ECLI:DE:BFH:2021:U.010721.VIIIR15.20.0
BFH VIII. Senat
EStG § 20 Abs 1 Nr 1 S 1, EStG § 20 Abs 4a S 7, UmwG § 123 Abs 2, AEUV Art 63, EWGRL 891/82 Art 17 Abs 1 Buchst a, EWGRL 891/82 Art 17 Abs 1 Buchst b, EURL 2017/1132 Art 151 Abs 1 Buchst a, EURL 2017/1132 Art 151 Abs 1 Buchst b, EStG VZ 2015 , AEUmwStG 2006 Tziff 01.36
vorgehend FG Köln, 10. März 2020, Az: 9 K 596/18
Leitsätze
1. Teilt eine US-amerikanische Kapitalgesellschaft inländischen Anteilseignern im Wege eines sog. "Spin-Off" Aktien ihrer US-amerikanischen Tochtergesellschaft zu, kann dies grundsätzlich zu Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG führen, soweit keine Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG vorliegt.
2. Die Aktienzuteilung im Rahmen eines US-amerikanischen "Spin-Off" ist nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG steuerneutral, wenn die "wesentlichen Strukturmerkmale" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG erfüllt sind. Die Kapitalverkehrsfreiheit nach Art. 63 AEUV gebietet eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch auf ausländische Vorgänge.
3. Der Begriff der "Abspaltung" i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist typusorientiert auszulegen. Danach ist in Drittstaatenfällen ein gesetzlicher Vermögensübergang durch partielle Gesamtrechtsnachfolge nicht erforderlich (entgegen BMF-Scheiben vom 18.01.2016, BStBl I 2016, 85, Rz 115 i.V.m. BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, Rz 01.36). Entscheidend bei einer "Abspaltung" i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist, dass die Übertragung der Vermögenswerte in einem einheitlichen "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" mit der und gegen die Übertragung von Anteilen an der übernehmenden Gesellschaft erfolgt.
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 11.03.2020 - 9 K 596/18 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten um die einkommensteuerliche Behandlung der Zuteilung von Aktien im Rahmen eines sog. "Spin-Off" nach US-amerikanischem Recht.
Die zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erzielten in 2015 (Streitjahr) Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger hielt über seine Depotbank u.a. Aktien der eBay Inc. (eBay), einer Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Im Streitjahr übertrug die eBay Vermögen auf die PayPal Holdings Inc. (PayPal), eine Tochtergesellschaft und ebenfalls Kapitalgesellschaft nach dem Recht des US-Bundesstaats Delaware. Sodann teilte die eBay ihre bereits gehaltenen Anteile an der PayPal ihren Aktionären zu, so dass diese fortan im selben Verhältnis an den beiden Gesellschaften ‑‑eBay und PayPal‑‑ beteiligt waren. Insofern behielt die Depotbank des Klägers bei der Einbuchung der neu zugeteilten PayPal-Aktien ‑‑ausgehend von einem Börsenkurs im Zeitpunkt der Einbuchung in Höhe von 36 € je PayPal-Aktie‑‑ bei einem Börsenwert in Höhe von insgesamt ... € Kapitalertragsteuer in Höhe von ... € sowie Solidaritätszuschlag in Höhe von ... € ein.
In der Jahressteuerbescheinigung der Depotbank für das Streitjahr war vorgenannter Betrag in Höhe von ... € für die Zuteilung der PayPal-Aktien als Kapitalertrag enthalten. Die Kläger, nach deren Auffassung dieser Vorgang steuerneutral zu behandeln sei, beantragten in ihrer Einkommensteuererklärung die Überprüfung des Steuereinbehalts für Kapitalerträge gemäß § 32d Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr anzuwendenden Fassung (EStG) sowie die Günstigerprüfung nach § 32d Abs. 6 EStG. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte dem nicht, sondern rechnete im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr die einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer lediglich auf die festgesetzte Einkommensteuer an. Hiergegen legten die Kläger am 24.09.2016 Einspruch ein. Eine Einspruchsentscheidung erging nicht. Die am 11.03.2018 erhobene Klage hatte aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2021, 834 mitgeteilten Gründen Erfolg.
Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es die Verletzung materiellen Rechts rügt. Die Zuteilung der PayPal-Aktien durch die eBay an ihre Aktionäre führe zu Kapitaleinkünften i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Form einer Sachausschüttung. Diese seien nicht nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG von der Besteuerung auszunehmen. Zwar sei der Nachweis einer Einlagenrückgewähr bei Drittstaatengesellschaften auch ohne gesonderte Feststellung nach § 27 des Körperschaftsteuergesetzes möglich. Die Kläger, die insoweit die Nachweisobliegenheit und das Nachweisrisiko trügen, hätten den erforderlichen Nachweis jedoch nicht erbracht. Zudem lägen keine Anhaltspunkte für eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einlagenrückgewähr vor. Darüber hinaus seien auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nicht erfüllt. Die von der Finanzverwaltung im Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 18.01.2016 - IV C 1-S 2252/08/10004:017 (BStBl I 2016, 85, Rz 115) aufgestellten Kriterien lägen nicht vor. Zudem seien auch die vom Finanzgericht (FG) aufgestellten Kriterien nicht erfüllt. Der streitige "Spin-Off" sei mit einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 des Umwandlungsgesetzes (UmwG) nicht vergleichbar. Eine Abspaltung gemäß § 123 Abs. 2 UmwG vollziehe sich im Wege der Gesamtrechtsnachfolge "uno actu", wohingegen sich der vorliegende "Spin-Off" in mehreren Rechtsakten im Wege der Einzelrechtsnachfolge vollziehe. Das hier maßgebliche Gesellschaftsrecht des US-Bundesstaats Delaware kenne zwar das Rechtsinstitut der Verschmelzung, nicht jedoch das der Spaltung. Der US-amerikanische "Spin-Off" beruhe als sog. "reorganization" auf einer Vielzahl einzelvertraglicher Vereinbarungen. Darüber hinaus habe die PayPal der eBay im Gegenzug zur Vermögensübertragung keine neuen Anteile gewährt. Anders als in dem durch das FG Rheinland-Pfalz durch Urteil vom 21.08.2019 - 1 K 2295/17 (EFG 2019, 1824) entschiedenen Fall sei vorliegend kein integrativer Bestandteil des Unternehmens abgespalten und übertragen worden, sondern lediglich die Beteiligung an der PayPal durch die eBay an ihre Aktionäre "ausgeschüttet" worden. Der Vorgang entspreche nach Maßstäben des deutschen Rechts daher vielmehr einer Einlage von Vermögenswerten in eine Tochtergesellschaft und einer anschließenden Sachausschüttung der bereits gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft an ihre Anteilsinhaber. Dieser Vorgang falle jedoch auch bei einem rein inländischen Sachverhalt nicht unter § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG nicht vor. Insbesondere sei die Ermittlung der Höhe des Kapitalertrags durch den Börsenkurs ohne weiteres möglich gewesen.
Das FA beantragt,
die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Kläger beantragen,
die Revision des FA als unbegründet zurückzuweisen.Die Zuteilung der PayPal-Aktien sei nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG steuerneutral zu behandeln. Es lägen bereits die im BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85 (Rz 115) aufgestellten Kriterien vor. Insbesondere sei die PayPal im Zeitpunkt des "Spin-Off" nicht börsennotiert gewesen. Unerheblich sei demgegenüber, dass das Vorgängerunternehmen der PayPal ‑‑die sog. PayPal Inc.‑‑ von Februar bis Oktober 2002 börsennotiert gewesen sei. Für das Vorliegen der im BMF-Schreiben aufgestellten Voraussetzungen könne nicht auf eine ca. 13 Jahre zurückliegende Börsennotierung des Vorgängerunternehmens abgestellt werden. Unabhängig davon stelle der streitige "Spin-Off" im Wege einer typusorientierten Gesamtbetrachtung eine Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG dar, so dass es auf die Kriterien im BMF-Schreiben nicht ankomme. Ein Abstellen auf Merkmale wie "Gesamtrechtsnachfolge" und "Eigentumsübergang kraft Gesetzes" sei hingegen auf eine deutsche Rechtskultur zentriert und ließe den Vergleich fast immer scheitern. Entgegen der Auffassung des FA sei insbesondere auch die Gewährung neuer Anteile nicht erforderlich. Das FA verwechsle den Anteilstausch nach § 21 des Umwandlungssteuergesetzes (UmwStG) mit der Abspaltung nach § 15 UmwStG. Es sei aber im Rahmen des § 15 UmwStG keine Voraussetzung, dass neue Anteile aus einer Kapitalerhöhung gewährt würden. Schließlich lägen auch die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG vor.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Die Entscheidung des FG, dass die Zuteilung der PayPal-Aktien ‑‑isoliert betrachtet‑‑ zwar als Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG steuerbar ist (unter 1.), jedoch nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG letztlich steuerneutral erfolgt (unter 2.), hält revisionsrechtlicher Überprüfung stand.
