ECLI:DE:BFH:2018:U.101018.IR67.16.0
BFH I. Senat
EStG § 19, EStG § 50d Abs 8, DBA FRA Art 13 Abs 1, DBA FRA Art 13 Abs 5, DBA FRA Art 20 Abs 1, EStG § 19, EStG § 34c Abs 3, EStG § 34c Abs 6 S 6, EStG § 50d Abs 8, EStG VZ 2005 , EStG VZ 2006 , EStG VZ 2007 , EStG § 34c Abs 3, EStG VZ 2009 , EStG § 34c Abs 6 S 6
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 22. Juni 2016, Az: 3 K 3089/13
Leitsätze
1. NV: Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit, die ein Schweizer Staatsangehöriger mit Wohnsitz im Inland, aus einer Tätigkeit auf dem französischen Territorium des Flughafens Basel-Mulhouse-Freiburg erzielt, unterfallen abkommensrechtlich Art. 13 DBA-Frankreich 1959/1969/2001. Sind die Voraussetzungen der Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA Frankreich nicht erfüllt, steht das Besteuerungsrecht Frankreich zu (Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich), so dass die Einkünfte bei einer inländischen Veranlagung steuerfrei zu stellen sind (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Frankreich) .
2. NV: Hat der Steuerpflichtige nicht nachgewiesen, dass Frankreich auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass dort auf diese Einkünfte Steuern gezahlt wurden, sind die Einkünfte nach § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG in die Ermittlung der inländischen Bemessungsgrundlage einzubeziehen .
3. NV: Die in der Schweiz aufgrund der Vortäuschung eines dort bestehenden Wohnsitzes erhobenen und entrichteten Steuern sind nicht nach § 34c Abs. 6 Satz 6 i.V.m. Abs. 3 EStG i.d.F. des JStG 2007 bei der Ermittlung der Einkünfte wie Werbungskosten abzuziehen .
Tenor
1. Die Revision des Klägers wird zurückgewiesen.
2. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, vom 23. Juni 2016 3 K 3089/13 im Hinblick auf die Streitjahre 2007 und 2009 aufgehoben. Die Klage wird insoweit abgewiesen.
3. Die Kosten des gesamten Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
A.
Streitig ist, ob Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit dem Besteuerungsrecht der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) unterliegen und ob im Ausland angefallene Steuern bei der Ermittlung der Einkünfte "wie Werbungskosten" zu berücksichtigen sind.
Der Kläger, Revisionskläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein Schweizer Staatsangehöriger, war in den Streitjahren (2005 bis 2007, 2009) im Bereich des trinationalen Flughafens Basel-Mulhouse-Freiburg auf französischem Territorium als Arbeitnehmer für einen schweizerischen Arbeitgeber tätig. Er wurde auf der Grundlage einer Wohnsitzangabe ".../CH" von der Eidgenössischen Steuerverwaltung als in der Schweiz unbeschränkt steuerpflichtig behandelt; seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit unterlagen in der Schweiz der Einkommensteuer.
Die dortige frühere Familienwohnung hatte der Kläger allerdings im Zuge einer Trennung der Eheleute im Jahr 2003 verlassen. Der Kläger wohnte danach zunächst in nichtehelicher Lebensgemeinschaft im Inland; im Jahr 2006 erwarb er Eigentum im Inland, das zu Vermietungszwecken (Fremdenpension) und in den Streitjahren zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde.
Gegenüber dem Beklagten, Revisionskläger und Revisionsbeklagten (Finanzamt ‑‑FA‑‑) erklärte der Kläger, in Deutschland weder Wohnsitz noch gewöhnlichen Aufenthalt zu haben. Allerdings würden Vermietungseinkünfte erzielt. Für das Streitjahr 2006 erging ein Verlustfeststellungsbescheid. Nachdem der Kläger u.a. für das Streitjahr 2007 zunächst Erklärungen zur beschränkten Einkommensteuerpflicht eingereicht hatte, vertrat das FA unter Hinweis auf den inländischen Wohnsitz den Standpunkt, es liege unbeschränkte Steuerpflicht vor. Der Kläger verwies darauf, in Deutschland nur einen Zweitwohnsitz zu haben, ansässig sei er in der Schweiz. Dazu legte er sowohl eine Bescheinigung vor, in .../CH (Familienwohnsitz mit Ehefrau und Kindern) zu wohnen, als auch Unterlagen der Eidgenössischen Steuerverwaltung.
