ECLI:DE:BFH:2020:U.190220.IR19.17.0
BFH I. Senat
AStG § 1 Abs 1, AStG § 1 Abs 5, KStG § 8b Abs 3 S 4, KStG § 8b Abs 6 S 1, OECDMustAbk Art 9 Abs 1, DBA TUR 2011 Art 9 Abs 1, AEUV Art 63, AEUV Art 64 Abs 1, FGO § 68 S 1, AO § 172 Abs 1 S 1 Nr 2 Buchst a, AO § 174 Abs 4, AO § 179 Abs 3, AO § 181 Abs 1 S 1, KStG VZ 2011 , EStG § 15a Abs 4, EStG VZ 2011 , OECD-MA Art 9 Abs 1
vorgehend FG Hamburg, 08. Februar 2017, Az: 5 K 9/15
Leitsätze
1. Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk (hier: Art. 9 Abs. 1 DBA-Türkei 2011) beschränkt den Korrekturbereich des § 1 Abs. 1 AStG nicht auf sog. Preisberichtigungen, sondern ermöglicht auch die Neutralisierung der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehens- und Zinsforderung oder einer Teilwertabschreibung hierauf (Bestätigung des Senatsurteils vom 27.02.2019 - I R 73/16, BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394).
2. Einer Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG steht bei Geschäftsbeziehungen mit Tochtergesellschaften aus Drittstaaten das Unionsrecht nicht entgegen (Bestätigung des Senatsurteils vom 27.02.2019 - I R 51/17, BFHE 264, 292, und der Folgeurteile vom 19.06.2019 - I R 5/17, BFH/NV 2020, 183, und vom 14.08.2019 - I R 14/18, juris).
3. § 68 Satz 1 FGO ist anwendbar, wenn das Finanzamt in dem Gewinnfeststellungsbescheid einer Mitunternehmerschaft, den es während des gegen den ursprünglichen Gewinnfeststellungsbescheid gerichteten Klageverfahrens erlässt, für die streitige Korrektur einer gewinnmindernden Teilwertabschreibung nicht mehr auf § 1 Abs. 1 AStG, sondern auf § 8b Abs. 3 Satz 4 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 KStG abstellt, und gleichzeitig den Nettoausweis der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in einen Bruttoausweis mit gesonderter Feststellung der unter § 8b KStG fallenden Einkünfte ändert.
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 09.02.2017 - 5 K 9/15, soweit es den Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 10.10.2016 betrifft, sowie der Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 10.10.2016 aufgehoben.
Der Bescheid für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG vom 22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ... € betragen.
Dem Beklagten wird aufgegeben, die in dem Bescheid festzustellenden Beträge entsprechend anzupassen.
Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Revision als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Die Kosten des Klageverfahrens haben die Klägerin zu 93 % und der Beklagte zu 7 % zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Korrektur einer gewinnmindernden Teilwertabschreibung auf eine unbesicherte Darlehens- und Zinsforderung.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine inländische KG, an der im Streitjahr (2011) die B-GmbH als nicht vermögensmäßig beteiligte Komplementärin und die C-GmbH als alleinige Kommanditistin beteiligt waren. Am 09.03.2010 gründete die Klägerin als Alleingesellschafterin die T Ltd. mit Sitz in der Republik Türkei (Türkei). Mit Vertrag vom 21.05.2010 gewährte die Klägerin der T Ltd. ein Darlehen in Höhe von ... € mit einer Verzinsung von 6 % p.a. Die Zinszahlung berechnete sich nach dem jeweiligen Monatsendsaldo und war zum 31.12. eines Kalenderjahres fällig. Der Vertrag hatte eine Laufzeit von 24 Monaten und verlängerte sich um jeweils 12 Monate, wenn keine Kündigung erfolgte. Eine Sicherheit wurde nicht vereinbart.
Zum 31.12.2011 belief sich die Darlehensforderung auf ... €, die Zinsforderung auf ... €. Nachdem mit Gesellschafterbeschluss vom ...2011 die Liquidation der T Ltd. beschlossen worden war, nahm die Klägerin zum 31.12.2011 eine Teilwertabschreibung auf die gesamte Darlehens- und Zinsforderung in Höhe von ... € vor. Am 01.01.2012 ging bei der Klägerin noch eine Zahlung der T Ltd. in Höhe von ... € ein.
