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Urteil vom 17. Juli 2019, III R 24/16

Gewerbesteuer; Hinzurechnung von Zinsen bei durchlaufenden Krediten

ECLI:DE:BFH:2019:U.170719.IIIR24.16.0

BFH III. Senat

GewStG § 8 Nr 1 Buchst a, GewStG § 8 Nr 1, GewStG VZ 2013 , GewStG VZ 2014

vorgehend FG Hamburg, 14. April 2016, Az: 3 K 145/15

Leitsätze

Besteht der Geschäftszweck eines Unternehmens darin, Darlehen aufzunehmen und an eine Tochtergesellschaft weiterzureichen, handelt es sich auch dann nicht um durchlaufende Kredite, wenn die Kredite ohne Gewinnaufschlag an die Tochtergesellschaft weitergegeben werden .

Tenor

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 15.04.2016 - 3 K 145/15 aufgehoben.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Streitig ist die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Zinsen.

  2. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine im Jahr 2011 gegründete Holding Limited mit Sitz in Liberia. Anteilseignerin ist zu 100 % eine Reederei. Der Ort der Geschäftsleitung ist im Inland. Die wirtschaftliche Tätigkeit besteht nach der Darstellung im Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31.12.2012 in der Aufnahme von Darlehen bei der X-Bank (Bank) und der Weiterreichung an eine ebenfalls in Liberia ansässige 100 %-ige Tochtergesellschaft der Klägerin (Tochtergesellschaft) zur Ermöglichung des Kaufs und Betriebs eines bestimmten Schiffes.

  3. Mit Vertrag vom 13.01.2012 kaufte die Tochtergesellschaft der Klägerin das betreffende Schiff. Die Bank hatte zu diesem Zeitpunkt gegenüber der Verkäuferin eine mit einem Schiffshypothekendarlehen gesicherte Darlehensforderung aus der Finanzierung des Ankaufs des Schiffes in Höhe von USD … (im Folgenden: USD-Darlehen).

  4. Am 23.01.2012 übernahm die Tochtergesellschaft das Schiff von der Verkäuferin in der Weise, dass alle Aktiva und Passiva der Verkäuferin zu Buchwerten auf die Tochtergesellschaft übertragen wurden. Der Buchwert des Schiffes betrug bei Übernahme USD …

  5. Das USD-Darlehen wurde nicht unmittelbar von der Verkäuferin auf die Tochtergesellschaft übertragen, sondern die Klägerin wurde als Kreditnehmerin eingeschaltet. Mit Darlehensvertrag vom 23.01.2012 wurde die Klägerin Schuldnerin des USD-Darlehens in Höhe von USD … (… € bei einem Umrechnungskurs von USD 1,00 = 0,768226 €), darüber hinaus nahm sie einen Betriebsmittelkredit über … € auf. Dabei wurde in der Präambel des Vertrags festgehalten, dass das USD-Darlehen durch die Klägerin als Kreditnehmerin für die Tochtergesellschaft zur Finanzierung des Schiffes aufgenommen wurde.

  6. Ebenfalls mit Vertrag vom 23.01.2012 reichte die Klägerin das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit an die Tochtergesellschaft weiter.

  7. Daneben erhielt die Klägerin von der Reederei ein Darlehen ("Cash Deposit") in Höhe von 600.000 €, das sie ebenfalls an die Tochtergesellschaft weiterreichte. Für dieses Darlehen wurden keine Zinsen berechnet.

  8. Das USD-Darlehen war mit dem LIBOR-Satz zzgl. 3,5 % p. a. zu verzinsen. Die Zinsen für das USD-Darlehen machte die Bank direkt gegenüber der Tochtergesellschaft geltend. Für den Betriebsmittelkredit wurden die Zinsen von der Bank ebenfalls direkt der Tochtergesellschaft belastet.

  9. In ihrer Bilanz zum 31.12.2012 wies die Klägerin Ausleihungen an verbundene Unternehmen in Höhe von … € aus (davon … € für das USD-Darlehen, … € für den Betriebsmittelkredit und ... € für das "Cash Deposit").

