ECLI:DE:BFH:2018:U.250418.IR59.15.0
BFH I. Senat
EStG § 49 Abs 1 Nr 2 Buchst d, EStG § 50a Abs 4 S 1 Nr 1, EStG § 50d Abs 2 S 1, EStG § 50d Abs 2 S 4, EStG § 50d Abs 2 S 5, DBA AUT Art 17 Abs 1 S 1, DBA AUT Art 17 Abs 2 S 1, DBA AUT Art 17 Abs 3, EStG VZ 2006 , EStG VZ 2007 , AO § 168, AO § 170, AO § 164, FGO § 40
vorgehend FG Köln, 09. Juni 2015, Az: 2 K 2305/10
Leitsätze
1. Die Vergütung, die eine Produktionsgesellschaft für die Organisation einer künstlerischen Darbietung als Gesamtarrangement erhält, unterfällt nicht notwendig in ihrer Gesamtheit dem Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000, sondern ist ggf. aufzuteilen in Vergütungsbestandteile, die eine persönlich ausgeübte Künstlertätigkeit i.S. des Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 entgelten und in solche Vergütungsbestandteile, die anderen Abkommensartikeln zuzuordnen sind (sog. segmentierende Betrachtungsweise) .
2. Der die Anwendung von Art. 17 Abs. 1 und 2 DBA-Österreich 2000 ausschließende Tatbestand des Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 ist nicht erfüllt, wenn der Aufenthalt des Künstlers oder Sportlers im Tätigkeitsstaat aus Mitteln einer nur im Tätigkeitsstaat ansässigen und dort als gemeinnützig anerkannten Einrichtung unterstützt wird .
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 10. Juni 2015 2 K 2305/10 wird bezüglich jener Verfahren als unbegründet zurückgewiesen, hinsichtlich derer die Klage als unzulässig abgewiesen worden ist (Anträge Nr. 4, 15, 21, 22, 25, 27, 29, 31, 37, 47, 61, 69 und 70 sowie Nr. 8, 10, 11, 12, 16, 17, 33, 35, 38, 44 und 53 gemäß Anlage zum Urteil des Finanzgerichts).
Im Übrigen wird das Urteil auf die Revision der Klägerin aufgehoben und die Sache an das Finanzgericht Köln zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I.
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH mit Sitz und Geschäftsleitung in der Republik Österreich (Österreich), die in den Jahren 2006 und 2007 in der Bundesrepublik Deutschland (Deutschland) über keine Betriebsstätte verfügte. Ihr Unternehmensgegenstand bestand u.a. in der Veranstaltung von Konzerten und Theaterabenden sowie der Produktion und Organisation von Tourneen und Gastspielen jeder Art. In den Jahren 2006 und 2007 organisierte die Klägerin in Deutschland Theater- und Opernaufführungen unter Einsatz von Künstlern und erhielt dafür Vergütungen von den inländischen Veranstaltern.
Mit am 27. September sowie am 2. und 23. Oktober 2006 beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Bundeszentralamt für Steuern ‑‑BZSt‑‑) eingegangenen Schreiben beantragte die Klägerin für Vergütungen, die ihr im Zusammenhang mit insgesamt 71 ‑‑in der Anlage zum angefochtenen Urteil aufgelisteten‑‑ tourneemäßigen Gastspielen verschiedener Künstlergruppen in der Zeit vom 24. September 2006 bis zum 29. Oktober 2007 in verschiedenen Auftrittsorten in Deutschland zugeflossen waren bzw. noch zufließen würden, die Freistellung vom Steuerabzug nach § 50d Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes in der im Antragszeitraum geltenden Fassung (EStG) i.V.m. Art. 17 Abs. 3 des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen vom 24. August 2000 (BGBl II 2002, 735, BStBl I 2002, 585) ‑‑DBA-Österreich 2000‑‑.
Insgesamt 16 dieser Veranstaltungen hatten zum Zeitpunkt der Antragstellung bereits stattgefunden; bei 13 dieser 16 Veranstaltungen war außerdem die Vergütung schon vor der Antragstellung an die Klägerin gezahlt worden. Im Laufe des Antragsverfahrens wurden durch verschiedene deutsche Veranstalter Abzugsteuern nach § 50a EStG angemeldet oder seitens der zuständigen Finanzämter Haftungsbescheide erlassen. Zum Teil wurde die Steuer durch die Finanzämter auf null € festgesetzt. Für einen Teil der Veranstaltungen erhielt die Klägerin im Laufe des Verfahrens Erstattungen von den jeweils örtlich zuständigen Finanzämtern.