In dem Bescheid für 2011 vom 22.11.2013 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (EStG) ‑‑Gewinnfeststellungsbescheid‑‑ neutralisierte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) die gewinnmindernde Teilwertabschreibung mit Rücksicht auf die fehlende Besicherung außerbilanziell gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Besteuerung bei Auslandsbeziehungen in der für das Streitjahr geltenden Fassung (Außensteuergesetz ‑‑AStG‑‑) und wies Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von (netto) ... € aus. In dem Bescheid für 2011 vom 22.11.2013 über den Gewerbesteuermessbetrag ermittelte das FA hieraus einen Gewerbesteuermessbetrag in Höhe von ... €.
Während des Klageverfahrens erließ das FA am 10.10.2016 einen Gewinnfeststellungsbescheid 2011, in dem Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von (brutto) ... € sowie darin "enthaltene laufende Einkünfte, die unter §§ 3 Nr. 40, 3c Abs. 2 EStG, § 8b KStG bzw. § 4 Abs. 7 UmwStG fallen (100 %)", in Höhe von ... € ausgewiesen waren. Daraus ergab sich ein unveränderter Nettobetrag in Höhe von ... €.
Die Klage blieb überwiegend ohne Erfolg. In dem Urteil vom 09.02.2017 - 5 K 9/15 ging das Finanzgericht (FG) Hamburg von einer Minderung der Teilwertabschreibung um die nachträglich eingegangene Zahlung sowie von einer Minderung des Korrekturbetrags nach § 8b Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 8b Abs. 6 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes in der für das Streitjahr geltenden Fassung (KStG) um die Zinsforderung aus. Hieraus ermittelte es einen Nettobetrag in Höhe von ... € (Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 763).
Die Klägerin rügt die Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Bescheide für 2011 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen und des verrechenbaren Verlustes nach § 15a Abs. 4 EStG sowie den Bescheid für 2011 über den Gewerbesteuermessbetrag vom 22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014 dergestalt zu ändern, dass die Teilwertabschreibungen nicht korrigiert werden.
Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Das Bundesministerium der Finanzen ist dem Verfahren beigetreten (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Es unterstützt das Vorbringen des FA, ohne einen eigenen Antrag zu stellen.
Entscheidungsgründe
II.
Soweit die Revision den Gewinnfeststellungsbescheid 2011 betrifft, ist sie begründet. Insoweit sind die Vorentscheidung sowie der Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 10.10.2016 aufzuheben. Der wieder auflebende Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014 ist aufgrund des Verböserungsverbots dahin zu ändern, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ... € betragen. Im Übrigen ist die Klage abzuweisen, da die zugrunde liegende Korrektur der gewinnmindernden Teilwertabschreibung jedenfalls nach § 1 Abs. 1 AStG rechtmäßig war (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Soweit die Revision den Bescheid über den Gewerbesteuermessbetrag 2011 betrifft, ist sie als unbegründet zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).
1. Hinsichtlich des Gewinnfeststellungsbescheids 2011 ist das FG rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass der Bescheid vom 10.10.2016 gemäß § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Verfahrens geworden ist (unten a). Allerdings stand dem FA keine formale Rechtsgrundlage zum Erlass dieses Bescheids zur Verfügung (unten b), weshalb der Bescheid aufzuheben ist. Dies hat zur Folge, dass im Rahmen des Revisionsverfahrens unter Beachtung des Verböserungsverbots über den wieder auflebenden Ursprungsbescheid vom 22.11.2013 zu entscheiden ist (unten c).
a) Für den Fall, dass ein angefochtener Verwaltungsakt ‑‑im Streitfall der Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013‑‑ nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung geändert oder ersetzt wird, sieht § 68 Satz 1 FGO vor, dass der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens wird. Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich des Gewinnfeststellungsbescheids 2011 vom 10.10.2016 erfüllt.
aa) Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 16.03.2017 - IV R 31/14, BFHE 257, 292, BStBl II 2019, 24; vom 30.11.2017 - IV R 33/14, BFH/NV 2018, 428) kann ein Gewinnfeststellungsbescheid eine Vielzahl selbständiger und damit auch selbständig anfechtbarer Feststellungen enthalten, die eigenständig in Bestandskraft erwachsen und deshalb für die in dem nämlichen Bescheid getroffenen und rechtlich nachgelagerten Feststellungen Bindungswirkung entfalten können. Die prozessuale Selbständigkeit der einzelnen Feststellungen hat im Rahmen des § 68 FGO zur Folge, dass ein neuer Bescheid grundsätzlich nur hinsichtlich der bereits zulässig mit der Klage angefochtenen Besteuerungsgrundlagen (partiell) Gegenstand des anhängigen Verfahrens wird (BFH-Urteil vom 09.02.2011 - IV R 15/08, BFHE 233, 290, BStBl II 2011, 764; BFH-Beschluss vom 16.07.2015 - IV B 72/14, BFH/NV 2015, 1351, jeweils m.w.N.).
