ECLI:DE:BFH:2022:U.120522.VR37.20.0
BFH V. Senat
AO § 52 Abs 2 S 1 Nr 1, AO § 55 Abs 1, AO § 56, AO § 57 Abs 1 S 1, AO § 65 Nr 3, KStG § 5 Abs 1 Nr 9, GewStG § 3 Nr 6, KStG VZ 2017 , GewStG VZ 2017 , AEUV Art 107, AEUV Art 108 Abs 3 S 3, FGO § 96 Abs 1
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 14. Oktober 2019, Az: 10 K 1033/19
Leitsätze
Eine Körperschaft kann durch das sog. wissenschaftliche Editieren im sog. Peer-Review-Verfahren und der damit verbundenen Open-Access-Publikation ihren steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zweck der Förderung von Wissenschaft und Forschung selbstlos (§ 55 AO), ausschließlich (§ 56 AO) und unmittelbar (§ 57 AO) verfolgen.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 14.10.2019 - 10 K 1033/19 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Baden-Württemberg zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Steuerbefreiung wegen Gemeinnützigkeit im Jahr 2017 (Streitjahr).
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin der A gGmbH, die während des Revisionsverfahrens auf die Klägerin verschmolzen wurde.
Gesellschaftszweck der A gGmbH war die Förderung von Wissenschaft und Forschung sowie die Mittelbeschaffung hierfür. Der Zweck sollte insbesondere durch die Veröffentlichung wissenschaftlicher Beiträge und Zurverfügungstellung von Techniken zur Informationsfindung verwirklicht werden.
Die wissenschaftlichen Beiträge wurden nicht unmittelbar von der A gGmbH, sondern von der B Limited Liability Company (B) mit Sitz in den USA in dem von B betriebenen Online-Journal als Open-Access-Publikation für die Allgemeinheit kostenlos veröffentlicht. Die Autoren zahlten an B eine Gebühr für die Veröffentlichung. Die A gGmbH war zu einem Drittel Gesellschafterin der B.
Die A gGmbH übernahm in diesem Zusammenhang für B die fachliche Prüfung und Freigabe der von den Autoren eingereichten Beiträge im sog. Peer-Review-Verfahren (sog. wissenschaftliches Editieren). Der Editiervorgang vollzog sich in drei Schritten: Im ersten Schritt las der Editor die Arbeit und prüfte, ob wissenschaftliche Mindestanforderungen erfüllt waren und ob die Arbeit anderen Ansprüchen der Zeitschrift genügte. Aufgrund dieser Prüfung entschied der Editor, ob die Arbeit zur fachspezifischen Prüfung an externe Gutachter weitergeleitet oder wegen sachlicher Mängel oder mangelnden wissenschaftlichen Fortschritts an die Autoren zurückgeschickt wurde. Im zweiten Schritt suchte der Editor in der Regel zwei geeignete, unbefangene Gutachter, kontaktierte diese und führte ggf. mit ihnen Diskussionen über die Arbeit. Die Gutachter gingen die Experimente in der Arbeit Schritt für Schritt durch, um zu beurteilen, ob diese korrekt durchgeführt wurden, den gültigen wissenschaftlichen Standards genügten und ausreichend waren, um die Interpretation zu stützen. Im dritten Schritt entschied der Editor auf Grundlage der Gutachten und deren Analyse über das weitere Vorgehen. Er konnte die Arbeit ablehnen, weil sich bei der Begutachtung erhebliche Mängel gezeigt hatten, die nicht durch Überarbeitung zu beheben waren. Er konnte aber auch die Arbeit vorbehaltlich weiterer Verbesserungen oder in extrem seltenen Fällen ohne weitere Überarbeitung durch die Autoren zur Publikation annehmen.
Für ihre Tätigkeit erhielt die A gGmbH von B eine Vergütung. Neben jährlich festgelegten Gebühren war bei Überschreiten bestimmter Mengengrenzen eine Zusatzgebühr vereinbart. Die A gGmbH beschäftigte eine wissenschaftliche Editorin in Vollzeit sowie eine Assistentin. Im Lagebericht des Jahresabschlusses 2017 führte die A gGmbH aus, es beständen Gewinnchancen bei einer Vielzahl zu editierender und durch B zu publizierender Manuskripte. Laut Finanzplan würden solche Gewinne aber nicht vor 2020 erwartet.
