ECLI:DE:BFH:2018:U.110718.XIR26.17.0
BFH XI. Senat
UStG § 19, AO § 42, UStG § 2 Abs 1 S 1, UStG § 1 Abs 1 Nr 1 S 1, EGRL 112/2006 Art 281, UStG VZ 2009 , UStG VZ 2010 , UStG VZ 2011
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 20. Juni 2017, Az: 7 K 7096/15
Leitsätze
Werden von mehreren Gesellschaften gegenüber nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten Leistungsempfängern inhaltsgleiche Buchführungsleistungen deshalb nacheinander erbracht, um mehrfach die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen zu können, liegt eine zweckwidrige Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung vor, die zu ihrer Versagung führt .
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 21. Juni 2017 7 K 7096/15 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die 2014 formwechselnd in eine Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (Part mbB) umgewandelte Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war in den Streitjahren (2009 bis 2011) in Form einer GmbH als Steuerberatungsgesellschaft tätig. In diesem Zusammenhang übernahm sie für ihre Kunden u.a. die Erstellung von Buchführung, Lohnabrechnung, Gewinnermittlung und Steuererklärung.
Gesellschafter und Geschäftsführer der Klägerin waren B mit 90 % und C mit 10 %.
Die Klägerin war (zeitweise) an insgesamt sechs GmbH & Co. KGs (KGs) jeweils als Kommanditistin beteiligt.
Die KGs boten ihren Kunden überwiegend die Verbuchung laufender Geschäftsvorfälle an. Dabei handelte es sich um Leistungen, welche bis zur Gründung der KGs inhaltsgleich von der Klägerin direkt an diese Kunden erbracht worden waren.
Die KGs hatten keine eigenen Angestellten und keine eigenen sächlichen Aktiva. Sie schlossen zwar im eigenen Namen Verträge mit den betreffenden Kunden ab, die vereinbarten Buchführungsleistungen wurden aber ‑‑entsprechend den Gesellschafterbeschlüssen der einzelnen KGs‑‑ mit den Sach- und Personalmitteln der Klägerin ausgeführt. Die Entgelte der Kunden vereinnahmten die KGs jeweils auf eigene Rechnung.
Die KGs erbrachten ihre Leistungen ausschließlich gegenüber Kunden, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt waren, wobei die Umsätze der einzelnen KGs jeweils unterhalb der Kleinunternehmergrenze blieben.
Teilweise wurden die gleichen Kunden nacheinander von mehreren der KGs betreut, ohne dass sich dadurch an der Leistungsausführung inhaltlich etwas änderte und ohne dass erkennbar war, nach welchen sachlichen Kriterien (außer der Nichtüberschreitung der Kleinunternehmergrenze) die Beteiligten entschieden, welche KG vom jeweiligen Kunden beauftragt wurde.
Alleinige Komplementärin aller sechs KGs war die D-GmbH, deren Geschäftsführerin F war. F war bei der Klägerin angestellt und bezog zudem von der D-GmbH ein monatliches Entgelt aufgrund eines Geschäftsführeranstellungsvertrags (in den Streitjahren geringfügige Beschäftigung).
Alleingesellschafterin der D-GmbH war in den Streitjahren die Ehefrau des B.
Die Beteiligungsverhältnisse bei den KGs stellten sich in den Streitjahren im Einzelnen wie folgt dar:
KG 1:
Komplementärin: D-GmbH mit 90 % Kapitalbeteiligung bis 31. Dezember 2010, danach 0,99 %;
Kommanditisten: bis zum 23. August 2009: G mit 10 % Kapitalbeteiligung (in der Zeit auch Prokuristin der D-GmbH), danach bis 31. Dezember 2010: H, Angestellter der Klägerin, mit 10 % Kapitalbeteiligung,ab 1. Januar 2011: I, Ehefrau des C, Angestellte der Klägerin und geringfügig beschäftigt bei der D-GmbH mit 9,9 % und zusätzlich die Klägerin mit 89,11 % Kapitalbeteiligung.
KG 2:
Komplementärin: D-GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung;
Kommanditisten: Klägerin mit 89,11 % und J, Angestellte der Klägerin, mit 9,9 %.
KG 3:
Komplementärin: D-GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung;
Kommanditisten: Klägerin und K mit jeweils 49,5 %.
K war bei der Klägerin geringfügig beschäftigt und betrieb über die von ihr beherrschte K-GmbH einen Büroservice, der auch Buchhaltungsarbeiten als Subunternehmer für die Klägerin erledigte.
KG 4:
Komplementärin: D-GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung;
Kommanditisten: Klägerin mit 89,11 % und H mit 9,9 %.
KG 5:
Komplementärin: D-GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung;
Kommanditisten: Klägerin und K-GmbH mit jeweils 49,5 %.
KG 6:
Komplementärin: D-GmbH mit 0,99 % Kapitalbeteiligung;
Kommanditisten: Klägerin mit 89,11 % und F mit 9,9 %.
