ECLI:DE:BFH:2021:U.160321.XR23.19.0
BFH X. Senat
EStG § 10 Abs 1 Nr 4, EStG § 32a, EStG § 32d Abs 1 S 3, EStG § 32d Abs 1 S 4, EStG § 32d Abs 1 S 5, EStG § 51a Abs 2 S 1, EStG § 51a Abs 2d S 1, EStG VZ 2015
vorgehend FG Düsseldorf, 04. Juni 2019, Az: 2 K 1544/17 E
Leitsätze
Werden Zinseinnahmen zunächst nach dem regulären Einkommensteuertarif besteuert, löst eine spätere Anwendung des gesonderten Tarifs gemäß § 32d Abs. 1 EStG eine Herabsetzung der als Zuschlag zur tariflichen Einkommensteuer festgesetzten Kirchensteuer aus. Die hiermit verbundene Minderung des Sonderausgabenabzugs für gezahlte Kirchensteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG ist in dem Veranlagungszeitraum zu berücksichtigen, in dem die insoweit geänderte Einkommen- und Kirchensteuerfestsetzung wirksam wird.
Tenor
Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Düsseldorf vom 05.06.2019 - 2 K 1544/17 E aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des gesamten Verfahrens haben die Kläger zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Ehegatten, die für das Streitjahr 2015 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden. Der Kläger erzielte Einkünfte aus Gewerbebetrieb, aus nichtselbständiger Arbeit sowie Alterseinkünfte. Beide Kläger erzielten zudem Einkünfte aus Kapitalvermögen. Der Kläger ist römisch-katholischer, die Klägerin evangelischer Konfession.
Die Arbeitgeberin des Klägers behielt im Streitjahr vom Arbeitslohn Lohnkirchensteuer von 2.558,28 € ein. Ferner leisteten die Kläger Vorauszahlungen zur regulär-tariflichen Kirchensteuer von 3.585,94 €. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) minderte für das Streitjahr den Sonderausgabenabzug für gezahlte Kirchensteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) um insgesamt 3.715,07 € und ließ nur einen Abzug von 2.429 € zu. Dies beruhte auf Folgendem:
Die Klägerin hatte einer vom Kläger beherrschten GmbH ein Darlehen gewährt. Hierfür hatte sie Zinsen erhalten, die in den Veranlagungszeiträumen 2009 bis 2013 zunächst zum regulären Tarif der Einkommensteuer unterworfen worden waren. Das FA erließ im Streitjahr für die vorgenannten Zeiträume auf Betreiben der Kläger Änderungsbescheide, mit denen es für jene Zinsen den gesonderten Einkommensteuertarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG gewährte.
Dies hatte zur Folge, dass das FA die regulär-tarifliche Einkommensteuer für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2013 und ebenso die hierauf beruhende ‑‑als Zuschlag gemäß § 51a Abs. 2 Satz 1 EStG festgesetzte‑‑ Kirchensteuer herabsetzte. Die Kirchensteuer, die der zum gesonderten Tarif nach § 32d Abs. 1 EStG festgesetzten Einkommensteuer zugeschlagen wurde, berücksichtigte das FA nach näherer Maßgabe von § 32d Abs. 1 Sätze 3 bis 5 EStG sowie § 51a Abs. 2d Satz 1 EStG dergestalt, dass es den gesonderten Einkommensteuertarif um 25 % der auf die Kapitalerträge entfallenden Kirchensteuer ermäßigte. Im Abrechnungsteil der Bescheide wies das FA ‑‑jeweils getrennt für beide Kläger‑‑ als festgesetzte Kirchensteuer die Summe aus regulär-tariflicher und dem gesonderten Tarif zugeschlagener Kirchensteuer aus.
