ECLI:DE:BFH:2019:U.051119.XR40.18.0
BFH X. Senat
EStG § 4 Abs 4a S 1, EStG § 4 Abs 4a S 5, EStG § 52 Abs 11 S 2, EStG VZ 2005 , EStG VZ 2006 , EStG VZ 2007
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 08. August 2018, Az: 5 K 1375/16
Leitsätze
NV: Bei der Berechnung der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG ist positives Eigenkapital, das aus vor dem 01.01.1999 endenden Wirtschaftsjahren herrührt, unberücksichtigt zu lassen. Die durch das StÄndG 2001 eingeführte Anwendungsregelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG (derzeit § 52 Abs. 6 Satz 6 EStG) gebietet es, in dem ersten nach dem 31.12.1998 endenden Wirtschaftsjahr von einem Kapitalkonto mit dem Anfangsbestand von "Null" auszugehen (Anschluss an Senatsurteil vom 09.05.2012 - X R 30/06, BFHE 237, 484, BStBl II 2012, 667) .
Tenor
1. Die Verfahren X R 40/18 und X R 41/18 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
2. Auf die Revisionen des Beklagten werden die Urteile des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 09.08.2018 - 5 K 1375/16 sowie 5 K 1376/16 aufgehoben.
Die Sachen werden an das Finanzgericht Rheinland-Pfalz zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten der Verfahren übertragen.
Tatbestand
I.
Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden für die Streitjahre 2002 bis 2007 zur Einkommensteuer zusammen veranlagt. Die Klägerin vermietet Anlagevermögen an eine von ihr beherrschte Kapitalgesellschaft und erzielt hieraus gewerbliche Einkünfte (Betriebsaufspaltung). Ihren Gewinn ermittelt sie durch Betriebsvermögensvergleich.
Die (...) Kinder der Kläger sind als typisch stille Gesellschafter am Besitzunternehmen der Klägerin beteiligt. Deren Gewinnanteile und die Verzinsung für stehen gelassene Gewinnanteile (sog. Darlehen II) behandelte die Klägerin als betrieblichen Aufwand.
Nach Außenprüfungen für die Streitjahre erhöhte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) mit Bescheiden jeweils vom 13.09.2007 (2002 bis 2004) bzw. 30.04.2010 (2005 bis 2007) die zunächst erklärungsgemäß berücksichtigten Gewinne der Klägerin um gemäß § 4 Abs. 4a des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abzugsfähige Schuldzinsen in Höhe von 3.959 € (2002), 6.044 € (2003), 19.197 € (2004), 24.212 € (2005), 31.208 € (2006) sowie 38.777 € (2007).
Die Außenprüfungsberichte vom 13.07.2007 (2002 bis 2004) bzw. 09.02.2010 (2005 bis 2007), auf die das Finanzgericht (FG) ‑‑neben eigenen Berechnungen‑‑ jeweils Bezug nahm, weisen folgende Berechnungsgrundlagen aus, die hinsichtlich der Kapitalkontenentwicklung zwischen den Beteiligten nicht streitig sind:
2002
2003
2004
kumulierte Unter-/Überentnahmen 31.12. Vorjahr
176.551 €
./. 65.986 €
./. 100.740 €
./. Entnahmen
598.886 €
358.686 €
653.928 €
+ Einlagen
0 €
0 €
4.467 €
+ Gewinn
356.349 €
323.932 €
291.853 €
= Überentnahmen 31.12.
65.986 €
100.740 €
458.348 €
6 %
3.959 €
6.044 €
27.501 €
Zinsaufwand gesamt
38.226 €
32.804 €
21.247 €
davon begünstigte Zinsen für Investitionsdarlehen
17.674 €
5.700 €
0 €
verbleiben
20.552 €
27.104 €
21.247 €
./. Kürzungsbetrag
2.050 €
2.050 €
2.050 €
Vergleichsgröße
18.502 €
25.054 €
19.197 €
Hinzurechnungsbetrag
3.959 €
6.044 €
19.197 €
2005
2006
2007
kumulierte Unter-/Überentnahmen 31.12. Vorjahr
./. 458.348 €
./. 460.055 €
./. 636.682 €
./. Entnahmen
394.161 €
600.890 €
332.865 €
+ Einlagen
1.390 €
0 €
0 €
+ Gewinn
391.064 €
424.263 €
281.058 €
= Überentnahmen 31.12.