Die Klägerin erhielt nur ihre allgemeine Gewinnbeteiligung. Die Nutzungsüberlassung von Wirtschaftsgütern und die Erbringung von Leistungen an die KGs sollte laut den Gesellschaftsverträgen mit der Gewinnbeteiligung abgegolten sein. Außerdem haftete die Klägerin den KGs aufgrund von Gesellschafterbeschlüssen für eventuelle Schäden als Folge der fehlerhaften Leistungserbringung.
Die anderen ‑‑der Klägerin nahestehenden‑‑ Gesellschafter der KGs konnten ihre Beteiligung nach den Gesellschaftsverträgen ohne Zustimmung der Klägerin nicht veräußern und auch im Falle einer Kündigung nur eine Abfindung in Höhe des Buchwerts ihrer Beteiligung realisieren.
Obwohl der D-GmbH nach den Gesellschaftsverträgen keine quotale Beteiligung zustand, sondern sie lediglich Ersatz sämtlicher ihr aus der Geschäftsführung entstandenen Aufwendungen erhalten sollte, wurde sie quotal am Gewinn der KGs beteiligt.
Tätigkeiten der anderen Kommanditisten, welche über ihre ohnehin im Rahmen ihrer bestehenden Arbeits- und Auftragsverhältnisse mit der Klägerin dieser gegenüber geschuldeten Tätigkeiten hinausgegangen wären, wurden nicht erbracht.
Zu den von der Klägerin mit der Gestaltung verfolgten Zwecken zählte die Ersparnis von Umsatz- und Gewerbesteuer. Nach Vortrag der Klägerin wurde diese Steuerersparnis von der Klägerin bzw. den KGs über niedrigere Preise an die Kunden weitergegeben.
Die Klägerin meldete keine Umsatzsteuer für die von den KGs ausgeführten Leistungen an und erklärte bezüglich der Überlassung von Personal und Sachmitteln an die KGs auch keine unentgeltlichen Wertabgaben.
Aufgrund einer bei der Klägerin sowie den KGs durchgeführten Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) die Auffassung, dass die entsprechenden Umsätze der KGs der Klägerin zuzurechnen seien, da die Gestaltung, nach der Buchführungs- und Lohnabrechnungsleistungen auf die KGs ausgelagert und aufgrund Unterschreitung der Kleinunternehmergrenze nicht der Umsatz- und Gewerbesteuer unterworfen wurden, missbräuchlich sei.
Gegen die entsprechend geänderten Umsatzsteuerbescheide für die Streitjahre vom 17. Januar 2014 legte die Klägerin jeweils Einspruch ein.
Nachdem die Klägerin am 25. April 2015 Untätigkeitsklage erhoben hatte, wies das FA die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2015 als unbegründet zurück.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab. Es entschied, dass das FA der Klägerin zu Recht die Umsätze der KGs zugerechnet habe, da die vorliegende Gestaltung missbräuchlich sei.
Bei Würdigung der Umstände des Streitfalls sei mit der Gestaltung lediglich ein Steuervorteil, nämlich die Ersparnis von Umsatz- (und Gewerbe-)Steuer bezweckt worden. Außer den erlangten Steuervorteilen habe die Gestaltung keine sonstigen wesentlichen Vorteile gebracht.
Die Vorentscheidung ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2017, 1473 veröffentlicht.
Mit ihrer Revision macht die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts geltend. Sie trägt vor, ein Gestaltungsmissbrauch liege bereits deshalb nicht vor, weil die gewählte Gestaltung nicht zu einem Steuervorteil i.S. des § 42 der Abgabenordnung (AO) führe.
Zwar sei ihre Zahllast gemindert, jedoch stelle die Umsatzsteuer lediglich einen "durchlaufenden Posten" dar. § 42 AO ziele jedoch nur auf die Vermeidung wirtschaftlicher Belastungen.
Auf den steuerlichen Vorteil, den die Kunden der KGs erhielten, indem sie sich den Preisbestandteil Umsatzsteuer "sparten", könne nicht abgestellt werden, denn nach § 42 Abs. 2 Satz 1 AO könnten die steuerlichen Folgen nicht bei einem Dritten (hier bei der Klägerin) gezogen werden, der außerhalb des Steuerschuldverhältnisses des den konkreten angeblich unangemessenen Steuervorteils erlangenden Steuerpflichtigen (hier dem jeweiligen Kunden) stehe.
Abgesehen davon sei ein etwaiger Steuervorteil von ihr, der Klägerin, nicht mit Steuervermeidungsabsicht bezweckt gewesen. Ihr sei es darum gegangen, über die KGs weiterhin wirtschaftlichen Ertrag aus den Buchführungs- und Lohnmandaten zu erhalten, dadurch ihre Steuerdeklarations-, Abschluss- und Beratungsmandate mit den betroffenen Mandanten zu sichern, das eigene Fachpersonal durch Gewinnbeteiligungen an sich zu binden, und hierüber neue Mandate zu generieren. Nur deswegen habe sie die Kosten für die Gründung und Beibehaltung der KGs sowie den fehlenden Vorsteuerabzug der KGs auf Eingangsleistungen hingenommen.