bb) Im Streitfall war in dem ursprünglich angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 (nur) ein Nettobetrag ausgewiesen, und zwar "Einkünfte aus Gewerbebetrieb" in Höhe von ... €. Indem die Klägerin sich gegen die darin enthaltene Korrektur der gewinnmindernden Teilwertabschreibung gemäß § 1 Abs. 1 AStG wendete, richtete sich die Klage gegen die Höhe des Nettobetrags. Demgemäß waren sämtliche Beträge streitbefangen, aus denen sich der Nettobetrag zusammensetzte.
Daraus folgt weiter, dass der Bescheid vom 22.11.2013 während des Klageverfahrens durch den Bescheid vom 10.10.2016 i.S. des § 68 Satz 1 FGO "ersetzt" wurde. Dies gilt selbst dann, wenn es sich bei dem Ausweis der unter § 8b KStG fallenden Einkünfte in dem Bescheid vom 10.10.2016 um eine (erstmalige) Feststellung von Besteuerungsgrundlagen i.S. der §§ 179 Abs. 2 Satz 2, 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung (AO) handeln sollte (vgl. BFH-Urteile vom 25.07.2019 - IV R 61/16, BFHE 265, 285; IV R 47/16, BFHE 265, 273, BStBl II 2020, 142; vom 11.12.2018 - VIII R 11/16, BFHE 263, 418, jeweils zu § 3 Nr. 40, § 3c Abs. 2 EStG). Zu berücksichtigen ist hierbei, dass als materielle Rechtsgrundlage für die Korrektur der gewinnmindernden Teilwertabschreibung grundsätzlich sowohl § 1 Abs. 1 AStG als auch § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG in Betracht kommen. Wenn das FA unter diesen Umständen einen neuen Bescheid erlässt, in dem die Gewinnkorrektur nicht mehr auf § 1 Abs. 1 AStG, sondern auf § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG gestützt, und damit der Nettoausweis der Einkünfte aus Gewerbebetrieb in einen Bruttoausweis mit gesonderter Feststellung der unter § 8b KStG fallenden Einkünfte geändert wird (zur Zulässigkeit beider Varianten vgl. BFH-Urteile vom 18.07.2012 - X R 28/10, BFHE 238, 484, BStBl II 2013, 444; in BFHE 265, 273, BStBl II 2020, 142), liegen die Voraussetzungen des § 68 Satz 1 FGO vor.
Dieses Ergebnis entspricht dem Sinn und Zweck des § 68 Satz 1 FGO, der grundsätzlich ein weites Verständnis dieser Vorschrift gebietet (BFH-Beschlüsse vom 16.12.2014 - X B 113/14, BFH/NV 2015, 510; vom 08.02.2017 - III B 66/16, BFH/NV 2017, 743). Der Kläger soll nicht gegen seinen Willen durch einen einseitigen Verwaltungsakt der Finanzbehörden aus seinem ‑‑ursprünglich zulässigen‑‑ Klageverfahren gedrängt und wieder in das Verwaltungsverfahren zurückversetzt werden. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass sich die Klägerin hinsichtlich des Gewinnfeststellungsbescheids 2011 vom 10.10.2016 nur noch auf die Anfechtung des Betrags der unter § 8b KStG fallenden Einkünfte beschränken wollte. Vielmehr ging es der Klägerin erkennbar darum, unabhängig von der Begründung durch das FA jeder Korrektur der gewinnmindernden Teilwertabschreibung entgegen zu treten.
b) Allerdings hat das FG im Rahmen der Prüfung des Gewinnfeststellungsbescheids 2011 vom 10.10.2016 rechtsfehlerhaft nicht berücksichtigt, dass das FA bereits verfahrensrechtlich nicht zum Erlass dieses Bescheids befugt war.
aa) Dies gilt insbesondere dann, wenn der Bescheid vom 10.10.2016 wegen des Wechsels vom Nettoausweis zum Bruttoausweis mit gesondertem Ausweis der unter § 8b KStG fallenden Einkünfte als Änderungsbescheid angesehen wird, obwohl der Nettobetrag unverändert geblieben ist.