460.055 €
636.682 €
688.489 €
6 %
27.603 €
38.201 €
41.309 €
Zinsaufwand gesamt
26.262 €
33.258 €
40.827 €
davon begünstigte Zinsen für Investitionsdarlehen
0 €
0 €
0 €
verbleiben
26.262 €
33.258 €
40.827 €
./. Kürzungsbetrag
2.050 €
2.050 €
2.050 €
Vergleichsgröße
24.212 €
31.208 €
38.777 €
Hinzurechnungsbetrag
24.212 €
31.208 €
38.777 €
Den Umstand, dass der Gewerbebetrieb der Klägerin trotz jährlicher Überentnahmen ein durchgängig positives Eigenkapital aufwies, ließ das FA unberücksichtigt.
Das FG gab den nach erfolglosen Vorverfahren erhobenen Klagen statt (Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2018, 1624). Die Zinsen seien betrieblich veranlasst. Eine Begrenzung des Schuldzinsenabzugs nach § 4 Abs. 4a EStG komme nicht in Betracht. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe mit Urteil vom 21.09.2005 - X R 47/03 (BFHE 211, 227, BStBl II 2006, 504) entschieden, dass die Vorschrift nach ihrer gesetzlichen Konzeption nur für überschuldete Betriebe, nicht aber für solche mit positivem Eigenkapital gelte. Zum Eigenkapital gehöre nicht nur im laufenden Wirtschaftsjahr "gebildetes", sondern ebenso "angespartes" Eigenkapital.
Bereits vor den Entscheidungen der Vorinstanz hatte das FA unter dem Datum des 29.11.2016 geänderte Einkommensteuerbescheide für die Streitjahre erlassen und das FG hierüber mit Schreiben vom selben Tag in Kenntnis gesetzt. Jene Bescheide ließ das FG im Tatbestand seiner Urteile unerwähnt.
Im Revisionsverfahren bringt das FA vor, das FG habe rechtsfehlerhaft in seine Entscheidung nicht einbezogen, dass nach § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des Steueränderungsgesetzes (StÄndG) 2001 vom 20.12.2001 (BGBl I 2001, 3794) Über- und Unterentnahmen von vor dem 01.01.1999 endenden Wirtschaftsjahren bei der Ermittlung der Bemessungsgrundlage für eine Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG unberücksichtigt blieben. Eine Bindungswirkung des bilanziellen Eigenkapitals für § 4 Abs. 4a EStG bestehe nicht.
Das FA beantragt (sinngemäß),
die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Klagen abzuweisen.Die Kläger beantragen,
die Revisionen zurückzuweisen.Sie halten an ihrer Ansicht fest, dass § 4 Abs. 4a EStG an das bilanzielle Eigenkapital anknüpfe und daher eine Begrenzung des Schuldzinsenabzugs ausgeschlossen sei, wenn die Entnahmen aus positivem Eigenkapital geschöpft werden könnten. Auch für nach dem 31.12.1998 beginnende Wirtschaftsjahre sei das gesamte Eigenkapital zu berücksichtigen.
Sollte § 4 Abs. 4a EStG dagegen grundsätzlich Anwendung finden, sei zu berücksichtigen, dass sämtliche Zinsen für nach Satz 5 der Vorschrift begünstigte Investitionsdarlehen aufgewandt worden seien. Das Besitzunternehmen sei dahingehend konzipiert, Anlagevermögen an die Betriebsgesellschaft zu vermieten, so dass auch die Darlehen der stillen Gesellschafter für Investitionen in Anlagevermögen genutzt worden seien.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revisionen X R 40/18 und X R 41/18, die der Senat zur gemeinsamen Entscheidung nach § 121 Satz 1, § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verbunden hat, sind begründet. Die angefochtenen FG-Urteile sind aufzuheben und die Sachen zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO).
