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Urteil vom 06. Dezember 2016, I R 50/16

Pflegeheim-GmbH: Erbschaft als Betriebseinnahme - rechtsformneutrale Besteuerung - Halbteilungsgrundsatz

ECLI:DE:BFH:2016:U.061216.IR50.16.0

BFH I. Senat

KStG § 8 Abs 2, ErbStG § 7 Abs 8, GG Art 3 Abs 1, GG Art 14, KStG VZ 2012

vorgehend Niedersächsisches Finanzgericht , 27. Juni 2016, Az: 10 K 285/15

Leitsätze

Die für den Betrieb einer Pflegeheim-GmbH bestimmte Erbschaft unterliegt ungeachtet ihrer erbschaftsteuerrechtlichen Belastung der Körperschaftsteuer (Anschluss an BFH-Urteil vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650).

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Niedersächsischen Finanzgerichts vom 28. Juni 2016  10 K 285/15 wird als unbegründet zurückgewiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

Tatbestand

I.

  1. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH, betreibt ein Seniorenpflegeheim. Sie wurde mit notariell beurkundetem Testament vom 8. Oktober 2008 von ihrem ledigen Heimbewohner H mit der Auflage zu dessen Alleinerbin eingesetzt, das Erbvermögen ausschließlich für Zwecke des Heimbetriebs (Instandhaltung, Modernisierung etc.) zu verwenden; zugleich ernannte H eine Testamentsvollstreckerin, die u.a. die Aufgabe hatte, die zweckgebundene Verwendung des Nachlasses zu überwachen. H wurde vom beurkundenden Notar darüber belehrt, dass seine letztwillige Verfügung dem Annahmeverbot des § 14 des Heimgesetzes (HeimG) unterliege und die hiernach erforderliche Ausnahmegenehmigung von der zuständigen Behörde bereits am 22. September 2008 erteilt worden sei. H ist am 19. November 2012 verstorben.

  2. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) setzte zum einen mit Bescheid vom 20. November 2013 für den Nachlasserwerb (Gesamtwert: 1.050.902 €) Erbschaftsteuer in Höhe von 300.510 € fest. Zum anderen erhöhte er den von der Klägerin erklärten Gewinn des Streitjahrs (2012) um das ihr nach Abzug der Testamentsvollstreckungskosten verbliebene (Erb-)Vermögen (1.041.659,65 €) und setzte die Körperschaftsteuer 2012 mit Bescheid vom 11. Dezember 2013 auf 172.576 € fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat hierzu u.a. ausgeführt, dass die testamentarische Zuwendung das Betriebsvermögen der Klägerin vermehrt und sie die Zuwendung ausschließlich aufgrund ihrer gewerblichen Betätigung erlangt habe (Niedersächsisches FG, Urteil vom 28. Juni 2016  10 K 285/15, Entscheidungen der Finanzgerichte ‑‑EFG‑‑ 2016, 1366).

  3. Mit der Revision beantragt die Klägerin sinngemäß, das vorinstanzliche Urteil sowie den Körperschaftsteuerbescheid 2012 vom 11. Dezember 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. November 2015 aufzuheben und die Körperschaftsteuer 2012 auf der Grundlage eines um 1.041.659,65 € geminderten Einkommens festzusetzen.

  4. Das FA beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

  1. Die Revision ist nicht begründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑). Das FG hat zu Recht angenommen, dass die Erbschaft das Einkommen der Klägerin im Streitjahr (2012) erhöht hat (§ 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes ‑‑KStG‑‑ i.V.m. § 5 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes ‑‑EStG‑‑; jeweils in der für das Streitjahr geltenden Fassung).

