ECLI:DE:BFH:2017:U.211217.IVR55.16.0
BFH IV. Senat
AO § 39 Abs 2 Nr 1 S 1, EStG § 5 Abs 1, HGB § 246 Abs 1 S 2, FGO § 48 Abs 1 Nr 1, EStG VZ 2008
vorgehend FG Köln, 31. August 2016, Az: 15 K 444/12
Leitsätze
NV: Wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO des Leasingnehmers an dem Leasingobjekt kommt nicht in Betracht, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasinggegenstandes länger als die Grundmietzeit ist und dem Leasinggeber ein Andienungsrecht eingeräumt ist (Bestätigung der Rechtsprechung).
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 1. September 2016 15 K 444/12 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Gesamtrechtsnachfolger und ehemaliger Gesellschafter der X GmbH & Co. KG (KG). Geschäftsgegenstand der KG war das Verleasen von Wirtschaftsgütern. Der Kläger war als einziger Kommanditist mit einer Kommanditeinlage von 170.000 € zu 100 % am Kapital der KG beteiligt. Komplementärin der KG ohne Kapitalbeteiligung war bis zum 30. August 2008 die G GmbH und ab dem 31. August 2008 die V GmbH. Die Komplementärin schied mit Wirkung zum 16. Dezember 2010 aus der KG aus. Die KG wurde am 30. Dezember 2010 im Handelsregister gelöscht. Sowohl die frühere als auch die spätere Komplementärin befinden sich wegen Insolvenz oder Liquidation in Auflösung.
Am 29. Dezember 2006 und am 10. Juli 2007 schlossen die KG als Käuferin und zukünftige Leasinggeberin und die P GmbH als Verkäuferin und zukünftige Leasingnehmerin mehrere gleichlautende Kauf- und Leasingverträge ("sale and lease back") über sog. Informationssysteme oder Medienrechner (Leasingobjekte). Das System bestand jeweils aus einem handelsüblichen Rechner, einer Wandhalterung und TFT-Monitor(en) und diente dazu, an werbewirksamen Standorten von Kunden ("Abonnenten") des Leasingnehmers aufgestellt zu werden und dort Informationsprogramme und Werbesendungen auszustrahlen. Das Geschäftsmodell wurde auch in einer Vielzahl von weiteren, zu diesem Zweck gegründeten Leasinggesellschaften verfolgt und war von der G GmbH als "Renditemodell" konzipiert worden. Das Konzept sah eine prognostizierte Laufzeit der Leasinggesellschaft von acht Jahren vor. Es sah den Erwerb von mobilen neuwertigen Wirtschaftsgütern vor, die zum Teil fremdfinanziert werden könnten. Der Erwerb sollte erfolgen, wenn die Hersteller (oder Verkäufer) eine Rücknahmeverpflichtung eingehen oder das Wirtschaftsgut einen geregelten Gebrauchtmarkt hat, wie z.B. Fahrzeuge.
Die Leasingverträge sahen im Streitfall eine Vertragslaufzeit von vier Jahren (48 Monate) vor. Geregelt wurde jeweils ein Kaufpreis (für den Erwerb durch die KG), monatliche Leasingraten (der P GmbH) und ein Restwert in Höhe von 20 % des Kaufpreises bei Vertragsende. Der Kaufpreis der Systeme (Beispiel System 542: Kaufpreis pro Einheit bestehend aus Monitor, Rechner und Halterung von 8.000 € netto) und der in den Standortverträgen mit den Abonnenten angegebene Wert der Einheit (beim System 542: 3.800 € netto) unterschieden sich erheblich. Für den Kauf des Leasingobjekts gewährte die Verkäuferin und Leasingnehmerin (P GmbH) als Darlehensgeberin der Käuferin und Leasinggeberin (KG) als Darlehensnehmerin jeweils einen Lieferantenkredit.