Das FA behandelte die Herabsetzungen der regulär-tariflichen Kirchensteuer als den Sonderausgabenabzug gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG mindernde Kirchensteuererstattungen. Für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2012 betrug die Herabsetzung insgesamt 2.273,04 €.
ursprüngliche regulär-tarifliche Kirchensteuer
(Summe Kläger)geänderte regulär-tarifliche Kirchensteuer
(Summe Kläger)Differenz
(zu Gunsten)2009
15.142,32 €
14.459,94 €
682,38 €
2010
12.484,98 €
11.986,74 €
498,24 €
2011
12.630,06 €
12.068,10 €
561,96 €
2012
6.782,58 €
6.252,12 €
530,46 €
Summe
2.273,04 €
Für den Veranlagungszeitraum 2013 ergingen sowohl der Erst- als auch die beiden nachfolgenden Änderungsbescheide im Streitjahr 2015. Im Erstbescheid berechnete das FA zum regulären Tarif berücksichtigte Kirchensteuer gegenüber den Klägern von insgesamt 6.002,28 €. Diesem Teil der Festsetzung standen für das Jahr 2013 ein Lohnkirchensteuerabzug von 2.451,24 € sowie Vorauszahlungen zur Kirchensteuer von 4.316 € gegenüber. Überzahlt war somit ein Betrag von 764,96 €. Aus den beiden nachfolgenden Änderungsbescheiden des Jahres 2015 ergaben sich folgende Zahlen:
ursprüngliche regulär-tarifliche Kirchensteuer
(Summe Kläger)geänderte regulär-tarifliche Kirchensteuer
(Summe Kläger)Differenz
(zu Gunsten)07.05.
6.002,28 €
5.554,71 €
447,57 €
18.06.
5.554,71 €
5.325,21 €
229,50 €
Summe
677,07 €
Soweit die Kirchensteuer auf die dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG unterworfenen Kapitalerträge entfiel, wandte das FA das Abzugsverbot des § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG an.
Das Finanzgericht (FG) gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage mit in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2019, 1757 veröffentlichtem Urteil statt. Es vertrat die Ansicht, § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 und 2 EStG erlaube weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck die vom FA vorgenommene Kürzung des Sonderausgabenabzugs. Abzugsfähig sei diejenige Kirchensteuer, die für das Streitjahr 2015 nach Maßgabe des Abflussprinzips tatsächlich entrichtet worden sei. Für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2013 seien im Streitjahr summiert 647,69 € Kirchensteuern erstattet worden; nur dieser Betrag mindere den Sonderausgabenabzug. Die weiteren, vom FA zu Lasten der Kläger für das Streitjahr erfassten Beträge seien nicht in jenem Jahr in dieser Höhe als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG ermittelte Einkommensteuer gezahlt worden. Dem Gesetz sei nicht zu entnehmen, dass unabhängig von der tatsächlichen Zahlung der Kirchensteuer der nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG zu kürzende Betrag als Differenzbetrag zwischen der Kirchensteuer auf die tarifliche Einkommensteuer des letzten Änderungsbescheids und der Kirchensteuer auf die regulär-tarifliche Einkommensteuer des vorherigen Bescheids zu berechnen sei.
Mit seiner Revision rügt das FA eine Verletzung von § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG. Die Rechtsauffassung des FG führe zu einer Doppelbegünstigung der Kläger. Die Kirchensteuer wirke sich unzulässigerweise zweimal steuerentlastend aus, einerseits durch den ursprünglich gewährten Sonderausgabenabzug infolge der regulär-tariflichen Besteuerung der Kapitalerträge, andererseits ‑‑nach Anwendung des gesonderten Tarifs‑‑ durch eine Minderung des Steuersatzes gemäß § 32d Abs. 1 Sätze 3 und 4 EStG. Dies widerspreche dem mit § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG verfolgten Zweck, wobei unerheblich sei, ob die Kapitalerträge bereits von vornherein mit dem gesonderten Tarif besteuert würden oder ‑‑wie im Streitfall‑‑ erst später. Der Zeitpunkt der Zahlung der Kirchensteuer nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG sei entgegen der Auffassung des FG nicht maßgeblich; entscheidend sei nur, dass die Kirchensteuer überhaupt "gezahlt wurde".