  2. 1. Da die Klägerin als inländische Kapitalgesellschaft nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 KStG unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtig ist, sind alle von ihr erzielten Einkünfte gemäß § 8 Abs. 2 KStG als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu behandeln. Hieraus ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) abzuleiten, dass eine solche Kapitalgesellschaft ertragsteuerrechtlich über keine außerbetriebliche Sphäre verfügt, die ihr zuzurechnenden Wirtschaftsgüter ausnahmslos als Betriebsvermögen zu qualifizieren sind (grundlegend Senatsurteil vom 4. Dezember 1996 I R 54/95, BFHE 182, 123) und der Bereich ihrer gewerblichen Gewinnerzielung sämtliche Einkünfte umfasst, gleichviel in welcher Form und Art sie ihr zufließen (Senatsurteil vom 28. Februar 1956 I 92/54 U, BFHE 62, 416, BStBl III 1956, 154; Senatsbeschluss vom 15. Februar 2012 I B 97/11, BFHE 236, 458, BStBl II 2012, 697; dazu Beschluss des Bundesverfassungsgerichts ‑‑BVerfG‑‑ vom 12. Mai 2015  2 BvR 1407/12, 2 BvR 1608/12, juris). Erfasst werden deshalb auch Vermögensmehrungen, die nicht unter eine der sieben Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG fallen (Senatsurteil vom 22. August 1990 I R 67/88, BFHE 162, 439, BStBl II 1991, 250), mithin auch Vermögenszugänge aufgrund unentgeltlicher Zuwendungen einschließlich des im anhängigen Verfahren zu beurtei-lenden Erbanfalls (Senatsurteile in BFHE 62, 416, BStBl III 1956, 154; vom 24. März 1993 I R 131/90, BFHE 171, 185, BStBl II 1993, 799; FG Nürnberg, Urteil vom 29. Juli 2010  4 K 392/2009, EFG 2011, 361; Neu, EFG 2016, 1367).

  3. 2. Der Erfolgswirksamkeit des Erbanfalls steht das als handelsrechtlicher Grundsatz ordnungsmäßiger Buchführung auch für den Steuerbilanzausweis zu beachtende Realisationsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 Halbsatz 2 des Handelsgesetzbuchs (i.V.m. § 5 Abs. 1 EStG und § 8 Abs. 1 KStG) nicht entgegen (dazu BFH-Urteil vom 14. März 2006 VIII R 60/03, BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650; Tiedchen in Herrmann/Heuer/Raupach, § 5 EStG Rz 399 "Bestrittene Forderungen" a.E.). Zwar unterfallen letztwillige Verfügungen, die dem Heimträger bekannt geworden sind, grundsätzlich dem präventiven Verbot des § 14 Abs. 1 HeimG i.V.m. § 134 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (s. zu Einzelheiten ‑‑einschließlich der Fortgeltung der Vorschrift in Niedersachsen gemäß Art. 125a Abs. 1 i.V.m. Art. 74 Abs. 1 Nr. 7 des Grundgesetzes [GG]‑‑ Dickmann/Karl, Heimrecht, 11. Aufl. 2014, D.III. Rz 20, 23, 53). Im Streitfall wurde H jedoch vor Errichtung des Testaments eine Ausnahmegenehmigung gemäß § 14 Abs. 6 HeimG erteilt; hinzu kommt, dass die Wirksamkeit der Erbeinsetzung der Klägerin nach den Feststellungen der Vorinstanz von keiner Seite bestritten wurde.

  4. 3. Der auf der Erbschaft der Klägerin beruhende steuerbilanzielle Gewinn ist nicht durch den Abzug einer Einlage zu neutralisieren (§§ 4 Abs. 1 Satz 1 und 5 Abs. 1 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG).