Die Geschäftsführerin der P GmbH bürgte selbstschuldnerisch für die Ansprüche aus dem Leasingvertrag einschließlich des geregelten Restwerts bei Vertragsende. Ein Informationsblatt zum Leasingobjekt wies eine technische Haltbarkeit der Bildschirme von 40 000 bis 50 000 Betriebsstunden aus. Bei einem Betrieb von zwölf Stunden täglich ergeben sich nach vier Jahren 17 520 Betriebsstunden, bei 16 Stunden täglich 23 360 Betriebsstunden. In anderen technischen Unterlagen gab der Hersteller eines häufig verwendeten Monitors eine Laufzeit von 50 000 Stunden für den Bildschirm an.
Außerdem schlossen die KG (als Rückverkäuferin) und die P GmbH (als Rückkäuferin) zeitgleich Rückkaufvereinbarungen, in denen sich die Rückkäuferin verpflichtete, die Leasingobjekte bzw. bei einem Austausch die Ersatzobjekte "auf Verlangen" der KG zurückzukaufen, wenn der Leasingvertrag endet, gleich aus welchem Grund. Der Vertrag sollte mit dem Zugang des Rückkaufverlangens bei der Rückkäuferin durch einseitige Erklärung der KG (als Rückverkäuferin) zustandekommen. Der vereinbarte Rückkaufpreis entsprach der Summe der Barwerte der noch offenen Leasingraten und eines eventuell vereinbarten Restwerts. Der vereinbarte Restwert sollte zum Ende der vereinbarten Leasinglaufzeit ‑‑wie im Leasingvertrag geregelt‑‑ 20 % des Nettoverkaufspreises nach Abzug etwaiger Zulassungs- und Überführungskosten betragen. Der Verkauf sollte dann unter Ausschluss jeglicher Gewährleistung erfolgen. Für alle Mängel, die über den durch vertragsgemäßen Gebrauch entstehenden Verschleiß hinausgehen, sollte nach allgemeinen Leasingvertragsbedingungen die P GmbH (d.h. die Leasingnehmerin und Rückkäuferin) haften. Das Recht der KG, die Leasingobjekte an Dritte zu verwerten, wurde durch die Vereinbarung nicht berührt.
In der Folgezeit wurde der Leasingvertrag im September 2008 wegen Zahlungsschwierigkeiten der P GmbH außerordentlich von der KG gekündigt. Über das Vermögen der P GmbH wurde ein Insolvenzverfahren eröffnet. Eine Verwertung der Leasingobjekte durch die zahlreichen Leasinggesellschaften (Kommanditgesellschaften) konnte in vielen Fällen nicht erfolgen, da die Gegenstände nicht mehr auffindbar oder beschädigt und Ansprüche gegen die P GmbH sowie die Abonnenten teilweise wertlos waren.
Mangels Abgabe einer Feststellungserklärung für den Feststellungszeitraum 2008 (Streitjahr) schätzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Besteuerungsgrundlagen mit unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenem Gewinnfeststellungsbescheid vom 15. Dezember 2010. Das FA beurteilte die Vereinbarungen als bloße Finanzierungsvereinbarungen und rechnete der KG einerseits Zinsanteile aus den Leasingzahlungen zu und zog andererseits als Aufwand insbesondere Zinsen für den Lieferantenkredit sowie weitere Aufwendungen ab. Die Zinsanteile wurden aus den Leasingverträgen und Lieferantenkreditverträgen errechnet. Absetzung für Abnutzung (AfA) auf die Leasingobjekte berücksichtigte es bei der KG nicht. Diese Berechnung ist zwischen den Beteiligten für den Fall, dass die Leasingobjekte der P GmbH steuerrechtlich zuzuordnen sein sollten, der Höhe nach unstreitig. Der Gewinnfeststellungsbescheid wurde dem damaligen steuerlichen Vertreter als Empfangsbevollmächtigtem der KG bekanntgegeben.
Hiergegen legte dieser Einspruch ein. Das Einspruchsverfahren wurde in der Folgezeit mit dem Kläger fortgeführt, den das FA als Gesamtrechtsnachfolger betrachtete. Am 16. August 2011 erließ das FA unter Aufhebung des Vorbehalts der Nachprüfung einen geänderten Schätzungsbescheid. Der Einspruch blieb erfolglos. Die Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2012 wurde gegenüber dem Kläger als Einspruchsführer sowie gegenüber dem Kläger und der V GmbH als Hinzugezogene bekanntgegeben.