1. Die FG-Urteile sind bereits aus formellen Gründen aufzuheben, da sie zu Steuerbescheiden ergangen sind, die im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidungen materiell nicht mehr wirksam waren.
a) Gegenstand der Klageverfahren waren zunächst die nach den Außenprüfungen geänderten Einkommensteuerbescheide vom 13.09.2007 (Streitjahre 2002 bis 2004) bzw. 30.04.2010 (Streitjahre 2005 bis 2007), jeweils i.d.F. der Einspruchsentscheidung vom 01.03.2016. Tatsächlich waren jene Bescheide ‑‑wie dem FG gemäß § 68 Satz 3 FGO auch mitgeteilt‑‑ nach einer Steuerfahndungsprüfung mit weiteren Bescheiden jeweils vom 29.11.2016 geändert worden. Dementsprechend sind die Urteile der Vorinstanz, die ausweislich der Klageanträge ausschließlich über die Bescheide vom 13.09.2007 bzw. 30.04.2010 und die hierauf ergangenen Einspruchsentscheidungen befunden hat, zu nicht mehr existenten Bescheiden ergangen. Hierin liegt ein Verstoß gegen die Grundordnung des Verfahrens (BFH-Urteil vom 23.10.2013 - I R 21/11, juris, Rz 11, m.w.N.), so dass die Urteile keinen Bestand haben können und aufgehoben werden müssen (BFH-Urteil vom 16.05.2013 - IV R 15/10, BFHE 241, 323, BStBl II 2013, 858, Rz 21).
b) Trotz dessen ist durch die Rechtsprechung geklärt, dass es jedenfalls dann keiner Zurückverweisung der Sache an die Vorinstanz bedarf, wenn der nicht beachtete Verwaltungsakt den bisherigen Streitstand nicht berührt, hierdurch kein neuer Streitpunkt in das Verfahren eingeführt wurde (u.a. BFH-Entscheidungen vom 19.07.2011 - XI R 21/10, BFHE 235, 14, BStBl II 2012, 434, Rz 22, sowie vom 02.12.2013 - III B 157/12, BFH/NV 2014, 545, Rz 7, jeweils m.w.N.) und die Sache spruchreif ist (BFH-Urteile vom 13.12.2006 - VIII R 31/05, BFHE 216, 214, BStBl II 2007, 393, unter II.1., sowie in BFHE 241, 323, BStBl II 2013, 858, Rz 22; vgl. zudem Gräber/Herbert, Finanzgerichtsordnung, 9. Aufl., § 68 Rz 94). In diesem Fall widerspräche es Sinn und Zweck des § 68 Satz 1 FGO, der darin besteht, das Verfahren fortsetzen zu können, die Sache zurückzuverweisen, nur um der Vorinstanz Gelegenheit zu geben, die abermalig geänderten Bescheide datumsmäßig zu erfassen; vielmehr reicht aus prozessökonomischen Gründen eine Richtigstellung durch das Revisionsgericht aus. Dies gilt selbst dann, wenn das FG über den Erlass geänderter Bescheide gemäß § 68 Satz 3 FGO in Kenntnis gesetzt wurde, sofern keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass es jene Bescheide bewusst nicht in seine Entscheidung einbezogen hat (BFH-Urteil vom 19.05.2010 - I R 62/09, BFHE 230, 18, Rz 16 f.).
c) Demzufolge zwingt allein der Umstand, dass das FG die Änderungsbescheide übersehen hat, noch nicht zu einer Zurückverweisung. Die erneut geänderten Einkommensteuerbescheide berühren nicht die vorliegende Streitfrage, da hierdurch nur die Einkünfte aus Gewerbebetrieb und Kapitalvermögen des Klägers erhöht wurden. Zudem ist nicht davon auszugehen, dass mit den Änderungsbescheiden zusätzliche Streitpunkte in die Verfahren eingeführt wurden. Denn der ‑‑nach § 68 Satz 2 FGO unzulässige‑‑ Einspruch der Kläger vom 05.12.2016 erstreckt sich nach Maßgabe seiner Begründung nur auf die vorliegend relevante Streitfrage der Begrenzung des Schuldzinsenabzugs bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Klägerin, nicht aber auf die im Wege einer Selbstanzeige veranlasste Erhöhung der Einkünfte des Klägers.