  5. a) Kennzeichen einer Einlage ist die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Zuführung von Wirtschaftsgütern (Senatsurteil vom 15. April 2015 I R 44/14, BFHE 249, 493, BStBl II 2015, 769: einschließlich Wegfall von Passivposten). Dementsprechend hat der Senat in ständiger Rechtsprechung auch unentgeltliche (freigebige) Zuwendungen eines Gesellschafters ebenso wie den Sachverhalt, dass der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft diese zur Erbin einsetzt, als Einlage angesehen (Urteile in BFHE 62, 416, BStBl III 1956, 154; in BFHE 171, 185, BStBl II 1993, 799). Im Streitfall ist dies jedoch ausgeschlossen. Dabei hat der Senat nicht dazu Stellung zu nehmen, ob und unter welchen Voraussetzungen die testamentarische Verfügung eines Dritten, mit der eine Kapitalgesellschaft als Erbin bedacht wird, ertragsteuerrechtlich als mittelbar (verdeckte) Einlage des Gesellschafters gedeutet werden kann (s. hierzu allgemein Gosch/Roser KStG, 3. Aufl., § 8 Rz 110). Hierauf ist deshalb nicht einzugehen, weil die Klägerin die Erbschaft nicht aufgrund etwaiger persönlicher oder beruflicher Beziehungen zwischen H und ihren Gesellschaftern, sondern ‑‑so die Feststellungen der Vorinstanz‑‑ die letztwillige Zuwendung ausschließlich aufgrund ihrer (eigenen) gewerblichen Betätigung erlangt habe und diese Würdigung den Senat bindet (§ 118 Abs. 2 FGO). Sie wird zudem ‑‑im Einklang mit den Erwägungen des BFH-Urteils in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650‑‑ vor allem durch die Verwendungsbestimmungen des Erblassers zugunsten des Betriebs der Klägerin gestützt.

  6. b) Anderes ergibt sich nicht aus der mit dem Gesetz zur Umsetzung der Beitreibungsrichtlinie sowie zur Änderung steuerlicher Vorschriften (Beitreibungsrichtlinie-Umsetzungsgesetz) vom 7. Dezember 2011 (BGBl I 2011, 2592, BStBl I 2011, 1171) eingefügten Regelung des § 7 Abs. 8 Satz 1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG), nach der als Schenkung auch die Werterhöhung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft gilt, die eine an der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar beteiligte natürliche Person oder Stiftung (Bedachte) durch die Leistung einer anderen Person (Zuwendender) an die Gesellschaft erlangt. Zu berücksichtigen ist insoweit nicht nur, dass die Vorinstanz keine Feststellungen zum Gesellschafterkreis der Klägerin getroffen hat, darüber hinaus es mit Rücksicht auf die systematische Stellung in § 7 ErbStG zweifelhaft ist, ob zu den Leistungen i.S. von § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG auch der Erbanfall zu rechnen ist (ablehnend Gebel in Troll/Gebel/Jülicher, ErbStG, § 7 Rz 414) und das FA ‑‑mutmaßlich im Hinblick auf die Anweisung zu Tz 3.2 der gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 14. März 2012 (BStBl I 2012, 331), denen zufolge Leistungen gesellschaftsfremder Dritter an die Kapitalgesellschaft, die darauf abzielen, diese zu bereichern, nicht unter § 7 Abs. 8 ErbStG fallen, sondern als steuerbare Zuwendung an die Kapitalgesellschaft zu erfassen sind (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG)‑‑ die Erbschaftsteuer gegenüber der Klägerin aufgrund des Erwerbs von Todes wegen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) ‑‑bestandskräftig‑‑ festgesetzt hat. Gegen die Anwendbarkeit von § 7 Abs. 8 Satz 1 ErbStG im anhängigen ‑‑die Körperschaftsteuer der Klägerin betreffenden‑‑ Verfahren spricht vor allem, dass diese Bestimmung nach dem Willen des Gesetzgebers darauf gerichtet ist, im Wege einer Fiktion ("gilt") die aufgrund der Rechtsprechung des BFH zum Schenkungsteuerrecht (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 9. Dezember 2009 II R 28/08, BFHE 228, 169, BStBl II 2010, 566) bestehenden Besteuerungslücken in Fällen zu schließen, in denen (disquotale) Einlagen der Gesellschafter oder Zuwendungen eines Dritten an die Kapitalgesellschaft nicht auf eine originäre Bereicherung der Kapitalgesellschaft, sondern auf die mittelbare Bereicherung der (Mit-)Gesellschafter abzielen (so BTDrucks 17/7524, S. 20 f.). Die Vorschrift ist mithin ‑‑selbst im Rahmen ihres Tatbestands‑‑ lediglich auf die Modifikation der schenkungsteuerrechtlichen Folgen solcher Zuwendungen gerichtet, nicht hingegen kann sie dazu führen, die dargestellte und auf den tatsächlichen Verhältnissen fußende ertragsteuerrechtliche Beurteilung (hier: ausschließliche Absicht der Mehrung des Betriebsvermögens der Klägerin) im Wege einer Fiktion durch die Annahme einer Zuwendung an die Gesellschafter der Klägerin und einer hierauf gestützten mittelbar verdeckten Einlage umzuqualifizieren (a.A. Keß, Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge ‑‑ZEV‑‑ 2015, 254, 257). Letzteres bedürfte ‑‑auch unter dem Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung‑‑ einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung (vgl. aus Sicht des Erbschaftsteuerrechts auch BFH-Urteil vom 17. April 1996 II R 16/93, BFHE 180, 464, BStBl II 1996, 454).

