ECLI:DE:BFH:2021:B.270821.VIIIB126.20.0
BFH VIII. Senat
FGO § 96 Abs 2, FGO § 115 Abs 2 Nr 3, GG Art 103 Abs 1, FGO § 81
vorgehend FG München, 12. Oktober 2020, Az: 6 K 153/16
Leitsätze
NV: Der Anspruch auf rechtliches Gehör wird verletzt, wenn das Gericht von einer in einem Beweisbeschluss angeordneten Zeugenvernehmung in Bezug auf einen der Zeugen ohne vorherigen Hinweis absieht und dies im Urteil damit begründet, der Zeuge sei aufgrund seines Auslandsaufenthalts unerreichbar, obwohl es vor Erlass seines Urteils angekündigt hat, nach Vernehmung der anderen Zeugen eine Entscheidung darüber zu treffen, ob die Vernehmung des Auslandszeugen im Inland notwendig sei oder "ersetzt" werden könne.
Tenor
Auf die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision wird das Urteil des Finanzgerichts München, Außensenate Augsburg, vom 13.10.2020 - 6 K 153/16 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht München, Außensenate Augsburg, zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darum, ob die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) eine durch Verrechnungsscheck erhaltene Zahlung als Einkünfte aus Kapitalvermögen zu versteuern hat.
In ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2002 erklärte die Klägerin Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 2.215 €. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte den Angaben der Klägerin und setzte die Einkommensteuer für das Streitjahr erklärungsgemäß fest. Der Einkommensteuerbescheid wurde bestandskräftig.
Im Rahmen einer von August 2006 bis Juni 2008 durchgeführten Fahndungsprüfung wurde ermittelt, dass die Klägerin der Firma M-AG im Jahr 2001 mehrere Darlehen in Höhe von insgesamt ... € zur Verfügung gestellt hatte. Aufgrund ihrer angespannten Liquiditätslage zahlte die M-AG bereits zum ersten Fälligkeitszeitpunkt am 01.09.2001 weder den fälligen Darlehensbetrag noch Zinsen an die Klägerin zurück. Im Dezember 2001 erwarb die Schweizer Firma D Stückaktien an der M-AG und beteiligte sich an Sanierungsmaßnahmen. Zugleich erwarb D mit Darlehenskauf- und Abtretungsvertrag vom 22.03.2002 sämtliche der Klägerin gegen die M-AG zustehenden Darlehensforderungen einschließlich noch unerfüllter Zinsansprüche für einen unter dem Nennwert liegenden Kaufpreis von ... €. Der Betrag ging am 02.04.2002 auf dem Konto der Klägerin ein.
Am 26.02.2002 hatte die Klägerin einen durch die X-Bank auf sie ausgestellten Verrechnungsscheck über ... € bei ihrer Bank eingereicht, woraufhin der Betrag ihrem Konto gutgeschrieben wurde. Nach den Ermittlungen der Steuerfahndung war die Firma Z, eine 100%ige Tochtergesellschaft der X-Bank, von D mit der Ausstellung des Verrechnungschecks an die Klägerin beauftragt worden. In diesem Zusammenhang hatte D darum gebeten, als Verwendungszweck auf dem Scheck "fällige Zinsen auf ein Darlehen" anzugeben. Die Angabe des Verwendungszwecks auf dem Verrechnungsscheck unterblieb jedoch.
