ECLI:DE:BFH:2016:B.051216.XB91.16.0
BFH X. Senat
EStG § 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst aa, BGB § 844 Abs 2, SGB 6 § 46, SGB 10 § 116, EStG § 22 Nr 1 S 3 Buchst a DBuchst aa, FGO § 115 Abs 2 Nr 1, EStG VZ 2005 , EStG VZ 2006 , EStG VZ 2007 , EStG VZ 2008 , EStG VZ 2009 , EStG VZ 2010 , EStG VZ 2011
vorgehend Finanzgericht Rheinland-Pfalz , 08. Juni 2016, Az: 6 K 1793/13
Leitsätze
1. NV: Eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung ist auch dann steuerbar, wenn der Tod des rentenversicherten Ehegatten auf einer Straftat beruht und der Täter den Hinterbliebenen gemäß § 844 Abs. 2 BGB zum Ersatz weggefallener Unterhaltsansprüche verpflichtet ist, dieser Ersatzanspruch aber nicht realisiert werden kann .
2. NV: Die Rechtsfrage, ob eine Hinterbliebenenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung auch dann steuerbar ist, wenn es dem Rentenversicherungsträger gelingt, von derjenigen Person, die den Tod des Versicherten durch eine Straftat verursacht hat, aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 116 SGB X in vollem Umfang Ersatz zu erlangen, hat grundsätzliche Bedeutung .
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 9. Juni 2016 6 K 1793/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) bezog in den Streitjahren 2005 bis 2011 eine Witwenrente nach ihrem Ehemann, der ermordet worden war. Der Rentenversicherungsträger hatte versucht, bei den Tätern für die erbrachten Rentenzahlungen Regress zu nehmen. Das Regressverfahren wurde jedoch eingestellt, da aus Sicht des Rentenversicherungsträgers nicht zu erwarten war, dass sich Ansprüche bei den Tätern realisieren ließen.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ‑‑FA‑‑) unterwarf die Witwenrente in den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 2005 bis 2011 gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa des Einkommensteuergesetzes (EStG) mit dem Besteuerungsanteil von 50 % der Einkommensteuer.
Hiergegen brachte die Klägerin vor, sie haben gegen die Täter einen Schadensersatzanspruch für weggefallene Unterhaltsansprüche gehabt (§ 844 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ‑‑BGB‑‑). Dieser Schadensersatzanspruch sei gemäß § 116 des Zehnten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB X) auf den Rentenversicherungsträger übergegangen. Letztlich erhalte sie also Schadensersatzleistungen, die weggefallenen Unterhalt kompensieren sollten. Derartige Leistungen seien aber nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung (Urteil des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 26. November 2008 X R 31/07, BFHE 223, 471, BStBl II 2009, 651) nicht steuerbar.
Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, Grundlage für die Rentenzahlungen sei ein Rechtsanspruch der Klägerin aus § 46 des Sechsten Buchs Sozialgesetzbuch (SGB VI), nicht aber ein Schadensersatzanspruch gegen die Täter.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung.
Das FA tritt der Beschwerde entgegen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unbegründet.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑ zuzulassen).
a) Grundsätzliche Bedeutung kommt einer Rechtssache nach ständiger Rechtsprechung des BFH zu, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Außerdem muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in einem künftigen Revisionsverfahren klärungsfähig sein (Senatsbeschluss vom 19. Januar 2011 X B 43/10, BFH/NV 2011, 636, unter II.1.).
b) Die Klägerin hält die Rechtsfrage, ob eine Witwenrente auch dann steuerbar ist, wenn ein Schadensersatzanspruch der Hinterbliebenen auf den Rentenversicherungsträger übergeht, für grundsätzlich bedeutsam.
Diese Rechtsfrage ist jedoch nicht klärungsbedürftig. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es insbesondere dann, wenn die Rechtsfrage offensichtlich so zu beantworten ist, wie es das FG getan hat, die Rechtslage also eindeutig ist (BFH-Beschlüsse vom 21. September 2009 VI B 31/09, BFHE 226, 329, BStBl II 2011, 382, und vom 14. April 2011 X B 104/10, BFH/NV 2011, 1343, unter b).
Wie das FG zutreffend ausgeführt hat, erhält die Klägerin tatsächlich keine Schadensersatzleistungen nach § 844 Abs. 2 BGB, sondern Rentenversicherungsleistungen aufgrund ihres Rechtsanspruchs aus § 46 SGB VI. Leibrenten aus den gesetzlichen Rentenversicherungen unterliegen aber gemäß § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a Doppelbuchst. aa EStG stets der Einkommensteuer. Dies gilt insbesondere auch für Renten wegen Todes (Senatsurteil vom 19. August 2013 X R 35/11, BFHE 242, 364, BStBl II 2014, 557, Rz 16).
Vorliegend waren für die Bemessung der Witwenrente allein die Vorschriften des SGB VI maßgebend. Die Höhe des weggefallenen Unterhaltsanspruchs der Klägerin, der für die Bemessung des Schadensersatzanspruchs nach § 844 Abs. 2 BGB entscheidend ist, hatte auf die Höhe der ausgezahlten Witwenrente keinen Einfluss. Auch der ‑‑von der Klägerin in den Vordergrund ihrer rechtlichen Argumentation gestellte‑‑ gesetzliche Anspruchsübergang nach § 116 SGB X war im Streitfall sowohl bei rechtlicher als auch bei wirtschaftlicher Betrachtung ohne Bedeutung, da ein Ersatzanspruch gegen die Täter nicht realisiert werden konnte.
Ohne den gesetzlichen Anspruch nach § 46 SGB VI hätte die Klägerin vielmehr gar keine Zahlungen erhalten. Schon dies zeigt, dass für ihre Renteneinkünfte nicht der Schadensersatzanspruch nach § 844 Abs. 2 BGB, sondern allein das Rentenversicherungsverhältnis kausal geworden ist.
c) Von grundsätzlicher Bedeutung wäre allenfalls die Rechtsfrage, ob eine Witwenrente auch dann steuerbar ist, wenn es dem Rentenversicherungsträger tatsächlich gelingt, bei den Tätern Regress zu nehmen.
Diese Frage wäre in einem Revisionsverfahren im Streitfall aber nicht klärungsfähig. Denn es steht aufgrund der schriftlichen Auskunft des Rentenversicherungsträgers vom 15. April 2013 fest und ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass die Versuche des Rentenversicherungsträgers, bei den Tätern Regress zu nehmen, erfolglos geblieben sind.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.
3. Von einer weiteren Darstellung des Sachverhalts sowie einer weiteren Begründung sieht der Senat gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.