Dagegen wandte sich der Kläger mit seiner Klage. Im Klageverfahren wurde die Feststellungserklärung 2008 für die KG eingereicht. Es wurde u.a. ein laufender Gesamthandsverlust erklärt, in dem eine AfA für die Leasingobjekte in Höhe von 27.594 € berücksichtigt war. Daneben wurden Sonderbetriebsausgaben des Klägers in Höhe von 1.064,01 € erklärt.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit Urteil vom 1. September 2016 15 K 444/12 als unbegründet ab. Es führte im Wesentlichen aus, das FA habe zu Recht keine AfA auf die Leasingobjekte berücksichtigt. Denn die Leasingobjekte seien nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) nicht der KG als der zivilrechtlichen, sondern der P GmbH als der wirtschaftlichen Eigentümerin steuerrechtlich zuzurechnen. Die Verträge seien derart angelegt gewesen, dass die KG am Ende der Laufzeit ihr "Andienungsrecht" ausübe und die P GmbH die Leasingobjekte zurückerwerben müsse. Denn der vereinbarte Rückkaufpreis sei im Vergleich zum Wertverlust der Leasingobjekte sehr hoch gewesen.
Der Kläger rügt mit seiner Revision einen Verstoß des FG gegen § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO. Im Kern trägt er vor, dass nur ein Andienungsrecht der KG (Leasinggeberin) vereinbart gewesen sei. Diese Konstellation könne nicht mit der gleichgestellt werden, bei welcher zugunsten der Leasingnehmerin eine Kauf- oder Verlängerungsoption vereinbart sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des FG vom 1. September 2016 aufzuheben und den Gewinnfeststellungsbescheid 2008 vom 16. August 2011 und die hierzu ergangene Einspruchsentscheidung vom 9. Januar 2012 dahin zu ändern, dass für die Gesamthand ein laufender Verlust in Höhe von 17.967,08 € und für den Kläger ein Sonderbetriebsverlust in Höhe von 1.064,01 € festgestellt werden.Das FA beantragt,
die Revision des Klägers als unbegründet zurückzuweisen.Es bittet den Senat, die von ihm in seinem Urteil vom 13. Oktober 2016 IV R 33/13 (BFHE 255, 386, BStBl II 2018, 81) vertretene Rechtsauffassung zu überdenken, wonach die Leasingnehmerin nicht wirtschaftliche Eigentümerin des Leasingobjekts sei, wenn dessen betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit sei und (nur) der Leasinggeberin ein wirtschaftlich vorteilhaftes Andienungsrecht zustehe.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG ist zwar zu Recht stillschweigend von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen (dazu 1.). Es hat aber bei der Sachprüfung § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO rechtsfehlerhaft ausgelegt (dazu 2.). Mangels Spruchreife ist die Sache an das FG zurückzuverweisen (dazu 3.).
1. Die Klage war zulässig, insbesondere war der Kläger befugt, Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 2008 zu erheben.
a) Die grundsätzliche Befugnis der Personengesellschaft, nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO als Prozessstandschafterin für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe einzulegen, erlischt mit deren Vollbeendigung. In einem solchen Fall kann ein Gewinnfeststellungsbescheid nur noch von den früheren Gesellschaftern angefochten werden, deren Mitgliedschaft die Zeit berührt, die der anzufechtende Gewinnfeststellungsbescheid betrifft. Die Klagebefugnis nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 FGO geht nicht auf den (zivilrechtlichen) Gesamtrechtsnachfolger der Personengesellschaft über. Vielmehr lebt die bis zum Zeitpunkt der Vollbeendigung überlagerte Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auf (ständige Rechtsprechung, z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 16. April 2017 IV B 75/16, Rz 15, m.w.N.). Demnach sind bei einer vor Klageerhebung vollbeendeten Personengesellschaft im Grundsatz alle früheren Gesellschafter klagebefugt (z.B. BFH-Urteile vom 11. April 2013 IV R 20/10, BFHE 241, 132, BStBl II 2013, 705, Rz 19, m.w.N.; vom 16. Mai 2013 IV R 21/10, Rz 17). Klagt nur ein Gesellschafter, müssen alle früheren Gesellschafter nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beigeladen werden. Eine Ausnahme gilt nur für Gesellschafter, die unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sein können (z.B. BFH-Beschluss vom 16. April 2017 IV B 75/16, Rz 16, m.w.N.).
