ECLI:DE:BFH:2018:BA.270318.VB120.17.0
BFH V. Senat
AO § 118, FGO § 114, InsO § 248, FGO § 69
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 11. Oktober 2017, Az: 12 V 1889/17
Leitsätze
NV: Ist im summarischen Verfahren davon auszugehen, dass der nach § 248 InsO gerichtlich bestätigte Insolvenzplan nicht angefochten werden kann, so kann offenbleiben, ob es sich bei der Erklärung der Anfechtung der Zustimmung zum Insolvenzplan durch das FA um einen Verwaltungsakt nach § 118 AO handelt.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 12.10.2017 12 V 1889/17 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
Tatbestand
I.
Über das Vermögen des Antragstellers und Beschwerdeführers (Antragsteller) wurde am 1. August 2010 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) meldete zunächst Steuerforderungen in Höhe von 601.808,98 € und später weitere Steueransprüche in Höhe von 124.283,72 € zur Insolvenztabelle an. Die angemeldeten Forderungen wurden zur Tabelle festgestellt. Im Insolvenzverfahren legte der Antragsteller einen Insolvenzplan vor, dem das FA wie auch die Gläubigerversammlung zustimmte. Der Insolvenzplan wurde am 13. Dezember 2010 gerichtlich bestätigt. Hiergegen wurde kein Rechtsmittel eingelegt, so dass der Insolvenzplan rechtskräftig wurde. Die auf das FA entfallende Planquote von … € wurde an das FA ausgezahlt. Das Insolvenzverfahren wurde mit Beschluss des Amtsgerichts … (AG) vom … 2011 aufgehoben.
Im Anschluss an eine Außenprüfung für die Jahre 2010 und 2011 ging das FA davon aus, dass der Antragsteller im Insolvenzplan seine wirtschaftlichen Verhältnisse vorsätzlich unrichtig dargestellt habe. Das FA erklärte mit Schreiben vom 12. Juli 2017 die Anfechtung seiner Zustimmungserklärung zum Insolvenzplan.
In der Folgezeit kam es zu Vollstreckungsmaßnahmen. Auf Anordnung durch das AG vom 17. Juli 2017 kam es zu einer Durchsuchung von Wohnung und Geschäftsräumen. Das AG hob diese Anordnung durch Beschluss vom 7. August 2017 auf, da der Insolvenzplan bindend sei und die geltend gemachten Forderungen von diesem umfasst seien. Eine Anfechtung wegen arglistiger Täuschung ändere hieran nichts.
In der Folgezeit leitete das FA ein Strafverfahren wegen Verdachts der Steuerhinterziehung im Beitreibungsverfahren in einem besonders schweren Fall ein.
Der Antragsteller beantragte beim Finanzgericht (FG) Aussetzung der Vollziehung (AdV) von Steuerbescheiden für die Jahre 2004, 2005, 2008, 2009 sowie Januar bis Juli 2010, hilfsweise beantragte er, den Antrag als Antrag auf einstweilige Anordnung auszulegen.
Das FG verwarf den Antrag auf AdV als unzulässig, da eine Aussetzung der vom Antragsteller angegriffenen Bescheide schon wegen deren Bestandskraft nicht in Betracht komme. Die Bescheide umfassten auch nicht die Säumniszuschläge, gegen die sich der Antragsteller wende. Die Anfechtung der Zustimmung zum Insolvenzplan stelle keinen Verwaltungsakt dar. Da der Antragsteller von einem sachkundigen Prozessbevollmächtigten vertreten werde, komme eine Umdeutung in einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht in Betracht.
Der Antragsteller wiederholt im Beschwerdeverfahren im Wesentlichen seine Anträge und weist darauf hin, dass für sein Rechtsschutzziel eine Umdeutung sachdienlich wäre.
Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist unbegründet und daher zurückzuweisen.
1. Im summarischen Verfahren kann offenbleiben, ob es sich bei der Erklärung der Anfechtung der Zustimmung zum Insolvenzplan um einen Verwaltungsakt nach § 118 der Abgabenordnung (AO) handelt. Denn für Zwecke dieses Verfahrens ist davon auszugehen, dass der nach § 248 der Insolvenzordnung (InsO) gerichtlich bestätigte Insolvenzplan nicht angefochten werden kann (vgl. MünchKommInsO/Sinz, 3. Aufl. 2014, § 248 Rz 35; Pleister, Kübler/Prütting/Bork, InsO, § 248 Rz 11). Damit erübrigt sich die Frage nach der Verwaltungsaktqualität einer rechtlich unerheblichen Anfechtungserklärung.
2. Es kommt auch keine Umdeutung in einen Antrag auf einstweilige Anordnung nach § 114 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Betracht. Unabhängig davon, ob die Erklärung eines sachkundigen Prozessbevollmächtigten auslegungsfähig ist (vgl. hierzu Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 114 FGO Rz 59), hat der Antragsteller weder für eine Sicherungsanordnung (§ 114 Abs. 1 Satz 1 FGO) noch für eine Regelungsanordnung (§ 114 Abs. 1 Satz 2 FGO) hinreichend zum erforderlichen Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund vorgetragen. Die Ausführungen zu den Vollstreckungsmaßnahmen, gegen die er sich bereits beim AG gewendet hat, der Hinweis auf verbösernde Steuerbescheide und Rechtsstreitigkeiten vor dem Landgericht reichen nicht aus.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.