Nach der gemäß § 132 Satz 1 AO auch im Klageverfahren anwendbaren Regelung des § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO, auf die sich das FA stützt, darf ein Gewinnfeststellungsbescheid nur aufgehoben oder geändert werden, soweit der Steuerpflichtige zustimmt oder seinem Antrag der Sache nach entsprochen wird. Eine solche Zustimmung bzw. einen solchen Antrag hat die Klägerin nicht erteilt bzw. gestellt. Vielmehr hat sie diese vom FG im Erörterungstermin vom 04.08.2016 vorgeschlagene Änderung mit Schriftsatz vom 29.08.2016 ausdrücklich abgelehnt.
Die Voraussetzungen anderer Änderungsnormen sind ebenfalls nicht erfüllt. Dies gilt insbesondere für § 174 Abs. 4 i.V.m. § 181 Abs. 1 Satz 1 AO. Insofern fehlt es bereits an der irrigen Beurteilung eines bestimmten Sachverhalts, da in dem ursprünglichen Bescheid vom 22.11.2013 ausschließlich ein Nettobetrag ausgewiesen wurde und dieser Nettobetrag ‑‑wie bereits erwähnt‑‑ in dem Bescheid vom 10.10.2016 in nämlicher Höhe festgestellt wurde.
bb) Auch soweit im Bescheid vom 10.10.2016 erstmalig die unter § 8b KStG fallenden Einkünfte festgestellt wurden, fehlt es an der hierfür erforderlichen Rechtsgrundlage, da die Voraussetzungen eines Ergänzungsbescheids gemäß § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a i.V.m. § 179 Abs. 3 AO nicht vorliegen. In dem ursprünglichen Bescheid vom 22.11.2013 sind keine notwendigen Feststellungen unterblieben. Der Bescheid ist weder unvollständig noch lückenhaft; vielmehr wäre der alleinige Ausweis eines Nettobetrags auch im Fall einer Gewinnkorrektur nach § 8b Abs. 3 Satz 4 KStG zulässig gewesen (vgl. hierzu BFH-Urteil in BFHE 265, 273, BStBl II 2020, 142).
c) Demnach sind die Vorentscheidung, soweit sie den Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 10.10.2016 betrifft, und der Bescheid selbst aufzuheben. Auf Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) ist die Sache spruchreif und der Senat entscheidet in der Sache (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO). Grundlage dieser Entscheidung ist der Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014, der nach Aufhebung des Bescheids vom 10.10.2016 wieder auflebt. Dass der Bescheid vom 22.11.2013 wegen § 68 Satz 1 FGO noch nicht Gegenstand einer Vorentscheidung des FG war, steht dem nach Sinn und Zweck dieser Vorschrift nicht entgegen.
Der Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014 wird dahin geändert, dass die Einkünfte aus Gewerbebetrieb ... € betragen. Dies ergibt sich aus der Korrektur der gewinnmindernden Teilwertabschreibung unter Beachtung des Verböserungsverbots gegenüber der Vorentscheidung des FG. Dem FA wird gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO aufgegeben, die Feststellungen des Gewinnfeststellungsbescheids 2011 entsprechend anzupassen.
aa) Das FA hat die gewinnmindernde Teilwertabschreibung auf die Darlehens- und Zinsforderung in dem Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 zu Recht in vollem Umfang neutralisiert und auf dieser Grundlage Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von ... € ermittelt.
Der Senat kann hierfür offen lassen, ob und inwieweit bereits kein steuerlich anzuerkennendes Darlehen, sondern eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Einlage in das Vermögen der T Ltd. vorlag (vgl. hierzu das Senatsurteil vom 27.02.2019 - I R 73/16, BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394, sowie die Folgeurteile des Senats vom 19.06.2019 - I R 5/17, BFH/NV 2020, 183, und I R 54/17, juris). Auch die vom FG behandelte Frage, ob und inwieweit die Zahlungen, welche die Klägerin nachträglich erhalten hat, als wertaufhellende Tatsachen bereits die Voraussetzungen einer Teilwertabschreibung ausschließen, braucht nicht entschieden zu werden. Entsprechendes gilt für die ebenfalls vom FG behandelte ‑‑und verneinte‑‑ Frage, ob die Korrektur nach § 8b Abs. 3 Satz 4 i.V.m. § 8b Abs. 6 Satz 1 KStG unter Berücksichtigung des Wortlauts "im Zusammenhang mit einer Darlehensforderung" auch die Korrektur der auf die Zinsforderung vorgenommenen Teilwertabschreibung erfasst (vgl. hierzu auch Blümich/Rengers, § 8b KStG Rz 296; Gosch, KStG, 4. Aufl., § 8b Rz 279i).
