Nr 5, EStG § 19 Abs 1 S 1 Nr 1, GG Art 14 Abs 1, EStG VZ 2013 , EStG VZ 2014
vorgehend FG München, 16. Juni 2020, Az: 5 K 1936/19
Leitsätze
1. Werbungskosten setzen eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon ist auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen. Eine endgültige Belastung verlangt der Werbungskostenbegriff hingegen nicht. Ausgaben und Einnahmen sind vielmehr getrennt zu beurteilen.
2. Leistungen aus einem Stipendium führen zu Arbeitslohn, wenn das Stipendium dem Ersatz von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen dient.
3. Zwischen steuerfreien Stipendienleistungen und beruflich veranlassten (Fort-)Bildungsaufwendungen besteht ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang i.S. von § 3c Abs. 1 EStG, wenn das Stipendium dazu dient, die beruflich veranlassten Aufwendungen auszugleichen oder zu erstatten.
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts München vom 16.06.2020 - 5 K 1936/19 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war nach dem Studium der Rechtswissenschaften und der Zweiten juristischen Staatsprüfung bis Mai 2013 am … tätig. Vom xx.xx.2013 bis zum xx.xx.2014 absolvierte sie in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) ein Masterstudium (LL.M.) an der X-University. Seit August 2014 ist die Klägerin als Rechtsanwältin tätig.
Für das Masterstudium erhielt die Klägerin ein Stipendium des Deutschen Akademischen Austauschdienstes e.V. (DAAD). Das Stipendium umfasste gemäß der Stipendienzusage vom xx.xx.2013 einen Betrag von 9.000 €, der in neun monatlichen Raten von jeweils 1.000 € zahlbar war, einen Reisekostenzuschuss von 1.075 €, die Übernahme der Studiengebühren bis zu einer Höhe von 18.000 € nach Vorlage der Originalrechnung sowie eine Kranken-, Unfall- und Privathaftpflichtversicherung. Bestandteile der Zusage waren die "Allgemeine[n] Bedingungen für deutsche Stipendiatinnen und Stipendiaten des DAAD" ‑‑Stand 05/2013‑‑ (AB-DAAD) und die "Besonderen Bedingungen".
In ihren Einkommensteuererklärungen und in den Erklärungen zur Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags für die Streitjahre (2013 und 2014) machte die Klägerin Aufwendungen für das Masterstudium als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erkannte die Aufwendungen mit Ausnahme der geltend gemachten Krankenversicherungsbeiträge als (vorweggenommene) Werbungskosten an, zog hiervon jedoch den Reisekostenzuschuss, den Zuschuss für die Studiengebühren und die monatlichen Stipendienzahlungen des DAAD ab.
Hiergegen wandte sich die Klägerin mit ihren Einsprüchen. Während der Einspruchsverfahren erließ das FA geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre, mit denen es folgende Aufwendungen als Werbungskosten anerkannte (alle Beträge in €):
2013
2014
Umzugskosten
194,00
Reisekosten
1.488,97
30,37
Verpflegungsmehraufwendungen
3.228,00
Mietaufwand
3.763,88
4.184,00
sonstige Kosten
815,16
Semester-/Studiengebühren
18.610,03
18.739,15
Arbeitsmittel
154,40
103,00
Unfallversicherung
57,50
67,13
Telefon/Internet
240,00
240,00
Kontoführung
16,00
16,00
Summe (gerundet)
28.568,00
23.380,00
Hiervon zog das FA die an die Klägerin in den Streitjahren geleisteten Zahlungen des DAAD ab und berücksichtigte dementsprechend Werbungskosten für 2013 in Höhe von 4.493 € und für 2014 in Höhe von 19.380 €. Die festgesetzte Einkommensteuer für die Streitjahre betrug jeweils 0 €. Auf den 31.12.2013 stellte das FA außerdem einen verbleibenden Verlustvortrag gemäß § 10d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von … € und auf den 31.12.2014 in Höhe von … € gesondert fest.
Die Einsprüche der Klägerin wies das FA anschließend als unbegründet zurück.
Die Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2020, 1750 veröffentlichten Gründen ebenfalls keinen Erfolg.
Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung formellen und materiellen Rechts.
Sie beantragt,
das Urteil des Finanzgerichts (FG) sowie die Einspruchsentscheidung vom 25.07.2019 aufzuheben und die Einkommensteuerbescheide für 2013 und 2014, jeweils vom 13.01.2017, dahin zu ändern, dass weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit für 2013 in Höhe von 24.075 € und für 2014 in Höhe von 4.000 € berücksichtigt werden.Das FA beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision der Klägerin ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass die Klägerin keine höheren Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen kann, als sie das FA bei den Einkommensteuerfestsetzungen für die Streitjahre bereits berücksichtigt hat.
