BFH X. Senat
EStG § 15 Abs 1 S 1 Nr 2, EStG § 92a Abs 1 S 1 Nr 1, EStG § 92a Abs 1 S 5, EStG § 92b Abs 1, EStG § 96 Abs 1 S 1, AO § 39 Abs 2 Nr 2
vorgehend Finanzgericht Berlin-Brandenburg , 05. März 2014, Az: 10 K 14034/12
Leitsätze
1. NV: Gefördertes Altersvorsorgevermögen kann auch dann förderunschädlich für die Anschaffung oder Herstellung einer "Wohnung in einem eigenen Haus" verwendet werden, wenn diese im Eigentum einer vermögensverwaltenden GbR steht, an der der Zulageberechtigte beteiligt ist.
2. NV: Steht die Wohnung im Eigentum einer mitunternehmerischen GbR, setzt die förderunschädliche Verwendung von Altersvorsorgevermögen für die Anschaffung oder Herstellung dieser Wohnung voraus, dass sie zum ertragsteuerlichen Privatvermögen der GbR gehört, weil nur dann die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO möglich ist.
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg vom 6. März 2014 10 K 14034/12 aufgehoben.
Die Sache wird an das Finanzgericht Berlin-Brandenburg zurückverwiesen.
Diesem wird die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens übertragen.
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) war mit einer Beteiligung von 98 % Gesellschafterin einer GbR. Die restlichen 2 % der Anteile hielt ihr Ehemann (E). Nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) erwarb die GbR im Jahr 2008 ein "Hausgrundstück". In diesem Anwesen befindet sich sowohl die Hauptwohnung der Eheleute als auch eine von E betriebene Rechtsanwaltskanzlei. Ins Grundbuch wurden die Eheleute "in Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung … Real Estate GbR" unter Angabe der Postanschrift der GbR eingetragen. Feststellungen zum Inhalt des GbR-Vertrags sowie zum Umfang der Tätigkeit der GbR hat das FG nicht getroffen.
Die Klägerin hatte einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen, für den sie Förderungen nach § 10a oder §§ 79 ff. des Einkommensteuergesetzes (EStG) erhalten hatte. Am 6. Juli 2011 beantragte sie bei der Beklagten und Revisionsklägerin (Deutsche Rentenversicherung Bund, Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen ‑‑ZfA‑‑) gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1, § 92b Abs. 1 EStG, das gesamte in diesem Vertrag gebildete Kapital förderunschädlich an sie ausgezahlt zu bekommen. Dabei erklärte sie nach den Feststellungen des FG, "eine Wohnung für die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken käuflich erwerben oder selbst herstellen zu wollen oder herstellen zu lassen, wobei diese Wohnung ihre Hauptwohnung oder den Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen darstelle."
Die ZfA lehnte den Antrag ab. Begünstigt sei nur eine Wohnung in einem "eigenen" Haus. Im Streitfall sei Eigentümerin aber nicht die Klägerin, sondern die GbR.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab das FG der Klage am 6. März 2014 statt (Entscheidungen der Finanzgerichte 2014, 1318). Gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 EStG seien auf die Zulagen die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der Abgabenordnung (AO) entsprechend anzuwenden, zu denen auch § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO gehöre. Nach dieser Regelung seien Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand gehören, den Beteiligten anteilig zuzurechnen, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich sei. Die Anwendung dieser Vorschrift zugunsten des Gesellschafters einer GbR habe der Bundesfinanzhof (BFH) für die Eigenheimzulage bei vergleichbarer Regelungslage bejaht (Urteil vom 24. Juni 2004 III R 69/03, BFHE 207, 132, BStBl II 2005, 128, unter II.1.a). Die der GbR gehörende Wohnung komme der Klägerin erkennbar zugute. Die von der ZfA in den Vordergrund gestellten Gesichtspunkte des Haftungsrisikos sowie der Möglichkeit einer vorzeitigen Veräußerung seien auch in Fällen des Allein- oder Bruchteilseigentums gegeben. Wirtschaftlich sei davon auszugehen, dass die Klägerin "die Baukosten" mitgetragen habe.