In einer verbindlichen Auskunft teilte der Beklagte und Revisionsbeklagte (Finanzamt ‑‑FA‑‑) der A gGmbH mit, sie sei hinsichtlich ihrer tatsächlichen Geschäftsführung aus der "Editorentätigkeit" für B nicht gemeinnützig. Die "Editorentätigkeit" sei ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb und kein steuerbegünstigter Zweckbetrieb. Die A gGmbH nehme neben der "editoriellen" Begutachtungstätigkeit keine weiteren Aufgaben wahr, welche auf die Verwirklichung des steuerbegünstigten Zwecks gerichtet wären. Daher sei die Unterhaltung des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs der "editoriellen" Begutachtungstätigkeit in der Gesamtschau bloßer Selbstzweck.
Das FA erließ dementsprechend u.a. einen Körperschaftsteuerbescheid sowie einen Gewerbesteuermessbescheid für 2017, in denen es eine Steuerbefreiung der A gGmbH versagte und unter Zugrundelegung des im Jahresabschluss ausgewiesenen Jahresfehlbetrags eine Körperschaftsteuer und einen Gewerbesteuermessbetrag von jeweils 0 € festsetzte.
Die u.a. gegen diese Bescheide gerichtete Sprungklage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2021, 1513 veröffentlichten Urteil ab. Die A gGmbH sei weder nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) noch gemäß § 3 Nr. 6 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) steuerbefreit. Sie verfolge nach ihrer tatsächlichen Geschäftsführung nicht ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Die Tätigkeit der A gGmbH diene in erster Linie der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen als Dienstleister gegenüber B. Ein steuerfreier Zweckbetrieb liege nicht vor, weil die A gGmbH in einer tatsächlichen Wettbewerbssituation mit vergleichbaren kommerziellen Zeitschriften stehe.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Revision, mit der sie die Verletzung materiellen Rechts (§§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 55 Abs. 1, 56, 57 Abs. 1 und 65 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑) und Verfahrensfehler (Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten) geltend macht.
Als Verfahrensfehler rügt die Klägerin einen Verstoß gegen den klaren Inhalt der Akten. Danach entscheide allein die A gGmbH ‑‑anders als bei einer Dienstleistung‑‑ weisungsunabhängig über die Veröffentlichung der Beiträge, bestehe eine jedenfalls faktische Beziehung der A gGmbH zu den wissenschaftlichen Autoren und erstatte die mögliche Zusatzgebühr lediglich den bei der A gGmbH zwangsläufig entstehenden höheren Aufwand, der aus der Mehrzahl von Beiträgen folge, die zu begutachten seien. Zudem habe das FG seine Sachaufklärungspflicht verletzt.
Das Urteil des FG verstoße gegen materielles Recht, weil die A gGmbH mit ihrer Editorentätigkeit die Allgemeinheit auf dem Gebiet der Wissenschaft und Forschung i.S. des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO ausschließlich (§ 56 AO), unmittelbar (§ 57 Abs. 1 AO) und selbstlos (§ 55 Abs. 1 AO) fördere. Unzutreffend habe das FG einen steuerfreien Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO verneint und insbesondere die nach § 65 Nr. 3 AO erforderliche Abwägung zwischen den Interessen der Allgemeinheit an steuerlicher Begünstigung gemeinnütziger Zweckverfolgung und etwaigem Wettbewerbsschutz unterlassen.