Auch das FG habe festgestellt, dass ein Zweck der Gestaltung gewesen sei, die Leistungen preiswerter anbieten zu können. Damit läge eine außersteuerliche Motivation vor und die Gestaltung sei nicht allein zu dem Zweck erfolgt, einen Steuervorteil zu erlangen.
Zu Recht habe das FG darauf hingewiesen, dass es eine Fallgruppe "Aufspaltung von Unternehmensgruppen zur Ausnutzung von § 19 [des Umsatzsteuergesetzes (UStG)]" in der Rechtsprechung zu § 42 AO nicht gebe. Die dennoch herangezogenen Entscheidungen ständen mit dem vorliegenden Sachverhalt in keinem Zusammenhang, da es jeweils um Steuervorteile auf Vorsteuerebene gegangen sei.
Weder dem Wortlaut noch dem Zweck des § 19 UStG sei die Einschränkung zu entnehmen, dass die hinter einem Unternehmer stehenden Gesellschafter nicht in weiteren Unternehmen tätig sein dürften. Ein Begünstigungseffekt sei der Vorschrift immanent. Dass dieser Vorteil einem Unternehmen nicht zu gewähren sei, nur weil es von den gleichen Gesellschaftern wie andere Unternehmen mit einem partiell identischen Unternehmensgegenstand beherrscht werde, sei dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Dass die KGs Fremdleistungen von ihrem Hauptgesellschafter bezogen hätten, sei eine übliche Handhabung im Wirtschaftsleben und dürfe für die Beurteilung, ob ein Gestaltungsmissbrauch vorliege, keine Bedeutung haben.
Darüber hinaus verweist die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH), wonach die Zwischenschaltung eines Angehörigen zur Erlangung des Steuerabzugsbetrages nach § 19 Abs. 3 des Umsatzsteuergesetzes in der bis 31. Dezember 1989 geltenden Fassung (UStG a.F.) nicht als rechtsmissbräuchlich anzusehen war.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
die Vorentscheidung und die Einspruchsentscheidung vom 30. Juni 2015 aufzuheben und die Umsatzsteuerbescheide vom 17. Januar 2014 dahingehend zu ändern, dass die Umsatzsteuer für 2009 um ... €, für 2010 um ... € und für 2011 um ... € herabgesetzt wird.Das FA beantragt,
die Revision als unbegründet zurückzuweisen.Es führt dazu aus, die durch die gewählte Gestaltung eingesparte Umsatzsteuer ermögliche den KGs die "günstigere" Preisgestaltung gegenüber nicht vorsteuerabzugsberechtigten Mandanten, damit habe sie zu einem Steuervorteil bei der Klägerin oder einem Dritten geführt.
Dieser Steuervorteil sei vom Gesetzgeber durch die Kleinunternehmerregelung nicht vorgesehen. Die Vorschrift habe im Wesentlichen die Bedeutung, Nebentätigkeiten, die eine Unternehmereigenschaft begründen, aus der Umsatzbesteuerung herauszunehmen. Es handele sich um eine Bagatellgrenze, die der Verwaltungsvereinfachung ‑‑nicht der Subventionierung oder Existenzsicherung‑‑ diene.
Die Gestaltung nutze eine Lücke der deutschen Organschaftsregelung, die aufgrund der Rechtsformbeschränkung nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestehe. Die Beteiligung von Minderheitsgesellschaftern könne vorliegend die Annahme des Missbrauchs nicht entkräften, weil die rechtliche und faktische Beherrschung der KGs durch die Klägerin auch bei Arbeitnehmerminderheitsbeteiligungen aufgrund des arbeitsrechtlichen Abhängigkeitsverhältnisses jederzeit gesichert bleibe.
Wirtschaftlich betrachtet komme es auf den Geschäftsbetrieb der KGs nicht an. Ein Unternehmer würde aus wirtschaftlichen und organisatorischen Gesichtspunkten auf die unübliche und schwerfällige Gestaltung der Beteiligungsverhältnisse verzichtet haben, so dass steuerliche Gesichtspunkte ausschlaggebend gewesen sein müssten. Mangels außersteuerlichen Gründen und wegen Funktionslosigkeit sei die Segmentierung der klägerischen Tätigkeit nicht anzuerkennen.
Einer eigenen Missbrauchsbekämpfungsvorschrift im UStG bedürfe es nicht, da ‑‑ebenso wie das ungeschriebene Verbot des Rechtsmissbrauchs als allgemeinem Grundsatz‑‑ auch § 42 AO im harmonisierten Umsatzsteuerrecht anwendbar sei.
Die Entscheidung des BFH vom 14. Juli 2004 I R 9/03 (BFHE 207, 142, BFH/NV 2004, 1689) sei vorliegend nicht einschlägig, da sich hieraus keine Rückschlüsse auf die Beurteilung einer ‑‑dort nicht vorliegenden‑‑ "Aufspaltung" eines Unternehmens ziehen ließen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist aus anderen als von der Klägerin geltend gemachten Gründen begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Zu Unrecht hat das FA die Umsatzsteuer gegenüber der Klägerin durch Bescheide vom 17. Januar 2014 unter Hinzurechnung der Umsätze der KGs festgesetzt, auch wenn die durch die Gestaltung bezweckte Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung durch die KGs missbräuchlich ist.