Das FA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Kläger beantragen,
die Revision zurückzuweisen.Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Eine unabhängig von der tatsächlichen Zahlung der Kirchensteuer vorgenommene Kürzung des Sonderausgabenabzugs sei weder vom Wortlaut noch vom Sinn und Zweck des § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG gedeckt. Zudem liege keine Doppelbegünstigung vor. Auf die Zinserträge seien zu keinem Zeitpunkt Kapitalertragsteuer und Kirchensteuer einbehalten und abgeführt worden. Die Kirchensteuer sei erst im Zuge der Einkommensteuerveranlagungen als Zuschlag zur Einkommensteuer erhoben worden. Insoweit sei im Rahmen der Veranlagungen für 2009 bis 2013 keine Kirchensteuer als Sonderausgabe nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG berücksichtigt worden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Klageabweisung.
Das FG hat rechtsfehlerhaft entschieden, dass den Klägern für das Streitjahr ein Sonderausgabenabzug für gezahlte Kirchensteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG in Höhe von 5.497 € zusteht; der Abzug beträgt lediglich 2.429 €.
1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG ist die im jeweiligen Veranlagungszeitraum gezahlte Kirchensteuer bei der Ermittlung des Einkommens als Sonderausgabe abzugsfähig. Dies gilt nach Halbsatz 2 der Vorschrift nicht, soweit die Kirchensteuer entweder als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer oder als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG ermittelte Einkommensteuer gezahlt wurde. Diese ‑‑durch das Jahressteuergesetz (JStG) 2010 vom 08.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) eingefügte‑‑ Fassung des § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG ist erstmals ab dem Veranlagungszeitraum 2011 und damit im Streitjahr 2015 anzuwenden (§ 52 Abs. 24a Satz 1 EStG i.d.F. JStG 2010).
a) Für den Abzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG gilt das Abflussprinzip gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG. Im Hinblick darauf, dass nur die "gezahlte" Kirchensteuer zu berücksichtigen ist und der Sonderausgabenabzug nach Maßgabe des Einleitungssatzes des § 10 Abs. 1 EStG das Vorliegen von Aufwendungen voraussetzt, sind im Veranlagungszeitraum zugeflossene Steuererstattungen abzugsmindernd zu erfassen (statt vieler Bleschick in Kirchhof/Seer, EStG, 20. Aufl., § 10 Rz 38). Hierbei gilt auch die Umbuchung überzahlter Kirchensteuer auf eine andere Steuerart als Erstattung (Urteil des Bundesfinanzhofs vom 18.05.2000 - IV R 28/98, BFH/NV 2000, 1455, unter 1.; Kulosa in Herrmann/Heuer/Raupach, § 10 EStG Rz 138).
b) Das Sonderausgabenabzugsverbot in den Fällen des § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG beruht ‑‑wie von der Vorinstanz zutreffend herausgearbeitet‑‑ auf der Erwägung, dass der Sonderausgabenabzug der Kirchensteuer im Anwendungsbereich des gesonderten Besteuerungstarifs für bestimmte Kapitalerträge (§ 32d Abs. 1 EStG) durch eine Ermäßigung des besonderen Einkommensteuersatzes ersetzt wird (vgl. § 32d Abs. 1 Sätze 3 bis 5 EStG). Ein zusätzlicher Sonderausgabenabzug hätte folglich eine nicht gewollte doppelte Wirkung (hierzu BTDrucks 16/4841, 54; 17/2823, 9 sowie 17/3549, 16). Dies gilt sowohl, wenn die Kirchensteuer nach § 51a Abs. 2b bis 2e EStG als Zuschlag zur Kapitalertragsteuer erhoben wird, als auch für die erstmals durch das JStG 2010 geregelte ‑‑den vorliegenden Streitfall betreffende‑‑ Variante, bei der die Kirchensteuer als Zuschlag auf die nach dem gesonderten Tarif ermittelte (veranlagte) Einkommensteuer festgesetzt und erhoben wird (zutreffend FG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2016 - 15 K 1640/16 E, EFG 2017, 212, rechtskräftig).