Die A gGmbH fördere im Interesse der Allgemeinheit die Wissenschaft i.S. des § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO. Sie wähle die Fachbeiträge redaktionell aus und sichere deren inhaltliche Qualität unter Heranziehung eines Peer-Review-Verfahrens, um diese als Open-Access-Publikation zur Förderung des Gemeinwohls öffentlich zugänglich zu machen. Mit ihrer Tätigkeit verfolge sie i.S. des § 56 AO ausschließlich ihre steuerbegünstigten Zwecke, weil ihre Tätigkeit unmittelbarer Ausdruck der Verfolgung eigener satzungsmäßiger Zwecke und nicht bloße Nebentätigkeit sei. Sie handele auch unmittelbar i.S. von § 57 Abs. 1 Satz 1 AO zur Förderung der Wissenschaft und Forschung, weil sie das sog. wissenschaftliche Editieren weisungsunabhängig und unmittelbar im Sinne von "eigenhändig" durch die bei ihr angestellten Editoren ausführe. In Bezug auf die Förderung der Wissenschaft sei entscheidend, dass die gemeinnützige Tätigkeit der A gGmbH auf diese gerichtet sei. Des Weiteren fördere sie selbstlos i.S. von § 55 Abs. 1 AO die Wissenschaft. Eine Gewinnerzielungsabsicht verstoße nicht gegen die Selbstlosigkeit. Im Übrigen liege eine solche Absicht aber auch nicht vor, weil der vom FG herangezogene Lagebericht nur auf eine mögliche Gewinnchance verweise und der vom FG als weitere Grundlage angeführte Anspruch auf eine Zusatzgebühr nur im Zusammenhang mit höheren Kosten entstehe.
Die Editorentätigkeit der A gGmbH stelle einen steuerbegünstigten Zweckbetrieb i.S. des § 65 AO dar. Diese Tätigkeit diene gemäß § 65 Nr. 1 AO in ihrer Gesamtheit den steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecken, weil die von der A gGmbH erstellten Peer-Review-Reports im Open-Access veröffentlicht würden und wissenschaftlichen Fortschritt bewirkten. Die Editorentätigkeit sei des Weiteren als konkret gewählte Form der Zweckverwirklichung i.S. von § 65 Nr. 2 AO als notwendige Folge des Verbandszwecks anzusehen. Auch die Voraussetzungen der Wettbewerbsklausel des § 65 Nr. 3 AO lägen vor. Die A gGmbH und die im FG-Urteil genannten Journale bedienten schon nicht denselben Markt. Kommerzielle Anbieter mit niedrigen Veröffentlichungsgebühren verzichteten aus Kostengründen auf eine nennenswerte wissenschaftliche Qualitätskontrolle. Die großen kommerziellen Fachverlage, deren Geschäftsmodell traditionell das Abonnement- oder Bezahlmodell sei, achteten darauf, dass ihr sog. Einfluss- oder Impact-Faktor durch Veröffentlichung von Publikationen mit möglichst weitreichendem allgemeinen Interesse erhalten bleibe. Demgegenüber behandelten die von B veröffentlichten Fachbeiträge tendenziell sehr spezielle Themen und seien nicht von weitreichendem allgemeinen Interesse. Zudem gebe es gerade für die konkrete Tätigkeit der A gGmbH keinen entsprechenden Markt. Für abweichende Märkte spreche auch der im Vergleich zu kommerziellen Anbietern verschiedene Finanzierungsansatz, mit dem nur Kostendeckung angestrebt werde. Selbst ein potentieller Wettbewerb könne ausgeschlossen sein, weil gewerbliche Unternehmen an Tätigkeiten kein Interesse hätten, für die langfristig wegen der geringen Bedeutung des speziellen Fachgebiets oder im Hinblick auf die konkrete Tätigkeit des sog. wissenschaftlichen Editierens keine Gewinne zu erwarten seien. Zudem falle die für § 65 Nr. 3 AO erforderliche Abwägung zwischen den Gemeinwohlinteressen an der Steuerbegünstigung einerseits und dem Wettbewerbsschutz andererseits, die das FG unterlassen habe, zugunsten der Annahme eines Zweckbetriebs aus.
