ECLI:DE:BFH:2019:U.040619.VIR34.17.0
BFH VI. Senat
AO § 162, EStG § 4 Abs 3, EStG § 11 Abs 1 S 1, EStG § 11 Abs 1 S 3, EStG § 11 Abs 2 S 3, EStG § 13, FGO § 96 Abs 1 S 1, EStG VZ 2012
vorgehend FG Münster, 08. Juni 2017, Az: 4 K 1034/15 E
Leitsätze
1. Überlässt ein Steuerpflichtiger, der seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft durch Einnahme-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, zu seinem Betriebsvermögen gehörende Grundstücke gegen ein vorausgezahltes Entgelt zur Nutzung für die Durchführung naturschutzrechtlicher Ausgleichsmaßnahmen, kann er das Gestattungsentgelt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG auf den Vorauszahlungszeitraum verteilen, wenn der Nutzungsüberlassungs- und der Vorauszahlungszeitraum mehr als fünf Jahre betragen .
2. Voraussetzung für die Verteilung der Einnahme ist, dass der Vorauszahlungszeitraum anhand objektiver Umstände ‑‑und sei es auch im Wege sachgerechter Schätzung‑‑ feststellbar (bestimmbar) ist und einen Nutzungsüberlassungszeitraum von mehr als fünf Jahren entgilt .
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Finanzgerichts Münster vom 09.06.2017 - 4 K 1034/15 E wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens hat der Beklagte zu tragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist Rechtsnachfolgerin ihrer 2015 verstorbenen Mutter (M). M unterhielt einen land- und forstwirtschaftlichen Verpachtungsbetrieb, dessen Gewinn sie für das landwirtschaftliche Normalwirtschaftsjahr durch Einnahmen-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte.
Die verpachteten Grundstücke der M befanden sich in der Nähe des Gebiets des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. YYY – Kraftwerk X. Die K-GmbH beabsichtigte, im beplanten Bereich ein Kraftwerk zu errichten, mit dessen Bau bereits im Jahr 2007 begonnen worden war. Der Bebauungsplan enthielt u.a. Vorgaben für grünordnerische Maßnahmen, darunter Ausgleichsmaßnahmen für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft gemäß § 15 des Bundesnaturschutzgesetzes.
Die K-GmbH beauftragte die S mit der Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen. Vor diesem Hintergrund schloss S mit M einen Gestattungsvertrag vom XX.YY.2011. Darin gestattete M der S auf einem Teil ihrer betrieblichen Grundstücke die Umsetzung von im Bebauungsplan festzulegenden Kompensationsmaßnahmen. Nach § 1 Nr. 2 des Gestattungsvertrags stellte M der S in dem Vertrag näher bezeichnete Flächen zur Verfügung. M gestattete der S und der Stadt X gemäß § 2 Nr. 2 des Gestattungsvertrags dort folgende Maßnahmen durchzuführen: Baum/Strauchhecke 8 923 qm, Aufforstung 37 619 qm, Maßnahmen nach Abstimmung 4 540 qm. Dies schloss nach § 2 Nr. 1 des Vertrags die Herstellung und Pflege der vorgesehenen Maßnahmen ein. M war nach § 2 Nr. 3 des Vertrags verpflichtet, auf der Vertragsfläche für die Vertragsdauer keine Nutzungen oder Handlungen vorzunehmen, die die Umsetzung des festgelegten Entwicklungsziels vereiteln, gefährden oder auf sonstige Weise beeinträchtigen konnten, insbesondere durch die Errichtung von Anlagen oder Baulichkeiten. Die Gestattungsflächen waren nach § 1 Nr. 3 des Vertrags ausschließlich den Kompensationsmaßnahmen vorbehalten. Unberührt blieb eine land- und forstwirtschaftliche sowie eine sonstige Nutzung, soweit der Gestattungsvertrag nicht entgegenstand. M war nach § 8 Nr. 3 des Gestattungsvertrags allerdings verpflichtet, die Pachtverträge über die Vertragsflächen zum nächstmöglichen Zeitpunkt zu kündigen. Mit der Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen konnte nach § 8 Nr. 3 des Gestattungsvertrags frühestens nach Ablauf der Pachtzeiträume begonnen werden.