b) Danach war der Kläger als ehemaliger Gesellschafter der KG und nicht ‑‑wie im Rubrum des FG-Urteils ausgeführt‑‑ als deren Gesamtrechtsnachfolger klagebefugt.
Mit dem Ausscheiden der Komplementärin aus der KG im Dezember 2010 ist dem Kläger das Gesamthandsvermögen der KG kraft Gesetzes angewachsen (z.B. Urteil des Bundesgerichtshofs ‑‑BGH‑‑ vom 12. Juni 2008 III ZR 38/07, unter II.1.b bb (1)); die KG wurde liquidationslos vollbeendet (z.B. BFH-Beschluss vom 17. Oktober 2013 IV R 25/10, Rz 18, m.w.N.). Damit ging im Grundsatz die Klagebefugnis auf alle Gesellschafter über, die im Jahr 2008 an der KG beteiligt waren. Demzufolge war der Kläger zwar nicht als Gesamtrechtsnachfolger, aber als ehemaliger Gesellschafter der KG befugt (BFH-Urteil in BFHE 241, 132, BStBl II 2013, 705, Rz 19), Klage gegen den Gewinnfeststellungsbescheid 2008 zu erheben. Ebenso steht außer Frage, dass die Rechte des Klägers durch den Ausgang des Rechtsstreits betroffen sein können. Denn der Kläger hat sich im Klageverfahren gegen die Höhe des ‑‑ihm allein zuzurechnenden‑‑ laufenden Gewinns der Gesamthand und die Nichtberücksichtigung der ‑‑ihm ebenfalls allein zuzurechnenden‑‑ Sonderbetriebsausgaben gewandt.
c) Bei dieser Sachlage hat es das FG nicht verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Komplementärinnen nach § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen. Denn die G GmbH und die V GmbH, die beide nicht am Gewinn der KG beteiligt waren, können nach dem vorstehend Gesagten, wonach nur Auswirkungen auf Besteuerungsgrundlagen in Streit stehen, die den Kläger betreffen, unter keinem denkbaren Gesichtspunkt von dem Ausgang des Rechtsstreits betroffen sein (vgl. BFH-Urteil vom 24. September 2015 IV R 30/13, BFHE 251, 238, Rz 23).
2. Die Entscheidung des FG, wonach das (wirtschaftliche) Eigentum an den Leasingobjekten nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO im Rahmen des gewählten "Sale-and-lease-back-Verfahrens" nicht auf die KG übergegangen sei und deshalb diese Wirtschaftsgüter nicht in ihrer Steuerbilanz als abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens auszuweisen seien, beruht auf einer fehlerhaften Auslegung dieser Zurechnungsnorm.
a) Entgegen der Auffassung des FA bedarf es im Streitfall zur Beantwortung der Frage, ob die Leasingobjekte dem Betriebsvermögen der KG steuerrechtlich zuzurechnen waren, keiner Klärung des Konkurrenzverhältnisses zwischen den handelsrechtlichen Zurechnungsgrundsätzen und der steuerrechtlichen Zurechnung nach § 39 AO. Denn jedenfalls vor Geltung des § 246 Abs. 1 Satz 2 des Handelsgesetzbuchs (HGB) i.d.F. des Bilanzrechtsmodernisierungsgesetzes (BilMoG) vom 25. Mai 2009 (BGBl I 2009, 1102) ‑‑so wie hier‑‑ wurde die handelsrechtliche Zurechnung von Vermögensgegenständen anhand von § 39 AO bestimmt. Danach kann im Streitfall ‑‑wie schon im BFH-Urteil in BFHE 255, 386, BStBl II 2018, 81 geschehen‑‑ zur Beantwortung der Zurechnungsfrage ohne weiteres auf § 39 AO zurückgegriffen werden.