1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klage gegen die angefochtenen Einkommensteuerbescheide zulässig ist, obwohl das FA die Einkommensteuer für die Streitjahre auf jeweils 0 € festgesetzt hat. Die Klägerin ist ungeachtet der Nullfestsetzungen nach § 40 Abs. 2 FGO klagebefugt, weil die Besteuerungsgrundlagen bei der Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags gemäß § 10d Abs. 4 Satz 4 EStG zu berücksichtigen sind. Da dies zwischen den Beteiligten nicht streitig ist, sieht der Senat insoweit unter Bezugnahme auf sein Urteil vom 22.02.2018 - VI R 17/16 (BFHE 260, 532, BStBl II 2019, 496, Rz 19 ff.) von einer weiteren Begründung ab.
2. Die Vorinstanz hat der Klägerin im Ergebnis auch zu Recht den geltend gemachten weiteren Werbungskostenabzug versagt.
a) Das FG hat zunächst zutreffend entschieden, dass die Aufwendungen der Klägerin für das Masterstudium in den USA dem Grunde nach als vorweggenommene Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) abziehbar sind (s. dazu auch Senatsurteil vom 22.07.2003 - VI R 4/02, BFH/NV 2004, 32). Insbesondere handelt es sich bei dem von der Klägerin absolvierten Masterstudiengang nicht um eine Erstausbildung i.S. von § 9 Abs. 6 EStG in den in den Streitjahren geltenden Fassungen. Hierüber besteht zwischen den Beteiligten zu Recht auch kein Streit. Der Senat sieht deshalb insoweit ebenfalls von einer weiteren Begründung ab.
b) Entgegen der Auffassung des FG sind die Aufwendungen der Klägerin für das Masterstudium allerdings nicht bereits auf der Tatbestandsebene des Werbungskostenbegriffs im Wege einer Saldierung um die Zahlungen des DAAD aus dem Stipendium zu kürzen.
Werbungskosten sind Aufwendungen zur Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen (§ 9 Abs. 1 Satz 1 EStG). Der Werbungskostenabzug setzt hiernach eine Belastung mit Aufwendungen voraus. Davon ist auszugehen, wenn in Geld oder Geldeswert bestehende Güter aus dem Vermögen des Steuerpflichtigen abfließen (z.B. Senatsurteil vom 19.04.2012 - VI R 25/10, BFHE 237, 444, BStBl II 2013, 699; Schmidt/Krüger, EStG, 41. Aufl., § 9 Rz 12; Brandis/Heuermann/Thürmer, § 9 EStG Rz 106; jeweils m.w.N.).
Diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall erfüllt. Denn die Klägerin hat in den Streitjahren die für ihr Masterstudium jeweils als Werbungskosten geltend gemachten Beträge tatsächlich gezahlt. Eine endgültige Belastung setzt der Werbungskostenbegriff entgegen der Auffassung des FG hingegen nicht voraus. Ausgaben und Einnahmen sind vielmehr getrennt zu beurteilen (Kreft in Herrmann/Heuer/Raupach ‑‑HHR‑‑, § 9 EStG Rz 75).
c) Der Rückfluss bzw. die Erstattung (der Ersatz) von als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) als Einnahme bei der Einkunftsart zu erfassen, bei der die Werbungskosten früher abgezogen worden sind (z.B. BFH-Urteile vom 29.06.1982 - VIII R 6/79, BFHE 136, 238, BStBl II 1982, 755; vom 26.11.2008 - X R 24/08, BFH/NV 2009, 568, und vom 24.02.2015 - VIII R 44/12, BFHE 249, 224, BStBl II 2015, 649; Senatsbeschluss vom 13.07.2000 - VI B 184/99, BFH/NV 2000, 1470; ebenso Schmidt/Krüger, a.a.O., § 9 Rz 112; Teller in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 9 Rz 49; Brandis/Heuermann/Thürmer, § 9 EStG Rz 184; HHR/Kreft, § 9 EStG Rz 85, m.w.N.). Handelt es sich um steuerfreie Ersatzleistungen, müssen die Werbungskosten gemäß § 3c EStG entsprechend gekürzt werden (Senatsurteil vom 04.11.2003 - VI R 28/03, BFH/NV 2004, 928, zu Leistungen aus einem steuerfreien Stipendium; v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, EStG, § 9 Rz B 49).