Das BZSt lehnte die Anträge auf Erteilung von Freistellungsbescheinigungen ab, weil die Klägerin die nach Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 erforderlichen Unterlagen nicht vorgelegt habe. Mit der dagegen erhobenen Klage hat die Klägerin auch geltend gemacht, die vereinbarten Vergütungen für die Organisation der Theaterveranstaltungen seien nicht einheitlich als solche aus der Verwertung einer künstlerischen Tätigkeit i.S. von Art. 17 DBA-Österreich 2000 anzusehen, sondern müssten ‑‑ggf. im Wege der Schätzung‑‑ in Einkünfte aus der Verwertung einer künstlerischen Tätigkeit einerseits und Einkünfte aus organisatorischer Tätigkeit (Produktion, Technik, Transport) andererseits aufgeteilt werden. Bei den letztgenannten Einkunftsteilen handele es sich abkommensrechtlich um Unternehmensgewinne i.S. von Art. 7 DBA-Österreich 2000, die mangels inländischer Betriebsstätte von der Besteuerung in Deutschland freigestellt seien und für die deshalb Freistellungsbescheinigungen zu erteilen seien.
Die Klage blieb ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) Köln hat sie mit Urteil vom 10. Juni 2015 2 K 2305/10 (abgedruckt in Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2015, 2080) als teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet abgewiesen. Mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig sei die Klage in Bezug auf
- die Anträge, die erst nach Zufluss der jeweiligen Vergütung gestellt worden sind (Anträge Nr. 4, 15, 21, 22, 25, 27, 29, 31, 37, 47, 61, 69 und 70 gemäß Anlage zum FG-Urteil) und
- die Anträge, bezüglich derer die örtlich zuständigen Finanzämter die Steuer bereits auf null € festgesetzt haben (Anträge 8, 10, 11, 12, 16, 17, 33, 35, 38, 44 und 53 gemäß Anlage zum FG-Urteil) und
- jene Anträge, hinsichtlich derer die Klägerin bereits Erstattungen von den Finanzämtern erhalten hat (um welche einzelnen Verfahren es sich hierbei handelt, hat das FG nicht festgestellt).Für unbegründet hält das FG die Klage, weil die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 nicht vorlägen und weil nach der gegenüber einer segmentierenden Betrachtungsweise vorzuziehenden vereinheitlichenden Sichtweise die jeweils vereinbarte Gesamtvergütung nicht in unterschiedliche Teilvergütungen aufzuspalten sei. Vielmehr sei zu prüfen, welcher Teil der Tätigkeit der Darstellung das Gepräge gebe. Werde das Gepräge ‑‑wie im Streitfall‑‑ durch die künstlerische Darbietung bestimmt, sei die Vergütung insgesamt als eine solche für eine künstlerische Darbietung anzusehen.
Gegen das FG-Urteil richtet sich die auf Verletzung materiellen Rechts gestützte Revision der Klägerin.
Die Klägerin beantragt, das FG-Urteil und die angefochtenen Bescheide aufzuheben und das BZSt zu verpflichten, die von den Vergütungsschuldnern gezahlten Vergütungen für die Aufführungen gemäß Anlage zum FG-Urteil durch Freistellungsbescheinigungen vom Steuerabzug freizustellen.
Das BZSt beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision ist teilweise begründet und führt insoweit gemäß § 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung. Im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet und daher gemäß § 126 Abs. 2 FGO zurückzuweisen.
1. Als unbegründet zurückzuweisen ist die Revision in Bezug auf jene Verfahren, hinsichtlich derer das FG die Klage als unzulässig abgewiesen hat, weil die Anträge erst nach dem Zufluss der jeweiligen Vergütung gestellt worden sind oder weil die örtlich zuständigen Finanzämter die Steuern inzwischen auf null € festgesetzt haben. Das FG hat die diesbezügliche Klage zu Recht als unzulässig angesehen.
a) Die Klägerin, die weder ihren Sitz noch den Ort ihrer Geschäftsleitung im Inland hat, ist hier nicht gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 des Körperschaftsteuergesetzes unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig. Jedoch sind Einkünfte aus Gewerbebetrieb, die durch im Inland ausgeübte oder verwertete künstlerische, sportliche, artistische oder ähnliche Darbietungen erzielt werden, einschließlich der Einkünfte aus anderen mit diesen Leistungen zusammenhängenden Leistungen gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG unabhängig davon, wem die Einnahmen zufließen, beschränkt steuerpflichtig. Erhoben wird die Steuer gemäß § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG im Wege des Steuerabzugs. Die Steuer entsteht in dem Zeitpunkt, in dem die Vergütung dem Gläubiger zufließt (§ 50a Abs. 5 Satz 1 EStG). In diesem Zeitpunkt hat der Schuldner der Vergütung den Steuerabzug für Rechnung des beschränkt steuerpflichtigen Gläubigers (Steuerschuldner) vorzunehmen (§ 50a Abs. 5 Satz 2 EStG).