Die Klägerin beantragt,
das angefochtene Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 14.10.2019 - 10 K 1033/19 aufzuheben,
den Bescheid vom 15.03.2019 über Körperschaftsteuer 2017 dahingehend abzuändern, dass die Klägerin aufgrund der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftsteuer befreit ist,
den Bescheid vom 15.03.2019 über den Gewerbesteuermessbetrag für 2017 dahingehend abzuändern, dass die Klägerin aufgrund der Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke nach § 3 Nr. 6 GewStG von der Gewerbesteuer befreit ist.Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Die A gGmbH betreibe ausschließlich einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, der kein Zweckbetrieb sei, und sei deshalb in vollem Umfang steuerpflichtig. Die A gGmbH übe einerseits die "editorielle" Tätigkeit und andererseits im Rahmen einer mitunternehmerischen Verbundenheit mit den anderen Gesellschaftern der B eine verlegerische und damit originär gewerbliche Tätigkeit aus. Hinsichtlich der "editoriellen" Tätigkeit habe das FG einen Zweckbetrieb zutreffend verneint. Diese Tätigkeit könne auch von räumlich weltweit ansässigen Konkurrenzunternehmen erbracht werden. Des Weiteren seien die Tätigkeiten der Gutachter nicht der A gGmbH zuzurechnen, da die Gutachter durch die gemeinsame Veröffentlichung der Autorenbeiträge mit den Gutachten nach außen aufträten und die A gGmbH die Autoren und die Gutachter nur zusammenbringe. Zudem erschöpfe sich die Tätigkeit der A gGmbH angesichts ihrer personellen Ausstattung (eine Editorin) und der Masse der zu prüfenden Beiträge in einer standardisierten Vorprüfung, der Weiterleitung an die Gutachter, der Entgegennahme der Rückläufe, der Kontaktpflege und in dem Herstellen einer veröffentlichungsreifen Form. Im Übrigen übe die A gGmbH mit der "editoriellen" Tätigkeit nicht die im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Tätigkeit zur Zweckverwirklichung aus. Hinsichtlich der anteiligen verlegerischen Tätigkeit liege kein Zweckbetrieb vor, weil die Mehrung des Gemeinwohls im Bereich der Veröffentlichung von wissenschaftlichen Aufsätzen auch ohne eine steuerliche Begünstigung der Tätigkeit erreicht werden könne. Schließlich sei ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nicht allein deshalb ein Zweckbetrieb, weil er ein kostendeckendes Entgelt erhebe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision, die sich nach den Erläuterungen der Klägerin auf die Körperschaftsteuer und den Gewerbesteuermessbetrag 2017 beschränkt, ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das Urteil des FG verletzt §§ 55, 56, 57 und 65 AO. Die Sache ist nicht spruchreif.
1. Das Urteil des FG hat keinen Bestand.
a) Zu Unrecht geht das FG davon aus, die A gGmbH sei nicht selbstlos i.S. von § 55 Abs. 1 AO tätig gewesen.
aa) Nach § 55 Abs. 1 AO geschieht die Förderung begünstigter Zwecke selbstlos, wenn dadurch nicht in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke ‑‑z.B. gewerbliche Zwecke oder sonstige Erwerbszwecke‑‑ verfolgt werden und die besonderen Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 Nrn. 1 bis 5 AO erfüllt sind.
Eine Körperschaft verfolgt "in erster Linie" eigenwirtschaftliche Zwecke, wenn sie vorrangig und somit nicht nur nebenbei ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen oder (mittelbar) die ihrer Mitglieder fördert (Senatsurteil vom 22.08.2019 - V R 67/16, BFHE 266, 1, BStBl II 2020, 40, Rz 25 f.). Eine Körperschaft kann allerdings grundsätzlich auf Gewinnerzielung ausgerichtete wirtschaftliche Geschäftsbetriebe unterhalten, ohne gegen das Gebot der Selbstlosigkeit zu verstoßen. Maßgeblich ist dann, ob das Vermögen der gemeinnützigen Körperschaft zweckgerichtet für die ideellen Zwecke eingesetzt wird und die Einnahmen aus der nicht begünstigten Tätigkeit für die begünstigte Tätigkeit verwendet werden. Wirtschaftliche Tätigkeiten zur Erhöhung der Einkünfte mit dem Ziel, den gemeinnützigen Satzungszweck durch Zuwendungen von Mitteln zu fördern, sind nicht schädlich (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 04.04.2007 - I R 76/05, BFHE 217, 1, BStBl II 2007, 631, unter II.3.c aa). Nicht jede auf Verbesserung der Einkünfte oder des Vermögens gerichtete Tätigkeit führt zum Ausschluss der Selbstlosigkeit. Bei vielen Körperschaften ist die Förderung der Mitglieder oder Gesellschafter notwendiges Nebenprodukt der Tätigkeit. An der Selbstlosigkeit fehlt es erst dann, wenn der Eigennutz der Mitglieder in den Vordergrund tritt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteil vom 27.11.2013 - I R 17/12, BFHE 244, 194, BStBl II 2016, 68, Rz 28).