Mit ihrer Revision rügt die ZfA, das FG habe zu Unrecht eine getrennte Zurechnung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO vorgenommen. Es fehle an der Voraussetzung, dass eine solche Zurechnung "für die Besteuerung erforderlich" sei. Vorliegend gehe es nicht um die Besteuerung der Klägerin; vielmehr seien ihre Altersvorsorgebeiträge aus versteuertem Einkommen geleistet worden. Der Bescheid über die förderunschädliche Verwendung werde nicht als Steuerbescheid angesehen.
Zweck der Einbeziehung von Wohneigentum in die Altersvorsorgezulage sei die Förderung eines mietfreien Wohnens im Alter; ein Verkauf der Immobilie sei grundsätzlich unerwünscht. Nach den Gesetzesmaterialien solle die steuerliche Förderung zweckentsprechend und zielorientiert für die Altersvorsorge des Einzelnen eingesetzt werden. Dieses Ziel könne durch eine Immobilie, die sich im Gesamthandsvermögen einer GbR befinde, nicht erreicht werden. In der Praxis würden Grundstücke gerade deshalb über eine GbR erworben, weil die Anteile kostengünstig ‑‑ohne Einschaltung eines Notars und im Regelfall ohne Grunderwerbsteuerbelastung‑‑ veräußerbar seien. Der Erwerb eines Anteils an einer grundbesitzenden GbR sei daher nicht in vergleichbarem Maße auf Dauer angelegt wie der unmittelbare Erwerb eines Grundstücks, so dass Mitnahmeeffekte zu befürchten seien. Der Gesetzgeber habe als einzige Gesellschaft die Genossenschaft und als einziges Recht das dinglich gesicherte Dauerwohnrecht in die Förderung einbezogen. Mit beiden Instituten sei die Beteiligung an einer GbR nicht vergleichbar.
Die zur Eigenheimzulage entwickelten Grundsätze seien auf die Altersvorsorgezulage nicht übertragbar, weil beide Förderinstrumente unterschiedliche Ziele verfolgten. Die Eigenheimzulage habe der allgemeinen Wohnungsbauförderung gedient, die Altersvorsorgezulage fördere hingegen die individuelle Altersvorsorge. Das Altersvorsorgevermögen müsse stets zweckentsprechend eingesetzt werden. Bei einer GbR-Beteiligung könne man aber nie ausschließen, dass das ausgezahlte geförderte Kapital zur Begleichung anderweitiger Verbindlichkeiten eingesetzt werde oder nach einer anfänglich zweckentsprechenden Verwendung wieder an den Gesellschafter zurückfließe.
Es bestünden Anhaltspunkte, dass die GbR eine unternehmerische Tätigkeit entfalte. Der Anteil des E an der GbR sei deutlich geringer als sein allein auf das erworbene Hausgrundstück bezogener Nutzungsanteil, so dass von einer Vermietung auszugehen sei. Die GbR trete zudem nicht unter der Anschrift des Hausgrundstücks auf.
Die ZfA beantragt,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.Sie sei als wirtschaftliche Eigentümerin des Grundstücks anzusehen und habe eine vergleichbare Position wie bei einer Genossenschaft inne. Ferner bezieht sich die Klägerin auf eine ‑‑vom FG nicht festgestellte‑‑ Ergänzung des Gesellschaftsvertrags, wonach ein auf dem rückwärtigen Grundstücksteil errichtetes Gebäude der Familie zu Wohnzwecken dienen solle.
Entscheidungsgründe
II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der nicht spruchreifen Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung ‑‑FGO‑‑).
Das FG hat zwar zu Recht angenommen, dass gefördertes Altersvorsorgekapital auch dann förderunschädlich für die Anschaffung oder Herstellung einer selbst genutzten Wohnung verwendet werden kann, wenn diese im Eigentum einer GbR steht, an der der Zulageberechtigte beteiligt ist (dazu unten 1.). Dies gilt im Grundsatz auch dann, wenn die GbR im Übrigen gewerblich tätig gewesen sein sollte (unten 2.). Die Sache ist aber nicht entscheidungsreif, weil das FG ‑‑für den Fall der Gewerblichkeit der GbR‑‑ keine Feststellungen dazu getroffen hat, welchem Teil des steuerrechtlichen Vermögens der GbR die selbstgenutzte Wohnung zuzuordnen ist (unten 3.). Ebenso fehlen Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG (unten 4.).