aa) Gemäß § 5 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ist bei Gewerbetreibenden, die ‑‑wie hier die KG als eine im Handelsregister eingetragene Personenhandelsgesellschaft (vgl. Baumbach/Hopt/Hopt, HGB, 37. Aufl., § 6 Rz 2)‑‑ aufgrund gesetzlicher Vorschriften verpflichtet sind, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen, für den Schluss des Wirtschaftsjahres das Betriebsvermögen anzusetzen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 EStG), das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) auszuweisen ist. Für den Ausweis von Wirtschaftsgütern in der Steuerbilanz sind daher im Grundsatz die handelsrechtlichen GoB maßgeblich. Danach hat der Kaufmann nur "seine" Vermögensgegenstände auszuweisen (§§ 240, 242 HGB). Es ist allgemein anerkannt, dass Bestandteil des Vermögens des Kaufmanns nicht nur die ihm zivilrechtlich gehörenden Vermögensgegenstände, sondern auch solche sind, die zivilrechtlich zwar einer anderen Person gehören, die aber nach der Ausgestaltung der Rechtsbeziehungen zu dem zivilrechtlichen Rechtsinhaber und nach den tatsächlichen Verhältnissen wirtschaftlich Bestandteil seines Vermögens sind (sog. wirtschaftliche Vermögenszugehörigkeit; z.B. BFH-Urteil vom 12. September 1991 III R 233/90, BFHE 166, 49, BStBl II 1992, 182, unter 1., m.w.N.; BGH-Urteil vom 6. November 1995 II ZR 164/94).
bb) Diese handelsrechtliche Zurechnung war bis zum Inkrafttreten des § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB i.d.F. des BilMoG nicht ausdrücklich im Handelsrecht kodifiziert. Sie wurde sowohl vom BFH als auch vom BGH mittels des § 39 AO bestimmt.
Nach dieser Vorschrift sind Wirtschaftsgüter grundsätzlich dem zivilrechtlichen Eigentümer zuzurechnen (§ 39 Abs. 1 AO). Übt ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise aus, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann, so ist ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO).
Der BFH führte aus, die handelsrechtliche Zurechnung von Vermögensgegenständen entspreche im Wesentlichen der Regelung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO (z.B. BFH-Urteile in BFHE 166, 49, BStBl II 1992, 182, unter 1.; vom 14. Mai 2002 VIII R 30/98, BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741, unter I.1.a). Er ging davon aus, dass für die Zurechnung nach den §§ 240, 242 HGB nichts anderes gelte als für die nach § 39 AO (BFH-Urteil in BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741, unter I.1.a). Ebenso bestimmte der BGH das "wirtschaftliche Eigentum" anhand der Zurechnungsgrundsätze des § 39 AO. Er entschied, dass "wirtschaftliches Eigentum" in Betracht komme, "wenn das bilanzierende Unternehmen gegenüber dem bürgerlich-rechtlichen Eigentümer eine auch rechtlich abgesicherte Position hat, die es ihm ermöglicht, diesen dauerhaft ... von der Einwirkung auf die betreffenden Vermögensgegenstände auszuschließen ..." (BGH-Urteil vom 6. November 1995 II ZR 164/94). Der BFH ließ es daher dahingestellt, ob als Rechtsgrundlage für die steuerrechtliche Zurechnung von Wirtschaftsgütern die handelsrechtlichen GoB oder unmittelbar § 39 AO heranzuziehen war (BFH-Urteil vom 25. April 2006 X R 57/04, BFH/NV 2006, 1819, unter II.2.c).
cc) Mit der Einfügung des § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB i.d.F. des BilMoG existiert nunmehr neben § 39 AO eine eigenständige handelsrechtliche Zurechnungsnorm. Nach dieser Vorschrift sind Vermögensgegenstände in der Bilanz des Eigentümers aufzunehmen (Halbsatz 1); ist ein Vermögensgegenstand nicht dem Eigentümer, sondern einem anderen wirtschaftlich zuzurechnen, hat dieser ihn in seiner Bilanz auszuweisen (Halbsatz 2).