b) Können Einkünfte, die dem Steuerabzug nach § 50a EStG unterliegen, nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (DBA) nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden, sind zwar die Regeln über die Einbehaltung, Anmeldung und Abführung der Steuer vom Vergütungsschuldner ungeachtet des Abkommens zu beachten (§ 50d Abs. 1 Satz 1 EStG). Gemäß § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG kann jedoch in diesen Fällen der Vergütungsschuldner den Steuerabzug nach Maßgabe des DBA unterlassen oder nach einem niedrigeren Steuersatz vornehmen, wenn das BZSt dem Gläubiger aufgrund eines von ihm nach dem amtlich vorgeschriebenen Vordruck gestellten Antrags bescheinigt, dass die Voraussetzungen dafür vorliegen (Freistellung im Steuerabzugsverfahren). Die Geltungsdauer der Freistellungsbescheinigung beginnt frühestens an dem Tag, an dem der Antrag beim BZSt eingeht (§ 50d Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 EStG). Voraussetzung für die Abstandnahme vom Steuerabzug ist, dass dem Vergütungsschuldner die Freistellungsbescheinigung vorliegt (§ 50d Abs. 2 Satz 5 EStG).
c) Die verfahrensgegenständlichen Anträge der Klägerin sind auf die Erteilung von Freistellungsbescheinigungen i.S. von § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG gerichtet. Soweit die in Rede stehenden Vergütungen der Klägerin jedoch schon vor Stellung der jeweiligen Anträge beim BZSt zugeflossen waren (Anträge Nummern 4, 15, 21, 22, 25, 27, 29, 31, 37, 47, 61, 69 und 70 gemäß Anlage zum FG-Urteil), besteht kein für eine Verpflichtungsklage (§ 40 Abs. 1 FGO) erforderliches Rechtsschutzinteresse (mehr) an einer gerichtlichen Sachentscheidung. Zwar ergibt sich aus den Feststellungen der Vorinstanz zu den diesbezüglichen Anträgen nicht, ob diese Vergütungen der Klägerin ohne Einbehaltung der Abzugsteuer in voller Höhe zugeflossen waren oder ob die jeweiligen Veranstalter (Vergütungsschuldner) die Abzugsteuern jeweils einbehalten, angemeldet und abgeführt hatten. Dies kann indessen offenbleiben, weil es nach den Gegebenheiten des Streitfalls in beiden Fällen an einem gegenwärtigen Rechtsschutzinteresse der Klägerin fehlen würde.
aa) Soweit der Klägerin die Vergütungen brutto ‑‑d.h. entgegen § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 EStG ohne Einbehaltung von Abzugsteuern‑‑ zugeflossen sein sollten, könnte ein Rechtsschutzinteresse allenfalls damit begründet werden, dass die begehrten Freistellungsbescheinigungen im Rahmen von durch die jeweiligen Finanzämter gegen die Vergütungsschuldner angestrengten Haftungsverfahren (§ 50a Abs. 5 Satz 5 EStG i.V.m. § 191 der Abgabenordnung ‑‑AO‑‑) oder Nachforderungsverfahren (§ 167 AO) haftungs- bzw. anspruchsausschließend oder -mindernd geltend gemacht werden könnten. Das ist jedoch im Falle von vor Antragstellung geleisteten Vergütungszahlungen ausgeschlossen, weil nach der oben dargestellten Gesetzeslage die Geltungsdauer der Freistellungsbescheinigung frühestens an dem Tag beginnt, an dem der Antrag beim BZSt eingegangen ist und eine Abstandnahme vom Steuerabzug voraussetzt, dass dem Vergütungsschuldner die Freistellungsbescheinigung vorliegt (§ 50d Abs. 2 Satz 4 Halbsatz 1 und Satz 5 EStG). Mit diesen, durch das Gesetz zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Steueränderungsgesetz 2001 ‑‑StÄndG 2001‑‑) vom 20. Dezember 2001 (BGBl I 2001, 3794, BStBl I 2002, 4) eingefügten Regeln sollte erreicht werden, dass das Verfahren der Abstandnahme vom Steuerabzug nur ein in die Zukunft gerichtetes Verfahren ist, das keine Berechtigung mehr hat, wenn die Vergütungen dem Gläubiger zugeflossen sind (Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestags zu dem Regierungsentwurf eines StÄndG 2001, BTDrucks 14/7341, S. 13; vgl. auch Gosch in Kirchhof, EStG, 17. Aufl., § 50d Rz 16; Blümich/Wagner, § 50d EStG Rz 55).