2. Diesen Rechtsgrundsätzen entsprechend erweist sich die Entscheidung des FG, von der im Wege des Lohnkirchensteuerabzugs und durch Vorauszahlungen im Streitjahr geleisteten Kirchensteuer von insgesamt 6.144,22 € lediglich den summierten ‑‑im Streitjahr 2015 zugeflossenen‑‑ Erstattungsbetrag für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2013 von 647,69 € abzuziehen, als nicht mit den Regelungen in § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsätze 1 und 2 EStG vereinbar.
a) Die Vorinstanz hat nicht berücksichtigt, dass es bei einem Wechsel des Besteuerungsregimes für Kapitalerträge vom regulären Einkommensteuertarif (§ 32a EStG) zum gesonderten Tarif des § 32d Abs. 1 EStG zwangsläufig zu einer Herabsetzung derjenigen Kirchensteuer kommt, die nach § 51a Abs. 1 EStG als Zuschlag zur regulär-tariflichen Einkommensteuer festgesetzt und erhoben wird. Grund hierfür ist, dass die Einkommensteuer, die gemäß § 51a Abs. 2 Satz 1 EStG Bemessungsgrundlage für die Kirchensteuer ist, nunmehr ohne Einbeziehung der nach dem gesonderten Tarif zu besteuernden Kapitalerträge zu ermitteln ist (§ 51a Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 2 Abs. 5b EStG). Demzufolge fällt der Teil der Kirchensteuer, für den das Sonderausgabenabzugsverbot des § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG nicht gilt, geringer aus als beim bisherigen ‑‑im Rahmen der regulär-tariflichen Besteuerung maßgeblichen‑‑ Sonderausgabenabzug. Dies führt im Jahr des Wechsels des Besteuerungstarifs zu einer zumindest fiktiven Erstattung regulär-tariflicher und damit als Sonderausgabe abzugsfähiger Kirchensteuer.
Für den Streitfall hat dies mit Blick auf die vom FG im Einzelnen festgestellten Erst- und Änderungsbescheide der Veranlagungszeiträume 2009 bis 2013 folgende Auswirkungen:
aa) Bedingt durch den tariflichen Besteuerungswechsel der von der Klägerin im Jahr 2009 bezogenen Zinsen hat das FA im Änderungsbescheid vom 09.06.2015 die regulär-tarifliche Kirchensteuer für beide Kläger von ursprünglich 15.142,32 € (Bescheid vom 24.03.2011) auf 14.459,94 € herabgesetzt. Dies minderte im Streitjahr den nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 1 EStG zu berücksichtigenden Sonderausgabenabzug um 682,38 €.
bb) Aus demselben Grund verringerte sich für den Veranlagungszeitraum 2010 die regulär-tarifliche Kirchensteuer um 498,24 € von 12.484,98 € (Bescheid vom 23.07.2012) auf 11.986,74 € (Bescheid vom 09.06.2015).
cc) Die im ursprünglichen Bescheid vom 15.04.2013 für den Veranlagungszeitraum 2011 ermittelte regulär-tarifliche Kirchensteuer von 12.630,06 € wurde tarifwechselbedingt mit Änderungsbescheid vom 09.06.2015 um 561,96 € geringer berücksichtigt (12.068,10 €).
dd) Für den Veranlagungszeitraum 2012 minderte das FA die regulär-tarifliche Kirchensteuer von zunächst 6.782,58 € (Bescheid vom 26.05.2014) auf 6.252,12 € und damit um 530,46 € (Bescheid vom 27.08.2015).