  7. 4. Die Geltung der vorstehenden Grundsätze wird nicht dadurch in Frage gestellt, dass sie unter den Voraussetzungen des Streitfalls mit einer Kumulation von Körperschaftsteuer und Erbschaftsteuer (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) einhergehen. Insbesondere schließen beide Besteuerungstatbestände einander ‑‑auch bezogen auf den nämlichen Vorgang (Erbanfall)‑‑ tatbestandlich nicht aus.

  8. a) Letzteres entspricht dem BFH-Urteil in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650, das die betrieblich bedingte Erbeinsetzung eines Seniorenheims in der Rechtsform einer GbR betraf und für das Verhältnis von Einkommen- und Erbschaftsteuer eine tatbestandliche Alternativität mit der Begründung verneinte, dass dem Gewerbebetrieb und damit dem steuerbaren Bereich des § 15 EStG alle betrieblich veranlassten Zuwendungen zuzuordnen und hierzu bei Vorliegen eines wirtschaftlichen Bezugs zum Betrieb auch unentgeltliche und der Schenkungsteuer unterliegende Zuwendungen zu rechnen seien (gl.A. BFH-Urteil vom 6. September 1990 IV R 125/89, BFHE 161, 552, BStBl II 1990, 1028).

  9. b) Hieran ist auch mit Rücksicht auf die Folgerechtsprechung des BFH jedenfalls für den im anhängigen Verfahren zu beurteilenden Sachverhalt festzuhalten.

  10. aa) Dies gilt zunächst für die (jüngere) Rechtsprechung des II. Senats des BFH, nach der es sich bei (nicht betrieblich veranlassten) Zuwendungen im Verhältnis von Kapitalgesellschaften und ihren Gesellschaftern (und umgekehrt) um gesellschaftsrechtliche Vorgänge handele, die als Gewinnausschüttungen, Kapitalrückzahlungen oder Einlagen anzusehen seien und damit keine unentgeltlichen (freigebigen) Zuwendungen begründen könnten (BFH-Urteil vom 20. Januar 2016 II R 40/14, BFHE 252, 453; BFH-Beschluss vom 2. September 2015 II B 146/14, BFH/NV 2015, 1586). Auch dies bedarf vorliegend keiner Erörterung. Zum einen ist im anhängigen Verfahren nicht die Erbschaftsteuerfestsetzung, sondern die Höhe des körperschaftsteuerrechtlichen Gewinns der Klägerin im Streit; zum anderen ist nicht über Vermögensübertragungen, die ihre Veranlassung im Gesellschaftsverhältnis zur Klägerin haben, sondern über (ausschließlich) betrieblich veranlasste Zuwendungen Dritter zu entscheiden, die mit der Klägerin nicht gesellschaftsrechtlich verbunden sind.