Die Feststellungen des FG lassen jedoch keine endgültige Beurteilung hinsichtlich der steuerlichen Berücksichtigung der Überlassung von Personal und Sachmitteln an die KGs durch die Klägerin zu. Für den Fall unentgeltlicher Überlassungen wäre zu prüfen, ob der Vorsteuerabzug bezüglich der auf die Überlassungen bezogenen Eingangsleistungen zu versagen ist und ob hinsichtlich KG 1 in den Jahren 2009 und 2010 unentgeltliche Wertabgaben der Besteuerung unterliegen.
1. Das FG ist mit den Beteiligten zu Recht davon ausgegangen, dass die Klägerin die streitigen Buchführungsumsätze, die die KGs im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgerechnet haben, weder selbst gegenüber den Kunden erbracht hat, noch ihr diese mangels Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zuzurechnen sind.
2. Zu Unrecht hat es jedoch die Umsätze der KGs unter Berufung auf § 42 AO der Klägerin zugerechnet. Bei der hier vorliegenden missbräuchlichen Gestaltung ist die Anwendung der Kleinunternehmerregelung im Wege der teleologischen Reduktion auf Grundlage einer unionsrechtskonformen Auslegung zu versagen, so dass den KGs trotz formaler Einhaltung der Umsatzgrenzen die Berufung auf § 19 UStG verwehrt ist. Der Anwendungsbereich des § 42 AO ist danach nicht eröffnet und die Vorentscheidung deshalb aufzuheben.
a) Nach § 19 Abs. 1 UStG wird Umsatzsteuer von Unternehmern, deren (in Satz 2 und Abs. 3 definierter) Gesamtumsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 € voraussichtlich nicht übersteigen wird, nicht erhoben.
b) Die wie eine Steuerbefreiung wirkende Regelung des § 19 UStG beruht auf Art. 281 ff. der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (MwStSystRL; ehemals Art. 24 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern ‑‑Richtlinie 77/388/EWG‑‑) und ist dementsprechend unionsrechtskonform auszulegen und anzuwenden.
aa) Als eine nicht vollständig harmonisierte Sonderregelung, die vom allgemeinen Mehrwertsteuersystem abweicht (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 17. Juni 2010 in der Rechtssache Schmelz C-97/09, EU:C:2010:354, Rz 32; Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union ‑‑EuGH‑‑ Kommission/ Österreich vom 28. September 2006 C-128/05, EU:C:2006:612, Umsatzsteuer-Rundschau ‑‑UR‑‑ 2007, 230, Rz 22, m.w.N.) ist die Kleinunternehmerregelung zum einen eng auszulegen (EuGH-Urteil Kommission/Österreich, EU:C:2006:612, UR 2007, 230, Rz 22, m.w.N.).
Zum anderen darf eine Regelung, die eine Ausnahme von den allgemeinen Regelungen der MwStSystRL darstellt, nur insoweit angewandt werden, als dies zur Erreichung ihres Ziels erforderlich ist (EuGH-Urteile Minerva Kulturreisen vom 9. Dezember 2010 C-31/10, EU:C:2010:762, UR 2011, 393, Rz 16; Kommission/ Portugal vom 8. März 2012 C-524/10, EU:C:2012:129, UR 2012, 685, Rz 49; Nigl u.a. vom 12. Oktober 2016 C-340/15, EU:C:2016:764, UR 2016, 873, Rz 37, jeweils m.w.N.). Dies gilt auch für die Kleinunternehmerregelung als Ausnahmeregelung (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 17. Juni 2010 in der Rechtssache Schmelz C-97/09, EU:C:2010:354, Rz 32; EuGH-Urteil Kommission/Österreich, EU:C:2006:612, UR 2007, 230, Rz 22, m.w.N.).
bb) Auch wenn § 19 UStG vom allgemeinen Unternehmerbegriff des § 2 UStG ausgeht und es keine typischen Kleinunternehmer gibt, da die Beurteilung ausschließlich von der Umsatzhöhe und nicht von einer bestimmten Rechtsform oder Tätigkeit abhängt, liegt der Regelung doch das Bild einer "kleinen" unternehmerischen Einheit zu Grunde, die sowohl auf Seiten des Unternehmens als auch der Verwaltung keinen Verwaltungsaufwand rechtfertigt.