ee) Der am 17.04.2015 erlassene erstmalige Bescheid für den Veranlagungszeitraum 2013 weist eine regulär-tarifliche Kirchensteuer für beide Kläger von 6.002,28 € aus. Dieser Betrag ist um 764,96 € geringer als die Summe aus im Jahr 2013 einbehaltener Lohnkirchensteuer und Kirchensteuervorauszahlungen (insgesamt 6.767,24 €), insoweit liegt eine den Sonderausgabenabzug mindernde Überzahlung vor. Bedingt durch den tariflichen Besteuerungswechsel der von der Klägerin bezogenen Zinsen reduzierte das FA im ersten Änderungsbescheid vom 07.05.2015 die regulär-tarifliche Kirchensteuer für beide Kläger um 447,57 € auf 5.554,71 €. Der nachfolgende Änderungsbescheid vom 18.06.2015 minderte die regulär-tarifliche Kirchensteuer um weitere 229,50 € auf 5.325,21 €.
ff) Aus alledem ergibt sich, dass die regulär-tarifliche Kirchensteuer für beide Kläger durch die im Streitjahr 2015 erlassenen (Änderungs-)Bescheide der Veranlagungszeiträume 2009 bis 2013 ‑‑wie vom FA in der streitgegenständlichen Einkommensteuerfestsetzung zutreffend berechnet‑‑ um insgesamt 3.715,07 € geringer ausfiel als bei den ursprünglichen Festsetzungen bzw. beim Steuereinbehalt und den Vorauszahlungen (2013) und daher nur ein Sonderausgabenabzug von 2.429 € zuzulassen war. Hiergegen kann nicht eingewandt werden, das Ergebnis aus Kirchensteuererstattungen und -nachzahlungen für die Veranlagungszeiträume 2009 bis 2013 betrage lediglich 647,69 €. Dies trifft zwar rechnerisch zu, lässt aber unberücksichtigt, dass die Differenz von 1.781,46 € ‑‑wie aus den Abrechnungsteilen der Bescheide ersichtlich‑‑ für Verrechnungen u.a. mit der dem gesonderten Tarif unterliegenden Kirchensteuer genutzt wurde. Auch insoweit liegen aus den oben genannten Gründen Erstattungen vor.
b) Hieran knüpft der weitere Rechtsfehler des FG an. Entgegen dessen Beurteilung ergibt sich aus den im Jahr 2015 erlassenen ‑‑vom FG festgestellten‑‑ Bescheiden eindeutig, dass die nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG nicht als Sonderausgabe abzugsfähige Kirchensteuer nicht nur "rechnerisch ermittelt", sondern auch tatsächlich gezahlt wurde. Das FA hat infolge des von den Klägern beantragten Wechsels des Besteuerungstarifs für die Zinserträge der Klägerin ‑‑soweit rechtlich noch möglich‑‑ die nach § 32d Abs. 1 EStG gesondert zu besteuernden Kapitalerträge erhöht und die hierauf entfallende Einkommensteuer nach Maßgabe von § 32d Abs. 1 Sätze 1 bis 5 EStG sowie die als Zuschlag zu berücksichtigende Kirchensteuer (§ 51a Abs. 2d Satz 1 Halbsatz 1 EStG) für beide Kläger ermittelt. Die auf diese Weise ermittelten Steuerbeträge sind in die jeweiligen Gesamtfestsetzungsergebnisse der im Streitjahr erlassenen Bescheide eingegangen und wurden auch abgerechnet.