Die Übergabe des Verrechnungsschecks erfolgte am 21.02.2002 in den Räumlichkeiten der M-AG durch deren Vorstandssprecher, K, an den Bruder und Empfangsbevollmächtigten der Klägerin, M. M war einer der Gründer der M-AG und ebenfalls Mitglied im Vorstand. Ebenfalls anwesend waren G, der bis Ende 2001 im Vorstand und bis zum 31.03.2002 als Mitarbeiter der M-AG beschäftigt war, sowie N als Vorstandsekretärin. Bei der Übergabe des Verrechnungsschecks händigte K dem M ein an die Klägerin adressiertes Schreiben der M-AG vom 21.02.2002 aus, in dem es u.a. heißt: "Sehr geehrte Frau ..., anbei erhalten Sie, zur Abgeltung der bis 31. Januar 2002 auf (...) diverse von Ihnen der [M-AG] gewährten Darlehen angefallenen Zinsen, einen Verrechnungsscheck über € ... ." Daraufhin kam es zwischen K und M zu einer Meinungsverschiedenheit über den Verwendungszweck der mit dem Verrechnungsscheck erfolgten Zahlung; die Einzelheiten sind zwischen den Beteiligten streitig. M unterzeichnete die auf dem Schreiben vom 21.02.2002 angebrachte Empfangsbestätigung mit dem handschriftlichen Zusatz "Scheck unter Protest angenommen. Es handelt sich hier um Darlehensteilrückzahlungen, nicht um Zinsen!!".
Das FA ging davon aus, dass mit dem Verrechnungsscheck rückständige Zinsen auf von der Klägerin der M-AG gewährte Darlehen beglichen werden sollten. Dementsprechend erließ das FA am 10.07.2008 einen nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) geänderten Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr und legte hierbei zusätzliche Einkünfte aus Kapitalvermögen der Klägerin gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung in Höhe von ... € zugrunde. Der hiergegen erhobene Einspruch der Klägerin wurde mit Einspruchsentscheidung vom 14.12.2015 als unbegründet zurückgewiesen.
Im anschließenden Klageverfahren beschloss das Finanzgericht (FG) am 27.07.2020 auf Antrag der Klägerin, es sei "Beweis zu erheben über eventuelle zwischen [M] und [K] getroffene Absprachen, welche Verbindlichkeiten mit einem am 21. Februar 2002 übergebenen Verrechnungsscheck in Höhe von ... € beglichen werden sollten durch Vernehmung von [K], [G], [N] und [M] als Zeugen". Zugleich bestimmte das FG den Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 13.10.2020. Die Ladung des M zum Termin erfolgte unter seiner vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin mitgeteilten britischen Anschrift.
Mit Schriftsatz vom 06.10.2020 teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem FG mit, der Zeuge M befinde sich seit 2019 in Thailand und könne nicht an dem Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.10.2020 teilnehmen, da wegen der andauernden Reisebeschränkungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie sowohl seine Ausreise aus Thailand als auch seine Wiedereinreise nur in besonderen Ausnahmefällen und unter Inkaufnahme einer zweiwöchigen Quarantäne in einer staatlich anerkannten Isolationseinrichtung möglich sei. Der Zeuge bitte darum, seine Aussage vor dem deutschen Konsulat in Thailand oder per Videokonferenz machen zu dürfen. Für den Fall, dass das Gericht dies als nicht möglich oder zulässig ansehe, werde die Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung beantragt.
Mit Verfügung vom 06.10.2020 lehnte der Senatsvorsitzende des FG den Antrag auf Terminsverlegung ab. Zur Begründung führte er aus, "ob die Vernehmung des Zeugen [M] in Augsburg notwendig ist oder ersetzt werden kann, muss vom Senat in voller Besetzung entschieden werden. Zweckmäßig dürfte eine Entscheidung nach Vernehmung der sonstigen Zeugen sein".
Im Verhandlungstermin am 13.10.2020 führte das FG die Vernehmung der erschienen Zeugen K, G und N durch. Im Anschluss an die Beweisaufnahme beantragte die Klägerin, die mündliche Verhandlung zu unterbrechen und mit der Vernehmung des Zeugen M fortzusetzen. Die Anschrift des Zeugen M in Thailand übermittelte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin dem FG nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 14.10.2020.