1. Zwar führt die Zuteilung der PayPal-Aktien von der eBay an die Kläger bei isolierter Betrachtung zu einem Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG, für den der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) das Besteuerungsrecht zusteht.
a) Nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören zu den Einkünften aus Kapitalvermögen u.a. Gewinnanteile (Dividenden), Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien. Unerheblich ist es insofern, ob es sich bei der ausschüttenden Gesellschaft um eine in- oder ausländische handelt (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 20.10.2010 - I R 117/08, BFHE 232, 15, Rz 13, m.w.N.). Dementsprechend ist den Klägern mit der Einbuchung der PayPal-Aktien auf ihrem Depot ein Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG in Form einer Sachausschüttung zugeflossen.
b) Für diesen als Sachausschüttung steuerbaren Kapitalertrag i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG der in den Vereinigten Staaten von Amerika (USA) ansässigen eBay steht Deutschland abkommensrechtlich das Besteuerungsrecht zu. Die Kläger waren im Streitjahr im Inland wohnhaft und danach mit sämtlichen Einkünften unbeschränkt steuerpflichtig (§ 1 Abs. 1 EStG). Das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten von Amerika zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen und einiger anderer Steuern vom 29.08.1989 i.d.F. der Bekanntmachung der Neufassung vom 04.06.2008 (BGBl I 2008, 612, BStBl I 2008, 784) ‑‑DBA-USA 1989/2008‑‑ weist das Besteuerungsrecht für Dividenden aus Aktien, die eine in den USA ansässige Kapitalgesellschaft an eine im Inland ansässige Person zahlt, nach Art. 10 Abs. 1 DBA-USA 1989/2008 dem Ansässigkeitsstaat des Aktieninhabers und damit Deutschland zu.
2. Da die PayPal-Aktien jedoch im Rahmen einer Abspaltung i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG zugeteilt wurden, löst der Vorgang bei den Klägern im Streitjahr keine Besteuerung aus.
a) Nach § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG gelten abweichend von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG und § 15 UmwStG die Sätze 1 und 2 des § 20 Abs. 4a EStG entsprechend, wenn Vermögen einer Körperschaft durch Abspaltung auf andere Körperschaften übergeht. Die Anwendung der Regelung hat im Streitjahr zur Folge, dass die Anteilszuteilung steuerneutral erfolgt.
b) Voraussetzung ist zunächst der Vermögensübergang durch "Abspaltung". Eine solche liegt nach nationalem Recht gemäß § 123 Abs. 2 UmwG vor, wenn ein Rechtsträger von seinem Vermögen einen Teil oder mehrere Teile als Gesamtheit auf einen bestehenden oder mehrere bestehende Rechtsträger überträgt (Abspaltung zur Aufnahme, § 123 Abs. 2 Nr. 1 UmwG) oder der oder die übernehmenden Rechtsträger erst durch die Übertragung entstehen (Abspaltung zur Neugründung, § 123 Abs. 2 Nr. 2 UmwG) und die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers als Gegenleistung Anteile am übernehmenden Rechtsträger erhalten. Sind ‑‑wie vorliegend‑‑ ausschließlich ausländische Rechtsträger beteiligt, ist eine Abspaltung nach § 123 Abs. 2 UmwG mangels Anwendbarkeit des deutschen Umwandlungsrechts hingegen nicht möglich (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 UmwG).
c) Die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG ist jedoch auch auf ausländische Vorgänge anwendbar, die bei einer rechtsvergleichenden Betrachtung der Abspaltung nach nationalem Umwandlungsrecht entsprechen (gleicher Ansicht BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85, Rz 115; Buge in Herrmann/Heuer/Raupach ‑‑HHR‑‑, § 20 EStG Rz 592; Dötsch/Werner in Dötsch/Pung/Möhlenbrock ‑‑D/P/M‑‑, Kommentar zum KStG, § 20 EStG Rz 306a; Jachmann-Michel/Lindenberg in Lademann, EStG, § 20 EStG Rz 829b; Schmidt/Levedag, EStG, 40. Aufl., § 20 Rz 226).