Nach § 3 des Gestattungsvertrags waren S, die Stadt X, Vertreter der K-GmbH und von diesen beauftragte Dritte berechtigt, die Grundstücke zum Vertragszweck zu betreten und zu befahren. M gestattete diesen auch die Zuwegung über ihren Grundbesitz, soweit er nicht Vertragsfläche war.
Der Gestattungsvertrag begann nach dessen § 4 mit der Vertragsunterzeichnung und lief auf unbestimmte Zeit unter Ausschluss der ordentlichen Kündigung durch M. Er endete mit dem vollständigen Rückbau des Kraftwerks und der vollständigen Rekultivierung der Vorhabensfläche. Nach § 8 Nr. 6 des Gestattungsvertrags stand M nach Ablauf des Vertrags die Verwertung des Aufwuchses der Anpflanzungen zu.
M war nach § 9 des Gestattungsvertrags verpflichtet, zugunsten der Stadt X und der K-GmbH je eine beschränkt persönliche Dienstbarkeit im Grundbuch eintragen zu lassen. Diese hatten jeweils zum Inhalt, dass die Stadt X und die K-GmbH berechtigt waren, auf der Grundlage des vorhabenbezogenen Bebauungsplans Nr. YYY auf den Gestattungsflächen Kompensationsmaßnahmen anzulegen und zu unterhalten und die Flächen zu begehen und zu befahren.
S hatte gemäß § 6 Nr. 1 des Gestattungsvertrags einen Monat nach Eintragung der Dienstbarkeiten an M ein einmaliges Gestattungsentgelt in Höhe von 638.525 € zuzüglich Umsatzsteuer in der gesetzlich geschuldeten Höhe zu zahlen.
M erhielt das Gestattungsentgelt am 10. Juni 2013. S begann mit der Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen im November 2014. Die von dem Gestattungsvertrag nicht betroffenen Flächen verpachtete M weiterhin.
In ihrer Gewinnermittlung für das Wirtschaftsjahr 2012/2013 erfasste M die Entschädigung wegen der Ausgleichsmaßnahmen als Einnahme in Höhe von 12.770 €. Dem lag zugrunde, dass sie das Gestattungsentgelt gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG auf 25 Jahre gleichmäßig verteilte ((638.525 € / 25) x 0,5).
Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) folgte dem nicht. Nach Auffassung des FA war das Gestattungsentgelt mit Zufluss im Wirtschaftsjahr 2012/2013 in voller Höhe als Betriebseinnahme zu versteuern.
Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2017, 1268 veröffentlichten Gründen statt.
Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts.
Das FA beantragt,
das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist unbegründet und zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass M das Gestattungsentgelt gleichmäßig auf 25 Jahre verteilen konnte.
1. Die Vorinstanz ist in Übereinstimmung mit den Beteiligten zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei dem von M bezogenen Gestattungsentgelt um eine steuerbare und steuerpflichtige Betriebseinnahme bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft handelte. Der Senat sieht insoweit von einer weiteren Begründung ab.
2. M bezog das Gestattungsentgelt im Wirtschaftsjahr 2012/2013, da es ihr am 10. Juni 2013 zufloss (§ 11 Abs. 1 Satz 1 EStG). Sie musste das Gestattungsentgelt aber nicht im Zuflusszeitpunkt in voller Höhe als Betriebseinnahme erfassen, sondern konnte es gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG gleichmäßig verteilen.
a) Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Als Ausnahme von diesem Grundsatz sieht § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG vor, dass der Steuerpflichtige Einnahmen, die auf einer Nutzungsüberlassung i.S. des § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG beruhen, insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilen kann, für den die Vorauszahlung geleistet wird. § 11 Abs. 2 Satz 3 EStG betrifft Ausgaben „für eine Nutzungsüberlassung von mehr als fünf Jahren“.
b) Nach der Rechtsprechung des Senats handelt es sich bei den Einnahmen für eine Nutzungsüberlassung um Leistungen, die für eine Nutzung von beweglichen oder unbeweglichen Sachen sowie Rechten erbracht werden (Senatsurteil vom 21. November 2018 - VI R 54/16, BFHE 263, 191, BStBl II 2019, 311, Rz 24). Eine solche Nutzungsüberlassung liegt im Streitfall vor.