bb) Das FG hat unzutreffend angenommen, die A gGmbH habe vorrangig und nicht nur nebenbei ihre eigenen wirtschaftlichen Interessen gefördert. Die vom FG angenommene Gewinnerzielungsabsicht leitet sich lediglich daraus ab, dass sich aus eventuellen Gewinnausschüttungen der B an die A gGmbH Gewinnchancen ergäben und die A gGmbH eine Zusatzgebühr erhielt, falls bestimmte Mengen an Beiträgen wissenschaftlich zu editieren waren. Der vom FG in Bezug genommene Lagebericht der A gGmbH verwies aber nur auf eine mögliche Gewinnchance. Ein Anspruch auf eine Zusatzgebühr entstand ‑‑wie die Klägerin insoweit zu Recht rügt‑‑ nach der ebenfalls in Bezug genommenen Vereinbarung zwischen der A gGmbH und B nur im Zusammenhang mit höheren Kosten. Zudem setzt sich das FG in keiner Weise mit dem Erfordernis auseinander, ob sich hieraus ein Vorrang eigenwirtschaftlicher Interessen ergeben könnte.
b) Das FG hat rechtsfehlerhaft entschieden, die A gGmbH verfolge nicht ausschließlich i.S. von § 56 AO steuerbegünstigte Zwecke.
aa) Ausschließlichkeit liegt gemäß § 56 AO vor, wenn eine Körperschaft nur ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verfolgt.
Dieses Gebot besagt, dass eine Körperschaft nicht gemeinnützig ist, wenn sie neben ihrer gemeinnützigen Zielsetzung weitere Zwecke verfolgt und diese Zwecke nicht gemeinnützig sind. Im Zusammenhang mit wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben folgt daraus, dass deren Unterhaltung der Gemeinnützigkeit einer Körperschaft entgegensteht, wenn sie in der Gesamtschau zum Selbstzweck wird und in diesem Sinne neben die Verfolgung des gemeinnützigen Zwecks der Körperschaft tritt. Die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs ist mithin aus der Sicht des Gemeinnützigkeitsrechts nur dann unschädlich, wenn sie um des gemeinnützigen Zwecks willen erfolgt, indem sie z.B. der Beschaffung von Mitteln zur Erfüllung der gemeinnützigen Aufgabe dient. Ist der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb dagegen nicht dem gemeinnützigen Zweck untergeordnet, sondern ein davon losgelöster Zweck oder gar der Hauptzweck der Betätigung der Körperschaft, so scheitert deren Gemeinnützigkeit an § 56 AO (BFH-Urteil in BFHE 217, 1, BStBl II 2007, 631, unter II.3.c bb). Die Förderung des steuerbegünstigten Satzungszwecks darf nicht lediglich ein der nicht steuerbefreiten Tätigkeit untergeordneter Nebenzweck sein. Letzteres liegt z.B. dann vor, wenn die Körperschaft mit ihrer Tätigkeit primär auf eine Förderung und Unterstützung ihrer Gesellschafter bei einer diesen obliegenden Aufgabe zielt und damit in ihrer Gesamtrichtung nicht darauf angelegt ist, einen steuerbegünstigten Satzungszweck für die Allgemeinheit, sondern für ihre Gesellschafter zu fördern (BFH-Urteil vom 07.03.2007 - I R 90/04, BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628, unter II.3.).