Das FA folgte daraufhin den Angaben des Klägers und sah die Voraussetzungen für eine Steuerfreistellung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als erfüllt an. Die entsprechenden Einkommensteuerbescheide 2007 und 2009 (und Verlustfeststellungsbescheide) wurden bestandskräftig. Nach weiteren Ermittlungen der Steuerfahndung vertrat das FA allerdings die Auffassung, der Kläger sei auch abkommensrechtlich in Deutschland ansässig gewesen; bei der Besteuerung als sog. Grenzgänger sei die von ihm nachgewiesene schweizerische Quellensteuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen. Es ergingen ein erstmaliger Einkommensteuerbescheid für 2005 und Änderungsbescheide zu den Jahren 2006, 2007 und 2009 (unter Aufhebung der Verlustfeststellungsbescheide).
Das Finanzgericht (FG) Baden-Württemberg, Außensenate Freiburg, gab der Klage zu den Streitjahren 2007 und 2009 insoweit statt (Urteil vom 23. Juni 2016 3 K 3089/13, abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2017, 464), als es schweizerische Steuer (unter Verweis auf schweizerische Steuerbescheide) bei der Ermittlung der Einkünfte "wie Werbungskosten" berücksichtigte. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil und die zugrunde liegenden (Änderungs-)Bescheide zur Einkommensteuer 2005 bis 2007 und 2009 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. August 2013 (ersatzlos) aufzuheben.
Das FA beantragt, das angefochtene Urteil hinsichtlich der Streitjahre 2007 und 2009 aufzuheben, soweit der Klage durch Berücksichtigung schweizerischer Steuer "wie Werbungskosten" bei der Ermittlung der Einkünfte entsprochen wurde und die Klage vollumfänglich abzuweisen.
Die Beteiligten beantragen wechselseitig, die Revision des anderen zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
B.
Die Revision des Klägers ist unbegründet; auf die Revision des FA ist das angefochtene Urteil, soweit es der Klage entsprochen hat (Streitjahre 2007 und 2009), aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen.
I. Die Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat ohne Rechtsfehler im angefochtenen Urteil dahin erkannt, dass der Kläger unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist und die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach § 50d Abs. 8 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der für die Streitjahre maßgebenden Fassung (EStG) bei der Veranlagung des Klägers zu berücksichtigen sind.
1. Der Kläger war in den Streitjahren i.S. des § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig, da er im Inland einen Wohnsitz (§ 8 der Abgabenordnung) innehatte.
Das FG hat im angefochtenen Urteil auf der Grundlage einer eigenen Beweiserhebung durch Zeugenbefragung und der Ermittlungen der Steuerfahndung entsprechende Feststellungen getroffen, die den Senat i.S. des § 118 Abs. 2 FGO binden. Zugleich hat das FG festgestellt, dass der Kläger in .../CH seit 2003 keinen Wohnsitz mehr innehatte. Auch insoweit ist der erkennende Senat gebunden (§ 118 Abs. 2 FGO). Beide Würdigungen beruhen auf einer nachvollziehbaren Tatsachenwürdigung; ein Verstoß gegen die Verfahrensordnung, gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze ist nicht ersichtlich.
2. Hiervon ausgehend hat das FG zutreffend erkannt, dass nach dem sog. Welteinkommensprinzip (§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG) sämtliche Einkünfte des Klägers ‑‑vorbehaltlich entgegenstehender abkommensrechtlicher Vereinbarungen‑‑ in die inländische Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind und damit auch die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Tätigkeit für den schweizerischen Arbeitgeber).
3. Das FG hat ohne Rechtsfehler weiterhin angenommen, dass angesichts der (abkommensrechtlichen) Ansässigkeit des Klägers in Deutschland und dem Arbeitsort auf dem Hoheitsgebiet der Französischen Republik der inländischen Besteuerung seiner Arbeitseinkünfte das Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 11. August 1971 (BGBl II 1972, 1022, BStBl I 1972, 519) ‑‑trotz des schweizerischen Betriebssitzes des Arbeitgebers‑‑ nicht entgegensteht. Dazu werden von den Beteiligten auch keine weitergehenden Einwendungen vorgetragen.