aa) Ob eine Vereinbarung zu einer Nutzung berechtigt, hat in erster Linie das FG als Tatsacheninstanz zu beurteilen. Dabei kommt es entscheidend auf den wirtschaftlichen Gehalt der zugrunde liegenden Vereinbarung an, wie er sich nach dem Gesamtbild der Verhältnisse des Einzelfalls unter Berücksichtigung des wirklichen Willens der Vertragsparteien ergibt (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 20. Juli 2018 - IX R 3/18, Rz 15). Die Tatsachen- und Beweiswürdigung durch das FG, zu der auch die Auslegung von Verträgen gehört, ist für das Revisionsgericht grundsätzlich bindend. Die revisionsrechtliche Überprüfung durch den BFH beschränkt sich daher darauf, ob die vorgenommene Würdigung unter Beachtung der gesetzlichen Auslegungsregeln (insbesondere §§ 133, 157 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) möglich ist und nicht gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze verstoßen wurde (z.B. Senatsurteil vom 4. Juli 2018 - VI R 16/17, BFHE 261, 543, BStBl II 2019, 373, Rz 20, m.w.N.).
bb) Nach diesen Maßstäben ist die Auffassung des FG, der wirtschaftliche Schwerpunkt des Gestattungsvertrags liege auf einer Nutzungsüberlassung, nicht zu beanstanden.
M war nach § 2 Nr. 2 des Gestattungsvertrags verpflichtet, der S auf der Vertragsfläche die Anpflanzung von Baum- bzw. Strauchhecken, die Aufforstung und weitere Maßnahmen nach Abstimmung zu gestatten. Nach § 3 des Vertrags räumte M der S sowie von dieser beauftragten Dritten ferner das Recht ein, die Vertragsfläche zum Vertragszweck zu betreten und zu befahren. M überließ der S mit dem Gestattungsvertrag somit die Nutzung der Vertragsfläche für die Durchführung bestimmter (Kompensations-)Maßnahmen in Zusammenhang mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan Nr. YYY der Stadt X.
Zwar räumte M der S in dem Gestattungsvertrag nicht die ausschließliche Nutzung der Vertragsfläche ein, wie sich aus § 2 Nr. 3 des Gestattungsvertrags ergibt. Dies setzt § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG aber auch nicht voraus. Eine Nutzungsüberlassung i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG kann selbst dann vorliegen, wenn die Voraussetzungen eines Miet- oder Pachtverhältnisses nicht erfüllt sind. Der Begriff der Nutzungsüberlassung umfasst zwar auch Miet- und Pachtverhältnisse; er geht darüber aber hinaus, da er jegliche Nutzungsüberlassung berücksichtigt. Im Übrigen geht auch das vom FA herangezogene BFH-Urteil vom 8. November 2012 - V R 15/12 (BFHE 239, 509, BStBl II 2013, 455) zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung der Überlassung von Grundstücksflächen für naturschutzrechtliche Ausgleichsmaßnahmen davon aus, dass mit einer solchen Überlassung ein Nutzungsrecht eingeräumt wird (z.B. Rz 30 und 31 des BFH-Urteils in BFHE 239, 509, BStBl II 2013, 455; ebenso BFH-Urteil vom 20. Juli 2018 - IX R 3/18, Rz 17 ff.), auch wenn es sich umsatzsteuerrechtlich nicht um eine Vermietung oder Verpachtung handelt.
Zwar hat sich M in dem Gestattungsvertrag neben der Überlassung der Vertragsfläche zu weiteren Leistungen verpflichtet, die als solche keine Nutzungsüberlassung darstellen. Dies gilt insbesondere für die in § 9 des Vertrags vereinbarte dingliche Sicherung durch Eintragung beschränkt persönlicher Dienstbarkeiten. Bei der Bestellung beschränkt persönlicher Dienstbarkeiten handelt es sich nicht um eine Nutzungsüberlassung, sondern um eine rechtsgeschäftliche Verwertung des Grundbesitzes durch dingliche Belastung (Senatsurteil in BFHE 263, 191, BStBl II 2019, 311, Rz 24 und 26, m.w.N.).