aa) Zwar lassen die Gesetzesmaterialien keinen eindeutigen Schluss darauf zu, ob der Gesetzgeber in Bezug auf Abspaltungen i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auch Auslandsfälle einbeziehen wollte. Einerseits sollte der "Anwendungsbereich von § 20 Abs. 4a Satz 1 EStG", der auch bei ausländischen Tauschvorgängen einschlägig ist, "auf Abspaltungen erweitert" werden (BTDrucks 17/10000, S. 54). Auf der anderen Seite enthält die Gesetzesbegründung nationale Begrifflichkeiten wie "Spaltungsvertrag oder -plan" (BTDrucks 17/10000, S. 54). Zudem ist die zeitliche Anwendbarkeit der Regelung an die "Anmeldung zur Eintragung in das öffentliche Register" geknüpft (§ 52a Abs. 10 Satz 12 des Einkommensteuergesetzes i.d.F. des Amtshilferichtlinie-Umsetzungsgesetzes vom 26.06.2013, BGBl I 2013, 1809).
bb) Jedenfalls gebietet aber die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) eine Erstreckung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auf ausländische Vorgänge.
aaa) Der Schutzbereich der auch auf Drittstaaten-Kapitalgesellschaften anzuwendenden Kapitalverkehrsfreiheit des Art. 63 AEUV ist eröffnet. Insbesondere knüpft § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nicht an eine bestimmte Beteiligungshöhe an (vgl. BFH-Urteil vom 24.07.2018 - I R 75/16, BFHE 262, 502, BStBl II 2019, 806, Rz 19 ff., zur Abgrenzung des Anwendungsbereichs der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV von demjenigen der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49 AEUV).
bbb) Ein Ausschluss von Auslandsfällen aus dem Anwendungsbereich des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG wäre geeignet, Inländer von Investitionen in anderen Staaten abzuhalten und würde ausländische Gesellschaften und deren Gesellschafter im Vergleich zu rein inländischen Sachverhalten bei Kapitalmaßnahmen der Gesellschaft ohne Geldzahlungen ‑‑im vorliegenden Fall der Abspaltung‑‑ benachteiligen (vgl. Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union EV vom 20.09.2018 - C-685/16, EU:C:2018:743, Rz 55, BStBl II 2019, 111).
ccc) Ein Rechtfertigungsgrund dafür, dem inländischen Gesellschafter einer ausländischen Gesellschaft von vornherein die Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG zu verweigern, besteht nicht. Das gilt im Hinblick auf in den USA ansässige Kapitalgesellschaften insbesondere auch vor dem Hintergrund, dass in Art. 26 Abs. 1 DBA-USA 1989/2008 die sog. "große" Auskunftsklausel vereinbart worden ist, die einen umfassenden Informationsaustausch zwischen den Verwaltungsbehörden der Vertragsstaaten ermöglicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus Art. 64 Abs. 1 AEUV, da § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG bereits keine Direktinvestitionen erfasst.
d) Zur Vermeidung eines unionsrechtswidrigen Zustands ist § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG daher grundsätzlich auch auf ausländische Vorgänge anzuwenden. Da die Kapitalverkehrsfreiheit jedoch lediglich eine Benachteiligung der ausländischen Gesellschaften und ihrer Anteilseigner verbietet, aber eine Besserstellung gegenüber reinen Inlandssachverhalten nicht erfordert, sind nur solche (ausländischen) Vorgänge erfasst, die einer (inländischen) Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG vergleichbar sind (im Ergebnis ebenso z.B. BMF-Schreiben in BStBl I 2016, 85, Rz 115; Blümich/Ratschow, § 20 EStG Rz 439a; HHR/Buge, § 20 EStG Rz 592; Dötsch/Werner in D/P/M, a.a.O., § 20 EStG Rz 306a; Schmidt/Levedag, a.a.O., § 20 Rz 226). Dies ist der Fall, wenn der ausländische Vorgang "seinem Wesen nach" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG entspricht (vgl. auch BTDrucks 16/2710, S. 35, zu "vergleichbaren ausländischen Vorgängen" i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UmwStG). Erforderlich ist, dass die "wesentlichen Strukturmerkmale" einer Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG erfüllt sind.