  10. Für 2012 ermittelte die Klägerin einen Jahresfehlbetrag in Höhe von … €. Dabei erfasste sie bei der Erstellung ihres Jahresabschlusses die von der Bank ihrer Tochtergesellschaft belasteten Zinsen für das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit in Höhe von insgesamt … € (davon … € für das USD-Darlehen, … € für den Betriebsmittelkredit und … € Bereitstellungszinsen sowie … € Verzugszinsen) als Zinsaufwand und stellte diesem einen entsprechenden Zinsertrag gegenüber. Daneben erzielte die Klägerin sonstige betriebliche Erträge in Höhe von … € und trug sonstige betriebliche Aufwendungen in Höhe von … € (im Wesentlichen Rechts- und Beratungskosten sowie Abschluss- und Prüfungskosten).

  11. In ihrer Körperschaft- und Gewerbesteuererklärung für 2012 erklärte die Klägerin dementsprechend ein zu versteuerndes Einkommen und einen Gewerbeertrag in Höhe von ... €.

  12. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) rechnete die Zinsaufwendungen in Höhe von ... € als Entgelte für Schulden unter Abzug eines Freibetrags in Höhe von 100.000 € zu 1/4 ‑‑also in Höhe von ... €‑‑ dem Gewerbeertrag gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. a des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) hinzu und setzte mit Bescheid vom 04.12.2014 den Gewerbesteuermessbetrag für 2012 sowie für Zwecke der Vorauszahlung ab 2015 in Höhe von jeweils ... € fest. Ebenfalls mit Bescheiden vom 04.12.2014 setzte das FA die Gewerbesteuermessbeträge für Zwecke der nachträglichen Vorauszahlungen für 2013 und 2014 (Messbetrag jeweils ... €) sowie die Körperschaftsteuer für 2012 auf … € fest.

  13. Den gegen diese Bescheide gerichteten Einspruch wies das FA mit Einspruchsentscheidung vom 07.05.2015 als unbegründet zurück.

  14. Mit Bescheid vom 12.06.2015 setzte das FA den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 auf … € fest. Mit Bescheid vom 02.02.2016 setzte das FA den Gewerbesteuermessbetrag für 2014 auf … € fest.

  15. Das Finanzgericht (FG) wies die gegen die Gewerbesteuermessbetragsbescheide 2012 bis 2014 gerichtete Klage als unbegründet ab und ließ die Revision zu.

  16. Mit der hiergegen gerichteten Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts.

  17. Während der Revisionsfrist setzte das FA mit Änderungsbescheid vom 10.06.2016 den Gewerbesteuermessbetrag 2012 auf ... € fest. Im anschließenden Revisionsverfahren wurde mit Änderungsbescheiden über den Gewerbesteuermessbetrag 2012, 2013 und 2014 vom 14.06.2019 jeweils der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben. Der Gegenstand des Rechtsstreits blieb durch die Änderungsbescheide unberührt.

  18. Die Klägerin beantragt,
    das angefochtene Urteil aufzuheben und den Gewerbesteuermessbetrag 2012, 2013 und 2014 jeweils auf 0 € festzustellen.

  19. Das FA beantragt,
    die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Klageabweisung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).

  2. 1. Die Revision der Klägerin führt schon aus verfahrensrechtlichen Gründen zur Aufhebung der Vorentscheidung, da sich während des Revisionsverfahrens der Verfahrensgegenstand, über dessen Rechtmäßigkeit das FG zu entscheiden hatte, geändert hat (§ 127 FGO). Denn Gegenstand des finanzgerichtlichen Verfahrens waren der Bescheid vom 04.12.2014 über den Gewerbesteuermessbetrag für 2012, der Bescheid vom 12.06.2015 über den Gewerbesteuermessbetrag für 2013 und der Bescheid vom 22.02.2016 über den Gewerbesteuermessbetrag für 2014. An deren Stellen traten während des Revisionsverfahrens die nach § 164 Abs. 3 Satz 1 der Abgabenordnung geänderten Bescheide vom 14.06.2019, die verfahrensrechtlich neue Verwaltungsakte darstellen (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 20.03.2001 - VIII R 44/99, BFH/NV 2001, 1133, unter 2.a ff.).

  3. Die Änderungsbescheide vom 14.06.2019 sind gemäß § 121 Satz 1 i.V.m. § 68 Satz 1 FGO Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden. Soweit einem FG-Urteil ein nicht mehr existierender Bescheid zugrunde liegt, kann es keinen Bestand haben (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 03.08.2005 - I R 94/03, BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20, m.w.N.). Das Urteil ist daher gegenstandslos geworden und aufzuheben.