So hat der EuGH festgestellt, dass die Gewährung von Steuer-freiheit nur Kleinunternehmer fördern solle, nicht aber solche, die durch Aufsplittung ihrer Tätigkeit auf verschiedene Mitgliedstaaten quasi "unter dem Deckmantel" der jeweils geltenden Kleinunternehmerregelung tätig seien, auch wenn diese Tätigkeiten in ihrer Gesamtheit den Umfang der Geschäftstätigkeit eines Kleinunternehmens objektiv überschreiten würden (EuGH-Urteil Schmelz vom 26. Oktober 2010 C-97/09, EU:C:2010:632, BFH/NV 2010, 2380, Rz 70). Entsprechend soll die Kleinunternehmerregelung nur denjenigen Unternehmen zugutekommen, die auch tatsächlich in geringem Umfang wirtschaftlich tätig sind (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 17. Juni 2010 in der Rechtssache Schmelz C-97/09, EU:C:2010:354, Rz 35); so dass eine Beschränkung auf im Inland ansässige Kleinunternehmer aufgrund des Missbrauchsrisikos gerechtfertigt ist (vgl. EuGH-Urteil Schmelz, EU:C:2010:632, BFH/NV 2010, 2380, Rz 71).
cc) Mit der Sonderregelung soll den Kleinunternehmern der Aufwand erspart werden, der mit der Abführung der Mehrwertsteuer verbunden wäre und der sie aufgrund des geringen Umfangs ihrer Tätigkeiten überproportional treffen würde (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 17. Juni 2010 in der Rechtssache Schmelz C-97/09, EU:C:2010:354, Rz 33). Dies soll zu einer stärkeren Gründung und Tätigkeit von Kleinunternehmen führen und deren Wettbewerbsfähigkeit stärken (EuGH-Urteil Schmelz, EU:C:2010:632, BFH/NV 2010, 2380, Rz 63).
Zugleich dient die Regelung der Verwaltungsvereinfachung für die Steuerverwaltung, da sich diese nicht mit der Erhebung geringster Steuerbeträge bei einer großen Zahl von Kleinunternehmern befassen muss (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 17. Juni 2010 in der Rechtssache Schmelz C-97/09, EU:C:2010:354, Rz 33; BTDrucks 11/2157, S. 118, 192).
Der Zweck der Vorschrift liegt nicht in der Existenzsicherung des Kleinunternehmers, da die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Unternehmers keine Rolle spielen (vgl. BFH-Beschluss vom 28. September 1993 V B 90/93, BFH/NV 1994, 206, unter II., Rz 14). Auch eine Subventionierung von Kleinunternehmern ist seit Streichung des ehemaligen Freibetrags in § 19 Abs. 3 UStG a.F. mit Wirkung zum 1. Januar 1990 nicht mehr beabsichtigt (BTDrucks 11/2157, S. 118, 122), auch wenn den Regelungen z.T. zusätzlich Förderungscharakter zugesprochen wird (vgl. Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 17. Juni 2010 in der Rechtssache Schmelz C-97/09, EU:C:2010:354, Rz 54).
c) Mit der planmäßigen Aufspaltung und künstlichen Verlagerung von Umsätzen auf die KGs mit dem Ziel, so die Kleinunternehmergrenze jeweils nicht zu überschreiten, wird der Vereinfachungszweck des § 19 UStG verfehlt und die Kleinunternehmerregelung missbräuchlich in Anspruch genommen.
aa) Zum einen kann eine derartig motivierte Aufspaltung keinem Vereinfachungszweck dienen (Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 2 Rz 974, 810). Zum anderen rechtfertigt im vorliegenden Fall der Gesamtumsatz der ursprünglichen Unternehmenseinheit die durch die Nichterfassung der Umsätze nach § 19 UStG bezweckte Verwaltungsvereinfachung nicht.
bb) Schließlich wird durch die Aufspaltung in kleinere Einheiten zweckwidrig mehrfach die Erleichterung des § 19 UStG in Anspruch genommen (so im Ergebnis auch Heuermann, Betriebs-Berater ‑‑BB‑‑ 2017, 2583, Fn 19; Endres-Reich, Mehrwertsteuerrecht 2017, 853).
Ein Unternehmen soll die Begünstigung der Steuerbefreiung nach § 19 UStG nur einmalig ‑‑für Umsätze in begrenzter Höhe‑‑ erhalten. Eine Ausweitung der Begünstigung auf Unternehmensteile deren Gesamtumsatz im Ergebnis höher ist, widerspräche diesem Ziel (Schlussanträge der Generalanwältin Kokott vom 17. Juni 2010 in der Rechtssache Schmelz C-97/09, EU:C:2010:354, Rz 95 f., hinsichtlich der Anwendbarkeit der Kleinunternehmerregelung bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten; Prätzler, juris PraxisReport Steuerrecht 4/2011 Anm. 5; Heuermann, BB 2017, 2583, 2585).
cc) Für die missbräuchliche Gestaltung bei der Aufspaltung und steuerlich motivierten Zuteilung von Umsätzen spricht im Übrigen auch die Begründung des Vorschlags, der zum Erlass der Richtlinie 77/388/EWG geführt hat (KOM[73] 950). Danach ist die Aufspaltung eines Unternehmens in mehrere Steuerpflichtige, um in den Genuss einer Sonderregelung ‑‑hier der Kleinunternehmerregelung‑‑ zu gelangen, ein Beispiel einer missbräuchlichen Gestaltung.
Eine durch Aufspaltung erzielte mehrfache Inanspruchnahme der Kleinunternehmervergünstigung stellt eine Verletzung des Neutralitätsprinzips dar.