1. Der Umstand, dass eine vermögensverwaltende GbR, an der der Zulageberechtigte beteiligt ist, Eigentümerin der vom Zulageberechtigten als Hauptwohnung oder Mittelpunkt der Lebensinteressen genutzten Wohnung ist, steht der Anwendung der Vorschriften des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Satz 5 EStG nicht entgegen.
a) Gemäß § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG in der im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem FG geltenden Fassung (vgl. zum maßgebenden Zeitpunkt bei Verpflichtungsklagen BFH-Urteil vom 14. März 2012 XI R 33/09, BFHE 236, 283, BStBl II 2012, 477, Rz 26, m.w.N.) kann der Zulageberechtigte das in einem Altersvorsorgevertrag gebildete und nach § 10a EStG oder dem XI. Abschnitt des EStG geförderte Kapital bis zum Beginn der Auszahlungsphase unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwenden, wenn das dafür entnommene Kapital mindestens 3.000 € beträgt. Begünstigt ist eine Wohnung in einem eigenen Haus, eine eigene Eigentumswohnung oder eine Genossenschaftswohnung einer eingetragenen Genossenschaft, wenn sie die Hauptwohnung oder den Mittelpunkt der Lebensinteressen des Zulageberechtigten darstellt (§ 92a Abs. 1 Satz 5 EStG). Der Zulageberechtigte hat die Verwendung des Kapitals bei der zentralen Stelle zu beantragen; die zentrale Stelle teilt ihm durch Bescheid mit, bis zu welcher Höhe eine wohnungswirtschaftliche Verwendung i.S. des § 92a Abs. 1 Satz 1 EStG vorliegen kann (§ 92b Abs. 1 Sätze 1 und 3 EStG). Den Erlass eines solchen Bescheids begehrt die Klägerin mit ihrer vorliegend zu beurteilenden Verpflichtungsklage.
b) Zutreffend hat das FG erkannt, dass gemäß § 96 Abs. 1 Satz 1 EStG auf die Zulagen und die Rückzahlungsbeträge die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden sind (vgl. auch Blümich/Lindberg, § 96 EStG Rz 1: anwendbar sind grundsätzlich alle Vorschriften der AO, soweit nicht Sonderregelungen vorgehen). Nach der danach anwendbaren Regelung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO werden Wirtschaftsgüter, die mehreren zur gesamten Hand zustehen, den Beteiligten anteilig zugerechnet, soweit eine getrennte Zurechnung für die Besteuerung erforderlich ist. Bei vermögensverwaltenden Personengesellschaften folgt aus § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, dass jeder Gesellschafter vermittels seines Geschäftsanteils anteilig an den Wirtschaftsgütern der Gesellschaft beteiligt ist (BFH-Urteil vom 10. Dezember 1998 III R 61/97, BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390, unter II.1.d).
Entgegen der Auffassung der ZfA ist eine solche getrennte Zurechnung auch "für die Besteuerung erforderlich". Rechtsfolge einer schädlichen Verwendung des geförderten Altersvorsorgevermögens wäre gemäß § 93 Abs. 1 Satz 1 EStG, dass die Zulagen und der nach § 10a Abs. 4 EStG gesondert festgestellte Betrag ‑‑die auf dem Sonderausgabenabzug von Altersvorsorgebeiträgen beruhende Steuerermäßigung‑‑ zurückzuzahlen sind. Damit hat eine schädliche Verwendung eine unmittelbare einkommensteuerrechtliche Auswirkung, zumindest in Höhe des gewährten Sonderausgabenabzugs.