Mit am 15.10.2020 bei der Geschäftsstelle des FG eingegangenem Urteil wies das FG die Klage der Klägerin ab. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme stehe nicht fest, dass der von M angebrachte handschriftliche Vermerk eine vertragliche Vereinbarung mit K darüber dokumentiere, dass mit dem Verrechnungsscheck ein fälliges Darlehen getilgt worden sei. Eine Vernehmung des M als Zeugen zu dieser Frage sei nicht veranlasst, weil nicht damit zu rechnen sei, dass er in absehbarer Zeit freiwillig aus dem Ausland zurückkehren werde. Selbst wenn M nur wegen der COVID-19-Problematik nicht nach Deutschland eingereist sein sollte, könne nicht von einem Hindernis ausgegangen werden, das in absehbarer Zeit wegfallen werde. Es müsse jederzeit mit neuen Reisehindernissen gerechnet werden.
Mit der gegen das Urteil des FG gerichteten Nichtzulassungsbeschwerde rügt die Klägerin u.a. die Verletzung des rechtlichen Gehörs und einen Verstoß gegen die dem Gericht obliegende Sachaufklärungspflicht als Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige Beschwerde ist begründet; sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das FG gemäß § 116 Abs. 6 FGO.
1. Es liegt ein von der Klägerin geltend gemachter Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vor, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann. Das FG hat der Klägerin das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ‑‑GG‑‑, § 96 Abs. 2 FGO) versagt, indem es ihr vor Erlass des Urteils nicht mit der erforderlichen Klarheit zu erkennen gegeben hat, dass es entgegen dem Beweisbeschluss vom 27.07.2020 nicht mehr beabsichtigte, den Zeugen M zu vernehmen.
a) Durch einen Beweisbeschluss entsteht eine Verfahrenslage, auf welche die Beteiligten ihre Prozessführung einrichten dürfen. Sie können grundsätzlich davon ausgehen, dass das Urteil nicht eher ergehen wird, bis der Beweisbeschluss vollständig ausgeführt ist. Zwar ist das Gericht nicht verpflichtet, eine angeordnete Beweisaufnahme in vollem Umfang durchzuführen. Will es von einer Beweisaufnahme absehen, muss es jedoch zur Vermeidung einer Überraschungsentscheidung vor Erlass des Urteils die von ihm durch den Beweisbeschluss geschaffene Prozesslage wieder beseitigen. Dazu hat es für die Beteiligten unmissverständlich zum Ausdruck zu bringen, dass es den Beweisbeschluss als erledigt betrachtet (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 03.12.2002 - X B 26/02, BFH/NV 2003, 343; vom 27.08.2010 - III B 113/09, BFH/NV 2010, 2292, und vom 19.01.2012 - X B 4/10, BFH/NV 2012, 958, jeweils m.w.N.). Etwas anderes kann nur gelten, wenn das Gericht zu Recht davon ausgehen kann, es sei auch aus Sicht der Beteiligten zweifelsfrei, dass sich eine angeordnete Beweisaufnahme erledigt habe, ohne dass es eines entsprechenden gerichtlichen Hinweises bedürfe (BFH-Beschlüsse vom 19.12.2012 - XI B 84/12, BFH/NV 2013, 745; in BFH/NV 2012, 958, m.w.N.).
b) Im Streitfall wurde mit Beweisbeschluss vom 27.07.2020 angeordnet, M als Zeugen zu vernehmen. Den Akten des FG kann kein Hinweis an die Beteiligten entnommen werden, dass der Beweisbeschluss insoweit nicht ausgeführt werde. Vielmehr teilte der Senatsvorsitzende den Beteiligten am 06.10.2020 mit, aufgrund des Aufenthalts des M in Thailand müsse vom Senat in voller Besetzung entschieden werden, ob dessen Vernehmung in Augsburg notwendig sei oder ersetzt werden könne, wobei eine Entscheidung nach der Vernehmung der sonstigen Zeugen zweckmäßig sei. Aufgrund dieser Verfügung des Senatsvorsitzenden konnten die Beteiligten grundsätzlich davon ausgehen, dass das Urteil nicht eher ergehen werde, bevor nicht der Senat die angekündigte Entscheidung darüber trifft, ob die Vernehmung des M in Augsburg stattfindet oder ‑‑z.B. durch eine Zeugenaussage im Ausland nach § 82 FGO i.V.m. §§ 363, 364 der Zivilprozessordnung‑‑ ersetzt wird. Vor Erlass einer solchen Entscheidung durfte das FG hiernach nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass sich die angeordnete Beweisaufnahme aus Sicht der Beteiligten vollständig erledigt habe, zumal die Klägerin ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 13.10.2020 ausdrücklich erklärt hat, sie halte die Vernehmung des M als Hauptzeugen weiter für erforderlich.