Zwar gilt die Kleinunternehmervergünstigung nicht für alle Unternehmer der gleichen Branche und führt insofern zu einem Wettbewerbsvorteil, der die Wettbewerbsneutralität verletzen kann (Englisch in Tipke/Lang, Steuerrecht, 23. Aufl., § 17 Rz 69; Neeser, Umsatzsteuer- und Verkehrsteuer-Recht 2011, 301, 302), jedoch ist sie als Bagatellregelung unter dem Aspekt der Vereinfachung der Steuererhebung und Praktikabilität und der Typisierung gerechtfertigt (Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 19. März 1974 1 BvR 416/68 u.a., BVerfGE 37, 38, BStBl II 1974, 273, Rz 39, 54, 63; vgl. BFH-Beschluss vom 11. Dezember 1997 V B 52/97, BFH/NV 1998, 751, unter II., Rz 12; Friedrich-Vache in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 19 Rz 5).
Bei der vorliegenden Gestaltung potenziert sich der Wettbewerbsvorteil der aufgespaltenen Kleinunternehmen jedoch (vgl. auch bezüglich gleichheitsrelevanter Kumulationswirkung bei Tätigkeit in mehreren Mitgliedstaaten Heuermann, BB 2017, 2583, 2585). Gleichzeitig wirkt sich ein Vorsteuerausschluss nicht verzerrungsmindernd aus, da die KGs kaum Eingangsleistungen beziehen, sondern ihr Geschäft mittels des "Gesellschafterbeitrags" der Klägerin bestreiten. Da somit die typisierenden Annahmen des Gesetzgebers nicht mehr erfüllt werden und insgesamt die Bagatellgrenze überschritten wird, läge ein nicht mehr gerechtfertigter Verstoß gegen den Neutralitätsgrundsatz vor.
dd) Ausgehend davon hat das FG zu Recht im Streitfall eine missbräuchliche mehrfache Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung bejaht. Nach den Feststellungen des FG erfolgte die Verlagerung von Umsätzen auf die KGs missbräuchlich allein mit der Zielsetzung jeweils die Umsatzgrenzen der Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, ohne durch außersteuerliche Gründe gerechtfertigt zu sein. Diese Annahme ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
aaa) Zwar hat ein Steuerpflichtiger das Recht, seine Tätigkeit so zu gestalten, dass er seine Steuerschuld in Grenzen hält (EuGH-Urteile Halifax u.a. vom 21. Februar 2006 C-255/02, EU:C:2006:121, BFH/NV 2006, Beilage 3, 260, Rz 73; Part Service vom 21. Februar 2008 C-425/06, EU:C:2008:108, UR 2008, 461, Rz 47; Weald Leasing vom 22. Dezember 2010 C-103/09, EU:C:2010:804, UR 2011, 705, Rz 27). Dementsprechend macht allein das Bestreben, Steuern zu sparen, eine rechtliche Gestaltung nicht unangemessen, solange die gewählte Gestaltung zumindest auch von beachtlichen außersteuerlichen Gründen bestimmt gewesen ist (BFH-Urteile vom 4. Oktober 2006 VIII R 7/03, BFHE 215, 183, BStBl II 2009, 772, unter II.5., Rz 42; vom 17. März 2010 IV R 25/08, BFHE 228, 509, BStBl II 2010, 622, Rz 47; vom 19. Januar 2017 IV R 50/14, BFHE 257, 35, BStBl II 2017, 456, Rz 96, m.w.N.). So kann auch eine umsatzsteuerrechtlich vorteilhafte Aufspaltung in verschiedene Unternehmen wirtschaftlich und unternehmerisch durchaus Sinn ergeben (vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 12. Mai 2011 6 K 1649/09, EFG 2011, 1561, Rz 100, im Ergebnis bestätigt durch BFH-Urteil vom 11. April 2013 V R 28/12, BFH/NV 2013, 1638, Rz 29; BFH-Urteil vom 15. Oktober 1998 III R 75/97, BFHE 187, 245, BStBl II 1999, 119, unter II., Rz 15).
bbb) Jedoch hat das FG, das zu Recht davon ausgegangen ist, dass eine steuerlich möglichst effiziente Abwicklung (zur Reduzierung der Mehrwertsteuerbelastung) keinen rechtfertigenden außersteuerlichen Grund darstellt (EuGH-Urteil Cussens u.a. vom 22. November 2017 C-251/16, EU:C:2017:881, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 2018, 80, Rz 53, 55, m.w.N.), beachtliche außersteuerliche Gründe für die Gestaltung bei Würdigung des von ihm zu Grunde gelegten Sachverhalts nicht erkennen können. Es hat vielmehr festgestellt, dass Umstände vorliegen, die für eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung sprechen.
ccc) An diese Sachverhaltswürdigung ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden; denn sie ist auf Grundlage der vom FG getroffenen, nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen Feststellungen möglich und verstößt nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Dezember 1986 V S 14/85, BFH/NV 1987, 271, unter 2.; BFH-Urteile vom 27. Oktober 2005 IX R 76/03, BFHE 212, 360, BStBl II 2006, 359, unter II.2.a und b; vom 19. Januar 2016 XI R 38/12, BFHE 252, 516, BStBl II 2017, 567, Rz 44, 45; vom 28. Juni 2017 XI R 12/15, BFHE 258, 532, BFH/NV 2017, 1400, Rz 66).
3. Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung zur Rechtslage vor dem 1. Januar 1990 spricht nicht gegen die Annahme einer Zweckverfehlung.
Damals wurden Gestaltungen, die nur auf die Erreichung des Steuerabzugsbetrages nach § 19 Abs. 3 UStG a.F. gerichtet waren, als nicht rechtsmissbräuchlich beurteilt (vgl. BFH-Urteile vom 13. Juli 1989 V R 8/86, BFHE 158, 166, BStBl II 1990, 100; vom 14. Mai 1992 V R 56/89, BFHE 168, 472, BStBl II 1992, 859). Allerdings hatte § 19 Abs. 3 UStG a.F. einen anderen Regelungszweck. Die damalige Regelung zielte darauf, die Nachteile auszugleichen, die sich aus dem Wegfall der bis zum Jahre 1979 für Kleinunternehmer geltenden Bruttoumsatzbesteuerung ergaben, und einen gleitenden Anstieg der Umsatzsteuerbelastung zu bewirken (BFH-Urteile vom 24. Februar 1988 X R 67/82, BFHE 152, 564, BStBl II 1988, 622, unter II.3.g; in BFHE 158, 166, BStBl II 1990, 100, unter II.2.c, Rz 29), bzw. vorrangig darauf, einen abrupten Übergang bei der Überschreitung der Umsatzgrenze zu vermeiden (BTDrucks 8/1779; vgl. Stadie in Rau/Dürrwächter, Umsatzsteuergesetz, § 19 Rz 14).
Insofern war eine Zweckverfehlung bzw. Abweichung von einer vom Gesetzgeber als angemessen vorausgesetzten Gestaltung der Verhältnisse damals nicht feststellbar (BFH-Urteil in BFHE 158, 166, BStBl II 1990, 100, unter II.2.c, Rz 32; Birkenfeld, Umsatzsteuer-Handbuch, § 13 Rz 270).
Im Übrigen wurde aber auch bereits nach damaliger Rechtslage die Verlagerung von Umsätzen auf einen anderen Rechtsträger, um die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, als rechtsmissbräuchlich angesehen (FG Hamburg, Urteil vom 21. Mai 1992 VI 110/90, EFG 1992, 770, Rz 28, 38).
4. Da eine Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung durch die KGs folglich zweckwidrig und missbräuchlich wäre, ist sie vorliegend den KGs in Übereinstimmung mit den unionsrechtlichen Vorgaben zu versagen.
a) Nach Unionsrecht ist die Versagung eines Rechts oder eines Vorteils wegen missbräuchlicher oder betrügerischer Tätigkeiten die einfache Folge der Feststellung, dass im Fall von Betrug oder Rechtsmissbrauch die objektiven Voraussetzungen für die Erlangung des ersuchten Vorteils in Wirklichkeit nicht erfüllt sind (vgl. EuGH-Urteile Emsland-Stärke vom 14. Dezember 2000 C-110/99, EU:C:2000:695, Zeitschrift für Zölle und Verbrauchsteuern 2001, 92, Rz 56; Halifax u.a., EU:C:2006:121, BFH/NV 2006, Beilage 3, 260, Rz 93; Italmoda u.a. vom 18. Dezember 2014 C-131/13, EU:C:2014:2455, HFR 2015, 200, Rz 46; Cussens u.a., EU:C:2017:881, HFR 2018, 80, Rz 32, m.w.N.).
b) Ob die vorliegende Gestaltung im Hinblick auf andere Steuerarten mit anderen Regelungszwecken ‑‑insbesondere die Gewerbesteuer‑‑ als Gestaltungsmissbrauch nach § 42 AO einzustufen ist, ist vorliegend nicht zu entscheiden.
5. Die Sache ist gleichwohl nicht spruchreif. Es fehlen ausreichende Feststellungen des FG, um beurteilen zu können, ob die Überlassung von Personal und Sachmittel von der Klägerin an die KGs tatsächlich unentgeltlich erfolgt ist.
a) Die umsatzsteuerrechtliche Behandlung von Leistungen der Gesellschafter an die Gesellschaft richtet sich danach, ob es sich um Leistungen handelt, die als Gesellschafterbeitrag (§ 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) durch die Beteiligung am Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden, oder um Leistungen, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt werden und damit auf einen Leistungsaustausch i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG gerichtet sind (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BFH-Urteile vom 5. Dezember 2007 V R 60/05, BFHE 219, 455, BStBl II 2009, 486, unter II.1.a; vom 4. Juli 2013 V R 33/11, BFHE 242, 280, BStBl II 2013, 937, Rz 15, jeweils m.w.N.; Friedrich-Vache in Reiß/Kraeusel/Langer, UStG § 1 Rz 375).