  4. Dennoch bedarf es keiner Zurückverweisung der Sache an das FG gemäß § 127 FGO. Durch die Bescheidänderungen haben sich hinsichtlich des Streitpunktes keine Änderungen ergeben. Das finanzgerichtliche Verfahren leidet auch an keinem Verfahrensmangel. Die vom FG getroffenen tatsächlichen Feststellungen sind nicht entfallen. Sie bilden unverändert die Grundlage für die Entscheidung des erkennenden Senats (dazu z.B. BFH-Urteil in BFHE 210, 398, BStBl II 2006, 20). Diese kann in der Sache selbst ergehen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FGO).

  5. 2. Das FG ist zu Recht davon ausgegangen, dass die von der Klägerin gewinnmindernd berücksichtigten Zinsaufwendungen als Entgelte für Schulden der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung unterliegen.

  6. Dabei kann der Senat insoweit dahinstehen lassen, ob die Grundsätze über die Nichtberücksichtigung von durchlaufenden Krediten bei der gewerbesteuerrechtlichen Hinzurechnung von Zinsen auch unter Geltung des § 8 Nr. 1 Buchst. a GewStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 vom 14.08.2007 (BGBl I 2007, 1912, BStBl I 2007, 630) zu berücksichtigen sind. Denn im Streitfall lagen keine solchen durchlaufenden Kredite vor.

  7. a) Nach § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG in der im Streitzeitraum maßgeblichen Fassung wird dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ein Viertel der Summe aus Entgelten für Schulden wieder hinzugerechnet, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt worden sind und soweit die Summe der nach § 8 Nr. 1 GewStG vorzunehmenden Hinzurechnungen den Betrag von 100.000 € übersteigt.

  8. aa) Nach der noch zur Vorgängerfassung des § 8 Nr. 1 GewStG ergangenen Rechtsprechung sind von der Hinzurechnung jedoch Zinsen für durchlaufende Kredite auszunehmen, da es sich insoweit um keine Dauerschulden i.S. dieser Vorschrift handelt (BFH-Urteile vom 16.10.1991 - I R 88/89, BFHE 166, 297, BStBl II 1992, 257, unter II.B.3.; vom 24.01.1996 - I R 160/94, BFHE 180, 160, BStBlII 1996, 328, unter II.1.; vom 07.07.2004 - XI R 65/03, BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II.1.a; vom 15.05.2008 - IV R 77/05, BFHE 221, 248, BStBl II 2008, 767, unter II.a; vom 16.12.2008 - I R 82/07, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 2009, 901, unter II.2.a).

  9. bb) Die Rechtsprechung hat die Annahme eines solchen durchlaufenden Kredits von mehreren Voraussetzungen abhängig gemacht.

  10. Danach muss der aufgenommene Kredit nach dem Willen der Vertragschließenden zu einem außerhalb des Betriebs des Darlehensnehmers liegenden Zweck verwendet werden (BFH-Urteil vom 02.08.1966 - I 66/63, BFHE 86, 768, BStBl III 1967, 27, unter 1.; vom 26.08.1992 - I R 11/92, juris, unter II.1.). Der Steuerpflichtige muss demnach den Kredit nicht im eigenen, sondern im fremden Interesse aufgenommen haben (BFH-Urteile vom 27.05.1981 - I R 6/78, juris, unter b; in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II.1.a; in BFHE 221, 248, BStBl II 2008, 767, unter II.a). Für eine solche Kreditaufnahme im fremden Interesse spricht z.B., wenn gegenüber dem Darlehensgeber offengelegt wird, dass die Darlehensaufnahme für Rechnung eines Dritten erfolgt (BFH-Urteil in HFR 2009, 901, 1143, unter II.2.a). Gegen eine Kreditaufnahme im fremden Interesse spricht hingegen, wenn der Darlehensnehmer die Kredite bilanziert und die entsprechenden Zinsen selbst als Aufwand verbucht (BFH-Urteile in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II.1.b; in HFR 2009, 901, unter II.2.c).

  11. Der Darlehensnehmer muss auf eine ihm genau vorgeschriebene Weitervermittlung des Kredits und auf dessen Verwaltung beschränkt bleiben (BFH-Urteil in BFHE 86, 768, BStBl III 1967, 27, unter 3.). Weiter darf dem Darlehensnehmer aus dem Vorgang kein über die bloßen Verwaltungskosten hinausgehender Nutzen erwachsen (BFH-Urteile in BFHE 86, 768, BStBl III 1967, 27, unter 3.; vom 27.05.1981 - I R 6/78, juris, unter a; in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II.1.a; in BFHE 221, 248, BStBl II 2008, 767, unter II.a). Dabei sind auch mittelbar mit der Darlehensaufnahme in Zusammenhang stehende Vorteile schädlich (BFH-Urteil in BFHE 221, 248, BStBl II 2008, 767, unter II.b).