2. Die Sachen sind jedoch aus materiell-rechtlichen Gründen an die Vorinstanz zurückzuverweisen, da die bisherigen Feststellungen des FG nicht für eine rechtlich abschließende Entscheidung des Senats genügen, ob bzw. in welcher Höhe für die Streitjahre nicht abzugsfähige Schuldzinsen bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb der Klägerin hinzuzurechnen sind.
a) Schuldzinsen sind nach Maßgabe von § 4 Abs. 4a EStG nicht abzugsfähig, wenn Überentnahmen getätigt worden sind. Seit Einführung der Vorschrift ist der Schuldzinsenabzug zweistufig zu prüfen (statt vieler Senatsurteil vom 21.09.2005 - X R 46/04, BFHE 211, 238, BStBl II 2006, 125, unter II.3.). Auf der ersten Stufe ist zu klären, ob die den Schuldzinsen zugrunde liegenden Verbindlichkeiten solche sind, die dem Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen zuzuordnen sind. Sodann ist in einem zweiten Schritt zu prüfen, ob und in welchem Umfang die betrieblich veranlassten Schuldzinsen nach Maßgabe von § 4 Abs. 4a EStG nicht abzugsfähig sind (Senatsurteil vom 14.03.2018 - X R 17/16, BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744, Rz 17, m.w.N.).
Das FG hat ‑‑ohne dies zu begründen‑‑ ausgeführt, die in den Streitjahren als Aufwand erfassten Schuldzinsen seien betrieblich veranlasst gewesen. Feststellungen insbesondere zu Grund und Höhe des Zinsaufwands für nicht ausgezahlte Gewinnanteile der stillen Gesellschafter ("Darlehen II") fehlen indes. Im Hinblick darauf, dass eine betriebliche Veranlassung der Zinsen zwischen den Beteiligten bislang außer Streit stand, sieht auch der Senat von grundsätzlichen Ausführungen hierzu ab. Allerdings sollte das FG im zweiten Rechtsgang, in dem es insoweit an seine bisherige rechtliche Beurteilung nicht gebunden ist, zumindest erwägen, dass die von den Kindern der Klägerin gewährten Darlehen hinsichtlich der Vereinbarungen und deren Durchführung den besonderen Anforderungen an die steuerliche Anerkennung von Angehörigenverträgen genügen müssen (vgl. hierzu u.a. Senatsurteile vom 10.10.2018 - X R 44-45/17, BFHE 263, 11, BStBl II 2019, 203, Rz 18 ff., sowie vom 22.05.2019 - X R 19/17, Deutsches Steuerrecht 2019, 2118, Rz 26 f.). Hierbei dürfte auch der Umstand der für die Streitjahre ‑‑gemessen am Marktzinsniveau‑‑ recht hohen Verzinsung von 8 % zu berücksichtigen sein (vgl. hierzu ausführlich Senatsurteil vom 22.10.2013 - X R 26/11, BFHE 242, 516, BStBl II 2014, 374, Rz 77).
b) Für den Fall, dass betrieblich veranlasster Zinsaufwand vorläge, entspräche die hieran anknüpfende Entscheidung der Vorinstanz, eine Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 4a EStG aufgrund des durchgängig positiven bilanziellen Eigenkapitals der Klägerin als ausgeschlossen anzusehen, nicht der für die Streitjahre geltenden Rechtslage. Für die Klägerin wären trotz positiven Eigenkapitals Überentnahmen anzusetzen, die grundsätzlich eine Begrenzung des Schuldzinsenabzugs auslösten.