Nach diesen Maßstäben hat das FG jedenfalls im Ergebnis zu Recht entschieden, dass sich die Aufwendungen der Klägerin für das Masterstudium nur insoweit steuermindernd auswirken, als sie die der Klägerin in den Streitjahren zugeflossenen Zahlungen des DAAD überstiegen.
aa) Der Senat kann im Streitfall offenlassen, ob, unter welchen Voraussetzungen und bei welcher Einkunftsart Stipendien im Allgemeinen steuerbar sind (s. dazu auch BFH-Urteil vom 08.07.2020 - X R 6/19, BFHE 269, 556, BStBl II 2021, 557, Rz 21 ff.; Heigl, Finanz-Rundschau ‑‑FR‑‑ 2020, 724; jeweils m.w.N.). Denn die Leistungen aus einem Stipendium führen jedenfalls dann zu Arbeitslohn i.S. von § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG, wenn das Stipendium ‑‑wie im Streitfall‑‑ dem Ersatz von Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen dient (ebenso Heigl, FR 2020, 724, 730 f.). Dies verstößt ‑‑entgegen der Auffassung der Klägerin‑‑ weder gegen das Rechtsstaatsprinzip noch den Vorbehalt des Gesetzes und erst recht nicht gegen die Gewährleistung des Eigentums gemäß Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG).
(1) Der DAAD gewährte der Klägerin das Stipendium ausweislich der Zusage für deren LL.M.-Studium an der X-University. Hierfür übernahm er die Studiengebühren der Klägerin bis zu einer Höhe von 18.000 € und zahlte einen Reisekostenzuschuss von 1.075 €. Darüber hinaus gewährte der DAAD der Klägerin ein Stipendium in Höhe von 9.000 €, das in monatlichen Raten von 1.000 € gezahlt wurde. Nach den vom FG festgestellten AB-DAAD (dort unter Nr. 2.a) waren die monatlichen Stipendienraten grundsätzlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts im Ausland bestimmt.
(2) Die vorgenannten Zahlungen des DAAD an die Klägerin beruhten auf in der Erwerbssphäre liegenden Gründen. Der DAAD erstattete der Klägerin mit den (anteiligen) Studiengebühren und den Reisekosten die beruflich veranlassten Aufwendungen für das LL.M.-Studium. Die Leistungen des DAAD erfolgten mit Rücksicht auf die (zukünftige) berufliche Tätigkeit der Klägerin, die der DAAD mit dem Stipendium für das LL.M.-Studium förderte. Zwischen der (zukünftigen) Berufstätigkeit der Klägerin und den Zahlungen des DAAD bestand eine innere Verknüpfung, wie sich insbesondere aus den AB-DAAD ergibt. Zweck des Stipendiums war nach Nr. 3 der AB-DAAD nämlich die Durchführung des Studiums sowie die regelmäßige Teilnahme der Klägerin als Stipendiatin an den nach ihrem Lehrplan vorgesehenen Lehrveranstaltungen der Hochschule. Die Klägerin war nach Nr. 10 AB-DAAD verpflichtet, zur Rechenschaft über die geförderte Ausbildung über ihre Stipendienzeit Berichte abzufassen und ihre Zeugnisse über alle Abschlüsse einzureichen, die sie im Zusammenhang mit dem Stipendium erreicht hatte. Die Verletzung der Berichtspflichten berechtigte den DAAD zur Rückforderung der gewährten Leistungen. Der DAAD konnte das Stipendium außerdem nach Nr. 11 AB-DAAD unter bestimmten Voraussetzungen kündigen und seine Stipendienleistungen einstellen. Dies galt z.B., wenn erkennbar wurde, dass sich die Klägerin nicht in dem erforderlichen und zumutbaren Maß um die Verwirklichung des Zwecks des Stipendiums bemühte oder der Zweck des Stipendiums nicht mehr erreicht werden konnte. Die Klägerin bereitete sich mit dem durch das Stipendium geförderten LL.M.-Studium auf ihre (zukünftige) Berufstätigkeit vor. Die Leistungen des DAAD, mit denen die Werbungskosten der Klägerin für das Masterstudium (teilweise) erstattet wurden, wiesen nach alledem einen hinreichenden Erwerbsbezug auf. Dem steht ‑‑anders als die Klägerin meint‑‑ insbesondere nicht entgegen, dass der DAAD mit der Gewährung des Stipendiums auch seine Satzungszwecke verwirklichen wollte.