  12. Ein durchlaufender Kredit liegt danach nicht vor, wenn eine Organgesellschaft einen Kredit aufnimmt und die Kreditmittel an einen anderen zum Organkreis gehörenden Betrieb weiterleitet. In einem solchen Fall ist es (auch) Zweck des Betriebs des Kreditnehmers, ein anderes zum Organkreis gehörendes Unternehmen zu finanzieren; die Weiterleitung der Kreditmittel entspricht in diesem Fall dem betrieblichen Zweck des die Kreditmittel weiterleitenden Unternehmens (BFH-Urteile in BFHE 180, 160, BStBl II 1996, 328, unter II.4.; in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II.1.a). Gleiches gilt, wenn ein Besitzunternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung Kredite an das Betriebsunternehmen mit dem Zweck weiterreicht, das Betriebsunternehmen zu finanzieren (BFH-Urteil in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II.1.b). Ein eigener Zweck des das Darlehen weiterreichenden Unternehmens wird auch dann verfolgt, wenn sich die Anteile des Unternehmens, an das das Darlehen weitergereicht wird, im Betriebsvermögen des ersteren Unternehmens befinden und sich der Wert der Anteile durch die zweckentsprechende Verwendung des Darlehens erhöht (BFH-Urteil in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II.1.b). Schließlich wird ein eigener Zweck des Darlehensnehmers auch bereits dann verfolgt, wenn es seinen Geschäftszweck bildet, bestimmte Fremdinteressen zu fördern (BFH-Urteil vom 18.12.1986 - I R 293/82, BFHE 149, 64, BStBl II 1987, 446, unter 3.).

  13. b) Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze lagen im Streitfall keine durchlaufenden Kredite vor. Denn auch wenn die Klägerin nach den Feststellungen des FG die Darlehensaufnahme für ihre Tochtergesellschaft offengelegt hat, erfolgte die Kreditaufnahme zumindest auch im eigenen Interesse der Klägerin. Sie hat u.a. das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit in ihrer Bilanz ausgewiesen und die für die Darlehen aufgewendeten Zinsen in Höhe von ... € als eigenen Zinsaufwand geltend gemacht. Ferner bestand der betriebliche Zweck der Klägerin gerade darin, das USD-Darlehen und den Betriebsmittelkredit aufzunehmen und an ihre Tochtergesellschaft weiterzureichen. Mit der Weiterreichung der Darlehen verfolgte die Klägerin damit nicht nur ein fremdes Interesse, sondern erfüllte zugleich ihren eigenen Geschäftszweck. Zudem hielt die Klägerin 100 % der Anteile an ihrer Tochtergesellschaft, so dass mit der zweckentsprechenden Verwendung des Darlehens, d.h. dem fremdfinanzierten Erwerb des Schiffes, nicht nur das Betriebsvermögen der Tochtergesellschaft gemehrt, sondern auch der Wert der von der Klägerin an der Tochtergesellschaft gehaltenen Anteile erhöht wurde. Diese Wertung wird auch durch den eigenen Vortrag der Klägerin bestätigt. Denn danach erfolgte die Zwischenschaltung der Klägerin auf Verlangen des Kreditinstituts und beruhte auf kredittechnischen Gründen. Danach verfolgte die Klägerin zudem auch den eigenen Zweck, durch ihre Zwischenschaltung eine Kreditfinanzierung des Schiffes überhaupt erst zu ermöglichen.

  14. 3. Zu Recht ist das FG auch davon ausgegangen, dass eine Saldierung der Zinsaufwendungen der Klägerin mit den von der Tochtergesellschaft erhaltenen Zinserträgen ausscheidet.

  15. a) Bei der Prüfung, ob die Voraussetzungen des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG vorliegen, muss grundsätzlich jedes Schuldverhältnis für sich betrachtet werden. Die Zusammenfassung mehrerer Schuldverhältnisse ist grundsätzlich nicht möglich (Saldierungsverbot: BFH-Urteile vom 19.02.1991 - VIII R 422/83, BFHE 164, 374, BStBl II 1991, 765, unter 5. ff.; vom 21.07.2010 - IV R 2/08, BFH/NV 2011, 44, Rz 23; vom 15.09.2011 - I R 51/10, BFH/NV 2012, 446, Rz 19; vom 11.10.2018 - III R 37/17, BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 16). Dies gilt entsprechend für die Entgelte für Schulden, nämlich für die Gegenleistungen für die Zurverfügungstellung von Fremdkapital. Dazu zählen in erster Linie die laufenden Zinsen i.S. des bürgerlichen Rechts (Senatsurteil in BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 16, m.w.N.).