Aus dem von der Klägerin für ihre gegenteilige Sichtweise herangezogenen Senatsurteil vom 17. April 1996 I R 82/95 (BFHE 180, 365, BStBl II 1996, 608) ergibt sich nichts anderes. Denn der jenem Urteil zugrunde liegende Sachverhalt lag so, dass der dortige Vergütungsgläubiger die Freistellung vom Steuerabzug bereits vor Erhalt der Vergütungen beantragt hatte.
bb) Sofern die Vergütungsschuldner die Abzugsteuern entsprechend den Vorgaben des § 50a Abs. 4 und 5 EStG einbehalten, angemeldet und an die Finanzämter abgeführt hatten, wäre ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin nur gegeben, wenn die nachträgliche Erteilung der Freistellungsbescheinigungen zu einer Änderung der gemäß § 168 AO einer Steuerfestsetzung unter Vorbehalt der Nachprüfung gleichstehenden Steueranmeldungen führen könnte. Das ist indessen nicht (mehr) der Fall.
aaa) Zwar kann eine unter dem Vorbehalt der Nachprüfung stehende Steuerfestsetzung gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO geändert werden, solange der Vorbehalt wirksam ist. Jedoch entfällt der Vorbehalt der Nachprüfung, wenn die Festsetzungsfrist abläuft (§ 164 Abs. 4 Satz 1 AO). Und von einem zwischenzeitlichen Ablauf der Festsetzungsfristen ist hier auszugehen: Die Festsetzungsfrist für die in Rede stehenden Steuern beträgt gemäß § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO vier Jahre. Die Festsetzungsfrist beginnt gemäß § 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 AO in den Fällen, in denen eine Steuererklärung oder eine Steueranmeldung einzureichen oder eine Anzeige zu erstatten ist, grundsätzlich mit Ablauf des Kalenderjahrs, in dem die Steuererklärung, die Steueranmeldung oder die Anzeige eingereicht wird. Da die Abzugsteuern im Jahr 2006 angemeldet worden sind, begann die Festsetzungsfrist mithin mit Ablauf des 31. Dezember 2006 und endete mit Ablauf des 31. Dezember 2010. Zu dem letztgenannten Zeitpunkt sind demnach auch der Vorbehalt der Nachprüfung und die Änderungsmöglichkeit nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO entfallen.
Soweit zum Zeitpunkt der Klageerhebung im Juli 2010 mit Blick auf die seinerzeit noch bestehende Änderungsmöglichkeit der Steueranmeldungen gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO zunächst ein Rechtsschutzinteresse bestanden hat, ist dieses mit dem Wegfall des Vorbehalts der Nachprüfung nachträglich entfallen. Das Rechtsschutzinteresse als Sachurteilsvoraussetzung muss jedoch noch zum Zeitpunkt der gerichtlichen Sachentscheidung vorliegen; der Kläger muss ggf. die Hauptsache für erledigt erklären, um einer Klageabweisung durch Prozessurteil zu entgehen (vgl. Senatsurteil in BFHE 180, 365, BStBl II 1996, 608). Dies ist im Streitfall ebenso wenig geschehen wie eine Umstellung des Klageantrags auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Antragsablehnung (Fortsetzungsfeststellungsklage, s. § 100 Abs. 1 Satz 4 FGO).
bbb) Auch könnte der nachträgliche Erlass einer Freistellungsbescheinigung nicht zu einer Änderung der Steueranmeldung nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO führen. Nach dieser Vorschrift ist ein Steuerbescheid zu erlassen, aufzuheben oder zu ändern, soweit ein Ereignis eintritt, das steuerliche Wirkung für die Vergangenheit hat (rückwirkendes Ereignis). Der Erlass eines Freistellungsbescheids kommt schon deshalb nicht als rückwirkendes Ereignis in Betracht, weil die nachträgliche Erteilung oder Vorlage einer Bescheinigung oder Bestätigung gemäß der durch das Gesetz zur Umsetzung von EU-Richtlinien in nationales Steuerrecht und zur Änderung weiterer Vorschriften (Richtlinien-Umsetzungsgesetz) vom 9. Dezember 2004 (BGBl I 2004, 3310, BStBl I 2004, 1158) eingefügten Regelung des § 175 Abs. 2 Satz 2 AO nicht als rückwirkendes Ereignis gilt (zutreffend Urteil des Niedersächsischen FG vom 30. April 2015 6 K 209/14, EFG 2015, 1900; Gosch in Kirchhof, a.a.O., § 50d Rz 19).
d) Zu Recht hat die Vorinstanz die Klage auch insoweit als unzulässig abgewiesen, als die für die jeweiligen Vergütungsschuldner örtlich zuständigen Finanzämter die Abzugsteuern inzwischen auf null € festgesetzt haben (Anträge Nr. 8, 10, 11, 12, 16, 17, 33, 35, 38, 44 und 53 gemäß Anlage zum FG-Urteil), weil die Einnahmen nicht mehr als 250 € betragen und der Abzugsteuersatz daher bei null % liegt (§ 50a Abs. 4 Satz 5 Nr. 1 EStG). Mit Bestandskraft der diesbezüglichen Festsetzungsbescheide steht fest, dass die betreffenden Vergütungsschuldner keine Abzugsteuern einzubehalten und abzuführen haben; Haftungs- oder Nachforderungsverfahren gegen die Vergütungsschuldner drohen daher nicht. Welchen rechtlichen Vorteil die Klägerin in diesen Fällen mit der zusätzlichen Erteilung von Freistellungsbescheinigungen noch erzielen könnte, ist nicht ersichtlich und wird von der Klägerin nicht schlüssig dargetan.