bb) Im Streitfall geht das FG unter Berufung auf das BFH-Urteil in BFHE 217, 1, BStBl II 2007, 631 rechtsfehlerhaft davon aus, das sog. wissenschaftliche Editieren sei als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb Selbstzweck der A gGmbH. Das sog. wissenschaftliche Editieren erfolgt hier gerade, um den gemeinnützigen Zweck der A gGmbH, die Förderung von Wissenschaft und Forschung gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO, zu erfüllen. Es ist nicht von dem gemeinnützigen Zweck der A gGmbH losgelöst und weder davon unabhängiger Hauptzweck ihrer Betätigung noch bloße Nebentätigkeit. Die Tätigkeit der A gGmbH ist darauf gerichtet, zu diesem Zweck die Allgemeinheit zu fördern. Das FG hat unter weiterer Bezugnahme auf das BFH-Urteil in BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628 zu Unrecht allein auf das Verhältnis zwischen der A gGmbH und B abgestellt, um eine Förderung der Allgemeinheit durch die A gGmbH zu verneinen. Die A gGmbH fördert auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG die Allgemeinheit i.S. des § 52 Abs. 1 AO insoweit, als die von ihr fachlich geprüften und zur Veröffentlichung bei B freigegebenen Beiträge in dem von B betriebenen Online-Journal als Open-Access-Publikation für die Allgemeinheit kostenlos zugänglich sind (vgl. Seer in Tipke/Kruse, § 52 AO Rz 19; Musil in Hübschmann/Hepp/Spitaler, § 52 AO Rz 114; Stalleiken, Finanz-Rundschau 2010, 781, 784; BeckOK AO/Erdbrügger, 20. Ed. [01.04.2022], AO § 52 Rz 153; Schauhoff in Schauhoff, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 3. Aufl., § 6 Rz 53). Damit förderte die A gGmbH im Interesse der Allgemeinheit die Wissenschaft, weil sie in der Form des sog. wissenschaftlichen Editierens in der Weise tätig war, dass sie in einem umfangreichen Peer-Review-Verfahren Forschungsergebnisse bewertete und der Veröffentlichung bei B als Open-Access-Publikation zugänglich machte. Kerntätigkeit der A gGmbH war danach ‑‑worauf die Klägerin zu Recht hinweist‑‑ die ihr allein obliegende wissenschaftliche Verantwortung für die Auswahl und Überprüfung der Beiträge auf ihren wissenschaftlichen Gehalt und die Entscheidung, welche Artikel veröffentlicht werden. Damit verschaffte sie Wissenschaftlern eine Veröffentlichungsmöglichkeit, um den wissenschaftlichen Austausch zu intensivieren (vgl. zum Wissenschaftsbegriff BFH-Urteil in BFHE 217, 413, BStBl II 2007, 628, unter II.3.; Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 29.05.1973 - 1 BvR 424/71, BVerfGE 35, 79, unter C.II.1.).
c) Das FG hat auch die Unmittelbarkeit i.S. von § 57 Abs. 1 AO unzutreffend verneint.
aa) Eine Körperschaft verfolgt gemäß § 57 Abs. 1 Satz 1 AO unmittelbar ihre steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke, wenn sie selbst diese Zwecke verwirklicht.
Nicht ausreichend ist das bloße Handeln als Hilfsperson, die lediglich fremde gemeinnützige Zwecke ihres Auftraggebers verwirklicht, wodurch nur mittelbar steuerbegünstigte Zwecke gefördert werden. Demgegenüber liegt die erforderliche Verfolgung eigener steuerbegünstigter Satzungszwecke vor, wenn mehrere steuerbegünstigte Körperschaften arbeitsteilig zur Verwirklichung eines steuerbegünstigten Zwecks zusammenwirken. Davon kann auch dann auszugehen sein, wenn die Körperschaft eine Leistung erbringt, die in einem zivilrechtlichen Vertragsverhältnis einem Dritten geschuldet ist, die aber "zumindest faktisch unmittelbar" dem steuerbegünstigten Satzungszweck dient (BFH-Urteil vom 06.02.2013 - I R 59/11, BFHE 241, 101, BStBl II 2013, 603, Rz 20 f.).
bb) Im Streitfall geht das FG zu Unrecht davon aus, dass die A gGmbH ausschließlich Leistungen gegenüber B erbracht habe. Die A gGmbH förderte vielmehr ihren eigenen steuerbegünstigten Zweck, die Wissenschaftsförderung, insoweit unmittelbar, als sie durch die bei ihr angestellte Editorin die Wissenschaftsergebnisse bewertete und zur Veröffentlichung bei B freigab. Das sog. wissenschaftliche Editieren führte die A gGmbH weisungsunabhängig und unmittelbar im Sinne von "eigenhändig" durch die bei ihr angestellte Editorin aus.