Im Streitfall kann jedoch dahinstehen, ob § 246 Abs. 1 Satz 2 HGB i.d.F. des BilMoG dem § 39 AO vorgeht und ggf. einen von § 39 AO abweichenden Regelungsinhalt normiert (zu diesem Streit z.B. Wendt, Finanz-Rundschau 2017, 531). Denn diese Vorschrift ist verpflichtend erstmals auf Jahresabschlüsse für nach dem 31. Dezember 2009 beginnende Geschäftsjahre, optional ‑‑unter bestimmten Voraussetzungen‑‑ frühestens auf nach dem 31. Dezember 2008 beginnende Geschäftsjahre anwendbar (vgl. Art. 66 Abs. 3 Sätze 1 und 6 des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch i.d.F. des BilMoG). Sie greift daher im Streitfall nicht ein, so dass § 39 AO (inhaltlich) anwendbar bleibt.
b) In Leasingfällen (auch beim "Lease" im Rahmen eines "Sale-and-lease-back") geht der BFH ‑‑wie bereits in dem Urteil in BFHE 255, 386, BStBl II 2018, 81 dargestellt‑‑ bei Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO insbesondere von folgenden Grundsätzen aus:
aa) Wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers ist gegeben, wenn der Herausgabeanspruch des Leasinggebers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat, d.h. dem Leasingnehmer Substanz und Ertrag des Wirtschaftsguts für die voraussichtliche Nutzungsdauer zustehen (BFH-Urteil in BFHE 255, 386, BStBl II 2018, 81, Rz 27 ff.). Hieran fehlt es im Allgemeinen, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit ist. Denn in einem derartigen Fall ist der Herausgabeanspruch des Leasinggebers gerade nicht wirtschaftlich bedeutungslos. Kann der Leasingnehmer den Leasinggeber hingegen auch für die verbleibende Zeit von der Einwirkung auf das Leasingobjekt ausschließen, ist das Leasingobjekt dem Leasingnehmer zuzurechnen. Allerdings muss der Leasingnehmer hierzu aufgrund einer eigenen, rechtlich abgesicherten Position (z.B. Kauf- oder Verlängerungsoption) in der Lage sein (BFH-Urteil in BFHE 255, 386, BStBl II 2018, 81, Rz 32). Ein lediglich dem Leasinggeber eingeräumtes Andienungsrecht reicht hierfür nicht aus. Eine Sondersituation besteht beim Spezialleasing. In diesem Fall kann der Leasinggeber das Leasingobjekt ‑‑unabhängig von dem Verhältnis der Grundmietzeit zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer‑‑ nicht anderweitig nutzen oder verwerten. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob der Leasingnehmer über eine rechtlich abgesicherte Position zum Ausschluss des Leasinggebers verfügt. Denn der Herausgabeanspruch des Leasinggebers ist in diesen Fällen von vornherein wertlos (dazu BFH-Urteil in BFHE 255, 386, BStBl II 2018, 81, Rz 43).
bb) Hiervon ausgehend hat der Senat in dem genannten Urteil in BFHE 255, 386, BStBl II 2018, 81 entschieden, dass wirtschaftliches Eigentum des Leasingnehmers nicht in Betracht kommt, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des Leasingobjekts länger als die Grundmietzeit ist und nur dem Leasinggeber ein Andienungsrecht zusteht. In einem derartigen Fall fehlt es an einer rechtlich abgesicherten Position des Leasingnehmers, die es ihm ermöglicht, den Leasinggeber für die verbleibende Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Leasingobjekt auszuschließen.
c) Der Senat hält nach nochmaliger Prüfung an dieser Rechtsauffassung fest.