Die in dem Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 vorgenommene Korrektur war ‑‑als weitergehende Berichtigung i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 3 AStG, der durch das Unternehmensteuerreformgesetz 2008 (UntStRefG 2008) vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912) eingefügt worden ist‑‑ jedenfalls gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG in vollem Umfang gerechtfertigt.
(1) Werden Einkünfte eines Steuerpflichtigen aus einer Geschäftsbeziehung zum Ausland mit einer ihm nahe stehenden Person dadurch gemindert, dass er seiner Einkünfteermittlung andere Bedingungen zugrunde legt, als sie voneinander unabhängige Dritte unter gleichen oder vergleichbaren Verhältnissen vereinbart hätten (Fremdvergleichsgrundsatz), sind seine Einkünfte unbeschadet anderer Vorschriften gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG so anzusetzen, wie sie unter den zwischen voneinander unabhängigen Dritten vereinbarten Bedingungen angefallen wären. Geschäftsbeziehung in diesem Sinne ist gemäß § 1 Abs. 5 AStG jede den Einkünften zugrunde liegende schuldrechtliche Beziehung, die keine gesellschaftsvertragliche Vereinbarung ist und entweder beim Steuerpflichtigen oder bei der nahe stehenden Person Teil einer Tätigkeit ist, auf die die §§ 13, 15, 18 oder 21 EStG anzuwenden sind oder im Fall eines ausländischen Nahestehenden anzuwenden wären, wenn die Tätigkeit im Inland vorgenommen würde.
(2) Das Darlehensverhältnis zwischen der Klägerin und der T Ltd., bei denen es sich um einander i.S. von § 1 Abs. 2 Nr. 1 AStG nahe stehende Personen handelt, ist eine zum Ausland bestehende Geschäftsbeziehung i.S. des § 1 Abs. 5 AStG, zu deren Bedingungen die Nichtbesicherung der Ansprüche gehört. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Ausführungen im Senatsurteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394 Bezug genommen. Der Einwand der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, es habe sich letztlich um rein inländische Handelsgeschäfte gehandelt, ist angesichts des Darlehensvertrags mit der in der Türkei ansässigen T Ltd. nicht nachvollziehbar.
(3) Zudem hat das FG bindend festgestellt (§ 118 Abs. 2 FGO), dass ein fremder Dritter der T Ltd. das Darlehen nicht ohne die Bestellung von Sicherheiten gewährt hätte.
Auch wenn das FG seine Feststellungen nicht ausdrücklich auf die aus dem Darlehen resultierenden Zinsforderungen erstreckt hat, scheint es aufgrund der weiteren festgestellten Umstände ausgeschlossen, dass ein nicht mit der T Ltd. verbundener Darlehensgeber diese Forderungen nicht besichert hätte. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass es sich bei der T Ltd. um ein neu gegründetes Unternehmen handelte, das über kein nennenswertes Anlagevermögen verfügte, und die Besicherung nicht unter dem Gesichtspunkt des sog. Konzernrückhalts entbehrlich war (vgl. wiederum das Senatsurteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394, sowie die Folgeurteile des Senats in BFH/NV 2020, 183; vom 19.06.2019 - I R 54/17, juris; vom 14.08.2019 - I R 14/18, juris). Bei dieser Sachlage bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das FG zur weiteren Sachaufklärung.
(4) Die Einkünfteminderung ist i.S. des § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG durch ("dadurch") die fehlende Besicherung eingetreten. Auch insoweit verweist der Senat auf sein Urteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394.
(5) Der Einkünftekorrektur steht auch nicht Art. 9 Abs. 1 des ab dem 01.01.2011 anzuwendenden Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und der Steuerverkürzung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen vom 19.09.2011 (BGBl II 2012, 527, BStBl I 2013, 374) ‑‑DBA-Türkei 2011‑‑ entgegen.