4. Dem FG ist ebenfalls darin beizupflichten, dass die Arbeitseinkünfte des Klägers der Regelung über die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gemäß Art. 13 Abs. 1 Satz 1 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerungen und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern vom 21. Juli 1959 (BGBl II 1961, 398, BStBl I 1961, 343), mit Wirkung für die Streitjahre zuletzt geändert durch das Zusatzabkommen vom 20. Dezember 2001 (BGBl II 2002, 2372, BStBl I 2002, 892) ‑‑DBA-Frankreich 1959‑‑, unterfallen. Sie sind auf dieser Grundlage aus der inländischen Bemessungsgrundlage auszunehmen (Art. 20 Abs. 1 Buchst. a Satz 1 DBA-Frankreich 1959).
a) Der Schutzbereich des DBA-Frankreich 1959 ist für den Kläger eröffnet, da er nach den Feststellungen des FG in den Streitjahren nach Maßgabe des Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 Buchst. a DBA-Frankreich 1959 (Wohnsitz) in Deutschland ansässig ist.
Dass der Kläger gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung einen dortigen (inländischen) Wohnsitz behauptet hat, und dort eine Steuerpflicht nach Maßgabe unbeschränkter Steuerpflicht angenommen wurde, eröffnet entgegen der Ansicht des Klägers den Schutzbereich des zwischen der Schweiz und der Französischen Republik abgeschlossenen Abkommens zur Vermeidung der doppelten Besteuerung nicht. Dies ergibt sich schon allein daraus, dass für den Schutzbereich des Abkommens nur der objektiv bestehende Wohnsitz als Grundlage der Ansässigkeitsentscheidung dienen kann – und der Kläger nach den Feststellungen des FG keinen schweizerischen Wohnsitz gehabt hat. Darüber hinaus ist die Entscheidung zum Abkommensschutz aus der Sicht Deutschlands als Anwenderstaat mit Rücksicht auf den Quellenstaat als maßgebenden Vertragsstaat zu treffen, nicht aber mit Blick auf einen u.U. berührten Drittstaat (s. dazu z.B. Senatsbeschluss vom 4. November 2014 I R 19/13, BFH/NV 2015, 333, keine "abkommensübergreifende Wirkung").
b) Nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 DBA-Frankreich 1959 können Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit grundsätzlich nur in dem Vertragsstaat besteuert werden, in dem die persönliche Tätigkeit ausgeübt wird. Ausübungsort der Tätigkeit ist nach den Feststellungen des FG Frankreich.
c) Eine Besteuerung im Wohnsitzstaat Deutschland auf der Grundlage der Grenzgängerregelung des Art. 13 Abs. 5 DBA-Frankreich 1959 kommt nicht in Betracht. Die Vorschrift bestimmt, dass Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit von Personen, die im Grenzgebiet eines Vertragsstaates arbeiten und ihre ständige Wohnstätte, zu der sie regelmäßig jeden Tag zurückkehren, im Grenzgebiet des anderen Vertragsstaates haben, nur in diesem anderen Staat besteuert werden. Allerdings fehlt es an der zweiten Voraussetzung. Denn die inländischen Wohnorte des Klägers sind nicht innerhalb der sog. Grenzgänger-Zone gemäß Art. 13 Abs. 5 Buchst. b DBA-Frankreich 1959 (i.V.m. dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 1. Juli 1985, BStBl I 1985, 310, für Besteuerungssachverhalte nach dem 1. Januar 2010: § 5 Abs. 1 der Verordnung zur Umsetzung von Konsultationsvereinbarungen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik vom 20. Dezember 2010, BGBl I 2010, 2138, BStBl I 2011, 104, dort Anlage 2) belegen.
5. Das FG hat die Einkünfte des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit jedoch ohne Rechtsfehler nach § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG in die inländische Bemessungsgrundlage einbezogen.
a) Die Regelung sieht vor, dass dann, wenn Einkünfte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung von der Bemessungsgrundlage der deutschen Steuer auszunehmen sind, die Freistellung bei der Veranlagung ungeachtet des Abkommens nur gewährt wird, soweit der Steuerpflichtige nachweist, dass der Staat, dem nach dem Abkommen das Besteuerungsrecht zusteht, auf dieses Besteuerungsrecht verzichtet hat oder dass die in diesem Staat auf die Einkünfte festgesetzten Steuern entrichtet wurden.
b) Das FG hat dazu entschieden, dass die Freistellung nicht zu gewähren ist, da der Kläger weder einen Besteuerungsverzicht Frankreichs noch dortige Steuerzahlungen nachgewiesen hat. Die Arbeitnehmereinkünfte des Klägers sind in Frankreich nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht besteuert worden.
c) Die hieraus gezogenen Folgerungen lassen keinen Rechtsfehler erkennen.