Die Schlussfolgerung des FG, eine unmittelbare, wenn auch nur faktische Beziehung der Klägerin zu den wissenschaftlichen Autoren habe nicht bestanden, wird ‑‑was die Klägerin insoweit zu Recht rügt‑‑ von den Feststellungen des FG nicht getragen. Schon durch das sog. wissenschaftliche Editieren und die Entscheidung über das Vorliegen der Veröffentlichungsvoraussetzungen lag ein "faktisch unmittelbarer" Kontakt zwischen der Editorin der A gGmbH und den Autoren aus den Bereichen der Wissenschaft und Forschung vor. Soweit das FA sinngemäß von einer nur "verwaltungstechnischen" Abwicklung ausgeht, entspricht dies nicht den bisherigen Feststellungen des FG.
Damit hat das FG die Rechtsgrundsätze des BFH-Urteils in BFHE 241, 101, BStBl II 2013, 603 rechtsfehlerhaft auf den Streitfall übertragen. Vorliegend handelte die A gGmbH nicht lediglich als bloße Hilfsperson der nicht gemeinnützigen B, da die Editorin der A gGmbH nach den Feststellungen des FG die Möglichkeit hatte, unabhängig von B die Beiträge zur Publikation freizugeben und B demzufolge das Medium ist, das die Beiträge der Autoren der Allgemeinheit als Open-Access-Publikation anbot.
Im Hinblick auf die Auslandsansässigkeit der B weist der Senat darauf hin, dass das Zusammenwirken mit einer derartigen Person unter den Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 AO dem Zusammenwirken mit einer steuerbegünstigten Körperschaft i.S. des BFH-Urteils in BFHE 241, 101, BStBl II 2013, 603 gleichzustellen sein kann.
d) Schließlich erweist sich das FG-Urteil auch insoweit als unzutreffend, als es einen unvermeidbaren Wettbewerb i.S. von § 65 Nr. 3 AO bejaht hat, ohne die hierfür erforderliche Interessenabwägung als sog. zweite Stufe der Wettbewerbsprüfung (vgl. hierzu Senatsurteil vom 26.08.2021 - V R 5/19, BFHE 274, 284, Deutsches Steuerrecht 2021, 2895, Rz 36 und 39) vorzunehmen.
2. Die Sache ist nicht spruchreif. Das FG hat die Voraussetzungen der §§ 55 bis 57 AO erneut zu prüfen und bei ihrer Bejahung im Rahmen von § 65 AO insbesondere konkrete Feststellungen dazu zu treffen, ob gemäß § 65 Nr. 3 AO ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist (Senatsurteil vom 30.03.2000 - V R 30/99, BFHE 191, 434, BStBl II 2000, 705, unter II.2.c bb). Vorsorglich weist der Senat insoweit auf Folgendes hin:
Das FG ist davon ausgegangen, es bestehe ein Wettbewerbsverhältnis zu kommerziellen Zeitschriften mit wissenschaftlichen Beiträgen, bei denen ebenfalls externe Gutachten zur Qualitätsprüfung herangezogen würden. Dabei hat es allerdings das Bestehen eines solchen Wettbewerbsverhältnisses nur allgemein behauptet, ohne hierzu konkrete Feststellungen zu treffen. So ist dem Urteil des FG nicht zu entnehmen, ob die A gGmbH mit der Veröffentlichung der Beiträge über B tatsächlich denselben Kundenkreis erreichte oder erreichen konnte wie die vom FG angeführten kommerziellen Zeitschriften. Dabei ist nicht auszuschließen, dass hierfür ‑‑entgegen der Auffassung des FG‑‑ die Art der Finanzierung durchaus eine Rolle spielt. Die Entgelte der Autoren könnten letztlich die Vergütung der B an die A gGmbH für deren hier in Rede stehende Tätigkeit und die Veröffentlichung der Beiträge über das Open-Access-Angebot der B erst ermöglichen. Mit dem Open-Access-Angebot könnte ein anderer Markt bedient werden als derjenige, der für die vom FG erwähnten kommerziellen Anbieter in Frage kommt, die ihr Angebot über Abonnements finanzieren. In diesem Zusammenhang könnte auch von Bedeutung sein, ob die von B veröffentlichten Fachbeiträge nicht schon tendenziell sehr spezielle Themen behandeln und ‑‑anders als bei kommerziellen Anbietern‑‑ nicht von weitreichendem allgemeinen Interesse sind.