Zu Recht weist das FG ferner darauf hin, dass der BFH die Anwendbarkeit des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO in Fällen des Wohnungserwerbs durch eine GbR, an der der Zulageberechtigte beteiligt ist, im Regelungsbereich des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) bejaht hat (BFH-Urteil in BFHE 207, 132, BStBl II 2005, 128, unter II.1.a). Die Regelungslage unterscheidet sich in den für den Streitfall entscheidungserheblichen Punkten zwischen dem EigZulG und den §§ 79 ff. EStG insoweit nicht: Sowohl nach § 1 EigZulG als auch nach dem EStG haben nur Steuerpflichtige i.S. des EStG (d.h. natürliche Personen) Anspruch auf die jeweilige Zulage. Begünstigt ist jeweils die Herstellung oder Anschaffung einer Wohnung (§ 2 EigZulG/§ 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG), die zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden muss (§ 4 EigZulG/§ 92a Abs. 1 Satz 5 EStG). In beiden Fällen sind auf die jeweilige Zulage die für Steuervergütungen geltenden Vorschriften der AO entsprechend anzuwenden (§ 15 Abs. 1 Satz 1 EigZulG/§ 96 Abs. 1 Satz 1 EStG).
Das vom FG gefundene Ergebnis entspricht auch der einhelligen Auffassung in der Literatur, soweit sich darin zu diesem Problemkreis ausdrückliche Stellungnahmen finden (vgl. Schmidt/ Wacker, EStG, 34. Aufl., § 92a Rz 2; Mühlenharz in Littmann/ Bitz/Pust, Das Einkommensteuerrecht, Kommentar, § 92a Rz 50).
c) Die von der ZfA hiergegen erhobenen Einwendungen greifen nicht durch.
aa) Aus dem Normzweck des § 92a EStG kann nichts abgeleitet werden, was gegen die Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO auf selbstgenutzte Wohnungen im Eigentum einer GbR spricht. Die von der ZfA angeführten Passagen aus den Gesetzesmaterialien (Regierungsentwurf des Eigenheimrentengesetzes vom 11. April 2008, BRDrucks 239/08, S. 24; Fraktionsentwurf des Eigenheimrentengesetzes vom 22. April 2008, BTDrucks 16/8869, S. 16) sind viel zu unkonkret, um daraus bestimmte Folgerungen für die rechtliche Beurteilung des Streitfalls ableiten zu können. Die darüber hinaus von der ZfA zitierten Ausführungen im Entwurf eines Gesetzes zur Abschaffung der Eigenheimzulage vom 29. November 2005 (BTDrucks 16/108, S. 3) beziehen sich auf die Mitnahmeeffekte, die mit der früheren Subvention der Eigenheimzulage verbunden waren; sie sind weder auf die Altersvorsorgezulage und erst recht nicht auf selbstgenutzte Wohnungen im Eigentum einer GbR bezogen.
Weshalb das von der ZfA in den Vordergrund ihrer Argumentation gestellte "mietfreie Wohnen im Alter" nur im Fall des Allein- oder Bruchteilseigentums, nicht aber beim Eigentumserwerb über eine GbR, an der die selbstnutzende Gesellschafterin ‑‑hier sogar zu 98 %‑‑ beteiligt ist, erreicht werden kann, wird aus der Revisionsbegründung nicht ersichtlich. Wenn eine solche Wohnung langfristig bis ins hohe Alter genutzt wird, kommt es ebenso zu einer Mietersparnis wie bei einer Wohnung, an der mit einer entsprechenden Quote Bruchteilseigentum besteht. Wird die Wohnung hingegen nicht langfristig selbstgenutzt, kommt es ‑‑nicht anders als bei Wohnungen im Allein- oder Bruchteilseigentum‑‑ nach Maßgabe der Vorschriften des § 92a Abs. 3 EStG zu einer Rückgängigmachung der Vergünstigungen (dazu noch unten bb).
Der auf den vermeintlichen Gesetzeszweck gestützten Argumentation der ZfA ließe sich im Übrigen entgegenhalten, dass schon die Vorschrift des § 92a EStG als solche einen Fremdkörper im System der Altersvorsorgezulage darstellt, wenn man vom Leitbild der Altersvorsorge durch eine monatliche Geldrente und der Zweckbindung des Altersvorsorgevermögens ausgeht, da diese Regelung eine dem Förderzweck der § 10a, §§ 79 ff. EStG zuwiderlaufende vorzeitige Verwendung von gefördertem Altersvorsorgevermögen ermöglicht (so zutreffend auch Hahner in Bordewin/Brandt, § 92a EStG Rz 7).