2. Soweit die Revision nicht aus den geschilderten Gründen zurückzuweisen ist, ist sie begründet und führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG. Die Begründung, mit der das FG die Klage insoweit abgewiesen hat, hält rechtlicher Prüfung nicht stand.
a) Keinen Erfolg hat die Klägerin allerdings mit dem Einwand, es habe ihr in den Streitjahren an der Absicht gefehlt, Gewinne zu erzielen, sodass die von ihr erzielten Einkünfte mangels Gewerblichkeit nicht der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG unterfielen. Im Freistellungsverfahren nach § 50d EStG ist nur darüber zu befinden, ob aus den dort genannten Gründen eine Freistellung von der deutschen Steuer geboten ist. Die Frage, ob steuerpflichtige Einkünfte vorliegen oder ob diese Einkünfte aus anderen Gründen von der Besteuerung freizustellen sind, ist demgegenüber außerhalb des Verfahrens nach § 50d EStG zu entscheiden. Diese Entscheidung obliegt nicht dem BZSt, sondern dem nach den allgemeinen Regeln zuständigen Finanzamt (Senatsurteil vom 19. November 2003 I R 22/02, BFHE 205, 37, BStBl II 2004, 560).
b) Das FG hat jedoch zu Unrecht angenommen, dass der Klägerin aus materiellem Recht kein Anspruch auf Erteilung von Freistellungsbescheinigungen zustehe, weil die Vergütungen einheitlich behandelt werden müssten und daher insgesamt Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 unterfielen. Vielmehr kommt auch die Erteilung partieller Freistellungsbescheinigungen für jene Vergütungsteile in Betracht, die auf die Bezahlung von anderen Leistungen als die persönlich ausgeübte Tätigkeit von Künstlern entfallen.
aa) Eine Freistellungsbescheinigung ist gemäß § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG zu erteilen, sofern die Vergütung nach Maßgabe eines DBA nicht oder nur nach einem niedrigeren Steuersatz besteuert werden darf. Die der Klägerin zustehenden Vergütungen unterliegen nach dem DBA-Österreich 2000 teilweise ‑‑nämlich soweit sie nicht anteilig auf die Bezahlung von Künstlern nach Maßgabe von Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 entfallen‑‑ nicht der deutschen Besteuerung. Insoweit handelt es sich abkommensrechtlich um Unternehmensgewinne, für die Deutschland gemäß Art. 7 Abs. 1 DBA-Österreich 2000 kein Besteuerungsrecht zusteht, weil die Klägerin hier keine Betriebsstätte unterhalten hat.
bb) Gemäß Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 dürfen Einkünfte, die eine in einem Vertragsstaat ansässige Person als Künstler, wie Bühnen-, Film-, Rundfunk- und Fernsehkünstler sowie Musiker oder als Sportler aus ihrer im anderen Vertragsstaat persönlich ausgeübten Tätigkeit bezieht, im anderen Staat besteuert werden. Fließen Einkünfte der bezeichneten Art nicht dem Künstler oder Sportler selbst, sondern einer anderen Person zu, so dürfen deren Einkünfte ungeachtet der Art. 7, 12, 14 und 15 DBA-Österreich 2000 in dem Vertragsstaat besteuert werden, aus dem sie stammen (Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000).
cc) Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die Vergütungen nicht gemäß Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 insgesamt dem deutschen Besteuerungsrecht entzogen. Nach dieser Bestimmung gelten Art. 17 Abs. 1 und 2 DBA-Österreich 2000 nicht für Einkünfte aus der von Künstlern oder Sportlern in einem Vertragsstaat ausgeübten Tätigkeit, wenn der Aufenthalt in diesem Staat ganz oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln des anderen Staates oder einem seiner Länder oder einer seiner Gebietskörperschaften oder von einer als gemeinnützig anerkannten Einrichtung unterstützt wird (Satz 1); in diesem Fall dürfen die Einkünfte nur in dem Staat besteuert werden, in dem die Person ansässig ist (Satz 2).