  16. Danach ist grundsätzlich auch eine Saldierung von Schuld- und Habenzinsen ausgeschlossen; dies gilt selbst dann, wenn ein Guthaben- und ein Darlehenskonto in einem wirtschaftlichen Zusammenhang stehen, ohne einander nicht denkbar sind und die Darlehensmittel nur zweckgebunden verwendet werden dürfen. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise tritt hinter die von den Vertragsparteien gewählte bürgerlich-rechtliche Gestaltung zurück. Es kommt nicht darauf an, wie die Parteien ihre Beziehungen hätten gestalten können, entscheidend ist, wie sie sie gestaltet haben (BFH-Urteil vom 10.11.1976 - I R 133/75, BFHE 120, 545, BStBl II 1977, 165, unter Bezugnahme auf das BFH-Urteil vom 06.06.1973 - I R 257/70, BFHE 109, 465, BStBl II 1973, 670, unter 3.; Senatsurteil in BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 17; Köster in Lenski/Steinberg, a.a.O., § 8 Nr. 1 Buchst. a Rz 65).

  17. b) Ausnahmen von diesem Saldierungsverbot hat die Rechtsprechung nur hinsichtlich mehrerer bei einem Kreditgeber unterhaltener Konten und bei wechselseitig zwischen zwei Personen gegebenen Darlehen anerkannt, wenn die Darlehensverhältnisse gleichartig sind, derselben Zweckbestimmung dienen und regelmäßig tatsächlich miteinander verrechnet werden (Senatsurteil in BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 19, m.w.N.). Handelt es sich hingegen um Darlehensverhältnisse zwischen verschiedenen Vertragsparteien kommt eine Verrechnung der Zinsaufwendungen nur in Betracht, wenn mit der empfangenen Leistung eine unmittelbare Verringerung der Zinslast beabsichtigt ist (BFH-Urteile vom 04.05.1965 - I 134/63 U, BFHE 82, 468, BStBl III 1965, 417, und in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II.2.).

  18. c) Im Streitfall lag keiner dieser Ausnahmefälle vor. Weder handelte es sich um mehrere bei einem Kreditgeber unterhaltene Konten noch um wechselseitig zwischen zwei Personen gegebene Darlehen. Es lag auch keine dem BFH-Urteil in BFHE 82, 468, BStBl III 1965, 417 vergleichbare Sachverhaltskonstellation vor. Die von der Tochtergesellschaft gezahlten Zinsen dienten nicht ‑‑wie ein Zinszuschuss der öffentlichen Hand‑‑ der Verminderung der Zinslast der Klägerin gegenüber der kreditgewährenden Bank. Vielmehr resultierte die Zinszahlung daraus, dass die Klägerin der Tochtergesellschaft den Erwerb des Schiffes und damit ihren Geschäftsbetrieb ermöglichte. Die Zinsen waren deshalb das Entgelt für das der Tochtergesellschaft zur Verfügung gestellte Kapital (s. dazu BFH-Urteil in BFHE 207, 340, BStBl II 2005, 102, unter II.2.). Die Zinszahlungspflicht der Klägerin war auch nicht ursächlich für die Zinszahlungspflicht der Tochtergesellschaft. Vielmehr hätte die Tochtergesellschaft auch dann Zinsen zahlen müssen, wenn ihr die Klägerin das für den Schiffserwerb erforderliche Kapital nicht aus Fremd- sondern aus Eigenmitteln zur Verfügung gestellt hätte. Insofern würde die Anerkennung einer Saldierung auch dem Zweck des § 8 Nr. 1 Buchst. a Satz 1 GewStG zuwiderlaufen, der darin liegt, den Ertrag des im Betrieb arbeitenden Kapitals in vollem Umfang der Besteuerung nach dem Gewerbeertrag zu unterwerfen ("objektive Wirtschaftskraft des Gewerbebetriebs") und im Wesentlichen eine Gleichstellung von Erträgen aus eigen- und fremdfinanziertem Kapital herbeizuführen (vgl. Senatsurteil in BFHE 263, 252, BStBl II 2019, 275, Rz 18, m.w.N.).

  19. 4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.

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