"Mitnahmeeffekte", die die ZfA befürchtet, sind durch eine sachgerechte Auslegung des in § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG verwendeten Tatbestandsmerkmals "unmittelbar" auszuschließen. Soweit die ZfA in diesem Zusammenhang anführt, dass die Förderung für die Tilgung anderweitiger ‑‑nicht mit der Anschaffung oder Herstellung der Wohnung in Zusammenhang stehender‑‑ Verbindlichkeiten eingesetzt werden oder nach einem zunächst zweckentsprechenden Einsatz später wieder an den Gesellschafter zurückfließen könnte, sind derartige Fehlverwendungen in Fällen des Allein- oder Bruchteilseigentums gleichermaßen denkbar. Sie beruhen nicht auf der Anwendung des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO, sondern auf der derzeitigen Auslegung des Tatbestandsmerkmals "unmittelbar" durch die Verwaltung.
bb) Auch der Einwand, die für den Fall der Aufgabe der Selbstnutzung oder des Eigentums an der Wohnung geltenden Vorschriften würden für selbstgenutzte Objekte im Eigentum einer GbR leerlaufen, trifft nicht zu.
Gemäß § 92a Abs. 3 Satz 1 EStG hat der Zulageberechtigte dem Anbieter bzw. der zentralen Stelle mitzuteilen, wenn er die Wohnung i.S. des § 92a Abs. 1 Satz 5 EStG nicht nur vorübergehend nicht mehr zu eigenen Wohnzwecken nutzt. Gleiches gilt, soweit er das Eigentum an der Wohnung aufgibt (§ 92a Abs. 3 Satz 2 EStG).
Sieht man als "Wohnung in einem eigenen Haus" (§ 92a Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG) auch den über § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO zugerechneten Anteil an einer Wohnung im Eigentum einer GbR an, ergibt sich zwanglos, dass auch der gleichlautende, in § 92a Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG verwendete Begriff der "Wohnung" in diesem Sinne auszulegen ist. Damit herrscht zwischen dem Anwendungsbereich der Vorschrift über begünstigte Entnahmen (§ 92a Abs. 1 Satz 5 EStG) und dem der Anzeigepflicht (§ 92a Abs. 3 Sätze 1 und 2 EStG) der gebotene Gleichklang.
cc) Dass bei Immobilien, die über eine GbR gehalten werden, im Falle einer Veräußerung geringere Transaktionskosten anfallen als bei unmittelbar gehaltenen Objekten, trifft im Regelfall zwar zu. Im Zusammenhang des vorliegenden Verfahrens ist jedoch zu beachten, dass nur solche Wohnungen in die Begünstigung des § 92a EStG einbezogen sind, die vom Zulageberechtigten als Hauptwohnung zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden und den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen darstellen (§ 92a Abs. 1 Satz 5 EStG). Ein Erfahrungssatz des Inhalts, dass eine selbstgenutzte Wohnung, die im Eigentum einer GbR steht, an der der selbstnutzende Gesellschafter ‑‑im Streitfall sogar zu 98 %‑‑ beteiligt ist, häufiger umgeschlagen wird als eine im Allein- oder Bruchteilseigentum befindliche Wohnung, ist weder dem Senat bekannt noch von der ZfA dargelegt worden. Im Übrigen sind für den Fall der Veräußerung der selbstgenutzten Wohnung ‑‑ganz gleich, ob sie im Allein- oder Bruchteilseigentum oder im Eigentum einer GbR steht‑‑ die Vorschriften des § 92a Abs. 3 EStG anwendbar (dazu bereits oben bb), die grundsätzlich eine Rückgängigmachung der Begünstigung bewirken.
2. Sollte die GbR ‑‑wozu das FG keine Feststellungen getroffen hat, was nach Aktenlage aber nicht als ausgeschlossen erscheint‑‑ gewerblich tätig gewesen sein, würde dies einer förderunschädlichen Verwendung des geförderten Altersvorsorgevermögens ebenfalls nicht entgegen stehen.