Zudem fehlen auch Feststellungen zu der Frage, ob ein anderer Steuerpflichtiger ohne Gewährung einer Steuervergünstigung die gleiche konkrete Tätigkeit wie die A gGmbH im wirtschaftlichen Verkehr erbringen würde. Insbesondere stellt sich hier die Frage, ob der konkrete Tätigkeitsbereich der A gGmbH, das sog. wissenschaftliche Editieren, in einem Wettbewerb mit anderen Anbietern steht. Die Klägerin weist in ihrem Revisionsvorbringen insoweit darauf hin, dass es gerade für das sog. wissenschaftliche Editieren, mit dem die A gGmbH die Manuskripte qualitativ aufwerte, sie zu einer Veröffentlichungsreife, die wissenschaftlichen Standards entspreche, bringe und bindend für das Journal über die Veröffentlichung entscheide, keinen entsprechenden Markt gebe.
Soweit die Klägerin vorbringt, die A gGmbH habe nur Kostendeckung erreichen wollen, ist darauf hinzuweisen, dass ein vermeidbarer Wettbewerb nicht bereits deswegen entfällt, weil nur kostendeckende Einnahmen erzielt werden und der Wettbewerber aus Gründen der Eigenkapitalverzinsung Gewinnerzielungsabsicht hat. Das Wirtschaften nach dem Kostendeckungsprinzip stellt sich als solches schon als vermeidbare Wettbewerbsbeeinträchtigung dar, sofern nicht ein vorrangiges Allgemeininteresse besteht (BFH-Urteil vom 27.10.1993 - I R 60/91, BFHE 174, 97, BStBl II 1994, 573, unter II.1.c).
3. Aspekte des unionsrechtlichen Beihilferechts, insbesondere das Durchführungsverbot des Art. 108 Abs. 3 Satz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft ‑‑AEUV‑‑ (Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47), stehen der Zurückverweisung nicht entgegen. Gemäß Art. 108 Abs. 3 Satz 3 AEUV darf ein Mitgliedstaat eine Beihilfe nicht einführen oder umgestalten, bevor die Kommission einen abschließenden Beschluss erlassen hat. Dieses Verbot gilt allein für neue Beihilfen; demgegenüber dürfen bestehende Beihilfen regelmäßig durchgeführt werden, solange die Kommission nicht ihre Unionsrechtswidrigkeit festgestellt hat. Bestehende Beihilfen sind insbesondere die Beihilferegelungen, die vor dem 01.01.1958 eingeführt wurden und auch danach noch anwendbar sind (BFH-Urteil in BFHE 244, 194, BStBl II 2016, 68, Rz 49 f.).
§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG i.V.m. §§ 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 65 AO sind eine bestehende Beihilfe ("Alt-Beihilfe"), für die das Durchführungsverbot nicht gilt. Die hier in Rede stehende Steuerbefreiung bestand schon vor dem 01.01.1958 (zu § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG und § 3 Nr. 6 GewStG BFH-Urteil in BFHE 244, 194, BStBl II 2016, 68, Rz 50). § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO (Förderung der Wissenschaft als Förderung der Allgemeinheit) geht zurück auf § 17 Abs. 3 Nr. 2 des Steueranpassungsgesetzes vom 16.10.1934 (RGBl I 1934, 925). § 65 AO beruht auf § 7 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung der §§ 17 bis 19 des Steueranpassungsgesetzes (Gemeinnützigkeitsverordnung) vom 24.12.1953 (BGBl I 1953, 1592, BStBl I 1954, 6).
4. Soweit die Klägerin Verfahrensfehler geltend macht, kommt es auf diese wegen der Zurückverweisung nicht an.
5. Der Senat hat die Entscheidung in einer Videokonferenz unter den hierfür von der BFH-Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen getroffen (vgl. BFH-Urteil vom 10.02.2021 - IV R 35/19, BFHE 272, 152).
6. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.