aa) Kennzeichnend für eine Abspaltung i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG ist ‑‑wie vom FG zutreffend erkannt‑‑ die Übertragung von Vermögensteilen des übertragenden Rechtsträgers aufgrund eines Rechtsgeschäfts gegen Gewährung von Anteilen oder Mitgliedschaftsrechten des übernehmenden oder neuen Rechtsträgers an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers ohne liquidationslose Auflösung des übertragenden Rechtsträgers (vgl. BMF-Schreiben vom 11.11.2011 - IV C 2-S 1978-b/08/10001, BStBl I 2011, 1314, Rz 01.36; Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, UmwStG, 3. Aufl., § 1 Rz 73; Maetz in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, § 1 UmwStG Rz 44; Schmitt/Hörtnagl, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, 9. Aufl., § 123 UmwG Rz 5; Werneburg in Haritz/Menner/Bilitewski, Umwandlungssteuergesetz, 5. Aufl., § 1 Rz 28). Diese Voraussetzungen sind nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und den Senat bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) im Streitfall erfüllt.
aaa) Die eBay (übertragende Rechtsträgerin) übertrug im Streitjahr Vermögen auf die PayPal (übernehmende Rechtsträgerin). Ob es sich bei dem übertragenen Vermögen der eBay um einen Teilbetrieb i.S. des § 15 UmwStG handelt, ist für die Anwendung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG nach dessen Wortlaut ohne Bedeutung. Zudem wurde die eBay als übertragende Rechtsträgerin nicht aufgelöst.
bbb) Des Weiteren erhielten die Aktionäre der übertragenden eBay Anteile an der übernehmenden PayPal. Insofern ist auch nach nationalem Recht die Abspaltung von Vermögen einer Muttergesellschaft auf eine bereits bestehende Tochtergesellschaft möglich (sog. "Abwärtsabspaltung"), wobei die Pflicht zur Gewährung von Anteilen am übernehmenden Rechtsträger durch Zuteilung der bereits bestehenden, von der Muttergesellschaft gehaltenen Anteile an der Tochtergesellschaft erfüllt werden kann (vgl. Mayer in Widmann/Mayer, a.a.O., § 126 UmwG Rz 81; Priester in Lutter, Umwandlungsgesetz, 6. Aufl. 2019, § 126 Rz 24; Weiler in Widmann/Mayer, a.a.O., § 123 UmwG Rz 72). Dies ist vorliegend durch Zuteilung der von der eBay bereits an der PayPal gehaltenen Anteile an die Kläger geschehen. Die Zuteilung neu ausgegebener Anteile an der übernehmenden PayPal war demgegenüber nicht erforderlich.
ccc) Schließlich erfolgte die Zuteilung der PayPal-Aktien an die Aktionäre der eBay auch "gegen" Vermögensübertragung von der eBay auf die PayPal. Bei der Anteilszuteilung handelte es sich lediglich um den letzten Schritt hin zu der von Anfang an beabsichtigten ‑‑sowie durch im Vorfeld abgegebene Pressemeldungen der eBay öffentlich bekanntgemachten‑‑ Zielstruktur, nach der die eBay und die PayPal künftig als zwei selbständige Unternehmen weiterbestehen sollten, an denen die bisherigen Aktionäre beteiligt sind. Die hierfür erforderliche Zuteilung der PayPal-Aktien vollzog sich daher in einem einheitlichen "zeitlichen und sachlichen Zusammenhang" und insofern "gegen" Vermögensübertragung von der eBay auf die PayPal. Anders als das FA meint, ist dieser einheitliche Vorgang nicht in eine isoliert zu betrachtende Vermögensübertragung von der eBay auf die PayPal einerseits und eine davon unabhängige, ebenfalls isoliert zu betrachtende Zuteilung von PayPal-Aktien durch die eBay an ihre Aktionäre andererseits zu zerlegen. Aus diesem Grund sind auch die Voraussetzungen von § 20 Abs. 4a Satz 5 EStG im Streitfall nicht erfüllt.
bb) Zwar ist darüber hinaus ‑‑worauf das FA zurecht hinweist‑‑ nach nationalem Recht allen Spaltungsarten gemeinsam, dass sich der Vermögenübergang "kraft Gesetzes" durch "partielle Gesamtrechtsnachfolge" vollzieht (vgl. BTDrucks 16/2710, S. 35; BMF-Schreiben in BStBl I 2011, 1314, Rz 01.36; Graw in Rödder/Herlinghaus/van Lishaut, a.a.O., § 1 Rz 73; Maetz in Widmann/Mayer, a.a.O., § 1 UmwStG Rz 44; Schmitt/Hörtnagl, a.a.O., § 123 UmwG Rz 5). Im Streitfall erfolgten die Übertragungen nach den Feststellungen des FG hingegen im Wege einzelvertraglicher Vereinbarungen.