Das FG hat den Gestattungsvertrag aber in vertretbarer Weise dahin gewürdigt, dass die wesentliche Leistung der M nicht in der dinglichen Belastung ihres Grundbesitzes, sondern in der Nutzungsüberlassung der Vertragsfläche zur Durchführung der Kompensationsmaßnahmen bestand. Anders als in dem Fall, der dem Senatsurteil in BFHE 263, 191, BStBl II 2019, 311 zugrunde lag, hatte M mit der Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten ihre vertragliche Hauptpflicht aus dem Gestattungsvertrag nicht erfüllt. Diese lag vielmehr, wie die Vorinstanz vertretbar entschieden hat, in der Gebrauchsüberlassung der Vertragsfläche. Dies zeigt sich auch darin, dass M die bisherige Nutzung der Vertragsfläche durch Verpachtung an andere Landwirte nicht fortsetzen konnte. M war nach § 8 Nr. 3 des Gestattungsvertrags vielmehr zur Kündigung der Pachtverträge verpflichtet. S konnte mit der Umsetzung der Kompensationsmaßnahmen erst nach Beendigung der Pachtverhältnisse beginnen. Dies verdeutlicht, dass S auf die tatsächliche Nutzung der Vertragsfläche angewiesen war, um die Kompensationsmaßnahmen durchführen und ihre mit dem Vertrag verfolgten (wirtschaftlichen) Ziele erreichen zu können. Die Eintragung der beschränkt persönlichen Dienstbarkeiten sollte die Nutzungsüberlassung der Vertragsfläche an S daher lediglich dinglich sichern.
c) Das Gestattungsentgelt beruhte auf der vorgenannten Nutzungsüberlassung i.S. von § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG, wie das FG ebenfalls zutreffend entschieden hat.
Eine Einnahme beruht auf einer Nutzungsüberlassung, wenn sie sich im weitesten Sinne als Gegenleistung für die Nutzungsüberlassung darstellt. Diese Voraussetzung erfüllt das von M bezogene Gestattungsentgelt. Denn es handelte sich um die Gegenleistung der S für die Überlassung der Vertragsfläche durch M zur Durchführung der Kompensationsmaßnahmen. Die Nutzungsüberlassung der Vertragsfläche war ‑‑wie oben dargelegt wurde‑‑ die vertragliche Hauptleistungspflicht der M, für die S das Nutzungsentgelt im Wesentlichen zahlte.
d) Das Gestattungsentgelt wurde auch für „mehr als fünf Jahre im Voraus geleistet“ (§ 11 Abs. 2 Satz 3 EStG).
aa) § 11 Abs. 1 Satz 3 EStG erfordert das Vorliegen einer Vorauszahlung. Eine solche liegt vor, soweit die Zahlung zeitlich vor der Nutzungsüberlassung zufließt, für die sie geleistet wird. Diese Voraussetzung erfüllte das Gestattungsentgelt nach den bindenden Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) in vollem Umfang, da es der M bereits am 10. Juni 2013 zufloss. Die Nutzungsüberlassung begann hingegen erst im November 2014 mit der Umsetzung der Ausgleichsmaßnahmen.
bb) § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG bezieht sich (nur) auf Vorauszahlungen, die einen Nutzungsüberlassungszeitraum von mehr als fünf Jahren entgelten (ebenso Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen ‑‑BMF‑‑ vom 30. September 2013 - IV C 1-S 2253/07/10004, BStBl I 2013, 1184, Rz 26; Blümich/Martini, § 11 EStG Rz 47; Walter in Frotscher/Geurts, EStG, Freiburg 2018, § 11 Rz 53; Kister in Herrmann/ Heuer/Raupach ‑‑HHR‑‑, § 11 EStG Rz 125; Kube/Schomäcker, in: Kirchhof/Söhn/ Mellinghoff, EStG, § 11 Rz C 24; Bergan/Martin in Lademann, EStG, § 11 EStG Rz 110; Pust in Littmann/Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 11 Rz 71; Schmidt/Krüger, EStG, 38. Aufl., § 11 Rz 30; a.A. Schiffers in Korn, § 11 EStG Rz 46.4).
Nach dem Gesetzeswortlaut ist es zwar nicht eindeutig, ob sich der Zeitraum "von mehr als fünf Jahren im Voraus“ (auch) auf den Vorauszahlungszeitraum bezieht. Dies ist nach Auffassung des erkennenden Senats aber mit der h.M. im Schrifttum zu bejahen.