Allerdings ist die vom FG herangezogene Vorschrift des § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO im Ausgangspunkt lediglich auf vermögensverwaltende Personengesellschaften anzuwenden. Hingegen wird sie bei gewerblichen Mitunternehmerschaften nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt, weil eine solche Mitunternehmerschaft ein gegenüber ihren Gesellschaftern eigenständiges Subjekt der Gewinnermittlung darstellt (vgl. BFH-Entscheidungen vom 25. Februar 1991 GrS 7/89, BFHE 163, 1, BStBl II 1991, 691, unter C.III.2., und in BFHE 187, 526, BStBl II 1999, 390, unter II.1.d).
Zu beachten ist jedoch, dass die von einem Gesellschafter zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung auch dann, wenn sie sich im Gesamthandsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft befindet, ertragsteuerrechtlich nicht als deren Betriebsvermögen, sondern als notwendiges Privatvermögen der Personengesellschaft einzuordnen sein kann. Ist die Wohnung ‑‑und der dazugehörige Grund und Boden‑‑ bereits bei ihrem Erwerb durch die GbR zur Wohnnutzung durch einen der Gesellschafter bestimmt gewesen, gehören diese Wirtschaftsgüter von Anfang an zum notwendigen Privatvermögen der Gesellschaft. Wird hingegen ein von der Personengesellschaft zunächst betrieblich genutztes Grundstück zu einem späteren Zeitpunkt mit einem Gebäude bebaut, das anschließend durch einen der Gesellschafter zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, setzt die Zuordnung zum Privatvermögen die Feststellung einer Entnahme (§ 4 Abs. 1 Satz 2 EStG) voraus. Wenn diese nicht bereits im Gesellschaftsvertrag vorgesehen ist, müssen ihr ‑‑da es sich um ein Grundlagengeschäft handelt‑‑ alle Gesellschafter zustimmen, sofern nicht im Gesellschaftsvertrag ein anderes Mehrheitserfordernis vereinbart ist (zum Ganzen ausführlich BFH-Urteil vom 30. Juni 1987 VIII R 353/82, BFHE 151, 360, BStBl II 1988, 418).
Bei einer von einem Gesellschafter zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung, die nach den vorstehend dargestellten Grundsätzen zum ertragsteuerrechtlichen Privatvermögen einer im Übrigen mitunternehmerischen Personengesellschaft gehört, wird die in § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO angeordnete Bruchteilsbetrachtung in Bezug auf diese Wohnung deshalb nicht durch § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG verdrängt. Im Ergebnis kann für eine solche Wohnung in Bezug auf die Möglichkeit einer förderunschädlichen Verwendung von Altersvorsorgevermögen daher nichts anderes als bei einer in vollem Umfang vermögensverwaltenden GbR gelten.
3. Die Sache ist nicht entscheidungsreif, weil das FG ‑‑für den revisionsrechtlich nicht auszuschließenden Fall, dass es sich um eine mitunternehmerische GbR handelte‑‑ keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob die von der Klägerin und E selbstgenutzte Wohnung zum ertragsteuerrechtlichen Privatvermögen der GbR gehört.
Den Feststellungen des FG lässt sich nicht entnehmen, zu welchem Zeitpunkt die Selbstnutzung der streitgegenständlichen Wohnung begonnen hat. Hiervon hängt es aber ab, ob noch weitere Feststellungen zu einer eventuellen Entnahme aus dem Betriebsvermögen einer ‑‑hier als mitunternehmerisch zu unterstellenden‑‑ GbR erforderlich sind.
Das FG hat im Tatbestand seines Urteils ausgeführt, die GbR habe im Jahr 2008 ein "Hausgrundstück" erworben; dort befinde sich sowohl die Hauptwohnung der Eheleute als auch die Anwaltskanzlei des E. Dies würde dafür sprechen, dass die Selbstnutzung bereits mit dem Erwerb des "Hausgrundstücks" begann. In diesem Fall hätte die selbstgenutzte Wohnung samt dem anteiligen Grund und Boden nach den unter 2. dargelegten Grundsätzen von vornherein zum ertragsteuerrechtlichen Privatvermögen der GbR gehört.