Die Voraussetzungen des Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 liegen hier nicht vor. Den Feststellungen des FG ist kein Anhalt dafür zu entnehmen, dass Auftritte der von der Klägerin in Deutschland eingesetzten Künstler vom österreichischen Staat oder einem seiner Länder oder einer seiner Gebietskörperschaften oder von einer in Österreich als gemeinnützig anerkannten Einrichtung unterstützt worden sind. Soweit die Klägerin meint, auch eine Förderung der Künstler durch eine nur im Quellenstaat ansässige und von diesem als gemeinnützig anerkannte Einrichtung könne einen Ausschluss des Besteuerungsrechts des Quellenstaats nach Art. 17 Abs. 1 und 2 DBA-Österreich 2000 bewirken, trifft das nicht zu. Zweck des Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 ist es ‑‑ähnlich dem sog. Kassenstaatsprinzip gemäß Art. 19 DBA-Österreich 2000‑‑, im Falle einer maßgeblichen Unterstützung des Künstlers oder Sportlers aus öffentlichen Mitteln oder von gemeinnützigen Einrichtungen des Ansässigkeitsstaats diesem auch das Besteuerungsrecht für das Künstler- bzw. Sportlerhonorar zuzuweisen; die gemeinnützige Einrichtung i.S. von Art. 17 Abs. 3 DBA-Österreich 2000 muss daher eine solche des Ansässigkeitsstaats sein (vgl. Stefaner in Wassermeyer, Österreich Art. 17 Rz 22, 26). Hinzu kommt, dass allein in dem Umstand, dass eine gemeinnützige Einrichtung eine Veranstaltung durchführt, auf der Künstler gegen ein Honorar auftreten, noch keine ganze oder überwiegende Unterstützung des Aufenthalts dieser Künstler im Quellenstaat gesehen werden könnte. Das FG hatte daher keinen Anlass, der Frage nachzugehen, inwiefern es sich bei den Vergütungsschuldnern um gemeinnützige Einrichtungen gehandelt hat.
dd) Soweit die der Klägerin zustehenden Vergütungen dafür geleistet wurden, dass die Klägerin Künstler für deren persönlich ausgeübte Tätigkeit im Inland verpflichtet hat, besteht somit gemäß Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 ein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht Deutschlands. Auf den Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen der Klägerin und den Künstlern kommt es in diesem Zusammenhang nicht an (s. Wassermeyer in Wassermeyer, MA Art. 17 Rz 73).
ee) Nach den tatrichterlichen Feststellungen der Vorinstanz werden die von der Klägerin mit den Veranstaltern vereinbarten Vergütungen jedoch für ein "Gesamtarrangement" gezahlt, welches neben dem im Vordergrund stehenden künstlerischen Auftritt als solchem auch damit zusammenhängende anderweitige Leistungen organisatorischer oder technischer Natur (z.B. Produktion, Technik, Organisation, Transport) umfasst. Die diesen Teilleistungen zuzuordnenden Vergütungsteile unterfallen jedoch nicht Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000, weil sie kein Entgelt für eine persönlich ausgeübte Künstlertätigkeit darstellen. Im Unterschied zum Tatbestand der beschränkten Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG umfasst Art. 17 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 keine Einkünfte aus anderen Leistungen, die mit den künstlerischen Leistungen in Zusammenhang stehen (vgl. auch Nr. 3 des Musterkommentars der Organisation for Economic Cooperation and Development ‑‑OECD‑‑ zu dem Art. 17 Abs. 1 und 2 DBA-Österreich 2000 vergleichbaren Art. 17 des OECD-Musterabkommens ‑‑OECD-MustAbk‑‑, wonach Art. 17 OECD-MustAbk nicht für Personen mit verwaltungsmäßiger oder unterstützender Funktion gilt).
So sind z.B mitvergütete Aufwendungen der Klägerin für Reise, Unterkunft und Verpflegung der auftretenden Künstler von Art. 17 Abs. 2 DBA-Österreich 2000 umfasst, weil es sich hierbei um Vergütungen der persönlich ausgeübten Künstlertätigkeit handelt, die in dem Fall, dass sie direkt an den Künstler geleistet würden, unter Art. 17 Abs. 1 Satz 1 DBA-Österreich 2000 fallen würden (vgl. Senatsurteil in BFHE 205, 37, BStBl II 2004, 560). Anders wären hingegen Leistungen wie z.B. die Gestellung und der Transport von Kostümen oder Requisiten zu beurteilen, die von der Klägerin als Produktionsgesellschaft übernommen worden sind und die keine persönlich ausgeübte Künstlertätigkeit darstellen.
ff) Der Senat teilt nicht die vom FG vertretene Auffassung, der zufolge bei derartigen Gesamtarrangements ‑‑je nach vorrangiger Prägung‑‑ nur eine einheitliche Zuordnung der Vergütung entweder zu Art. 17 Abs. 2 oder zu Art. 7 DBA-Österreich 2000 möglich und eine Aufteilung in verschiedene Einzelleistungen ("segmentierende Betrachtungsweise") ausgeschlossen ist (wie hier: Grossmann, Die Besteuerung des Künstlers und Sportlers im internationalen Verhältnis, 1992, S. 72; Wassermeyer in Wassermeyer, MA Art. 17 Rz 37; Kempermann in Flick/ Wassermeyer/Kempermann, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Art. 17 Rz 18; Stockmann in Vogel/Lehner, DBA, 6. Aufl., Art. 17 Rz 37; Schlotter in Schönfeld/Ditz, DBA, Art. 17 Rz 62; Mody in Strunk/Kaminski/Köhler, AStG/DBA, Art. 17 OECD-MA Rz 37; Maßbaum in Gosch/Kroppen/Grotherr, DBA, Art. 17 OECD-MA Rz 67).
