ECLI:DE:BFH:2018:U.020818.VR21.16.0
BFH V. Senat
UStG § 1 Abs 1 Nr 1 S 1, UStG § 2 Abs 1, UStG § 14c Abs 1, UStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 1, UStG § 15 Abs 1 S 2, UStG § 15 Abs 1a, FGO § 118 Abs 2, FGO § 155, ZPO § 240, UStG VZ 2007 , UStG VZ 2008 , UStG VZ 2009 , UStG VZ 2010
vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 05. Oktober 2015, Az: 16 K 254/14
Leitsätze
Die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) ist nicht steuerbar, wenn dem Eigentümer der Pferde als Gegenleistung lediglich ein platzierungsabhängiges Preisgeld gezahlt wird (anders noch BFH-Urteil vom 9. März 1972 V R 32/69, BFHE 105, 196, BStBl II 1972, 556) .
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 6. Oktober 2015 16 K 254/14 aufgehoben.
Die Sache wird an das Niedersächsische Finanzgericht zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die J-GmbH in den Streitjahren (2007 bis 2010) zum Vorsteuerabzug berechtigt war.
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Insolvenzverwalter über das Vermögen der J-GmbH. Diese wurde mit Gesellschaftsvertrag vom ... Dezember 2007 errichtet, Unternehmensgegenstand ist der Kauf und Verkauf sowie die Ausbildung von Pferden und die Förderung talentierter Reiter für den Spitzensport. Die J-GmbH ist ferner berechtigt, alle Geschäfte durchzuführen, die im Interesse der Gesellschaft liegen. Alleinige Gesellschafterin der J-GmbH ist A, alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführer waren in den Streitjahren W und K.
Für die Streitjahre reichte die J-GmbH Umsatzsteuererklärungen mit folgenden Beträgen ein, denen der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) zustimmte:
Streitjahr
Umsätze
Umsatzsteuer
Vorsteuern
2007
0 €
0 €
77.632,15 €
2008
11.150 €
818,30 €
114.961,95 €
2009
39.044 €
2.733,08 €
22.093,14 €
2010
247.951 €
19.877,53 €
84.756,63 €
Im September 2010 führte das FA eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung durch. Die Prüferin war zunächst der Ansicht, die J-GmbH sei nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, weil sie nicht nachgewiesen habe, ein Unternehmen zu betreiben. Nachdem sie der J-GmbH diese Ansicht mitgeteilt hatte, trug diese vor, das Unternehmen befinde sich noch im Aufbau. Hierauf kam die Prüferin zu der Auffassung, die Vorsteuerbeträge beträfen Repräsentationsaufwand und seien daher nach § 15 Abs. 1a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abzugsfähig.
In der Zeit vom November 2012 bis März 2013 führte das FA für Großbetriebsprüfung eine Außenprüfung bei der J-GmbH durch. Dabei stellte der Prüfer fest, dass sämtliche Pferde bei der X-GmbH untergebracht und dort umfassend betreut worden waren. Eigene Stallungen und Weideflächen hätten der J-GmbH nicht zur Verfügung gestanden. Ertragsteuerrechtlich liege Liebhaberei vor, die geltend gemachten Vorsteuerbeträge seien nicht abzugsfähig.
Das FA folgte der Auffassung der Prüfer und erließ am ... 2013 einen geänderten Umsatzsteuerbescheid für 2007 über 0 € und am ... 2013 geänderte Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2010, in denen die bislang geltend gemachten Vorsteuerbeträge vollständig gestrichen wurden.
Den Einspruch der J-GmbH wies das FA am ... 2014 als unbegründet zurück. Entgegen der Auffassung der J-GmbH liege kein Pferdezuchtbetrieb im größeren Umfang vor, der bei typisierender Betrachtung nicht unter das Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG falle. Zwar sei es möglich, bei 10 Hengsten und 2 Stuten auch ein hoch prämiertes Pferd zu züchten, dies sei allerdings eher selten. Pferdezuchtbetriebe hätten in der Regel eine größere Anzahl an Zuchtstuten und legten Wert darauf, dass die trächtigen Stuten unter ihrer Beobachtung stünden, um den Zuchterfolg nicht zu gefährden. Sie benötigten Weideflächen, über die die J-GmbH nicht verfüge. Die J-GmbH trete auch im Außenverhältnis nicht als eigenständiger Zuchtbetrieb auf, sondern bediene sich nur der Betriebsstrukturen der X-GmbH.