c) Zu einer abweichenden Beurteilung führt auch nicht der Umstand, dass M aus der Sicht des FG aufgrund seines Auslandsaufenthalts dauerhaft nicht für eine Zeugenvernehmung im Inland zur Verfügung stand.
aa) Zwar ist nach der Rechtsprechung des BFH ein im Ausland ansässiger Zeuge von dem Beteiligten, der die Vernehmung des Zeugen beantragt, nach § 76 Abs. 1 Satz 4 FGO i.V.m. § 90 Abs. 2 Sätze 1 und 2 AO grundsätzlich dem Gericht in der mündlichen Verhandlung zu stellen (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 29.01.2007 - V B 160/06, V B 161/06, BFH/NV 2007, 759). Da § 90 Abs. 2 Satz 1 AO sich nur auf Vorgänge außerhalb des Geltungsbereichs der AO, mithin auf Auslandssachverhalte, bezieht, gilt dies allerdings einschränkend nur dann, wenn der Zeuge zu solchen Vorgängen aussagen soll (vgl. z.B. BFH-Beschlüsse vom 16.09.1993 - IV B 50/93, BFH/NV 1994, 449, und vom 12.10.2000 - VIII B 141/99, BFH/NV 2001, 463). Im Streitfall wurde der Zeuge M indes zu einem Inlandssachverhalt benannt. Es liegt daher kein Fall vor, in dem das FG den Sachverhalt ohne Berücksichtigung des Beweismittels nach freier Überzeugung (§ 96 Abs. 1 FGO) würdigen durfte, weil die Klägerin einer erhöhten Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 AO nicht nachgekommen wäre (vgl. hierzu BFH-Beschluss vom 23.09.2010 - XI B 97/09, BFH/NV 2011, 269). Abgesehen davon hat das FG bei Nichtverfügbarkeit eines im Ausland ansässigen Zeugen nach pflichtgemäßem Ermessen zu prüfen, ob es von der Möglichkeit einer Vernehmung des Zeugen im Ausland Gebrauch machen oder von einer solchen Vorgehensweise Abstand nehmen will (vgl. BFH-Beschlüsse vom 21.05.1992 - VIII B 76/91, BFH/NV 1993, 32; in BFH/NV 1994, 449; vom 26.10.1998 - I B 48/97, BFH/NV 1999, 506, und vom 09.02.2001 - II B 9/99, BFH/NV 2001, 933). Derartige Erwägungen hat das FG weder vor Erlass des Urteils noch in dem angefochtenen Urteil selbst angestellt. Den Urteilsgründen lässt sich nicht entnehmen, dass das FG die Möglichkeit einer Beweisaufnahme im Ausland erwogen und aus welchen Gründen es sie im Ergebnis verworfen hat. Es hat dort lediglich ausgeführt, dass eine Zeugenvernehmung im Inland aufgrund der Nichtverfügbarkeit des M ausscheide, weil nicht mit einem alsbaldigen Wegfall der bestehenden Reisebeschränkungen gerechnet werden könne.