aa) Überentnahme i.S. von § 4 Abs. 4a Satz 1 EStG ist nach Satz 2 der Vorschrift der Betrag, um den die Entnahmen die Summe des Gewinns und der Einlagen des Wirtschaftsjahres übersteigen. Die nicht abzugsfähigen Schuldzinsen werden typisiert mit 6 % der Überentnahme des Wirtschaftsjahres zuzüglich der Überentnahmen vorangegangener Wirtschaftsjahre und abzüglich der Beträge, um die in den vorangegangenen Wirtschaftsjahren der Gewinn und die Einlagen die Entnahmen überstiegen haben (Unterentnahmen), ermittelt (§ 4 Abs. 4a Satz 3 Halbsatz 1 EStG). Hieraus folgt, dass die Bemessungsgrundlage der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen der Summe der jeweiligen Über- und Unterentnahmen aller in die Berechnung einzubeziehenden Wirtschaftsjahre ‑‑d.h. einer Totalperiode‑‑ entspricht (vgl. hierzu auch Senatsurteil in BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744, Rz 19).
Durch das StÄndG 2001 hat der Gesetzgeber diese Totalperiode für die Vergangenheit zeitlich insoweit begrenzt, als Über- und Unterentnahmen aus vor dem 01.01.1999 endenden Wirtschaftsjahren unberücksichtigt bleiben (§ 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001, jetzt § 52 Abs. 6 Satz 6 EStG). Somit ist bei der Berechnung der nicht abzugsfähigen Schuldzinsen zum 01.01.1999, dem Beginn der Totalperiode, von einem "Startkapital" von 0 DM/€ auszugehen (grundlegend Senatsurteil vom 09.05.2012 - X R 30/06, BFHE 237, 484, BStBl II 2012, 667, Rz 32, 64). Diese Regelung, die dazu führt, dass zum Startzeitpunkt bestehendes positives sowie negatives Eigenkapital unberücksichtigt bleibt, verstößt ‑‑wie inzwischen hinlänglich geklärt‑‑ weder gegen das Rückwirkungsverbot noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz sowie den Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit (Senatsurteil in BFHE 237, 484, BStBl II 2012, 667, Rz 38 ff. [die hiergegen erhobene Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen, Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 07.04.2015 - 2 BvR 1868/12]; vgl. zuletzt auch BFH-Urteil vom 06.12.2018 - IV R 15/17, BFH/NV 2019, 526, Rz 25).
bb) Das FG ist ‑‑wie auch die Kläger‑‑ von anderen, allerdings zeitlich überholten Rechtsgrundsätzen ausgegangen. Dessen Entscheidungen, das zum 01.01.1999 bestehende positive Eigenkapital des Unternehmens der Klägerin für Zwecke des § 4 Abs. 4a EStG zu berücksichtigen, kann insbesondere nicht auf das Senatsurteil in BFHE 211, 227, BStBl II 2006, 504 gestützt werden. Denn jenes Urteil betrifft den Veranlagungszeitraum 1999 und somit ein Jahr, für das die Regelung des § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 zur Bestimmung des "Startkapitals" noch nicht existierte. Dort hat der Senat ausdrücklich festgestellt, dass lediglich in den Veranlagungszeiträumen 1999 und 2000 ein Unterentnahmevortrag (d.h. positives Eigenkapital) aus vor dem 01.01.1999 endenden Wirtschaftsjahren zu berücksichtigen sei (BFHE 211, 227, BStBl II 2006, 504, unter II.4.c).