Die dagegen erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) mit seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 2016, 1658 veröffentlichten Urteil als unbegründet ab. Die Klägerin sei "unstreitig" Unternehmerin, wobei "ihre unternehmerische Tätigkeit zumindest die regelmäßige Teilnahme an Turnieren mit dem Ziel der Erzielung von Preisgeldern" umfasse. Sie sei damit auch dem Grunde nach zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dem Vorsteueranspruch stehe aber das Abzugsverbot des § 15 Abs. 1a UStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG entgegen.
Das Halten von Rennpferden könne nach dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 2. Juli 2008 XI R 66/06 (BFHE 222, 123, BStBl II 2009, 206, Rz 13, 15 f.) ein ähnlicher Zweck i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG sein. Etwas anderes gelte zwar für den Betrieb einer Pferdezucht in größerem Umfang mit erheblichen Umsätzen (BFH-Urteil vom 12. Februar 2009 V R 61/06, BFHE 224, 467, BStBl II 2009, 828, Rz 30). Vorliegend werde der Sachverhalt aber dahingehend gewürdigt, dass keine Pferdezucht vorliege, sondern mit dem Betrieb der J-GmbH ein überdurchschnittliches Repräsentationsbedürfnis der A und ihre sportlichen Neigungen befriedigt werden sollten. Das Unternehmen der J-GmbH habe lediglich aus den im Januar 2008 von der X-GmbH erworbenen fünf Hengsten und Zuchtrechten bestanden. Für die von der J-GmbH behauptete Pferdezucht fehlten ihr offensichtlich die erforderlichen Stuten. Hierauf angesprochen habe der Prozessbevollmächtigte seinen bisherigen Vortrag sofort aufgegeben und erklärt, die J-GmbH betreibe einen Pferdehandel. Aber auch dieser neue Sachvortrag sei nicht schlüssig, weil die J-GmbH in 2010 und 2011 lediglich jeweils ein Pferd veräußert habe und beide Pferde zuvor zum 31. Dezember 2009 von A in den Betrieb eingelegt worden sein sollten. Nachgewiesen habe die J-GmbH als unternehmerischen Zweck nur die Unterhaltung eines Pferdestalls mit dem Ziel der Teilnahme an Turnieren. Derartige Aufwendungen dienten bei typisierender Betrachtung einem überdurchschnittlichen Repräsentationsbedürfnis des Betriebsinhabers, zumal wenn dieser ‑‑wie die A im Streitfall‑‑ eine Sportreiterin im Spitzenbereich sei.
Mit ihrer Revision rügt die J-GmbH die Verletzung von § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 1a UStG und § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG.
Während des Revisionsverfahrens wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der J-GmbH eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter bestellt. Er bestritt die vom FA zur Tabelle gemeldeten Steuerrückstände in voller Höhe und teilte im Schreiben vom 9. Mai 2017 mit, dass er das durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochene Verfahren (§ 155 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑ i.V.m. § 240 der Zivilprozessordnung ‑‑ZPO‑‑) aufnehme.
Das FG habe im angefochtenen Urteil die Unternehmereigenschaft mit der regelmäßigen Teilnahme an Turnieren mit dem Ziel der Erzielung von Preisgeldern begründet. Da aufgrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) der Insolvenzschuldnerin (J-GmbH) die Unternehmereigenschaft und der begehrte Vorsteuerabzug zu versagen sei, könnten die erzielten Preisgelder im Gegenzug auch nicht der Umsatzsteuer unterworfen werden. Die angefochtenen Bescheide seien daher insoweit rechtswidrig, als die von der Insolvenzschuldnerin in den Streitjahren erzielten Preisgelder (Siegprämien) der Umsatzsteuer unterworfen worden seien. Darüber hinaus könnten zu weiteren Umständen bezüglich der Unternehmereigenschaft keine Angaben gemacht werden.