Die Klägerin verweist insoweit zu Recht darauf, dass die Aufteilung einer Gesamtvergütung in anteilige Vergütungsteile für bestimmte Einzelleistungen für steuerliche Zwecke nicht ungewöhnlich ist (vgl. z.B. Senatsbeschluss vom 7. September 2011 I B 157/10, BFHE 235, 215, BStBl II 2012, 590 zur Zuordnung von Vergütungsteilen zu einer Rechteüberlassung; Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. November 2010, BStBl I 2010, 1350, Rz 87 zur Aufteilung einer Gesamtvergütung in einerseits eine Vergütung für den öffentlichen Auftritt eines Künstlers und andererseits in eine solche für die Verwertung auf Bild- und Tonträgern). Auch unter praktischen Gesichtspunkten erscheint eine solche Aufteilung ‑‑ggf. im Wege der Schätzung gemäß § 162 AO‑‑ in der vorliegenden Konstellation nicht undurchführbar. So könnte die Klägerin z.B. durch Vorlage von Kostenaufstellungen und sonstige Darlegungen ihrer Kalkulationsgrundlagen eine hinreichende Basis für eine Zuordnung von Vergütungsteilen im Schätzungswege schaffen.
3. Die Vorinstanz ist von einer anderen Auffassung ausgegangen. Das angefochtene Urteil ist daher ‑‑soweit die Klage nicht als unzulässig abgewiesen worden ist‑‑ aufzuheben. Insoweit ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif. Es bedarf weiterer tatrichterlicher Feststellungen sowohl zur Zulässigkeit als auch zur Begründetheit der diesbezüglichen Klage.
a) Die Klage ist in größerem Umfang unzulässig, als vom FG angenommen.
aa) Insofern sind zunächst die Fälle zu nennen, in denen die durch Steuerabzug einbehaltenen abgeführten Vergütungen im Rahmen des Erstattungsverfahrens (§ 50d Abs. 1 Satz 2 EStG) bereits erstattet worden sind. Zu Recht hat das FG auch in diesen Fällen ein Rechtsschutzinteresse der Klägerin an der Erteilung von Freistellungsbescheinigungen verneint. Nach Abschluss des Erstattungsverfahrens ginge eine das Abzugsverfahren erster Stufe betreffende Freistellungsbescheinigung ins Leere. Allerdings hat das FG keine Feststellungen dazu getroffen, welche der verfahrensgegenständlichen Anträge von diesem Zulässigkeitsmangel betroffen sind. Dies wird im zweiten Rechtsgang nachzuholen sein.
bb) Des Weiteren fehlt es ‑‑entgegen der Auffassung der Vorinstanz‑‑ auch in jenen Fällen an einem Rechtsschutzinteresse der Klägerin, in denen diese die Vergütungen zwar erst nach Beantragung der Freistellungsbescheinigungen im September bzw. Oktober 2006 erhalten hat, die Vergütungsschuldner die Abzugsteuern jedoch entsprechend den Vorgaben des § 50a Abs. 4 und 5 EStG einbehalten, angemeldet und an die Finanzämter abgeführt hatten und die in den Steueranmeldungen zu sehenden Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung nicht mehr gemäß § 164 Abs. 2 Satz 1 AO geändert werden können, weil der Vorbehalt der Nachprüfung inzwischen wegen Ablaufs der Festsetzungsfrist entfallen ist.
aaa) Für diese Fallgruppe gelten die oben zu II.1.c bb dargelegten Erwägungen in gleicher Weise. Für die Frage, ob die nachträgliche Erteilung einer Freistellungsbescheinigung noch zu einer Änderung einer als Steuerfestsetzung wirkenden Steueranmeldung führen kann, kommt es vornehmlich auf den Zeitpunkt an, in dem die gesetzlichen Änderungsmöglichkeiten hinsichtlich der Steuerfestsetzung entfallen sind. Das gilt auch, wenn dem Vergütungsgläubiger die (Netto-)Vergütung erst nach Beantragung der Freistellungsbescheinigung zufließt. Der Zeitpunkt des Zuflusses der nach Einbehaltung der Abzugsteuer gezahlten Netto-Vergütung ist insoweit für die Frage des Rechtsschutzinteresses an der Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nicht von Relevanz.
bbb) Soweit das FG ein Rechtsschutzinteresse in dieser Konstellation damit begründet hat, der Erlass der Freistellungsbescheinigung würde zum Wegfall des Rechtsgrunds für die Abführung der Steuer und zur Entstehung eines Erstattungsanspruchs des Vergütungsgläubigers gemäß § 37 Abs. 2 AO führen, ist dem nicht beizupflichten. Die Entstehung eines allgemeinen Erstattungsanspruchs nach § 37 Abs. 2 AO würde voraussetzen, dass eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt worden ist (Satz 1) oder der rechtliche Grund später wegfällt (Satz 2). An einem Wegfall des Rechtsgrunds für den Steuerabzug fehlt es hier indessen. Denn eine Steueranmeldung, die wie eine Steuerfestsetzung wirkt, die nicht mehr nach § 164 Abs. 2 Satz 1 AO geändert werden kann, hätte als Rechtsgrund für die Einbehaltung und Abführung der Abzugsteuer durch den Vergütungsschuldner auch dann noch Bestand, wenn nachträglich eine Freistellungsbescheinigung erlassen würde.