Der Gesellschafter kann grundsätzlich frei entscheiden, in welcher Eigenschaft er für die Gesellschaft tätig wird. Dabei kann er seine Verhältnisse so gestalten, dass sie zu einer möglichst geringen steuerlichen Belastung führen (BFH-Urteile vom 16. März 1993 XI R 52/90, BFHE 171, 117, BStBl II 1993, 562; vom 18. Dezember 1996 XI R 12/96, BFHE 182, 395, BStBl II 1997, 374, unter II.1., Rz 20; Friedrich-Vache in Reiß/ Kraeusel/Langer, UStG § 1 Rz 377; Pump/Fittkau, Der Umsatz-Steuer-Berater 2007, 262).
b) Nach den Feststellungen des FG war die Überlassung von Personal und Sachmittel an die KGs in den jeweiligen Gesellschaftsbeschlüssen geregelt. Danach vereinbarte und erhob die Klägerin für die Überlassung kein "Entgelt", sondern erhielt von den KGs nur ihre Gewinnanteile laut dem jeweiligen Gesellschaftsvertrag.
c) Allerdings ist nicht ersichtlich auf welcher Grundlage die Klägerin der KG 1 in den Jahren 2009 und 2010 Personal und Sachmittel überließ, da eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung der Klägerin an der KG 1 in diesen Jahren nicht vorlag. Feststellungen zu einer gesonderten vertraglichen Vereinbarung zwischen der KG 1 und der Klägerin sowie deren Bedingungen hat das FG nicht getroffen.
d) Für alle Streitjahre ‑‑auch bezüglich der übrigen KGs‑‑ trägt die Feststellung des FG zur Unentgeltlichkeit der Überlassungen insofern nicht, als Anlass bestanden hätte, die tatsächliche Durchführung der vertraglichen Regelungen zu prüfen. Denn das FG hat festgestellt, dass die Gesellschaftsverträge ‑‑zumindest hinsichtlich der Vergütung der D-GmbH‑‑ nicht entsprechend tatsächlich durchgeführt wurden.
e) Es ist Sache des FG festzustellen, welche Regelungen in den Jahren 2009 und 2010 bezüglich der KG 1 galten und ob insgesamt die Vertragsbestimmungen die wirtschaftliche Realität richtig widerspiegeln (vgl. EuGH-Urteil Newey vom 20. Juni 2013 C-653/11, EU:C:2013:409, UR 2013, 628, Rz 49), oder nicht vielmehr von einer entgeltlichen Überlassung von Personal und Sachmitteln an die KGs auszugehen ist.
f) Für den Fall, dass die Überlassungen unentgeltlich erfolgten und es insofern für einen entgeltlichen Leistungsaustausch an einem Zusammenhang zwischen Nutzungsüberlassung und Gewinnanteil fehlt (vgl. BFH-Beschluss vom 11. Juni 2015 V B 140/14, BFH/NV 2015, 1442, Rz 4, 6, m.w.N.), wird das FG zu prüfen haben, ob der Vorsteuerabzug bezüglich der auf die Überlassungen bezogenen Eingangsleistungen zu versagen ist (vgl. dazu z.B. EuGH-Urteil Malburg vom 13. März 2014 C-204/13, EU:C:2014:147, UR 2014, 353, Rz 34 ff.; Iberdrola Inmobiliaria Real Estate Investments vom 14. September 2017 C-132/16, EU:C:2017:683, UR 2017, 928, Rz 30 ff.; BFH-Urteile vom 26. August 2014 XI R 26/10, BFHE 247, 269, BFH/NV 2015, 121, Rz 22; vom 11. November 2015 V R 8/15, BFHE 252, 468, BFH/NV 2016, 863, Rz 20 f., jeweils m.w.N.), bzw. die Überlassungen ‑‑jedenfalls in den Jahren 2009 und 2010 an die KG 1, an der in diesem Zeitpunkt keine gesellschaftliche Beteiligung der Klägerin bestand‑‑ als unternehmensfremden Zwecken dienende unentgeltliche Wertabgaben der Besteuerung unterliegen (vgl. EuGH-Urteile Danfoss und AstraZeneca vom 11. Dezember 2008 C-371/07, EU:C:2008:711, UR 2009, 60, Rz 63, 65; Verenigung Noordelijke Land- en Tuinbouw Organisatie ‑‑VNLTO‑‑ vom 12. Februar 2009 C-515/07, EU:C:2009:88, UR 2009, 199, Rz 38; BFH-Urteile vom 11. April 2002 V R 65/00, BFHE 198, 233, BStBl II 2002, 782, unter II.2.a; vom 29. Oktober 2008 XI R 76/07, BFH/NV 2009, 795, unter II.3.b, Rz 27).
Diesbezüglich hat das FG ‑‑aus seiner Sicht zu Recht‑‑ keine Feststellungen dazu getroffen, ob und in welchem Umfang die Klägerin Vorsteuer bezüglich der Eingangsleistungen zum Abzug gebracht hat, die auf die Überlassungen an die KGs entfallen.
6. Das FG wird im zweiten Rechtsgang die noch fehlenden Feststellungen nachzuholen haben. Dabei ist im Übrigen zu berücksichtigen, dass ‑‑entgegen des Tatbestands des FG-Urteils‑‑ die Klägerin eine Änderung der Bescheide vom 17. Januar 2014 anstatt von (wohl nicht existierenden) Bescheiden vom 17. April 2014 begehrt.
7. Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.