Der Kläger beantragt festzustellen,
dass die vom FA beim Amtsgericht (AG) zur Insolvenztabelle angemeldeten streitgegenständlichen Umsatzsteuerforderungen 2007 bis 2010 nicht berechtigt sind und der Widerspruch des Klägers daher berechtigt ist.Das FA beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.Der Auffassung, dass es sich bei der Teilnahme an sportlichen Wettkämpfen um keine umsatzsteuerbare sonstige Leistung handele, könne sich das FA nicht anschließen. Das BFH-Urteil vom 30. August 2017 XI R 37/14 (BFHE 259, 175) sei bislang nicht amtlich veröffentlicht und daher von der Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anwendbar. Die Teilnahme am Wettbewerb führe zwar nicht regelmäßig zu einem Preisgeld, sei aber notwendige Voraussetzung für die Chance auf ein Preisgeld. Daher bestehe ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistung und Gegenleistung. Der Annahme eines Leistungsaustausches stehe nicht entgegen, dass sich die Entgelterwartung nicht erfülle (BFH-Urteil vom 22. Juni 1989 V R 37/84, BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913). Auch ein selbständiger Handelsvertreter könne nicht aus jedem Kundengesuch Umsätze generieren. Ebenso ziele die Teilnahme am Wettkampf auf Einnahmen ab und erschöpfe sich nicht in der Freude am Pferdesport.
Das FG habe für die Umsätze der Jahre 2007, 2008 sowie der Umsatzsteuer-Voranmeldungen für 2009 und 2010 einen Betrag von 21.523 € benannt, bei dem es sich "überwiegend um Preisgelder" handele. Eine genauere Aussage zur Höhe und zur zeitlichen Zuordnung der Preisgelder sei wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit unterblieben. Auch sei der Widerspruch zu den nach dem klägerischen Vortrag erzielten Preisgeldern auf S. 6 (des FG-Urteils) des streitigen Sachverhalts (... € in 2008, ... € in 2009, sowie ... € in 2010, insgesamt also ... €) nicht aufgeklärt. Daher fehle es an einem feststehenden Sachverhalt, den der Senat einer Entscheidung zugrunde legen könne.
Entscheidungsgründe
II.
A. Die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der J-GmbH durch den Beschluss des AG vom Januar 2017 steht einer Entscheidung des Senats nicht entgegen. Das mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Januar 2017 unterbrochene Verfahren ist durch den zum Insolvenzverwalter bestellten Kläger wirksam aufgenommen worden (§ 155 FGO i.V.m. § 240 ZPO). Das ursprüngliche Anfechtungsverfahren hat sich nach Anmeldung der streitgegenständlichen Umsatzsteuer durch das FA, dem Widerspruch des Klägers und Aufnahme des Rechtsstreits in ein Insolvenzfeststellungsverfahren gewandelt. Da der Kläger als Insolvenzverwalter das Verfahren aufgenommen hat, kommt es zu keinem Beteiligtenwechsel. Streitgegenstand ist nunmehr der Widerspruch gegen die im Prüfungstermin vom FA geltend gemachten Umsatzsteuerforderungen zur Tabelle (vgl. z.B. Loose in Tipke/Kruse, Abgabenordnung, Finanzgerichtsordnung, § 251 AO Rz 53a, m.w.N.).
B. Die Revision des Klägers ist aus anderen als den zunächst geltend gemachten Gründen begründet. Das Urteil des FG ist aufzuheben und die Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 FGO). Das FG hat gegen § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 i.V.m. § 2 Abs. 1 UStG (unter 1.) und gegen § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UStG (unter 2.) verstoßen, indem es von der Steuerbarkeit der von der J-GmbH getätigten Umsätze sowie ihrer Berechtigung zum Vorsteuerabzug dem Grunde nach ausgegangen ist. Der Senat kann mangels tatsächlicher Feststellungen zu Art und Höhe der Umsätze sowie zur Unternehmereigenschaft der J-GmbH die Sache nicht selbst entscheiden (unter 3.).
1. Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, die J-GmbH habe an Turnieren zur Erzielung von Preisgeldern im Rahmen eines Leistungsaustausches teilgenommen und sei insoweit unternehmerisch tätig geworden.