cc) Jedoch ist die partielle Gesamtrechtsnachfolge "uno actu" beim Abspaltungsvorgang i.S. des § 123 Abs. 2 UmwG kein bloß formeller Selbstzweck, sondern dient der Erleichterung der am Abspaltungsvorgang beteiligten Rechtsträger, weil sie gesonderte Übertragungsakte entbehrlich macht. Die Vermögensübertragung erfolgt dabei ‑‑auf Grundlage des Spaltungsvertrags bzw. Spaltungsplans‑‑ automatisch mit Eintragung der Spaltung im Register des Sitzes des übertragenden Rechtsträgers (Weiler in Widmann/Mayer, a.a.O., § 123 UmwG Rz 20). Auf dieses vornehmlich zu Gunsten der am Abspaltungsvorgang beteiligten Rechtsträger wirkende und überdies an nationale Voraussetzungen (Festlegung im Spaltungsvertrag bzw. Spaltungsplan, Registereintragung) anknüpfende Rechtsinstitut der partiellen Gesamtrechtsnachfolge kann daher ‑‑jedenfalls in Drittstaatenfällen‑‑ im Rahmen einer typusorientierten Auslegung der "Abspaltung" i.S. des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG verzichtet werden. Anderenfalls wäre die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG auf Anteilsinhaber derjenigen (ausländischen) Gesellschaften, deren Rechtssystem einen Vermögensübergang kraft Gesetzes im Wege der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge nicht kennt, von vornherein ‑‑und in mit der Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 AEUV unvereinbarer Weise‑‑ nicht anwendbar. Ob sich für Abspaltungen innerhalb der EU aus Art. 17 Abs. 1 Buchst. a und b der Sechsten Richtlinie 82/891/EWG des Rates vom 17.12.1982 gemäß Art. 54 Abs. 3 Buchst. g des Vertrages betreffend die Spaltung von Aktiengesellschaften (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften 1982, Nr. L 378, 47) ‑‑jetzt: Art. 151 Abs. 1 Buchst. a und b der Richtlinie (EU) 2017/1132 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.06.2017 über bestimmte Aspekte des Gesellschaftsrechts (Amtsblatt der Europäischen Union 2017, Nr. L 169, 46)‑‑ etwas anderes ergeben könnte (so etwa Möhlenbrock in D/P/M, a.a.O., § 1 UmwStG Rz 104), ist hier nicht entscheidungserheblich.
e) Schließlich ist ‑‑wie es § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 (am Ende) EStG weiter voraussetzt‑‑ auch das Recht Deutschlands hinsichtlich der Besteuerung des Gewinns aus der Veräußerung der erhaltenen Anteile an der PayPal nicht ausgeschlossen oder beschränkt. Art. 13 Abs. 5 DBA-USA 1989/2008 weist das ausschließliche Besteuerungsrecht des Gewinns aus der Veräußerung der zugeteilten Aktien dem Ansässigkeitsstaat des Aktieninhabers und damit vorliegend Deutschland zu (vgl. BFH-Urteil vom 30.05.2018 - I R 35/16, BFH/NV 2019, 46, Rz 24).
f) Rechtsfolge gemäß § 20 Abs. 4a Satz 7 i.V.m. Satz 1 EStG ist, dass der "Spin-Off" und die damit verbundene Zuteilung der PayPal-Aktien an die Kläger im Streitjahr nicht als isolierte Sachausschüttung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG zu behandeln ist und bei den Klägern insgesamt keine Besteuerung auslöst. Erst im Zeitpunkt einer späteren Veräußerung der PayPal-Aktien oder der eBay-Aktien gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 (ggf. i.V.m. Abs. 2 Satz 2) EStG sind etwaige Veräußerungsgewinne zu besteuern. Hierbei ist zu beachten, dass die PayPal-Aktien aufgrund der Abspaltung steuerlich ‑‑anteilig‑‑ an die Stelle der bereits gehaltenen eBay-Aktien treten (vgl. BTDrucks 17/10000, S. 54) und deren Anschaffungskosten ‑‑anteilig‑‑ übernehmen. Über den Aufteilungsmaßstab für die Anschaffungskosten der Kläger an den eBay-Aktien ist im Streitfall nicht zu entscheiden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.