aa) Abweichendes ergibt sich ‑‑entgegen der Meinung des FA‑‑ nicht aus der Rechtsprechung des BFH, nach der dem Nutzungsberechtigten das wirtschaftliche Eigentum an Mietereinbauten bzw. Gebäuden auf fremdem Grund und Boden zuzurechnen sei, wenn er bei Beendigung des Nutzungsverhältnisses einen Entschädigungsanspruch in Höhe des Werts des Mietereinbaus bzw. Gebäudes habe (BFH-Urteile vom 28. Juli 1993 I R 88/92, BFHE 172, 333, BStBl II 1994, 164; in BFHE 199, 181, BStBl II 2002, 741). Denn diese Fälle sind dadurch gekennzeichnet, dass dem Nutzungsberechtigten der Wert der Einbauten bzw. Gebäude zu jedem gedachten Zeitpunkt des Nutzungsverhältnisses aufgrund eines zivilrechtlichen Anspruchs zusteht. Die zivilrechtlichen Eigentümer können in diesen Fällen nicht über den Wert der Einbauten bzw. Gebäude verfügen (z.B. BFH-Urteil in BFHE 172, 333, BStBl II 1994, 164, unter II.A.4.b bb). Im Streitfall besitzt die Leasingnehmerin (P GmbH) hingegen gerade keine derartig abgesicherte Rechtsposition. Im Gegenteil kann die Leasinggeberin (KG) nach Ablauf der Grundmietzeit frei über den (Rest-)Wert des Leasingobjekts verfügen.
bb) Der Senat folgt auch nicht der Beurteilung des FA, wonach im Streitfall der Leasingnehmerin das wirtschaftliche Eigentum deshalb zuzurechnen sei, weil der Herausgabeanspruch der Leasinggeberin ‑‑wie beim Spezialleasing‑‑ wirtschaftlich wertlos sei. Das FA will die Wertlosigkeit des Herausgabeanspruchs daraus ableiten, dass in einem Fall wie dem vorliegenden der wirtschaftliche Wert für die Leasinggeberin im Andienungsrecht liege.
Auf ein Andienungsrecht des Leasinggebers kommt es jedoch nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO nicht an. Beim Leasing ist ‑‑wie dargestellt‑‑ darauf abzustellen, ob der Herausgabeanspruch des Leasinggebers (zivilrechtlichen Eigentümers) noch eine wirtschaftliche Bedeutung hat (grundlegend BFH-Urteil vom 26. Januar 1970 IV R 144/66, BFHE 97, 466, BStBl II 1970, 264, unter C.III.1.). Dieser Herausgabeanspruch ist nur dann wirtschaftlich ohne Wert, wenn ein Dritter dazu in der Lage ist, den zivilrechtlichen Eigentümer vollständig zu verdrängen. Hieran fehlt es, wenn bei einer die Grundmietzeit überschreitenden betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer nur dem Leasinggeber (zivilrechtlichen Eigentümer) ein Andienungsrecht zusteht. Es bleibt dann beim Vorrang des zivilrechtlichen Eigentums. Eine andere Frage ist, ob für den zivilrechtlichen Eigentümer die Ausübung des Andienungsrechts ggf. wirtschaftlich vorteilhafter als das Behalten oder die anderweitige Verwertung des Leasingobjekts wäre. Dieser Umstand ist jedoch für die steuerrechtliche Zurechnung nicht maßgeblich.
Vor diesem Hintergrund überzeugt auch nicht die im Fachschrifttum an dem BFH-Urteil in BFHE 255, 386, BStBl II 2018, 81 geäußerte Kritik. Es wird vorgetragen, dass in dem dieser Entscheidung zugrundeliegenden ‑‑mit dem Streitfall vergleichbaren‑‑ Sachverhalt dem Herausgabeanspruch des Leasinggebers bei Anstellung der gebotenen Opportunitätsbetrachtung keine wirtschaftliche Bedeutung beizumessen sei (Hoffmann/Lüdenbach/ Freiberg, Betriebs-Berater 2017, 874, 876). Eine reine Opportunitätsbetrachtung sieht § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO aber gerade nicht vor.
cc) Entgegen der Auffassung des FA widerspricht das BFH-Urteil in BFHE 255, 386, BStBl II 2018, 81 auch nicht der höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach beim wirtschaftlichen Eigentum für die Zurechnung nicht das formal-rechtlich Vereinbarte, sondern das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte ausschlaggebend ist (BFH-Urteil vom 7. Juli 2011 IX R 2/10, BFHE 234, 199, BStBl II 2012, 20, Rz 17).