  11. bb) Nichts anderes ergibt sich aus den Erwägungen des VIII. Senats des BFH, nach denen dann, wenn der nämliche Sachverhalt sowohl der Einkommen- als auch der Schenkung- oder Erbschaftsteuer unterfalle, die Einkommensteuer zurücktreten müsse, weil die Schenkung/der Erbanfall nicht Gegenstand einer auf die Einkunftserzielung am Markt gerichteten Erwerbshandlung sei und damit nicht zu den Einkünften i.S. von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 7 EStG gehöre (BFH-Beschluss vom 12. September 2011 VIII B 70/09, BFH/NV 2012, 229; BFH-Urteil vom 20. Oktober 2015 VIII R 40/13, BFHE 252, 260, BStBl II 2016, 342; ähnlich Crezelius, ZEV 2015, 392, 395: Erbeinsetzung ist privater Vorgang). Abgesehen davon, dass auch diese Entscheidungen sich nicht mit den Gründen des BFH-Urteils in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650 auseinandersetzen und die Klägerin des anhängigen Verfahrens nach den tatrichterlichen Feststellungen wegen ihres Pflegeheimbetriebs, d.h. wegen ihrer "Tätigkeit am Markt" zur Erbin des H eingesetzt wurde, ist ‑‑wie erläutert‑‑ die Erfolgswirksamkeit einer Vermögensmehrung bei einer unbeschränkt körperschaftsteuerpflichtigen Kapitalgesellschaft aufgrund der Gewerblichkeitsfiktion des § 8 Abs. 2 KStG nicht daran gebunden, dass die Vermögensmehrung den Einkunftstatbeständen des Einkommensteuergesetzes zugeordnet werden kann.

  12. cc) Ähnliches gilt für den BFH-Beschluss vom 6. Dezember 2013 VI B 89/13 (BFH/NV 2014, 511), nach dem die Zuwendung eines Dritten an einen Arbeitnehmer im Sinne einer tatbestandlichen Alternativität entweder als freigebige, d.h. unentgeltliche Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) oder als Gegenleistung für die Arbeitsleistung, d.h. als Arbeitslohn (§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG), zu erfassen und deshalb eine doppelte Besteuerung des nämlichen Vorgangs ausgeschlossen sei. Auch diese Rechtsprechung gründet auf einer tatbestandlichen Begrenzung des Umfangs steuerbarer (Lohn-)Einkünfte (vgl. BFH-Urteil in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650) und damit auf einer Beschränkung, die der durch die umfassende Annahme eines Gewerbebetriebs gekennzeichnete Besteuerungszugriff gemäß § 8 Abs. 2 KStG nicht kennt.

  13. 5. Das durch den Erbanfall bei der Klägerin bedingte Zusammentreffen von Körperschaftsteuer und Erbschaftsteuer verstößt schließlich nicht gegen Verfassungsrecht.

  14. a) Auszugehen ist hierbei davon, dass die Bundesrepublik Deutschland über kein einheitliches Steuersystem verfügt, das Grundgesetz selbst vielmehr eine Vielzahl von Steuern kennt (vgl. Art. 105 ff. GG) und es deshalb auch keinen Verfassungsgrundsatz des Inhalts gibt, dass alle Steuern aufeinander abgestimmt und Lücken sowie eine mehrfache Besteuerung des nämlichen Sachverhalts vermieden werden müssten (BVerfG-Beschluss vom 8. Januar 1999  1 BvL 14/98, BStBl II 1999, 152). Demgemäß ist es beispielsweise nicht zu beanstanden, dass der nämliche Gewinn sowohl der Einkommen- oder Körperschaftsteuer sowie zusätzlich der Gewerbesteuer unterworfen wird. Nichts anderes gilt ‑‑wie auch die Milderungsregelung des § 35b EStG verdeutlicht (vgl. Schmidt/Kulosa, EStG, 35. Aufl., § 35b Rz 1; Blümich/Schallmoser, § 35b EStG Rz 1; Fischer in Kirchhof, EStG, 15. Aufl., § 35b Rz 1)‑‑ für eine Kumulation von Ertrag- und Erbschaftsteuer (BFH-Urteile vom 17. Februar 2010 II R 23/09, BFHE 229, 363, BStBl II 2010, 641; vom 18. Januar 2011 X R 63/08, BFHE 232, 441, BStBl II 2011, 680; FG Nürnberg, Urteil in EFG 2011, 361; FG des Saarlandes, Urteil in EFG 2012, 922).