Dagegen besteht ‑‑beginnend ab dem Veranlagungszeitraum 2001 und somit für sämtliche Streitjahre‑‑ für die vom FG vertretene sowie von den Klägern geforderte Gesetzesauslegung, "angespartes" Eigenkapital aus Wirtschaftsjahren vor 1999 als vorzutragende Unterentnahmen zu berücksichtigen, kein Raum. Zwar trifft es zu, dass nach der Gesetzeskonzeption des § 4 Abs. 4a EStG eine Beschränkung des betrieblich veranlassten Schuldzinsenabzugs erst dann in Betracht kommt, wenn der Steuerpflichtige mehr für private Zwecke entnimmt als an Eigenkapital vorhanden ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 211, 227, BStBl II 2006, 504, unter II.4.a aa, m.w.N.). Hieraus folgt aber nicht, dass der Zweck der Regelung unbedingt verlangt, auch das zum Zeitpunkt der Einführung vorhandene Eigenkapital zu berücksichtigen. Insoweit hat der Senat bereits entschieden, dass § 52 Abs. 11 Satz 2 EStG i.d.F. des StÄndG 2001 den zeitlichen Rahmen festlegt, für den das sog. Eigenkapitalmodell gilt, nämlich für nach dem 31.12.1998 endende Wirtschaftsjahre (Senatsurteil in BFHE 237, 484, BStBl II 2012, 667, Rz 37). Hiervon Abweichendes wurde ‑‑anders als die Kläger meinen‑‑ weder in der BFH-Entscheidung vom 17.08.2010 - VIII R 42/07 (BFHE 230, 424, BStBl II 2010, 1041) noch in der Senatsentscheidung in BFHE 261, 273, BStBl II 2018, 744 vertreten.
cc) Die ab dem 01.01.1999 für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nach § 4 Abs. 4a EStG anzusetzenden ‑‑oben dargestellten‑‑ bilanziellen Werte sind zwischen den Beteiligten unstreitig. Für den zweiten Rechtsgang weist der Senat darauf hin, dass die vom FG im Tatbestand seiner Entscheidungen dargestellten Kapitalkontenentwicklungen nicht in Einklang mit den durch die Außenprüfungen ermittelten ‑‑nach Ansicht des Senats zutreffenden und unstreitigen‑‑ Zahlen zu bringen sind.
c) Dem Senat war eine eigene Entscheidung in der Sache verwehrt, da das FG ‑‑vor dem Hintergrund seiner Rechtsansicht folgerichtig‑‑ nicht über die von den Beteiligten im ersten Rechtsgang ebenfalls streitig erörterte Frage befunden hat, inwiefern die als betrieblich veranlasst angenommenen Schuldzinsen auf nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG begünstigte Zinsen für Investitionskredite entfielen.
aa) § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG bestimmt, dass der Abzug von Schuldzinsen für Darlehen zur Finanzierung von Anschaffungs- oder Herstellungskosten von Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens unberührt bleibt. Mit dieser Privilegierung bezweckt der Gesetzgeber, derartige Investitionen nicht durch die Abzugsbeschränkung des § 4 Abs. 4a EStG zu behindern (BFH-Urteil vom 07.07.2016 - III R 26/15, BFHE 254, 347, BStBl II 2016, 837, Rz 19, m.w.N., sowie Senatsurteil vom 23.03.2011 - X R 28/09, BFHE 233, 404, BStBl II 2011, 753, Rz 21), wobei die Außerachtlassung von Zinsen für die Finanzierung von Wirtschaftsgütern des Umlaufvermögens rechtlich unbedenklich ist (BFH-Urteil vom 30.08.2012 - IV R 48/09, BFH/NV 2013, 187, Rz 22 ff.).
Ob begünstigte Schuldzinsen i.S. von § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG vorliegen, bestimmt sich nicht nach dem vereinbarten Darlehenszweck oder der Mittelverwendungsabsicht des Darlehensnehmers, sondern allein nach der tatsächlichen Verwendung der Darlehensmittel für eine entsprechend privilegierte Investition (BFH-Urteil in BFHE 254, 347, BStBl II 2016, 837, Rz 21). Die objektive Beweislast (Feststellungslast) für eine solche Verwendung trifft den Steuerpflichtigen (BFH-Urteil vom 23.02.2012 - IV R 19/08, BFHE 237, 48, BStBl II 2013, 151, Rz 14, m.w.N.).
bb) Der Senat kann nicht erkennen, inwiefern die in den Streitjahren angefallenen Schuldzinsen konkret im sachlichen Zusammenhang mit Investitionen in Anlagevermögen des Besitzunternehmens der Klägerin standen. Die hierfür erforderlichen Feststellungen obliegen dem FG als Tatsacheninstanz; die Feststellungslast trifft die Kläger (BFH-Urteil in BFHE 237, 48, BStBl II 2013, 151, Rz 14).
Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die im ersten Rechtsgang von den Klägern eingereichte chronologische Investitionsliste den von ihnen behaupteten Finanzierungszusammenhang nicht hinreichend belegen dürfte. Jener Liste ist nicht zu entnehmen, ob die Darlehen ‑‑und hierbei insbesondere die aus stehen gelassenen Gewinnanteils- und Verzinsungsansprüchen resultierenden Kapitalüberlassungen der stillen Gesellschafter‑‑ tatsächlich für den Erwerb der dort bezeichneten Wirtschaftsgüter eingesetzt wurden. Zum einen könnten die Investitionen ebenso aus freien Finanzmitteln erbracht worden sein. Zum anderen wird zu berücksichtigen sein, dass sich ausweislich der Anlage 5 des Außenprüfungsberichts vom 13.07.2007 jedenfalls für die Streitjahre 2002 und 2003 Zinsen für Investitionskredite in Höhe von 17.674 € (2002) sowie 5.700 € (2003) in Abzug gebracht wurden, die womöglich in Zusammenhang mit dem Erwerb bestimmter Sachanlagegüter stehen.
Der Einwand der Kläger, infolge der besonderen Betriebsstruktur des Unternehmens der Klägerin müssten sämtliche fremdfinanzierte Investitionen zwangsläufig als solche ins Anlagevermögen anzusehen sein, dürfte nicht verfangen. Insbesondere ist nicht ausgeschlossen, dass der vorliegend maßgebliche Zinsaufwand ganz oder zumindest durch das Entnahmeverhalten der Klägerin veranlasst wurde. Wenn die Kläger vorbringen, die Klägerin habe ihre Entnahmen durch "positive Bankguthaben" finanziert, verkennen sie, dass diese Guthaben zumindest auch durch die darlehensweise zur Verfügung gestellten Gewinnanteils- und Verzinsungsansprüche ("Darlehen II") der stillen Gesellschafter gespeist worden sein dürften.
d) Sollten die Feststellungen im zweiten Rechtsgang dazu führen, dass weitergehend als bisher begünstigte Zinsen nach § 4 Abs. 4a Satz 5 EStG zu berücksichtigen wären, könnte das FG zudem erwägen, ob kompensierend hierzu jeweils ein höherer Schuldzinsenaufwand für Zwecke der Höchstbetragsberechnung gemäß Satz 4 der Vorschrift in Ansatz zu bringen wäre. Nicht als Schuldzinsen i.S. des Gesetzes erfasst wurden die zu Lasten des Gewinns der Klägerin gebuchten Gewinnanteile der stillen Gesellschafter von jährlich (...). Ob die Gewinnanteile eines typisch still beteiligten Gesellschafters überhaupt in die Berechnung der nach § 4 Abs. 4a EStG nicht abziehbaren Schuldzinsen ‑‑über den eindeutigen Gesetzeswortlaut hinaus‑‑ einzubeziehen sind, wurde durch die höchstrichterliche Rechtsprechung allerdings noch nicht entschieden (bejahend allerdings FG Köln, Urteil vom 21.08.2013 - 14 K 3754/11, EFG 2014, 173, rkr.).
e) Schließlich sollte das FG prüfen, ob die Einkommensteuerfestsetzung für das Streitjahr 2006 nach der Außenprüfung hinsichtlich der Hinzurechnung nach § 4 Abs. 4a EStG verfahrensrechtlich überhaupt noch geändert werden konnte. Der Bescheid vom 30.04.2010 weist als Änderungsnorm § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung aus. Dies könnte ‑‑was für den Senat nach Aktenlage allerdings nicht überprüfbar ist‑‑ dafür sprechen, dass die Kläger jedenfalls für das Streitjahr 2006 zuvor bestandskräftig veranlagt worden waren. In diesem Fall wäre zu beurteilen, welche insoweit rechtserheblichen Tatsachen oder Beweismittel dem FA nachträglich bekannt geworden sein sollten.
3. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.