Diese Auslegung entspricht zum einen dem Willen des historischen Gesetzgebers. Nach der Beschlussempfehlung und dem Bericht des Finanzausschusses zum Gesetzentwurf der Bundesregierung über ein Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften sollte dem Leistungsempfänger ein Wahlrecht eingeräumt werden, „die entsprechenden Einnahmen sofort bei Zufluss oder gleichmäßig verteilt auf den Zeitraum, für den die Vorauszahlung vereinbart ist, zu versteuern“ (BTDrucks 15/4050, S. 56). Damit wollte der Finanzausschuss in Anlehnung an die bisherige Verwaltungsauffassung und in Abkehr von dem BFH-Urteil vom 23. September 2003 - IX R 65/02 (BFHE 203, 355, BStBl II 2005, 159) erreichen, Einmalzahlungen für langfristige Nutzungsüberlassungen auf den Vorauszahlungszeitraum zu verteilen.
Die Ansicht des Senats trägt auch dem Gesetzeszweck Rechnung. Aus Vereinfachungsgründen sollten Nutzungsüberlassungen bis zu fünf Jahren von der Regelung ausgenommen sein (BTDrucks 15/4050, S. 53). Dieser Vereinfachungszweck ließe sich jedoch nicht erreichen, wenn ‑‑abweichend vom Zufluss-/Abflussprinzip‑‑ jede Vorauszahlung, die sich auf einen anderen Veranlagungszeitraum als den der Zahlung bezieht, zu einer Verteilung der Einnahme führen würde. Dies wäre aber der Fall, wenn sich der Zeitraum von mehr als fünf Jahren nicht auf den Vorauszahlungszeitraum beziehen würde.
Aus der Rechtsfolgenbestimmung der gleichmäßigen Verteilung der Einnahme auf den Vorauszahlungszeitraum ergibt sich nichts anderes. Diese Regelung ordnet ‑‑unabhängig vom Zeitraum der Nutzungsüberlassung‑‑ die Verteilung der Einnahme auf den Zeitraum an, für den sie geleistet wurde. Fallen Nutzungsüberlassungs- und Vorauszahlungszeitraum auseinander, ist für die Verteilung der Einnahme letzterer maßgeblich (Blümich/Martini, § 11 EStG, Rz 46; HHR/Kister, EStG, § 11 Rz 126).
cc) Bei Bezug der Einnahme, deren Verteilung in Rede steht, muss ferner feststehen, dass der Vorauszahlungszeitraum für die Nutzungsüberlassung mehr als fünf Jahre beträgt (Kube/Schomäcker, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 11 Rz C 23). Hierfür genügt nicht schon der Abschluss eines unbefristeten, ordentlich kündbaren Vertrags über eine Nutzungsüberlassung (BFH-Urteil vom 20. Juli 2018 - IX R 3/18, Rz 24; HHR/ Kister, EStG, § 11 Rz 125; Bergan/Martin in Lademann, a.a.O., § 11 EStG Rz 108). Das Gesetz verlangt indessen nicht, dass die genaue Zeitdauer der Nutzungsüberlassung im Vorauszahlungszeitpunkt bereits fest vereinbart ist (Blümich/Martini, § 11 EStG Rz 46; Pust in Littmann/Bitz/Pust, a.a.O., § 11 Rz 71; a.A. HHR/Kister, EStG, § 11 Rz 125). Erforderlich, aber auch ausreichend ist vielmehr, dass der Vorauszahlungszeitraum anhand objektiver Umstände ‑‑und sei es auch im Wege sachgerechter Schätzung (§ 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 der Abgabenordnung)‑‑ feststellbar (bestimmbar) ist (im Ergebnis ebenso BMF-Schreiben in BStBl I 2013, 1184, Rz 26; offen gelassen im BFH-Urteil vom 20. Juli 2018 - IX R 3/18, Rz 23) und einen Nutzungsüberlassungszeitraum von mehr als fünf Jahren entgilt. Denn die gleichmäßige Verteilung der Vorauszahlung auf den Vorauszahlungszeitraum setzt denknotwendig voraus, dass der Vorauszahlungszeitraum jedenfalls bestimmbar ist. Andernfalls ist eine gleichmäßige Verteilung der Einnahme auf den Vorauszahlungszeitraum nicht möglich. Hiernach können z.B. auch Einmalzahlungen für auf Lebenszeit abgeschlossene Verträge auf den Vorauszahlungszeitraum verteilt werden, sofern sie für einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren geleistet werden und die mutmaßliche Lebenserwartung nach der jeweils aktuellen Sterbetafel des Statistischen Bundesamts fünf Jahre übersteigt (BMF-Schreiben in BStBl I 2013, 1184, Rz 26).
dd) Nach diesen Maßstäben hat die Vorinstanz im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das Gestattungsentgelt für mehr als fünf Jahre im Voraus geleistet wurde.