Aus dem vom FG für seine Sichtweise herangezogenen, jedoch in wesentlichen Punkten anders gelagerten Senatsurteil vom 29. Januar 2015 I R 11/13 (BFH/NV 2015, 950) ergibt sich nichts Gegenteiliges. Jenes Urteil betraf einen Fall, in dem die (im Wege des Steuerabzugs erhobene) Kapitalertragsteuer vom Schuldner der Kapitalerträge nicht einbehalten, angemeldet und abgeführt, sondern erst aufgrund eines behördlichen Nachforderungsbescheids an das Finanzamt gezahlt worden war. Jenen Nachforderungsbescheid hatte das Finanzamt später jedoch ersatzlos aufgehoben, nachdem nachträglich ein Freistellungsbescheid ergangen war. In dem Urteilsfall hat der Senat einen Erstattungsanspruch des Gläubigers der Kapitalerträge gemäß § 37 Abs. 2 Satz 2 AO bejaht, weil der den Rechtsgrund für die Steuerentrichtung bildende Nachforderungsbescheid aufgehoben worden war. Im Unterschied zur vorliegenden Konstellation fehlte es im damaligen Urteilsfall an einer als Steuerfestsetzung wirkenden Anmeldung der Abzugsteuer als Rechtsgrund für die Abführung der Abzugsteuer.
ccc) Die Erteilung einer Freistellungsbescheinigung gemäß § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG, die den Vergütungsschuldner von der Abzugspflicht befreit, wäre auch nicht geeignet, einen Erstattungsanspruch der Klägerin nach § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG auszulösen. Hierfür bedürfte es vielmehr eines Freistellungsbescheids gemäß § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG, mit dem das BZSt ggf. auf zweiter Stufe im Rahmen des Erstattungsverfahrens abschließend über die Freistellung von der Steuer entscheidet (s. zur Unterscheidung zwischen Freistellungsbescheinigung und Freistellungsbescheid Senatsurteile vom 11. Oktober 2000 I R 34/99, BFHE 193, 336, BStBl II 2001, 291; in BFH/NV 2015, 950, und Buciek, Internationales Steuerrecht 2001, 102). Die verfahrensgegenständlichen Anträge der Klägerin beziehen sich ausschließlich auf die Erteilung von Freistellungsbescheinigungen nach § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG und nicht auf den Erlass von Freistellungsbescheiden i.S. von § 50d Abs. 1 Satz 3 EStG.
ddd) Da das FG ‑‑nach seiner Rechtsauffassung konsequent‑‑ keine Feststellungen dazu getroffen hat, hinsichtlich welcher konkreten Anträge die beschriebene Konstellation vorliegt, ist auch dies im zweiten Rechtsgang nachzuholen.
cc) Schließlich wird das FG hinsichtlich jener Verfahren, in denen die Abzugsteuer nicht einbehalten, angemeldet und abgeführt worden ist, zu prüfen haben, ob unter Berücksichtigung der maximal möglichen Festsetzungsfristen (§ 170 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 AO) eine Nachforderung oder Haftungsinanspruchnahme im Prinzip noch denkbar ist (vgl. Senatsurteil in BFHE 180, 365, BStBl II 1996, 608). Wäre das nicht mehr der Fall, würde es auch insoweit an einem Rechtsschutzinteresse für die Verpflichtungsklage fehlen.
b) Soweit die Klage danach zulässig ist, wird das FG ‑‑ggf. im Schätzungswege‑‑ festzustellen haben, in welchem Umfang die jeweiligen Vergütungen auf Leistungen entfallen, die nicht die persönlich ausgeübte Tätigkeit der Künstler betreffen. Darüber hinaus wird sich das FG ggf. näher mit dem Einwand des BZSt befassen müssen, die Klägerin habe im Hinblick auf die von ihr an einzelne Künstler gezahlten Honorare ihrerseits die Anmeldepflicht nach § 50a Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. d EStG verletzt. Mangels tatsächlicher Feststellungen zu diesem Punkt fehlt es an einer Grundlage für die Erörterung der Rechtsfolgen etwaiger Pflichtverletzungen durch den Senat.
4. Die Übertragung der Kostenentscheidung beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.