Der Umsatzsteuer unterliegen u.a. sonstige Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG).
a) Die Teilnahme der J-GmbH an Turnieren zur Erzielung von Preisgeldern erfolgte nicht im Rahmen eines Leistungsaustausches. Nach ständiger EuGH-Rechtsprechung und des BFH setzt eine "Leistung gegen Entgelt" das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einer Leistung und einer tatsächlich vom Steuerpflichtigen empfangenen Gegenleistung voraus. Dazu muss zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis bestehen, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet (EuGH-Urteile Tolsma vom 3. März 1994 C-16/93, EU:C:1994:80, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 1994, 357, Rz 13 und 14; Gemeente Borsele vom 12. Mai 2016 C-520/14, EU:C:2016:334, HFR 2016, 664, Rz 24; Lajver vom 2. Juni 2016 C-263/15, EU:C:2016:392, HFR 2016, 665, Rz 26; BFH-Urteile vom 10. Juli 1997 V R 94/96, BFHE 183, 288, BStBl II 1997, 707; vom 14. März 2012 XI R 8/10, BFH/NV 2012, 1667, Rz 52; vom 12. August 2015 XI R 43/13, BFHE 251, 253, BStBl II 2015, 919, Rz 25).
aa) Im Urteil Baštová vom 10. November 2016 C-432/15 (EU:C:2016:855, HFR 2017, 82) hat der EuGH entschieden, dass die Teilnahme an einem Wettbewerb (Pferderennen) keine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung ist, wenn für die Teilnahme weder ein Antrittsgeld noch eine andere unmittelbare Vergütung gezahlt wird und nur Teilnehmer mit einer erfolgreichen Platzierung ein Preisgeld erhalten; die Ungewissheit einer Zahlung sei geeignet, den unmittelbaren Zusammenhang zwischen der dem Leistungsempfänger erbrachten Dienstleistung und der ggf. erhaltenen Zahlung aufzuheben. Unter Bezugnahme auf diese Entscheidung hat der BFH im Urteil in BFHE 259, 175 erkannt, dass auch ein Berufspokerspieler keine Leistung im Rahmen eines Leistungsaustausches "gegen Entgelt" i.S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG erbringt, wenn er an Spielen fremder Veranstalter teilnimmt und ausschließlich im Falle der erfolgreichen Teilnahme Preisgelder oder Spielgewinne erhält. Zwischen der bloßen Teilnahme am Kartenspiel und dem im Erfolgsfall erhaltenen Preisgeld oder Gewinn fehlt dann der für einen Leistungsaustausch erforderliche unmittelbare Zusammenhang (BFH-Urteil in BFHE 259, 175, Rz 26).
Soweit das FA in diesem Zusammenhang vorträgt, es könne sich der geänderten Rechtsprechung des BFH nicht anschließen, da das BFH-Urteil in BFHE 259, 175 bislang nicht amtlich veröffentlicht und daher von der Finanzverwaltung über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anwendbar sei, verkennt es, dass es für den an Recht und Gesetz gebundenen BFH (Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes) nicht darauf ankommt, ob Entscheidungen im BStBl veröffentlicht wurden. Im Übrigen ist die Finanzverwaltung nach Art. 4 Abs. 3 Unterabs. 2 des Vertrages über die Europäische Union gehalten, die Rechtsprechung des EuGH zu beachten und Steuerrechtsnormen im Lichte dieser Urteile (im Streitfall: EuGH-Urteil Baštová, EU:C:2016:855, HFR 2017, 82) auszulegen (vgl. BFH-Urteile in BFHE 259, 175, Rz 26, 27, sowie vom 18. Oktober 2001 V R 106/98, BFHE 196, 363, BStBl II 2002, 551, Rz 18, 25 f.).
bb) Entgegen der Ansicht des FA widerspricht die geänderte Rechtsprechung nicht dem BFH-Urteil in BFHE 158, 144, BStBl II 1989, 913. Danach setzt der Tatbestand des Leistungsaustausches zwar voraus, dass eine Leistung, nicht aber auch, dass das Entgelt tatsächlich erbracht wird. Aus § 17 UStG ergebe sich, dass es der Annahme eines Leistungsaustausches nicht entgegenstehe, wenn der Leistende die gewollte, erwartete oder erwartbare Gegenleistung, das Entgelt, nicht oder nicht in dem erwarteten Umfang erhält, sei es, dass sich die begründete Entgeltserwartung nicht erfüllt, dass das Entgelt uneinbringlich wird oder sich nachträglich mindert. Im Falle von Wettbewerben mit unsicherem Ausgang fehlt es jedoch an einer "begründeten" Entgeltserwartung, weil der Erhalt des Entgelts von der Erzielung einer besonderen Leistung abhängt und "Unwägbarkeiten" unterliegt.
