ECLI:DE:BFH:2016:B.010816.VIB18.16.0
BFH VI. Senat
EStG § 33, EStG VZ 2011 , FGO § 115 Abs 2 Nr 1, FGO § 118 Abs 2
vorgehend Finanzgericht Baden-Württemberg , 19. Oktober 2015, Az: 5 K 3979/13
Leitsätze
1. NV: Durch die Rechtsprechung des BFH ist geklärt, dass die Neu- oder Wiederbeschaffung von Möbeln nach einer Scheidung als Folgekosten der Scheidung keine außergewöhnliche Belastung darstellt. Dies gilt selbst dann, wenn der eine Ehegatte einen Teil der Möbel aufgrund einer richterlichen Teilungsanordnung dem anderen Ehegatten überlassen musste.
2. NV: Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig, wenn sie auf Grundlage der nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen nicht entscheidungserheblich ist. Daher können Rechtsfragen, die sich nur stellen können, wenn von einem anderen als dem vom FG festgestellten Sachverhalt ausgegangen wird, im Revisionsverfahren nicht geklärt werden, es sei denn, es würden in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Verfahrensrügen erhoben oder die Bindung des BFH an den festgestellten Sachverhalt entfiele aus anderen Gründen.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 20. Oktober 2015 5 K 3979/13 wird als unbegründet zurückgewiesen.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Kläger zu tragen.
Gründe
Die Beschwerde des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) ist ‑‑bei erheblichen Bedenken gegen ihre Zulässigkeit‑‑ jedenfalls unbegründet und daher zurückzuweisen.
1. Die Revision ist nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑) zuzulassen.
a) Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dabei muss die Rechtsfrage klärungsbedürftig und in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig sein (ständige Rechtsprechung, z.B. Senatsbeschluss vom 24. Mai 2012 VI B 120/11, BFH/NV 2012, 1438, m.w.N.).
b) Die von dem Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen, ob der Verlust des Hausrates durch eine gerichtliche Entscheidung und damit einen staatlichen Hoheitsakt den für den Steuerpflichtigen existentiell wichtigen Bereich oder Kernbereich menschlichen Lebens berührt und ob ihm dadurch zwangsläufige Mehraufwendungen für den existenznotwendigen Grundbedarf entstehen, die sich wegen ihrer Außergewöhnlichkeit einer pauschalen Erfassung in allgemeinen Freibeträgen entziehen, sind weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig.
aa) Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsfähig, wenn sie auf Grundlage der nach § 118 Abs. 2 FGO bindenden tatsächlichen Feststellungen nicht entscheidungserheblich ist (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ‑‑BFH‑‑ vom 8. April 2004 VII B 110/03, BFH/NV 2004, 1310; vom 4. November 2009 VI B 43/09, BFH/NV 2010, 852; vom 27. September 2010 II B 164/09, BFH/NV 2011, 193). Daher können Rechtsfragen, die sich nur stellen können, wenn von einem anderen als dem vom Finanzgericht (FG) festgestellten Sachverhalt ausgegangen wird, im Revisionsverfahren nicht geklärt werden, es sei denn, es würden in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Verfahrensrügen erhoben oder die Bindung des BFH an den festgestellten Sachverhalt entfiele aus anderen Gründen (vgl. BFH-Beschluss vom 14. Dezember 2011 X B 85/11, BFH/NV 2012, 749).
bb) Gemessen daran fehlt es der ersten Rechtsfrage schon an der Klärungsfähigkeit. Denn nach den bindenden Feststellungen des FG ging es in der maßgeblichen gerichtlichen Entscheidung (der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts ‑‑Familiengerichts‑‑ ... um die Zuweisung der damaligen ehegemeinschaftlichen Wohnung an die frühere Ehefrau des Klägers zur alleinigen Nutzung für die Dauer von sechs Monaten. Der nur vorübergehende Entzug der Nutzungsmöglichkeit einer Wohnung stellt jedoch keinen (endgültigen) Verlust des Hausrates dar, wie ihn die vom Kläger formulierte Rechtsfrage voraussetzt.
cc) Im Übrigen ist durch den BFH geklärt, dass die Neu- oder Wiederbeschaffung von Möbeln nach einer Scheidung ‑‑wie im Streitfall‑‑ als Folgekosten der Scheidung keine außergewöhnliche Belastung darstellt (z.B. Senatsurteil vom 16. Mai 1975 VI R 163/73, BFHE 116, 24, BStBl II 1975, 538). Dies gilt selbst dann, wenn der eine Ehegatte einen Teil der Möbel aufgrund einer richterlichen Teilungsanordnung dem anderen Ehegatten überlassen musste (Senatsurteil vom 9. März 1962 VI 177/61, Der Betrieb 1962, 726). Damit fehlt es weiter auch an der Klärungsbedürftigkeit der vom Kläger aufgeworfenen Rechtsfragen.
2. Die Revision ist zudem nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO) zuzulassen.
Zur Darlegung einer Divergenz gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil des FG einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen (Senatsbeschluss vom 15. März 2011 VI B 151/10, BFH/NV 2011, 1003). Dem genügen die Ausfüh-rungen des Klägers in der Beschwerdebegründung nicht. Eine Abweichung von den genannten Entscheidungen ist im Übrigen auch nicht erkennbar.
3. Im Kern wendet sich der Kläger nach Art einer Revisionsbegründung gegen die (vermeintlich) fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG, die grundsätzlich nicht zur Zulassung der Revision führt (z.B. BFH-Beschluss vom 30. Mai 2008 IX B 216/07, BFH/NV 2008, 1510).
4. Von einer Darstellung des Sachverhalts und einer weiteren Begründung sieht der Senat nach § 116 Abs. 5 Satz 2 Halbsatz 2 FGO ab.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 FGO.