Insoweit ergibt sich folgendes Bild:
aa) Für den Veranlagungszeitraum 2009 berücksichtigte das FA im Änderungsbescheid vom 09.06.2015 bei der Klägerin erstmals Kirchensteuer als Zuschlag zum gesonderten Einkommensteuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG, und zwar in Höhe von 373,86 €. Dieser Betrag ging als Rechengröße in die gegenüber der Klägerin neu festgesetzte Kirchensteuer von 7.603,83 € ein. Nach Abzug von Lohnkirchensteuer (5.414,64 €) und bereits geleisteten Beträgen (2.156,52 €) verblieb ein offener Betrag von 32,67 €, der durch Verrechnung getilgt wurde. Die gesamte auf den Einkommensteuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG zugeschlagene Kirchensteuer für den Veranlagungszeitraum 2009 wurde somit im Streitjahr gezahlt.
bb) Für den Veranlagungszeitraum 2010 nahm das FA im Änderungsbescheid vom 09.06.2015 keine Besteuerung der Kapitalerträge zum gesonderten Tarif nach § 32d Abs. 1 EStG vor und schlug folglich auch keine Kirchensteuer hierauf zu. Die oben dargelegte Minderung der regulär-tariflichen Einkommen- und Kirchensteuer für den Veranlagungszeitraum 2010 beruhte auf einer antragsgemäßen Herabsetzung des zu versteuernden Einkommens i.S. von § 2 Abs. 5b EStG.
cc) Für den Veranlagungszeitraum 2011 erhöhte das FA im Änderungsbescheid vom 09.06.2015 bei der Klägerin die zum gesonderten Einkommensteuertarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG zuzuschlagende Kirchensteuer von 189,81 € (Bescheid vom 15.04.2013) auf 551,97 €. Die ihr gegenüber neu festgesetzte Kirchensteuer betrug 6.586,02 €. Nach Abzug von Lohnkirchensteuer (4.184,37 €) und bereits gezahlten Beträgen (2.320,47 €) verblieb ein Restbetrag von 81,18 €, der bis zum 13.07.2015 zu zahlen war. Ferner erhöhte das FA im nämlichen Bescheid gegenüber dem Kläger die bei diesem als Zuschlag zum Tarif nach § 32d Abs. 1 EStG zu erfassende Kirchensteuer von 169,65 € (Bescheid vom 15.04.2013) auf 494,82 €, sodass die neu festgesetzte Kirchensteuer 6.528,87 € betrug und nach Abzug von Lohnkirchensteuer (4.184,37 €) sowie bereits gezahlten Beträgen (2.300,31 €) eine ebenfalls zum 13.07.2015 fällig gewordene Forderung von 44,19 € verblieb.
dd) Für den Veranlagungszeitraum 2012 berücksichtigte das FA im Änderungsbescheid vom 27.08.2015 bei der Klägerin erstmals Kirchensteuer als Zuschlag zum gesonderten Einkommensteuertarif, und zwar in Höhe von 323,91 €. Dieser Betrag ging als Rechengröße in die ihr gegenüber neu festgesetzte Kirchensteuer von 3.449,97 € ein. Nach Abzug von Lohnkirchensteuer (1.203,39 €) und bereits geleisteten Beträgen (2.187,90 €) verblieb ein offener Betrag von 58,68 €, der durch Verrechnung getilgt wurde. Zudem setzte das FA im nämlichen Bescheid gegenüber dem Kläger die bei diesem als Zuschlag zum Tarif nach § 32d Abs. 1 EStG zu berücksichtigende Kirchensteuer von 7,47 € (Bescheid vom 26.05.2014) auf 27,36 € herauf, sodass die neu festgesetzte Kirchensteuer 3.153,42 € betrug. Nach Abzug von Lohnkirchensteuer (1.203,39 €) und bereits gezahlten Beträgen (2.195,37 €) wies der Bescheid einen Erstattungsbetrag von 245,34 € aus.