  15. b) Das Zusammentreffen von Erbschaft- und Körperschaftsteuer verstößt ferner nicht deshalb gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil bei einem Erbanfall, der bei einer natürlichen Person neben der Erbschaftsteuer auch der Einkommensteuer unterliegt (dazu BFH-Urteil in BFHE 212, 535, BStBl II 2006, 650), letztere Steuerbelastung durch die Tarifvorschrift des § 35b EStG gemildert wird, während eine solche Entlastung im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung nicht gewährt wird (dazu Senatsurteil vom 14. September 1994 I R 78/94, BFHE 176, 122, BStBl II 1995, 207; Schmidt/Kulosa, a.a.O., § 35b Rz 3, m.w.N.; Blümich/Schallmoser, § 35b EStG Rz 7). Zu berücksichtigen ist insoweit, dass Art. 3 Abs. 1 GG kein allgemeines Verfassungsgebot einer rechtsformneutralen Besteuerung enthält und deshalb in der Abschirmung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaft und ihrer hieran anknüpfenden eigenständigen Steuerpflicht ein hinreichender sachlicher Grund für die unterschiedliche steuerrechtliche Behandlung gegenüber dem Sachverhalt zu sehen ist, dass die nämliche gewerbliche Tätigkeit durch eine natürliche Person eigenständig oder aufgrund ihrer Beteiligung an einer dem sog. Transparenzprinzip unterliegenden Personengesellschaft ausgeübt wird (z.B. BVerfG-Beschluss vom 24. März 2010  1 BvR 2130/09, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ‑‑HFR‑‑ 2010, 756; Senatsurteil vom 5. September 2001 I R 27/01, BFHE 196, 293, BStBl II 2002, 155; BFH-Urteil vom 13. Juli 2016 VIII R 56/13, BFHE 254, 398, BStBl II 2016, 936). Demgemäß obliegt es auch dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, ob er die progressive Einkommensteuerbelastung gemäß § 32a EStG mit Rücksicht auf die Erbschaftsteuerbelastung der Einkünfte abfedert (§ 35b EStG) und ob sowie in welcher Form er diese Entlastung auf den linearen Körperschaftsteuertarif gemäß § 23 Abs. 1 KStG (im Streitjahr: 15 %) erstreckt.

  16. c) Schließlich verstößt die aus dem Erbanfall resultierende Steuerbelastung auch nicht gegen die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Abgesehen davon, dass aus der Vorschrift nach zwischenzeitlich ständiger Rechtsprechung keine allgemein verbindliche, absolute Belastungsobergrenze im Sinne eines "Halbteilungsgrundsatzes" abzuleiten ist und auch eine Gesamtbelastung von (rund) 60 % des erworbenen Vermögens nicht gegen das Übermaßverbot verstößt (BVerfG-Beschlüsse vom 18. Januar 2006  2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97; vom 7. April 2015  1 BvR 1432/10, HFR 2015, 695; BFH-Urteil in BFHE 232, 441, BStBl II 2011, 680), kommt im Streitfall hinzu, dass die Klägerin von der Gewerbesteuer befreit (§ 3 Nr. 20 des Gewerbesteuergesetzes) und der Erbanfall deshalb insgesamt mit Steuern (Erbschaft- und Körperschaftsteuer) in Höhe von (lediglich) 45 % belastet war.

  17. 6. Die Sache ist hiernach spruchreif. Das Urteil des FG ist zu bestätigen, die Revision der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

  18. 7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.

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