cc) Soweit der Senat im Urteil vom 9. März 1972 V R 32/69 (BFHE 105, 196, BStBl II 1972, 556) entschieden hatte, dass die als Belohnung für das erfolgreiche Teilnehmen an Pferderennen empfangenen Rennpreise Entgelte für eine von dem Rennstallbesitzer erbrachte sonstige Leistung darstellen, ist diese ‑‑zur früheren, noch nicht harmonisierten Rechtslage (Streitjahre: 1963 bis 1966) ergangene‑‑ Entscheidung durch das EuGH-Urteil Baštová (EU:C:2016:855, HFR 2017, 82) überholt (vgl. hierzu bereits BFH-Urteil in BFHE 259, 175, Rz 29).
dd) Das FG ist in dem angegriffenen Urteil von der Steuerbarkeit der Preisgelder ausgegangen. Diese Auffassung widerspricht den o.g. Grundsätzen des EuGH und des BFH, die das FG indes noch nicht berücksichtigen konnte. Da nach seinen Feststellungen über diese ‑‑als "Hilfsgeschäfte" erachteten‑‑ Umsätze noch keine Rechnungen ausgestellt wurden, kommt jedenfalls für die Streitjahre auch keine Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG in Betracht. Das Urteil des FG ist daher aufzuheben.
b) Darüber hinaus ist das FG in der fehlerhaften Annahme, die J-GmbH sei jedenfalls durch die regelmäßige Teilnahme an Turnieren zwecks Erzielung von Preisgeldern unternehmerisch tätig geworden, von der Steuerbarkeit der Umsätze der J-GmbH ausgegangen. Es hat daher ‑‑aus seiner Sicht zu Recht‑‑ keine weiteren Feststellungen getroffen, aus denen die Unternehmereigenschaft der J-GmbH folgen könnte.
aa) Stellt die Teilnahme an Turnieren zur Erzielung von Preisgeldern keine wirtschaftliche Tätigkeit dar, ist diese Tätigkeit auch nicht zur Begründung der Unternehmerstellung geeignet. Denn bei richtlinienkonformer Auslegung erfordert die Unternehmereigenschaft ("Steuerpflichtiger") die Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit i.S. des Art. 4 Abs. 1, Abs. 2 der Richtlinie 77/388/EWG des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern (vgl. BFH-Urteile vom 18. Dezember 2008 V R 80/07, BFHE 225, 163, BStBl II 2011, 292, unter II.1.; vom 11. April 2008 V R 10/07, BFHE 221, 456, BStBl II 2009, 741, unter II.1.). Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn Leistungen gegen Entgelt i.S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG ("Leistungsaustausch") erbracht werden. Da die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit i.S. von § 2 Abs. 1 UStG eine nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen (Erbringung von Leistungen gegen Entgelt) voraussetzt (vgl. BFH-Urteile vom 9. Februar 2012 V R 40/10, BFHE 236, 258, BStBl II 2012, 844, unter Rz 21, sowie vom 24. September 2014 V R 54/13, BFH/NV 2015, 364, Rz 26), ist sie ausgeschlossen, wenn es an einem Leistungsaustausch fehlt.
bb) Die Unternehmereigenschaft der J-GmbH ergibt sich auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen weder aus einer Pferdezucht noch aus einem Pferdehandel.
(1) Das FG hat den Sachverhalt vielmehr dahingehend gewürdigt, dass mit dem Betrieb der J-GmbH ein überdurchschnittliches Repräsentationsbedürfnis der Alleingesellschafterin A und ihre sportlichen Neigungen befriedigt werden sollte, weil es für die behauptete Pferdezucht (vgl. BFH-Urteil in BFHE 224, 467, BStBl II 2009, 828, Leitsatz 1) offensichtlich an den hierfür erforderlichen Stuten fehle (FG-Urteil S. 9). Diese Würdigung ist möglich und nachvollziehbar, sie wird auch nicht mit Verfahrensrügen angegriffen, sodass diese Würdigung den Senat bindet (§ 118 Abs. 2 FGO).