bb) Ein anderes Ergebnis in Bezug auf den hier vorliegenden Gehörsverstoß ergibt sich auch nicht daraus, dass nach der Rechtsprechung des BFH ein Absehen von der von einem Beteiligten beantragten Beweiserhebung im Einzelfall mit der aus § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO folgenden Sachaufklärungspflicht vereinbar sein kann, wenn das Beweismittel für die zu treffende Entscheidung unerreichbar ist (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 13.03.1996 - II R 39/94, BFH/NV 1996, 757; BFH-Beschluss vom 26.06.2002 - IX B 27/02, BFH/NV 2002, 1470). Denn die Umstände, die das FG im angefochtenen Urteil zu der Schlussfolgerung führten, der Zeuge sei für eine Beweisaufnahme im Inland nicht erreichbar, waren dem FG bereits aufgrund des Schriftsatzes des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 06.10.2020 vollständig bekannt. In Kenntnis dieses Sachverhalts teilte der Senatsvorsitzende mit Verfügung vom gleichen Tag den Beteiligten mit, es bedürfe einer Entscheidung durch den Senat in voller Besetzung, ob die Vernehmung des Zeugen im Inland notwendig sei oder "ersetzt" werden könne. Aufgrund der hierdurch geschaffenen Verfahrenslage, auf die die Klägerin ihre Prozessführung einrichten durfte, konnte das FG nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass sich aus deren Sicht die im Beweisbeschluss angeordnete Vernehmung des Zeugen M mit dessen Auslandsaufenthalt trotz der zuvor angekündigten Entscheidung über eine etwaige "Ersetzung" einer Inlandsbeweisaufnahme erledigt habe.
d) Die Klägerin hatte weder die Möglichkeit noch einen Anlass, in der mündlichen Verhandlung vor dem FG die Nichterhebung der Beweise zu rügen. Laut der Niederschrift über die mündliche Verhandlung beantragte ihr Prozessbevollmächtigter die Vernehmung des Zeugen M und reichte dessen Anschrift in Thailand absprachegemäß nach Schluss der mündlichen Verhandlung nach. Mit dem ausdrücklichen Beweisantrag, insbesondere auch im Zusammenhang mit seinem übrigen protokollierten Vorbringen in der mündlichen Verhandlung, hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass er an seinem schriftsätzlich gestellten Beweisvorbringen festhalten wolle. Der Niederschrift über die mündliche Verhandlung ist kein Anhaltspunkt zu entnehmen, der darauf hindeutet, das FG werde ohne Beweisaufnahme entscheiden. Der Klägerin wurde erst durch das Urteil die Ablehnung ihres Beweisantrags bekannt.
e) Die angefochtene Entscheidung kann auf dem Verfahrensfehler beruhen i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO. Denn nach der ‑‑insoweit maßgeblichen‑‑ materiell-rechtlichen Auffassung des FG kam es entscheidend darauf an, ob zwischen K und M eine von der gesetzlichen Tilgungsreihenfolge des § 367 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs abweichende Vereinbarung über den Verwendungszweck der durch den Verrechnungsscheck erfolgten Zahlung getroffen wurde. Es ist nicht auszuschließen, dass M zu dieser Frage hätte Auskunft geben können.
2. Da das FG hiernach einen Verfahrensfehler in Gestalt einer Verletzung des rechtlichen Gehörs der Klägerin begangen hat, bedarf es keiner weiteren Erörterung, ob auch die weiteren von der Klägerin gerügten Verfahrensfehler vorliegen.
3. Der BFH kann gemäß § 116 Abs. 6 FGO auf die Nichtzulassungsbeschwerde hin das angefochtene Urteil aufheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückverweisen, sofern ‑‑wie hier‑‑ die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO vorliegen. Es erscheint sachgerecht, entsprechend dieser Vorschrift zu verfahren, da im Streitfall von einer Revisionsentscheidung keine weitere rechtliche Klärung zu erwarten ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17.09.2003 - I B 18/03, BFH/NV 2004, 207, und vom 22.03.2012 - XI B 1/12, BFH/NV 2012, 1170).
4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.