So erachtet auch der Senat bei der Auslegung des § 39 AO das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte als ausschlaggebend. Diese Betrachtungsweise darf aber nicht den Blick auf den Wortlaut des § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO verstellen. Der Dritte muss in der Lage sein, den zivilrechtlichen Eigentümer vollständig zu verdrängen ("ausschließen kann"). Würde man in Leasingfällen insoweit auf eine entsprechende Rechtsmacht des Leasingnehmers verzichten, käme es zu einer unkontrollierten wirtschaftlichen Betrachtungsweise, welche die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Leasingnehmers ggf. zu günstig darstellte.
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Auf Grundlage der bisherigen Feststellungen des FG kann der Senat nicht abschließend beurteilen, ob die P GmbH wirtschaftliche Eigentümerin der Informationssysteme geblieben und das FG-Urteil deshalb im Ergebnis zutreffend ist.
a) Das FG hielt ‑‑bei einer Grundmietzeit von vier Jahren‑‑ eine betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Leasingobjekte von drei bis fünf Jahren für möglich. Es war ‑‑unter Zugrundelegung seines Rechtsstandpunkts‑‑ nicht gehalten, die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer in tatsächlicher Hinsicht aufzuklären. Denn es kam ‑‑abweichend von der Rechtsauffassung des Senats‑‑ zu dem Ergebnis, dass die P GmbH wegen des wirtschaftlich vorteilhaften Andienungsrechts der KG auch dann wirtschaftliche Eigentümerin der Leasingobjekte geblieben sei, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer länger als die Grundmietzeit gewesen sein sollte. Nach der Rechtsauffassung des Senats kommt hingegen dem Verhältnis der Grundmietzeit zur betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer maßgebliche Bedeutung zu (dazu oben II.2.b). Danach ist im Streitfall die Frage entscheidungserheblich, ob die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Leasingobjekte die Grundmietzeit von vier Jahren überschreitet. Sollte diese Frage zu bejahen sein, wären die Leasingobjekte der KG zuzurechnen, sollte sie hingegen zu verneinen sein, käme wirtschaftliches Eigentum der P GmbH in Betracht.
Dem FG wird hiermit Gelegenheit gegeben, im zweiten Rechtsgang die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Informationssysteme zu ermitteln.
b) Im Übrigen weist der Senat für den zweiten Rechtsgang auf folgende ‑‑vom FA thematisierten‑‑ Gesichtspunkte hin:
aa) Nach bisherigem Erkenntnisstand ist davon auszugehen, dass für die Informationssysteme ‑‑wie vom FA vorgetragen‑‑ eine einheitliche betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer zu ermitteln ist. Auch die Beteiligten sind bisher stillschweigend davon ausgegangen, dass die Leasingobjekte (Informationssysteme) ein selbständiges Wirtschaftsgut darstellen, weil die einzelnen zusammengefügten Gegenstände zueinander in einem Nutzungs- und Funktionszusammenhang stehen (vgl. dazu BFH-Urteil vom 14. April 2011 IV R 46/09, BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696, Rz 20 ff.).
bb) Nach der Rechtsprechung des BFH ist es nicht ausgeschlossen, dass die einheitlich zu bestimmende betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer der Informationssysteme durch die Nutzungsdauer der Bildschirme bestimmt wird. Weisen nämlich die unselbständigen Teile des selbständigen Wirtschaftsguts unterschiedliche Nutzungsdauern auf, ist die Nutzungsdauer des Teils maßgebend, welches dem Wirtschaftsgut das Gepräge gibt (BFH-Urteil in BFHE 233, 214, BStBl II 2011, 696, Rz 28). Sollte es hierauf ankommen, wird das FG die erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen haben.
4. Daneben sieht der Senat derzeit keine Veranlassung, auf die sonstigen vom FA angesprochenen Gesichtspunkte einzugehen, die erst dann an Bedeutung gewinnen können, wenn die Leasingobjekte der KG steuerrechtlich zuzurechnen sein sollten.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.