ee) Mit ursprünglichem Bescheid für den Veranlagungszeitraum 2013 vom 17.04.2015 setzte das FA gegen den Kläger Kirchensteuer von 4.368,87 € fest; hierin enthalten war als Zuschlag zum Tarif nach § 32d Abs. 1 EStG zu erfassende Kirchensteuer von 1.367,73 €. Der nach Abzug von Lohnkirchensteuer (1.225,62 €) und Vorauszahlungen (2.171 €) verbleibende Betrag von 972,25 € wurde ausweislich des Abrechnungsteils des nachfolgenden Bescheids vom 07.05.2015 von den Klägern gezahlt. Gegenüber der Klägerin berücksichtigte das FA erstmals im Änderungsbescheid vom 07.05.2015 Kirchensteuer als Zuschlag zum gesonderten Einkommensteuertarif nach § 32d Abs. 1 EStG, und zwar in Höhe von 277,02 €. Dieser Betrag ging als Rechengröße in die ihr gegenüber neu festgesetzte Kirchensteuer von 3.054,38 € ein. Nach Abzug von Lohnkirchensteuer (1.225,62 €) und bereits geleisteten Beträgen (1.775,52 €) verblieb ein Restbetrag von 53,24 €, der durch Verrechnung getilgt wurde. Gegenüber dem Kläger erfasste das FA im Änderungsbescheid vom 07.05.2015 die Zuschlag-Kirchensteuer mit 1.385,37 € als Rechengröße im Rahmen der neu festgesetzten Kirchensteuer von 4.162,72 €; die Überzahlung wurde erstattet. Im weiteren Änderungsbescheid vom 18.06.2015 blieb die Höhe der Zuschlag-Kirchensteuer gemäß § 32d Abs. 1 EStG unberührt.
ff) Für die Annahme des FG, die als Zuschlag zum Einkommensteuertarif gemäß § 32d Abs. 1 EStG zu erfassende Kirchensteuer sei lediglich rechnerisch ermittelt worden, besteht nach alledem kein Raum. Jene Kirchensteuer wurde im Streitjahr 2015 für die Veranlagungszeiträume 2009 sowie 2011 bis 2013 tatsächlich durch die Kläger gezahlt.
c) Das vom FG vertretene ‑‑nicht den Regelungsgehalt des § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG beachtende‑‑ Ergebnis hätte zudem entgegen der Zwecksetzung von Halbsatz 2 der Vorschrift eine Doppelbegünstigung zur Folge. Die im Streitjahr umgesetzte gesondert tarifierte Besteuerung der Kapitalerträge für die Veranlagungszeiträume 2009 und 2011 bis 2013 bewirkte wegen der zu berücksichtigenden Kirchensteuer einerseits eine Absenkung des Einkommensteuersatzes auf unter 25 % (§ 32d Abs. 1 Sätze 3 bis 5 i.V.m. § 51a Abs. 2d Satz 1 Halbsatz 1 EStG). Wenn diese ‑‑durch die Kirchensteuer ausgelöste‑‑ Einkommensteuersatzsenkung nach § 10 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 EStG zu Lasten des Sonderausgabenabzugs geht, muss andererseits ein zuvor gewährter Abzug im Veranlagungszeitraum des Besteuerungswechsels zwangsläufig korrigiert werden. So verhält es sich ‑‑anders als die Kläger meinen‑‑ auch im Streitfall. Die in den Jahren 2009 sowie 2011 bis 2013 zugeflossenen Kapitalerträge wurden zunächst regulär-tariflich besteuert; die hierauf zugeschlagene Kirchensteuer (§ 51a Abs. 1 und 2 EStG) war im jeweiligen Zahlungsjahr als Sonderausgabe abzugsfähig. Ließe man nun trotz des im Streitjahr vollzogenen (und abgerechneten) Tarifwechsels den bisherigen Sonderausgabenabzug in dem vom FG vertretenen Umfang bestehen, würde die diesbezügliche Kirchensteuerbelastung der Kläger einkommensteuerrechtlich überkompensiert.
3. Aufgrund der vorgenannten Rechtsfehler war das angefochtene Urteil aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Der Sonderausgabenabzug für gezahlte Kirchensteuer gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 4 EStG beträgt 2.429 €.
4. Der Senat hält den Streitfall für geeignet, ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 121 Satz 1, § 90a Abs. 1 FGO).
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.