(3) Der vorgenannte Erwerbsbezug erstreckt sich auch auf die monatlichen Stipendienraten. Mit den Mietaufwendungen wegen der doppelten Haushaltsführung in Höhe von 3.763 € (für 2013) und in Höhe von 4.184 € (für 2014) gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG sowie mit dem Verpflegungsmehraufwand in Höhe von 3.228 € (für 2013) gemäß § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 EStG hat die Klägerin beruflich veranlasste Aufwendungen als Werbungskosten geltend gemacht, die der Bestreitung ihres Lebensunterhalts in den USA dienten. Diese Werbungskosten überstiegen die im jeweiligen Streitjahr gezahlten Stipendienraten von insgesamt 5.000 € für 2013 und 4.000 € für 2014. Die Stipendienraten dienten daher, auch soweit der DAAD sie zur Bestreitung des Lebensunterhalts (insbesondere für Wohnung und Verpflegung im Ausland) zahlte, der Werbungskostenerstattung aus den oben bereits dargelegten ‑‑in der Erwerbssphäre der Klägerin liegenden‑‑ Gründen.
bb) Entgegen der Ansicht der Klägerin stellen die Zahlungen des DAAD damit auch keine einkommensteuerrechtlich unbeachtlichen Zahlungen aus privaten Motiven dar, wie sie z.B. Angehörige zur Unterstützung eines Auslandsstudiums leisten mögen. Sie sind mit solchen Leistungen auch nicht vergleichbar. Zwischen der Klägerin und dem DAAD bestanden keinerlei private Verbindungen. Mangels Vergleichbarkeit der Sachverhalte liegt in der unterschiedlichen steuerlichen Behandlung der Erstattung von als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen aus in der Erwerbssphäre liegenden Gründen einerseits und der auf privaten Verbindungen beruhenden Zahlungen andererseits auch kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG.
d) Die hiernach gemäß § 19 EStG steuerbaren Leistungen des DAAD sind jedoch nach § 3 Nr. 44 EStG steuerfrei. Sie mindern gemäß § 3c Abs. 1 EStG die als Werbungskosten abziehbaren Aufwendungen für das LL.M.-Studium der Klägerin.
aa) Die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 44 EStG gilt nicht nur für Stipendien, die unmittelbar aus öffentlichen Mitteln oder von zwischenstaatlichen oder überstaatlichen Einrichtungen, denen die Bundesrepublik Deutschland als Mitglied angehört, zur Förderung der Forschung oder zur Förderung der wissenschaftlichen oder künstlerischen Ausbildung oder Fortbildung gewährt werden (§ 3 Nr. 44 Satz 1 EStG), sondern auch für solche Stipendien, die ‑‑wie im Streitfall‑‑ zu den in Satz 1 bezeichneten Zwecken u.a. von einer Körperschaft i.S. des § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes gegeben werden (§ 3 Nr. 44 Satz 2 EStG). Dass die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung auch im Übrigen gegeben sind, weil das Stipendium einen für die Bestreitung des Lebensunterhalts und die Deckung des Ausbildungsbedarfs erforderlichen Betrag nicht überstieg, zudem nach den vom DAAD erlassenen Richtlinien vergeben wurde und schließlich die Klägerin als Empfängerin im Zusammenhang mit dem Stipendium nicht zu einer bestimmten wissenschaftlichen oder künstlerischen Gegenleistung oder zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit verpflichtet war (vgl. § 3 Nr. 44 Satz 3 EStG), steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit.
Diese letztgenannte Negativvoraussetzung soll sicherstellen, dass nur solche Leistungen steuerfrei bleiben, die den Charakter eines echten Stipendiums haben und keine offene oder versteckte Vergütung für eine Arbeitsleistung darstellen (BFH-Urteil in BFHE 269, 556, BStBl II 2021, 557, Rz 46). Die Klägerin stand im Streitfall nicht in einem Dienstverhältnis zum DAAD. Sie war im Hinblick auf das Stipendium weder gegenüber dem DAAD noch gegenüber der Hochschule verpflichtet, weisungsgebunden eine bestimmte Arbeitnehmertätigkeit auszuüben. Bei der von der Klägerin verlangten Teilnahme an den Lehrveranstaltungen der Hochschule sowie ihren gegenüber dem DAAD bestehenden Berichts- und sonstigen Pflichten handelte es sich auch nicht um eine bestimmte wissenschaftliche Gegenleistung für das Stipendium i.S. von § 3 Nr. 44 Satz 3 Buchst. b EStG. Eine Verpflichtung der Klägerin "zu einer bestimmten Arbeitnehmertätigkeit" ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Umstand, dass die Stipendienleistungen im Streitfall unter dem Gesichtspunkt des Werbungskostenersatzes zu steuerbaren Einkünften der Klägerin aus § 19 EStG führten.