aa) Die Regelung des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG ist verfassungsgemäß (z.B. Senatsurteil vom 29. Juni 2016 I R 66/09, BFH/NV 2016, 1688, m.w.N.). Auch wenn der Kläger darauf verweist, das FG habe nicht ausdrücklich festgestellt, dass er den Sachverhalt pflichtwidrig der französischen Steuerverwaltung nicht gemeldet habe und dass die französische Steuerverwaltung auch eigenständig hätte ermitteln können, wird hierdurch der gesetzliche Tatbestand des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG nicht ausgeschlossen, da dieser den Steuerpflichtigen mit dem Nachweis eines Besteuerungsverzichts oder einer Steuerzahlung belastet; dass dem nicht Rechnung getragen wurde, ist unstreitig. Nicht zuletzt kann auch der etwaige Eintritt einer Festsetzungsverjährung in Frankreich den Kläger nicht entlasten. Denn in einem solchen allgemeinen verfahrensrechtlichen Festsetzungshindernis liegt kein Verzicht auf den nach nationalrechtlichen und abkommensrechtlichen Maßgaben bestehenden Besteuerungsanspruch (gl.A. Wendt, EFG 2017, 469 f.; Hagemann/Kahlenberg/ Cloer, Betriebs-Berater ‑‑BB‑‑ 2017, 2775, 2784).
bb) Der Senat hat in seinem Beschluss vom 10. Januar 2012 I R 66/09 (BFHE 236, 304) erwogen, die Nachweispflicht einzuschränken, wenn es dem Steuerpflichtigen unmöglich oder für ihn unzumutbar gewesen wäre, dem Nachweiserfordernis nachzukommen. Davon kann nach den Sachumständen aber keine Rede sein. Ebenfalls kann den Kläger nicht entlasten, dass er die Einkünfte in der Schweiz deklariert hat und dort auch eine Steuerzahlung stattgefunden hat. Die nationale Bedingung für die abkommensrechtliche Freistellung kann sich ‑‑wie dem Wortlaut des § 50d Abs. 8 Satz 1 EStG zu entnehmen ist‑‑ nur auf den Vertragsstaat beziehen, mit dem abkommensrechtlich die Freistellung vereinbart ist (gl.A. Wendt, EFG 2017, 469; Hagemann/Kahlenberg/Cloer, BB 2017, 2775, 2783 f.).
II. Die Revision des FA ist begründet. Das FG hat im angefochtenen Urteil rechtsfehlerhaft dahin erkannt, die vom Kläger gezahlte schweizerische Steuer sei bei der Einkünfteermittlung der Streitjahre 2007 und 2009 "wie Werbungskosten" abzuziehen.
1. Nach § 34c Abs. 1 EStG (i.d.F. des Jahressteuergesetzes ‑‑JStG‑‑ 2007 vom 13. Dezember 2006, BGBl I 2006, 2878, BStBl I 2007, 28) ist bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, die mit ausländischen Einkünften in dem Staat, aus dem die Einkünfte stammen, zu einer der deutschen Einkommensteuer entsprechenden Steuer herangezogen werden, die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer auf die deutsche Einkommensteuer anzurechnen, die auf die Einkünfte aus diesem Staat entfällt. Abs. 3 der Regelung sieht vor, dass bei unbeschränkt Steuerpflichtigen, bei denen eine ausländische Steuer vom Einkommen nach Abs. 1 nicht angerechnet werden kann, weil die Steuer nicht der deutschen Einkommensteuer entspricht oder nicht in dem Staat erhoben wird, aus dem die Einkünfte stammen, oder weil keine ausländischen Einkünfte vorliegen, die festgesetzte und gezahlte und um einen entstandenen Ermäßigungsanspruch gekürzte ausländische Steuer bei der Ermittlung der Einkünfte abzuziehen ist, soweit sie auf Einkünfte entfällt, die der deutschen Einkommensteuer unterliegen. Im Übrigen regelt Abs. 6, dass die Abs. 1 bis 3 vorbehaltlich der Sätze 2 bis 6 nicht anzuwenden sind, wenn die Einkünfte aus einem ausländischen Staat stammen, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht. In Satz 6 heißt es hierzu: Abs. 3 ist anzuwenden, wenn der Staat, mit dem ein Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung besteht, Einkünfte besteuert, die nicht aus diesem Staat stammen, es sei denn, die Besteuerung hat ihre Ursache in einer Gestaltung, für die wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlen, oder das Abkommen gestattet dem Staat die Besteuerung dieser Einkünfte.