(2) Das FG hat auch eine Unternehmereigenschaft aus einem Handel mit Pferden ausgeschlossen, weil die J-GmbH in 2010 und 2011 lediglich jeweils ein Pferd veräußerte und beide Pferde angeblich zuvor zum 31. Dezember 2009 von der Alleingesellschafterin in den Betrieb eingelegt worden sein sollten. Nachgewiesen habe die J-GmbH als unternehmerischen Zweck nur "die Unterhaltung eines Pferdestalls mit dem Ziel der Teilnahme an Turnieren". Diese Schlussfolgerung des FG ist ebenfalls möglich und nachvollziehbar, sie wird auch nicht mit Verfahrensrügen angegriffen und bindet daher den Senat.
2. Fehlt es an der Unternehmereigenschaft der J-GmbH, ist diese bereits dem Grunde nach nicht zum Abzug der geltend gemachten Vorsteuern berechtigt. Denn nur ein Unternehmer kann die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen als Vorsteuer abziehen (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 UStG).
3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann mangels hinreichender Feststellungen nicht selbst über die Steuerbarkeit der Umsätze und den Vorsteuerabzug der J-GmbH entscheiden. Der Rechtsstreit ist daher zur weiteren Sachverhaltsaufklärung an das FG zurückzuverweisen.
a) Im zweiten Rechtsgang hat das FG zunächst die Höhe der nicht steuerbaren Preisgelder zu ermitteln. Das FG hat die in den Jahren 2007 und 2008 sowie in den Voranmeldungen für 2009 und 2010 erklärten Umsätze mit insgesamt 21.523 € beziffert. Dabei soll es sich nicht um Umsätze aus dem Verkauf von Pferden, der Ausbildung von Pferden und der Förderung talentierter Reiter, sondern "überwiegend um Preisgelder" handeln. Das FG hat somit ‑‑wegen fehlender Entscheidungserheblichkeit‑‑ noch keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, in welcher Höhe nicht steuerbare Preisgelder vorliegen. Die fehlenden Feststellungen sind im Rahmen des zweiten Rechtsgangs nachzuholen. Dabei ist auch zu prüfen, ob es sich insoweit tatsächlich um "echte" Preisgelder handelt oder ob die vereinnahmten Beträge ‑‑teilweise auch‑‑ auf platzierungsunabhängigen und damit steuerbaren Vergütungen (z.B. Antrittsgeldern) beruhen. Schließlich hat das FG die Differenzen zwischen seinen Feststellungen zur Höhe der Preisgelder auf S. 3 des FG-Urteils (21.523 €) und den nach klägerischem Vortrag erzielten ‑‑wesentlich höheren‑‑ Preisgeldern auf S. 6 des FG-Urteils aufzuklären. Die Siegprämien beliefen sich danach auf ... € (2008), ... € (2009) sowie ... € (2010), in den Streitjahren also auf insgesamt ... €.
b) Weiterhin ist aufzuklären, welche weiteren Umsätze die J-GmbH in den Streitjahren ausgeführt hat und zu prüfen, ob die J-GmbH im Hinblick auf diese Umsätze unternehmerisch tätig war. Dabei ist zu berücksichtigen, dass eine nur gelegentliche Vermietung oder Verpachtung eines im Übrigen privat genutzten Gegenstands keine unternehmerische Tätigkeit darstellt (BFH-Urteil vom 12. Dezember 1996 V R 23/93, BFHE 182, 388, BStBl II 1997, 368; EuGH-Urteil Enkler vom 26. September 1996 C-230/94, EU:C:1996:352, HFR 1996, 836). Bei einem Gegenstand, der seiner Art nach sowohl für wirtschaftliche als auch für private Zwecke verwendet werden kann, sind alle Umstände seiner Nutzung zu prüfen, um festzustellen, ob er tatsächlich zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen und damit unternehmerisch verwendet wird. Eine der Methoden, mit denen geprüft werden kann, ob die betreffende Tätigkeit zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen ausgeübt wird, ist der Vergleich zwischen den Umständen, unter denen der Betreffende den Gegenstand tatsächlich nutzt, und den Umständen, unter denen die entsprechende wirtschaftliche Tätigkeit gewöhnlich ausgeübt wird. Ferner sind die tatsächliche Dauer der Vermietung des Gegenstands, die Zahl der Kunden und die Höhe der Einnahmen Gesichtspunkte, die zur Gesamtheit der Gegebenheiten des Einzelfalls gehören und daher neben anderen Gesichtspunkten bei dieser Prüfung berücksichtigt werden können (BFH-Urteil vom 4. September 2008 V R 10/06, BFH/NV 2009, 230, unter II.1.c aa; EuGH-Urteil Enkler, EU:C:1996:352, HFR 1996, 836, Leitsatz). Kommt das FG aufgrund dieser Gesamtbetrachtung zum Ergebnis, dass die J-GmbH auch hinsichtlich der weiteren Umsätze nicht unternehmerisch tätig war, sind auch diese (weiteren) Umsätze nicht steuerbar und ist ein Vorsteuerabzug bereits dem Grunde nach ausgeschlossen.