bb) Die Vorschrift des § 3c Abs. 1 EStG setzt voraus, dass zwischen den steuerfreien Einnahmen und den Ausgaben ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang besteht. Dieser ist gegeben, wenn Einnahmen und Ausgaben durch dasselbe Ereignis veranlasst sind (BFH-Urteile vom 28.05.1998 - X R 32/97, BFHE 186, 275, BStBl II 1998, 565, und vom 23.11.2016 - X R 41/14, BFHE 256, 439, BStBl II 2017, 773). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH besteht ein unmittelbarer wirtschaftlicher Zusammenhang jedenfalls immer dann, wenn die Einnahmen dazu dienen, beruflich veranlasste Aufwendungen auszugleichen oder zu erstatten (Senatsurteil vom 09.11.1976 - VI R 139/74, BFHE 120, 491, BStBl II 1977, 207; BFH-Urteile vom 27.04.1993 - IX R 26/92, BFHE 171, 443, BStBl II 1993, 784; vom 27.04.2006 - IV R 41/04, BFHE 214, 69, BStBl II 2006, 755, und vom 18.04.2012 - X R 62/09, BFHE 237, 434, BStBl II 2012, 721).
So verhält es sich auch im Streitfall. Einerseits ist das Stipendium der Klägerin nur für ihren Studienaufenthalt in den USA gewährt worden. Andererseits sind ihr nur wegen dieses Studienaufenthalts die als Werbungskosten geltend gemachten (Mehr-)Aufwendungen entstanden. Die für das Masterstudium geltend gemachten Aufwendungen dürfen folglich nach § 3c Abs. 1 EStG nicht als Werbungskosten abgezogen werden, soweit die Klägerin die fraglichen Stipendienleistungen des DAAD bezogen hat.
3. Die Verfahrensrüge der Klägerin greift nicht durch. Das FG hat den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht verletzt.
a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) umfasst das Recht der Verfahrensbeteiligten, sich vor Erlass einer gerichtlichen Entscheidung zu den entscheidungserheblichen Tatsachen und Beweisergebnissen zu äußern, und die Pflicht des Gerichts, sich mit dem entscheidungserheblichen Vorbringen auseinanderzusetzen. Rechtliches Gehör wird den Beteiligten dadurch gewährt, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem Sachverhalt zu äußern, der einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden soll. Das rechtliche Gehör bezieht sich vor allem auf Tatsachen und Beweisergebnisse (§ 96 Abs. 2 FGO). Darüber hinaus darf das FG seine Entscheidung auf einen von den Beteiligten erkennbar übersehenen oder für unerheblich gehaltenen rechtlichen Gesichtspunkt nur stützen, wenn die Beteiligten zuvor Gelegenheit hatten, dazu Stellung zu nehmen (§ 155 FGO i.V.m. § 139 Abs. 2 der Zivilprozessordnung, z.B. BFH-Beschluss vom 01.07.2003 - III B 94/02, BFH/NV 2003, 1591).
b) Soweit die Klägerin meint, das FG habe ihr Recht auf Gehör verletzt, weil es festgestellt habe, es sei unzutreffend, dass die Klägerin zu dem Zeitpunkt, zu dem sie sich entschieden habe, das Masterstudium durchzuführen, nicht mit einem Stipendium habe rechnen können, und die Vorinstanz ferner ausgeführt habe, dass die diesbezüglichen Darlegungen der Klägerin nicht hinreichend substantiiert seien, liegt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor. Dies gilt bereits deshalb, weil die entsprechenden Ausführungen des FG für dessen Entscheidung nicht tragend waren. Nach der für die Prüfung eines Verfahrensmangels maßgeblichen materiell-rechtlichen Auffassung des FG (s. dazu z.B. BFH-Urteil vom 06.07.1999 - VIII R 12/98, BFHE 189, 148, BStBl II 1999, 731; Senatsbeschluss vom 01.09.2005 - VI B 30/05, BFH/NV 2005, 2046, und BFH-Beschluss vom 08.10.2004 - IV B 202/02, BFH/NV 2005, 367) war es nicht entscheidungserheblich, ob die Klägerin mit einem Stipendium rechnen konnte oder nicht. Denn das FG hat die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen für das Masterstudium allein deshalb teilweise nicht zum Werbungskostenabzug zugelassen, weil die Klägerin in Höhe der Leistungen des DAAD wirtschaftlich nicht belastet gewesen sei.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.