Andererseits hat das FG in den Gründen seiner Entscheidung formuliert, die Klägerin habe bei wirtschaftlicher Betrachtung "die Baukosten" getragen. Dies könnte auf einen Herstellungsvorgang hindeuten. Zudem hat die Klägerin die förderunschädliche Verwendung erst im Jahr 2011 ‑‑drei Jahre nach dem Erwerb des Grundstücks durch die GbR‑‑ beantragt. Sollte sich der Sachverhalt so darstellen, dass das Grundstück zunächst zum Betriebsvermögen der GbR gehörte und erst später mit der zur Selbstnutzung durch die Gesellschafter vorgesehenen Wohnung bebaut worden ist, wäre noch festzustellen, ob die für eine Entnahme grundsätzlich erforderliche Zustimmung aller Gesellschafter vorgelegen hat.
4. Ebenso hat das FG bisher keine Feststellungen zu den weiteren Voraussetzungen des § 92a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG getroffen. Danach muss der Betrag "unmittelbar für die Anschaffung oder Herstellung einer Wohnung oder zur Tilgung eines zu diesem Zweck aufgenommenen Darlehens verwendet werden".
a) Wie bereits unter 3. dargelegt, lässt sich den Feststellungen des FG nicht entnehmen, ob im Streitfall ein Anschaffungs- oder ein Herstellungsvorgang gefördert werden soll.
Sollte der Antrag auf förderunschädliche Verwendung des Altersvorsorgevermögens sich darauf beziehen, dass im Jahr 2008 eine selbstgenutzte Wohnung angeschafft worden sei, wäre zu beachten, dass die Klägerin die förderunschädliche Verwendung erst im Jahr 2011 ‑‑mithin mehrere Jahre nach der Anschaffung des Grundstücks‑‑ beantragt hat. Dies würde zumindest das Vorliegen des Merkmals der Unmittelbarkeit (dazu noch näher unten b) in Frage stellen.
Sollte der Antrag auf förderunschädliche Verwendung sich hingegen auf einen späteren Herstellungsvorgang ‑‑in einem die "Unmittelbarkeit" begründenden zeitlichem Zusammenhang mit der Stellung des streitgegenständlichen Antrags‑‑ beziehen, wäre noch ein entsprechender Sachverhalt festzustellen.
Ebenso wäre zu überprüfen, ob ggf. die Tilgung eines zu dem gerade dargestellten Zweck aufgenommenen Darlehens beabsichtigt sein könnte.
b) Das FG hat auch keine Feststellungen zu der weiteren Voraussetzung einer "unmittelbaren" Verwendung getroffen.
Das wortgleiche, in § 10 Abs. 2 Satz 2 Buchst. a EStG in der bis 2004 geltenden Fassung verwendete Tatbestandsmerkmal ist durch die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung dahingehend ausgelegt worden, dass der Betrag "ohne Zwischenschritt" für Zwecke der Anschaffung oder Herstellung verwendet werden müsse und insbesondere die Zwischenschaltung eines Bankkontos des Steuerpflichtigen der Begünstigung entgegen stehe (vgl. statt aller BFH-Urteil vom 4. Juli 2007 VIII R 46/06, BFHE 218, 308, BStBl II 2008, 49, unter II.2.c).
Demgegenüber soll es nach Auffassung der Finanzverwaltung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen vom 24. Juli 2013, BStBl I 2013, 1022, Rz 242) im Anwendungsbereich des § 92a EStG zur Erfüllung des Unmittelbarkeitserfordernisses bereits genügen, wenn innerhalb eines Monats vor der Antragstellung bei der ZfA und bis zwölf Monate nach der Auszahlung entsprechende Aufwendungen für die Anschaffung oder Herstellung entstanden sind.
Das FG wird im zweiten Rechtsgang über die zweckentsprechende Auslegung des Merkmals der Unmittelbarkeit entscheiden müssen und kann dabei auch die von der ZfA vorgebrachten Gesichtspunkte zum Zweck der Altersvorsorgezulage und zur Vermeidung von Mitnahmeeffekten (vgl. oben 1.c aa) berücksichtigen.
5. Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2, § 121 Satz 1 FGO).
Die Übertragung der Kostenentscheidung auf das FG beruht auf § 143 Abs. 2 FGO.