c) Führt diese Prüfung hingegen zum Ergebnis, dass die J-GmbH als Unternehmerin anzusehen ist, hat das FG zu untersuchen, ob der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG zu versagen ist, weil der Gegenstand der jeweiligen Lieferung (im Streitfall: Rennpferde, LKW, Anhänger, PKW) zu weniger als 10 % für das Unternehmen genutzt wurde. Ob die 10 %-Grenze erreicht wird, richtet sich im Hinblick auf den Sofortabzug der Vorsteuer bei Anschaffung nach der beim Erwerb vorgesehenen und durch objektive Anhaltspunkte belegten Verwendungsabsicht (vgl. Oelmaier in Sölch/Ringleb, Umsatzsteuer, § 15 UStG Rz 461).
Zu beachten ist allerdings, dass § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG in den Streitjahren 2007 bis 2010 nur insoweit unionsrechtskonform und damit anwendbar war, als er eine Verwendung zu unternehmensfremden (privaten) Zwecken von mehr als 90 % umfasst. Die Ausnahme greift somit nicht, wenn der Gegenstand im Unternehmen zu mehr als 90 % für nichtwirtschaftliche ‑‑nicht in den Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer fallende‑‑ Tätigkeiten genutzt wird (Senatsurteil vom 3. August 2017 V R 62/16, BFHE 259, 380, Rz 31; BFH-Urteil vom 16. November 2016 XI R 15/13, BFHE 255, 555, BStBl II 2018, 237; EuGH-Urteil Landkreis Potsdam-Mittelmark vom 15. September 2016 C-400/15, EU:C:2016:687). Die Nutzung der angeschafften Gegenstände zur Befriedigung der sportlichen Neigungen und des Repräsentationsbedürfnisses der Alleingesellschafterin A könnte geeignet sein, eine private Verwendung zu begründen.
d) Falls auch der Ausschluss des Vorsteuerabzugs nach § 15 Abs. 1 Satz 2 UStG nicht eingreifen sollte, ist schließlich vom FG zu prüfen, ob es sich bei den Anschaffungen im Hinblick auf eine ggf. vom FG festgestellte Unternehmereigenschaft der J-GmbH um nicht abziehbaren Repräsentationsaufwand handelt (§ 15 Abs. 1a i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 EStG). Auch hierüber kann der Senat nicht selbst entscheiden, da es für diese Beurteilung maßgeblich auf die jeweilige unternehmerische Tätigkeit ankommt.
Soweit das FG die Voraussetzungen für das Vorliegen von nichtabziehbarem und daher vom Vorsteuerabzug ausgeschlossenem Repräsentationsaufwand bejahen sollte, hat es zu berücksichtigen, dass der Verkauf der betreffenden Gegenstände (im Streitfall: Rennpferde) nach § 4 Nr. 28 UStG steuerfrei ist (vgl. hierzu BFH-Urteil vom 21. Mai 2014 V R 34/13, BFHE 246, 232, BStBl II 2014, 914, Rz 54); etwas anderes ergäbe sich lediglich dann, wenn die J-GmbH noch im Streitjahr 2010 eine Rechnung mit Umsatzsteuerausweis (§ 14c Abs. 1 UStG) erteilt hätte. Hierzu fehlen jedoch Feststellungen im Urteil des FG.
4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.