2. Das FG hat seiner Entscheidung die Rechtsmeinung zugrunde gelegt, nach der Maßgabe des Senatsurteils vom 17. November 2010 I R 76/09 (BFHE 232, 68, BStBl II 2012, 276) seien die Abzugsvoraussetzungen nach § 34c Abs. 6 Satz 6 i.V.m. Abs. 3 EStG i.d.F. des JStG 2007 erfüllt. Die Einkünfte würden der deutschen Einkommensteuer unterliegen und aus Frankreich (und nicht aus der Schweiz) herrühren. Die Steuererhebung durch die Schweiz habe nicht ihre Ursache in einer Gestaltung, für die wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe fehlten, denn die Deklaration in der Schweiz sei keine Steuerumgehung oder ein Gestaltungsmissbrauch. Schließlich seien keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass hinsichtlich der schweizerischen Steuer ein Ermäßigungsanspruch des Klägers bestanden habe.
3. Dem ist nicht beizupflichten.
Durch Einfügung des § 34c Abs. 6 Satz 4 EStG ‑‑nunmehr Satz 6‑‑ durch das Gesetz zur Bereinigung von steuerlichen Vorschriften (Steuerbereinigungsgesetz 1999) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 1999, 2601, BStBl I 2000, 13) hat der Gesetzgeber regeln wollen, dass in Fällen missbräuchlicher Gestaltung eine Steuerermäßigung gemäß § 34c EStG (als Anrechnung oder Abzug) ausgeschlossen ist (s. dazu das Senatsurteil vom 1. April 2003 I R 39/02, BFHE 202, 202, BStBl II 2003, 869, zu II.3.b dd der Gründe; FG Hamburg, Urteil vom 17. Mai 2013 6 K 73/12, EFG 2013, 1671, zu Nr. 6 der Gründe; Gosch in Kirchhof, EStG, 17. Aufl., § 34c Rz 7 [nur Vermeidung "unverschuldeter Doppelbesteuerungen"]). Insoweit soll insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige die Einkünfte künstlich in den DBA-Staat verlegt und er damit die ausländische Steuer "selbst verursacht" hat, ein Abzug ausgeschlossen sein (so z.B. Kuhn in Herrmann/ Heuer/Raupach, § 34c EStG Rz 237). Von einer solchen "Gestaltung" i.S. des Satz 6 Halbsatz 2 ist auch im Streitfall auszugehen, da die schweizerische Steuer nicht nur durch die Nichtdeklaration in Frankreich, sondern zugleich durch die bewusst fehlerhafte Deklaration der Einkünfte in der Schweiz verursacht wurde. Darüber hinaus steht dem Abzug der schweizerischen Steuer bei der Ermittlung der inländischen Bemessungsgrundlage ferner entgegen, dass hinsichtlich dieser Steuer ein Ermäßigungsanspruch des Klägers bestanden hat. Denn die Erhebung der schweizerischen Steuer beruht allein auf dem Umstand, dass der Kläger gegenüber der Eidgenössischen Steuerverwaltung erklärt hatte, in der Schweiz (".../CH") ansässig zu sein, was aber nach den Feststellungen des FG nicht den tatsächlichen Gegebenheiten entsprochen hatte. Wenn aber ohne Ansässigkeit in der Schweiz im Verhältnis zwischen Deutschland und der Schweiz ein Besteuerungsrecht der Schweiz für die vom Kläger ausgeübte nichtselbständige Tätigkeit nicht bestand (s. insoweit Senatsurteil in BFHE 232, 68, BStBl II 2012, 276), lag unabhängig von der Deklaration des Klägers eine abkommenswidrig erhobene Steuer vor (gl.A. Hagemann/Kahlenberg/Cloer, BB 2017, 2775, 2785). Demgemäß unterlag die festgesetzte schweizerische Steuer in voller Höhe einem Ermäßigungsanspruch (s. allgemein die Begründung des Gesetzentwurfs zur Änderung des § 34c EStG durch das JStG 2007, BTDrucks 16/2712, S. 54) und ist nach § 34c Abs. 3 EStG (insoweit im Unterschied zu der im Senatsurteil in BFHE 232, 68, BStBl II 2012, 276 ‑‑dort zu II.7.d der Gründe‑‑ maßgebenden früheren Rechtslage) vom Abzug "wie Werbungskosten" ausgeschlossen.
4. Das angefochtene Urteil ist hiernach im Hinblick auf die Streitjahre 2007 und 2009 aufzugeben und die Klage insgesamt abzuweisen.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1, 2 FGO.