Wie bereits mehrfach entschieden (vgl. Senatsurteil in BFHE 263, 525, BStBl II 2019, 394, sowie die Folgeurteile des Senats in BFH/NV 2020, 183; vom 19.06.2019 - I R 54/17, juris; vom 14.08.2019 - I R 14/18, juris; vom 14.08.2019 - I R 21/18, juris), hält der Senat nicht mehr an seiner bisherigen Rechtsprechung fest, derzufolge bei Art. 9 Abs. 1 des Musterabkommens der Organisation for Economic Cooperation and Development (OECD-Musterabkommen ‑‑OECD-MustAbk‑‑) nachgebildeten Bestimmungen, zu denen auch der im Streitfall einschlägige Art. 9 Abs. 1 DBA-Türkei 2011 gehört, eine Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG nur dann möglich sein sollte, wenn der zwischen den verbundenen Unternehmen vereinbarte Preis seiner Höhe nach dem Fremdvergleichsmaßstab nicht standhalte (vgl. Senatsurteile vom 17.12.2014 - I R 23/13, BFHE 248, 170, BStBl II 2016, 261, und vom 24.06.2015 - I R 29/14, BFHE 250, 386, BStBl II 2016, 258). Vielmehr ermöglicht der Korrekturbereich des Art. 9 Abs. 1 OECD-MustAbk auch die Neutralisierung der gewinnmindernden Ausbuchung einer Darlehens- und Zinsforderung oder einer Teilwertabschreibung hierauf. Für Art. 9 Abs. 1 DBA-Türkei 2011 gilt nichts anderes.
(6) Schließlich widerstreitet auch das Unionsrecht nicht einer Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG. Da die Türkei kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, wird insoweit auf die Ausführungen in den Senatsurteilen vom 27.02.2019 - I R 51/17 (BFHE 264, 292) und vom 14.08.2019 - I R 14/18 (juris) Bezug genommen.
Die grundsätzlich auch im Verkehr mit Drittstaaten geschützte Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union i.d.F. des Vertrags von Lissabon zur Änderung des Vertrags über die Europäische Union und des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft, Amtsblatt der Europäischen Union 2008, Nr. C 115, 47 ‑‑AEUV‑‑) wird von der insoweit vorrangig anzuwendenden Niederlassungsfreiheit verdrängt (Senatsurteile vom 06.03.2013 - I R 10/11, BFHE 241, 157, BStBl II 2013, 707; vom 19.07.2017 - I R 87/15, BFHE 259, 435, BStBl II 2020, 237). Sie wäre im Übrigen ‑‑trotz der durch das UntStRefG 2008 vorgenommenen Änderungen des Art. 1 Abs. 1 AStG‑‑ auch wegen der sog. Standstill-Klausel des Art. 64 Abs. 1 AEUV nicht anwendbar (vgl. Senatsurteil in BFHE 264, 292).
bb) Obwohl die im Gewinnfeststellungsbescheid 2011 vom 22.11.2013 ausgewiesenen (Netto-)Einkünfte aus Gewerbebetrieb zutreffend waren, sind sie im Rahmen des Revisionsverfahrens auf den vom FG ermittelten Betrag in Höhe von ... € zu mindern. Dies ist Folge des auch im Revisionsverfahren geltenden Verböserungsverbots (§ 121 Satz 1 i.V.m. § 96 Abs. 1 Satz 2 FGO), da das FA gegen die Vorentscheidung des FG keine Revision eingelegt hat.
2. Hinsichtlich des Gewerbesteuermessbescheids 2011 vom 22.11.2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 29.12.2014, den das FA nicht während des Klageverfahrens geändert hat, ist die Revision der Klägerin unbegründet. Insofern wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Einkünftekorrektur nach § 1 Abs. 1 AStG und zum Verböserungsverbot Bezug genommen. Der Gewerbeertrag knüpft gemäß § 7 Satz 1 des Gewerbesteuergesetzes an den nach dem Einkommensteuergesetz oder Körperschaftsteuergesetz ermittelten Gewinn aus Gewerbebetrieb an.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 135 Abs. 2, 136 Abs. 1 Satz 1 FGO. Die Klägerin hat die gesamten Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen, obwohl ihre Revision wegen fehlender Rechtsgrundlage des Bescheids vom 10.10.2016 teilweise erfolgreich war. Denn das Rechtsmittel führt im Vergleich zum Urteil des FG zu keiner Änderung der Nettoeinkünfte.