(1) Der Gestattungsvertrag ist auf unbestimmte Zeit unter Ausschluss einer ordentlichen Kündigungsmöglichkeit geschlossen. Er findet erst mit dem vollständigen Rückbau des Kraftwerks und der vollständigen Rekultivierung der Vorhabensfläche sein Ende. Erst zu diesem Zeitpunkt enden damit sowohl der Nutzungsüberlassungs- als auch der Vorauszahlungszeitraum, der nach dem Gestattungsvertrag die gesamte Vertragslaufzeit umfasst. Bei dieser Sachlage gelangt der Senat auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des FG zu der Überzeugung, dass der Nutzungsüberlassungszeitraum mehr als fünf Jahre beträgt. Der Senat ist nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz auch der Auffassung, dass der Vorauszahlungszeitraum im Streitfall jedenfalls bestimmbar ist. Er umfasst den Zeitraum bis zum Abschluss des vollständigen Rückbaus des Kraftwerks und der Rekultivierung der Vorhabensfläche. Dieser Zeitraum ist anhand der voraussichtlichen Nutzungsdauer des Kraftwerks und der für dessen Rückbau und die Rekultivierung benötigten Zeiträume zumindest im Wege sachgerechter Schätzung feststellbar. Der Streitfall unterscheidet sich hierdurch auch von dem Sachverhalt, der dem BFH-Urteil vom 20. Juli 2018 - IX R 3/18 zugrunde lag. Denn dort sah sich der BFH nach den Feststellungen des FG nicht in der Lage, "eine Bestimmung des maßgeblichen Zeitraums anhand sonstiger (objektiver) Umstände“ vorzunehmen (BFH-Urteil vom 20. Juli 2018 - IX R 3/18, Rz 23).
(2) Zwar hat das FG die genaue Dauer des Vorauszahlungszeitraums, wie es nach den vorgenannten Grundsätzen erforderlich gewesen wäre, im Streitfall nicht ‑‑auch nicht im Wege einer sachgerechten Schätzung‑‑ festgestellt. Da die Klägerin aber (nur) eine Verteilung des Gestattungsentgelts auf 25 Jahre begehrt hat, weder das FG im Klageverfahren noch der erkennende Senat im Revisionsverfahren über dieses Klagebegehren hinausgehen können und das FG für den Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindend festgestellt hat, dass der Nutzungsüberlassungs- und der Vorauszahlungszeitraum mindestens 25 Jahre betragen, hat das FG die Verteilung des Gestattungsentgelts im Ergebnis zutreffend zugelassen. Die Annahme des FG, der Nutzungsüberlassungs- und der Vorauszahlungszeitraum betrügen mindestens 25 Jahre, ist möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze. Sie ist angesichts der Ausgestaltung des Gestattungsvertrags und der ‑‑nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin‑‑ von der K-GmbH kalkulierten Nutzungsdauer des Kraftwerks von 40 Jahren sogar naheliegend. Die Beteiligten haben hiergegen auch keine Revisionsrügen vorgebracht.
e) Liegen nach alledem die Voraussetzungen des § 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 3 EStG vor, stand M ein Wahlrecht zu, das Gestattungsentgelt im Zuflusszeitpunkt sofort zu versteuern oder es auf den Vorauszahlungszeitraum gleichmäßig zu verteilen (s. Schmidt/Krüger, a.a.O., § 11 Rz 30; Kube/Schomäcker, in: Kirchhof/Söhn/Mellinghoff, a.a.O., § 11 Rz B 36). M hat in ihrer Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG von diesem Wahlrecht Gebrauch gemacht und das Gestattungsentgelt auf den Zeitraum gleichmäßig verteilt, für den es als Vorauszahlung mindestens geleistet wurde. Das FG hat folglich zu Recht darauf erkannt, dass das Gestattungsentgelt im Streitjahr nur anteilig in Höhe von 12.771 € als Betriebseinnahme anzusetzen ist.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.